Frage zu einigen Medaillen

Diskussionen rund um Medaillen, Medailleure, Jetons, Rechenpfennige

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RobinSomnium
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Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von RobinSomnium » Fr 08.02.19 12:49

Hallo,
ich habe hier einige Medaillen, bei denen meine Recherchen nichts gebracht haben bzw. das Material und Beschaffenheit für mich nach einen Abguss oder Galvano ausschauen. Würde mich sehr freuen, wenn ihr mir weiterhelfen könntet.

Medaille 1
König Ludwig XIV. 1690 von Molart.F.
Auf der Rückseite die Besetzung von Catinat durch Ludwig den XIV.
Material - bronziert?
147,3g, Durchmesser 72mm

Medaille 2
China? Material Bronze
121,5g, Durchmesser 60mm

Medaille 3
Goethe
Am Seitenrand eine Punze: B.H. Mayer, Pforzheim
Material - starker Kupferglanz, korrodiert, an den abgeriebenen Stellen Zinn (?), der Rand sieht wiederum nach Bronze aus - sehr fragwürdig...
67,9g, Durchmesser 59mm

Medaille 4
Königreich Preußen 100 Jahre - 1801
Material - Zinnabguss (?)
40,9g, Durchmesser 54mm

Vielen Dank für eure Hilfe!
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Zwerg
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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von Zwerg » Fr 08.02.19 17:35

Das sind wohl alles keine Original sondern spätere Nachgüsse oder Repliken.
Ästhetisch eher unschön und eher etwas für den Flohmarkt.

Grüße
Zwerg
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RobinSomnium
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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von RobinSomnium » Sa 09.02.19 09:16

Hallo Zwerg,
vielen Dank für Deine Antwort, die mich u.a. auch nach einigem Querlesen im Forum bestätigte, dass aus mir nie ein Numismatiker wird/geworden wäre. Für mich steht die Geschichte einer Münze/Medaille im Vordergrund. Ist eine Münze besonders abgegriffen finde ich es äußerst spannend trotzdem recherchiert zu bekommen, um was für eine Münze es sich handelt. Durch wieviele Hände ist diese Münze vor hunderten Jahren gegangen, was hat sie "gesehen", welche Schicksale "erlebt"...
Für einen Numismatiker kommen "wertvolle Stücke" direkt von der Prägung jungfräulich in den eigenen Schaukasten/Vitrine, ohne jemals mit einer Hand oder gar einem Putzlappen (könnte ja glänzen wie ein Affena...) in Berührung gekommen zu sein - dazu bitte noch eine schöne regenbogenfarbige Patina. Besucher haben drei Meter Abstand zu halten, da sich die Atemluft auf die Patina auswirken könnte. Präsentiert wird nur über Fotos im Forum "Schaut her meine Schätze". Geschichte etc. sind eher zweitrangig, Hauptsache die Münze/Medaille ist selten und somit "wertvoll" und man kann sich irgendwie von anderen Sammlern abheben. Wie kann eine über 2000 alte römische Münze, die bis heute überlebt hat, in einem ausgezeichneten Zustand nur 35 Euro wert sein, eine wenige Jahre alte Mark/Euro Münze mit Fehlprägung ohne jegliche Geschichte aber das Zigfache? Nur weil sie selten ist?
Nach dem Ableben dürfen sich die Kinder über die Erbstücke "freuen", welche nichts besseres zu tun haben, als die gesamte Sammlung schnellstmöglich über Ebay zu verscherbeln - natürlich nur als "Lot div. Münzen alle Welt" auf einem Haufen mit Handyfoto schön unscharf präsentiert, ab einem Euro.
Ja, bei den Medaillen sind auch zwei dabei, die nicht so hübsch ausschauen, wie das Original. Habe ich danach gefragt? Mich interessiert es bei Repliken, warum bei einer eher "wertlosen" Medaille ein Abguss hergestellt wurde. Warum hat die nach Replik ausschauende Goethe Medaille eine kleine Punze. Die chinesische (?) Bronzemedaille ist ganz sicher kein Replik und bei der König Ludwig Medaille wüsste ich auch nicht, was für ein Replik sprechen sollte. Die augenscheinlich abgeriebenen silberfarbenen Stellen können auch davon kommen, weil diese Medaille unachtsam zwischen anderen Medaillen lag. Ich habe jedenfalls noch kein Replik dieser oder einer ähnlichen Medaille über eine geschichtlich unbedeutende Besetzung von Catinat gesehen.
Fazit: Ich wollte euer Fachwissen nutzen, mehr über diese Medaillen in Erfahrung zu bringen. Nach Preisen und Ästhetik hatte ich nicht gefragt.

VG

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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von klaupo » Sa 09.02.19 11:28

RobinSomnium hat geschrieben:
... Ich habe jedenfalls noch kein Replik dieser oder einer ähnlichen Medaille über eine geschichtlich unbedeutende Besetzung von Catinat gesehen.
Fazit: Ich wollte euer Fachwissen nutzen, mehr über diese Medaillen in Erfahrung zu bringen. Nach Preisen und Ästhetik hatte ich nicht gefragt. ...
Da kann ich ein wenig Abhilfe schaffen. Mein Stück feiert allerdings den Erfolg der Gegenseite, der zum Abzug von Catinat aus Savoyen führte. Dieses Stück ist ebenfalls ein jüngerer Guß von einem seltenen Original und hat nichts gekostet, kommt aber aus einer alten Sammlung. Hier der Hintergrund der Aktion:

http://www.numismatik-cafe.at/viewtopic ... iam#p53369

Hier im Forum zeige ich schon lange keine Medaillen mehr.

Gruß klaupo

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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von RobinSomnium » Sa 09.02.19 12:09

Hallo klaupo,
vielen Dank für Deine aufschlussreiche Antwort! Mir fehlt einfach das Fachwissen, um ein Replik bzw. einen Abguss von einem Original unterscheiden zu können. Was ich bis jetzt "gelernt" habe ist es, das ein Guss egal ob Münze oder Medaille meistens feine Poren aufweist und die Schrift eher abgegriffen/rundlich wirkt bzw. nicht die Schärfe hat wie ein Original. Meine preußische Medaille zeigt dieses sehr schön - ein grottiger Abguss. Die Ludwig Medaille hat dagegen eine sehr scharfe Schrift und eine Oberfläche ohne Poren. Das Material inklusive Riefen und Einkerbungen sehen eindeutig nach Bronze aus (nicht bronziert), bis auf die abgeriebenen Stellen, welche nicht zu einer Bronze Medaille passen. Wie kann ich feststellen, ob es sich um ein Replik handelt? Das Original konnte ich leider nicht im Internet finden, sonst könnte ich ja Größe und Gewicht vergleichen. Warum wurden überhaupt zu diesen Medaillen Repliken hergestellt?

VG

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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von Zwerg » Sa 09.02.19 12:37

Für mich steht die Geschichte einer Münze/Medaille im Vordergrund. Ist eine Münze besonders abgegriffen finde ich es äußerst spannend trotzdem recherchiert zu bekommen, um was für eine Münze es sich handelt
Diese Einstellung ist phantastisch.
Laß andere Leute die Arbeit tun.

Ich beteilige mich immer gerne an Diskussionen und recherchiere auch außerhalb des berühmt / berüchtigten "Netzes", das mittlerweile für viele das Maß aller Dinge zu sein scheint - was es natürlich nicht ist
Aber bei solch einer Einstellung schalte ich grundsätzlich auf den Modus "stur".

Eine auch nur kurze Recherche im Netz hätte außerdem Ergebnisse gezeigt, wenigstens zu einem Einstieg
(Die Ergebnisse zu coinarchives pro findet man auch über andere Suchen!)
Zu 1 = https://pro.coinarchives.com/w/lotviewe ... 2&Lot=2092
2 ist m.W. eine moderne Kommerzmedaille, die SChriftueichen wirst Du möglicherweise in einem China-Imbiß Dir überstzen lassen können - auf gehts!
Zu 3 = https://pro.coinarchives.com/w/lotviewe ... 9&Lot=1450
zu 4 = https://ikmk.smb.museum/object?id=18214500
mit umfangreicher Literatur, die Du sicherlich nie lesen wirst!
H. Bolzenthal, Denkmünzen zur Geschichte des Königs Friedrich Wilhelm III. ²(1841) Nr. 32; J. Menadier, Schaumünzen des Hauses Hohenzollern (1901) Nr. 373 (dieses Stück); K. Sommer, Die Medaillen des königlich Preußischen Hof-Medailleurs Daniel Friedrich Loos und seines Ateliers (1981) A 76; W. Steguweit - B. Kluge, Suum cuique. Medaillenkunst und Münzprägung in Brandenburg-Preußen (2008) Nr. 123 (dieses Stück).

Du hast nicht "recherchiert" sondern warst einfach nur bequem
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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von RobinSomnium » Sa 09.02.19 13:31

Hallo Zwerg,
mein beruflicher Alltag erlaubt es mir nicht, zeit-intensive Hobbys zu betreiben. Ich habe eine größere Münz- und Medaillensammlung unfreiwillig geerbt, welche seit 10 Jahren bei mir unbeachtet schlummerte und mit der ich mich nun seit einiger Zeit befasse, wenn es mir die Zeit erlaubt. Da ich beruflich aus dem Bereich Archäologie komme, mit Zahlungsmitteln aber eher nichts zu tun habe, wurde bei den (entschuldige) Internetrecherchen mein Interesse geweckt. Ca. 99% konnte ich so selber recherchieren. Ich habe hier nicht die "wertvollsten" Stücke präsentiert, sondern Medaillen, bei denen ich im Internet nicht fündig geworden bin bzw. die ich selber für eventuelle Repliken/Fälschungen hielt. Entschuldige, dass ich nicht zu jeder Medaille die passende Fachliteratur erwerbe. Meine Eltern haben sich sicher gewünscht, dass ich die Sammlung fortführe, aber wie in meinem letzten Post beschrieben, ist die Numismatik wohl eher doch nichts für mich. Wie von oben herab hier manche Fragesteller abserviert werden finde ich unglaublich. Jeder Mensch mit Silberbesteck im Haus putzt dieses hin und wieder. Eine Silbermünze wird somit sicher auch mal von einem unerfahrenen Besitzer geputzt (dazu bin ich zum Glück noch nicht gekommen). Dass damit eine Münze für einen Sammler zum wertlosen Affenar... wird... Da kann man sich doch gleich ein Replik aus China für 1,70 Euro kaufen - hatte garantiert noch kein Putztuch oder verschwitze Hand gesehen. Ach ich vergaß, ist ja leider kein seltenes Stück.

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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von KarlAntonMartini » Sa 09.02.19 14:29

@RobinSomnium: Wenn man hier schon lange dabei ist, kennt man zu Genüge die Anfragen, bei denen es letztlich nur um einen Preis geht. Deine erste Anfrage ließ vermuten, daß es in diese Richtung geht und Zwerg hat sie kurz und knapp beantwortet. Danach hat sich die Diskussion etwas aufgeschaukelt, was ich schade finde. Mitunter ergeben sich aus den beschränkten Möglichkeiten der Kommunikation im Internet Mißverständnisse, die es nicht geben würde, wenn man zB am Numismatikstammtisch über vorgestellte Münzen spricht. - Am interessantesten finde ich die Medaille von 1690. Sie stammt von Michel Molart, der von 1643-1694 arbeitete und vermutlich 1714 verstarb. Die Porträtseite ist von Roussel. Beides waren Medailleure, die offiziell für den König arbeiteten. (Angaben nach Forrer, Biographical Dictionary of Medallists). Ob das Stück original ist, läßt sich so nicht beurteilen. Ein Guß ist es wohl nicht. Die Stelle aus hellem Metall kann ich erst mal nicht einordnen. Ein größeres Foto und eine Aussage zur Beschaffenheit des Randes wären hilfreich. - Ein originales Stück wurde hier versteigert: https://www.acsearch.info/search.html?t ... ction=1083 (Den Link von Zwerg konnte ich leider nicht öffnen, weil man dort wohl kostenpflichtig Kunde sein muß.) Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von RobinSomnium » Sa 09.02.19 15:23

Hallo KarlAntonMartini,
vielen Dank für die Infos. Die RV Seite konnte ich auf einigen Medaillen im Netz mit fast identischer Darstellung wiederfinden. AV Seite hatte ich so noch gar nicht gefunden. Jetzt habe ich wieder einige Anhaltspunkte für die Suche - besten Dank!
Anbei ein Foto in hoher Auflösung leider stark komprimiert fürs Forum. Die silbrigen abgeriebenen Stellen kann ich mir beim besten Willen nicht erklären - nur das die Medaille unliebsam zwischen anderen Silber- und Zinnmedaillen in einer Schatulle gelagert wurde oder es halt doch nur ein bronzierter Bleiguss ist... Fragen über Fragen... Der Rand ist glatt.

VG

Nachtrag: Habe die identische Medaillen-AV Seite Dank dem Hinweis mit Henri Roussell als versilberte Bronzemedaille gefunden. :D
http://antiqueportrait.com/wordpress/wp ... 04/548.jpg
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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von Lutz12 » Sa 09.02.19 16:18

Zu Deinen 4 im Bild gezeigten Medaillen:
1) zur Medaille selbst kann ich nichts beitragen. Optisch sieht sie vom Material (bis auf die Stelle der RS) original Bronze aus. Der geübte Sammler erkennt es an der Klangprobe, Blei klingt dumpf, wenn man das Stück auf den Schreibtisch leicht fallen lässt (1 cm reicht !). Zumindest sind Abgüsse nicht selten zu finden, die bronziert oder sogar dick vergoldet sind. Aus der Ferne nicht zu beurteilen.
2) China ist nicht mein Gebiet
3) Goethe, B.H. Mayer prägt in der Regel in Bronze, die Optik deines Stückes sieht aus wie Zink bronziert. Zink (veredelt) wurde in erster Linie in Kriegszeiten benutzt, auch Mayer hat diese in den späten 1930-iger Jahren so praktiziert. Diese Materialkombination ist "unschön", weil das Zink fast immer ausblüht. Ob das Stück aus der Zeit stammt kann ich allerdings nicht sagen.
4) Anlass ist das 100-jährige Bestehen des Königreiches Preussen 1801, zu sehen sind die bisherigen Könige: Friedrich I., Friedrich Wilhelm I., Friedrich II., Friedrich Wilhelm II und III. / die Rückseite wird so beschrieben: Sonnenwagen fährt hinter Aurora und dem Morgenstern über die gerüstete Borussia mit Füllhorn und Wappenschild hinweg
Das Original ist aus Silber, ca. 56 - 56,4 mm (54 mm wäre typisch für einen Abguss) und wiegt ca. 68 - 71 g. Geprägt bei Loos (Berlin)
Literatur: Slg. Henckel 2077. Slg. Wurzbach 2969. Sommer A 76, Marienburg 3662

Wie bei jedem Sammelgebiet ist Fachwissen ganz entscheidend, das erwirbt man aber nicht mal so schnell nebenbei, wenn Du die Zeit dafür nicht hast, wird sich Dir die Numismatik nicht erschliessen. Das Internet ist eine Hilfe, aber gerade im Bereich der Medaillen fast gänzlich "unwissend", die wenigsten Stücke findet man dort.
Wenn Du aus der Archäologie kommst wundert mich Deine Ausführung zum Thema Nachahmungen/ Abgüsse/ Fälschungen / Erhaltung / Reinigung / Wert schon sehr. Die Echtheit ist doch ganz entscheidend um eine geschichtlich relevante Aussage treffen zu können, ein Nachguss (noch schlimmer eine Phantasieguss mit falsch kombinierter Vorder- und Rückseite) z.B. ist wohl selten Jahrhunderte lang durch alle möglichen Hände gegangen. Ein gut erhaltenes Original lässt nun mal auch die künstlerische Handarbeit viel besser erkennen, als eine "Gurke" aus der Krabbelkiste - ja und mit Putzen wird gerade von angehenden Sammlern vieles falsch verstanden - da hat leider das Internet die hochglanzgeputzten Münzen wegen der besseren Verkaufbarkeit (an Laien) viel Mist verbreitet. Ich gebe Dir recht, dass es Sammler gibt, die nur in PP haben wollen und ihre Stücke in Kapseln und in Original-Nepp-Verpackungen aufbewahren, die Stücke nie "begreifen" werden. Die meisten Alt-Sammler hier fassen ihre Stücke sehr wohl an, kämen aber auch nie auf die Idee historische Werte (ich meine nicht in Geld gemessen) absichtlich zu ruinieren. Eine 2000 Jahre alte römische Münze hat die Zeit gut ohne Sammler überstanden, also kein Grund das Stück jetzt zu "töten". Ja beim Kauf achtet der echte Sammler schon auf Authentizität. Was Abgüsse oder Galvanos betrifft werden/wurden diese teils professionell als Einzelstücke für Museen gefertigt (und lagen dann in der Ausstellung), die Originale bleiben im Tresor. Aber es gibt auch immer eine kommerziellen Markt, der bei entsprechender Nachfrage Stücke nachprägt, die einem Laienpublikum als Wertanlage gepriesen wird. Aus dieser Ecke kommt auch der Unsinn von "höchster Prägequalität" und "limitierter" Auflage" die Wert suggeriert. In Zeiten des Internets kommt leider immer stärker der Aspekt der Fälschungen ins Spiel, weil immer mehr Glücksritter glauben damit den Schlüssel zum Reichtum entdeckt zu haben. Das geht von Abgüssen über Manipulationen bis hin zu offensichtlichen Täuschungen (z.B. was das Material angeht). Es gibt klare Regeln und Gesetzte über Kennzeichnungen von Repliken, nur die Praxis zeigt, dass darauf kein Verlass ist. Wenn Du z.B. von einer kleinen Punze redest, dann kann man ohne die zu sehen keine klare Ansage treffen, kann ein Galvano sein, kann eine Materialpunze sein, kann eine Herstellerpunze sein, kann eine Nummer-Punze sein ...
Numismatik ist eigentlich ein Gebiet bei dem Fernaussagen nur mit Vorbehalt möglich sind, nur die Münzklubs in Deutschland überaltert allmählich (wie andere Vereine auch).
Zu den Medaillen selbst wirst Du selten Abhandlungen finden, die ein Einzelstück aus allen Winkeln beleuchtet, man findet (oft ältere) Zitate, in denen das Stück technisch beschrieben ist, den Anlass und das wars. Wenn man mehr wissen will, heisst das Bücher wälzen (Wikipedia ist auch sehr gut geeignet), da findet man dann zum Ereignis spannende Geschichten, das macht die Numismatik im historischen Konsens so spannend. Der pekuniäre Wert ist den "alten" Sammlern nur am Rande wichtig, Du hast Recht das sehen die Erben (meist) ganz anders, für die ist das alter Kram, der nicht mehr zeitgemäß ist - die Standardfrage hier im Forum und auch anderswo ist nur "was sind die wert". Da spielt Geschichte oder zumindest Sentimentalität gegenüber den Eltern / Großeltern kaum noch eine Rolle.
Damit das nicht so depressiv klingt, ich kann mit der Entwicklung gut leben, weil es mir Zugang zu Stücken ermöglicht die vor Jahren/Jahrzehnten am Markt nie aufgetaucht sind - und Literatur ist mittlerweile auch zu vielen Spezialgebieten erschienen, oft nicht von Berufsnumismatikern geschrieben, sondern von sehr kompetenten Hobby-Numismatikern, deren Wissen das von so manchem Münzkabinett übertrifft.
Gruß Lutz
"Wenn Sie glauben, mich verstanden zu haben, dann habe ich mich falsch ausgedrückt" ( Alan Greenspan)

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Re: Frage zu einigen Medaillen

Beitrag von RobinSomnium » Sa 09.02.19 17:15

Hallo Lutz,
auch Dir vielen Dank für Deine sehr ausführliche Antwort. Anbei ein Foto der Goethe Medaillen-Punze. Zink bronziert ist für mich sehr einleuchtend - darum auch dieser starke Kupferglanz.
Hintergrund der Preußen Silber-Medaille war mir bekannt, nur nicht warum es so schlechte Zinnabgüsse davon gibt.

Thematik Fachwissen... wenn es nur die Medaillen und Münzen wären..., leider warten hier auch diverse Briefmarkenalben, Banknoten etc.. Von den meisten Stücken möchte ich mich trennen, für mich persönliche Besonderheiten aber behalten, wobei der materielle Wert hier keine Rolle spielt.
Da ich nie die Bürde einer Sammlung vererben möchte bzw. diese irgendwann bei einer Haushaltsauflösung bei Ebay landen soll, bin ich für jede Hilfe dankbar, die Spreu vom Weizen zu trennen. Ich glaube nicht, dass sich ein junger Mensch (bis auf wenige Ausnahmen) noch für diese Hobbys begeistern kann.
Ich komme nicht direkt aus der Archäologie sondern arbeite überwiegend in der Bauforschung/Digitalisierung für die Archäologie. Mit Funden habe ich also eher keinen Kontakt. Darum ist die Numismatik auch absolutes Neuland für mich und wird es wohl auch bleiben. Ich finde es absolut interessant, z.B. völlig korrodierte römische Münzen wieder zuordnen zu können. Zwanzig Versionen des Theresien Talers in einer Vitrine liegen haben, bei dem es eine Perle mehr auf der Brosche gibt oder eine Schwanzfeder weniger... da fehlt mir ein Gen.

VG und einen schönen Abend
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