Brandenburg

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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mimach
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Re: Brandenburg

Beitrag von mimach » So 04.12.22 18:50

Heute durfte ich vier neue Prenzlauer Vierchen in meine Sammlung aufnehmen.
Für die zeitliche Einordnung benutze ich die Aufstellung von jot-ka.
Da ich nun 10 Exemplare besitze, kann ich die folgende durchschnittliche Gewichte für folgende Hauptnummern von Bahrfeldt einordnen.

Bahrfeldt 23 = 0,44 g
Bahrfeldt 26 = 0,42 g
Bahrfeldt 24 = 0,39 g

Trotz der geringen Anzahl an gewogenen Exemplaren unterstützt diese Zahlenreihen jot-ka's Einordnung.
jot-ka hat geschrieben:
So 17.05.15 12:46
Die Anweisung zur Prägung u.a. von Vierchen an den Mmz. Henning Huselitze in Prenzlau datiert vom 7. März 1447.

Nach den Gewichten der Vierchen-Typen dürfte Bf. 23 die älteste Sorte sein.

Durchschnittsgewichte nach Bahrfeldt Bd. II in der vermutlichen Reihenfolge der Emission:
Bf. 23: 0,505 g aus 24 St. ermittelt
Bf. 26: 0,440 g aus 56 St. ermittelt, 198/1000...218/1000
Bf. 24: 0,394 g aus 35 St. ermittelt, 201/1000

- Bf. 25 fehlt in dieser kleinen Liste,
bei diesem äußerst seltenem Stück handelt es sich vermutlich um eine Kopplung Vs. Bf. 26 / Rs. Bf. 24.
Nr. 25 ist eine wichtige Schlüsselmünze, die Nahtstelle zwischen Bf. 26 und 24.

Für die ab 1468 in der Mzst. Königsberg/Neumark geprägten Vierchen macht Bahrfeldt folgende Angaben:
Bf. 27: 0,380 g aus 20 St. ermittelt, 188/1000...250/1000 (Bf.: "nach dem Strich")

Aus der nochmaligen Gewichtsreduzierung bei den Königsberger Vierchen kann man schließen,
daß spätestens 1468 die Vierchenprägung in Prenzlau eingestellt wurde.
Es ergibt sich der Prägezeitraum 1447 - max. 1468.
mein Vorschlag für die Reihenfolge auf Grund der Gewichtsreduzierungen:

1447 - 1463 Bf. 23, Bf. 26
um 1463/64 Bf. 25 (Bf. 26/24 ?)
1463/64 - 1468 Bf. 24
1468 - 1470 Bf. 27 in Königsberg
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Re: Brandenburg

Beitrag von mimach » So 04.12.22 21:06

Vierchen Prenzlau

Bahrfeldt 26 nn
zeitliche Einordnung: 1447-1463
Durchmesser: 14,32mm
Gewicht: 0,28g
Vierchen - ca 1447-63- Ktm Brandenburg, Prenzlau - Bahrfeldt 26nn -AV-resized.jpg
Vierchen - ca 1447-63- Ktm Brandenburg, Prenzlau - Bahrfeldt 26nn -RV-resized.jpg
Avers:
Adlerschild im Perlenkreis, Umschrift: M . O . N . E . T . A
Revers:
Helm mit Adlerflug und vierfach gezadelter Helmdecke vorne und hinten,
beidseitig des Helms jeweils eine Kugel und ein Ring,
außen Perlkreis
Zuletzt geändert von mimach am So 04.12.22 22:13, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Brandenburg

Beitrag von mimach » So 04.12.22 21:14

Vierchen Prenzlau

Bahrfeldt 26 s
zeitliche Einordnung: 1447-1463
Durchmesser: 13,41 mm
Gewicht: 0,48 g
Vierchen - ca 1447-63- Ktm Brandenburg, Prenzlau - Bahrfeldt 26s -AV-resized.jpg
Vierchen - ca 1447-63- Ktm Brandenburg, Prenzlau - Bahrfeldt 26s -RV-resized.jpg
Avers:
Adlerschild im Perlenkreis, Umschrift: M . O . N . E . T .
Revers:
Helm mit Adlerflug und fünfach gezadelter Helmdecke vorne und hinten,
beidseitig des Helms jeweils eine fünfblättrige Rosette,
außen Perlkreis
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Re: Brandenburg

Beitrag von mimach » So 04.12.22 21:42

Vierchen Prenzlau

Bahrfeldt 26 r
zeitliche Einordnung: 1447-1463
Durchmesser: 13,11 mm
Gewicht: 0,53 g
Vierchen - ca 1447-63- Ktm Brandenburg, Prenzlau - Bahrfeldt 26r -AV-resized.jpg
Vierchen - ca 1447-63- Ktm Brandenburg, Prenzlau - Bahrfeldt 26r -RV-resized.jpg
Avers:
Adlerschild im Perlenkreis, Umschrift: M . O . N . E . T .
Revers:
Helm mit Adlerflug und fünfach gezadelter Helmdecke vorne und hinten,
vor dem Helm eine fünfblättrige Rosette, hinter dem Helm fünfblättrige Rosette und ein Ringel
außen Perlkreis
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Re: Brandenburg

Beitrag von mimach » So 04.12.22 22:01

Vierchen Prenzlau

Bahrfeldt 24 g
zeitliche Einordnung: 1463/64 bis 1468
Durchmesser: 14,14 mm
Gewicht: 0,31 g
Vierchen - ca 1463-68- Ktm Brandenburg, Prenzlau - Bahrfeldt 24g -AV-resized.jpg
Vierchen - ca 1463-68- Ktm Brandenburg, Prenzlau - Bahrfeldt 24g -RV-resized.jpg
Avers:
Adler mit Fängen im Perlenkreis, Umschrift: M o O o N o E o T o A o
Revers:
Helm mit Adlerflug im Perlkreis, der Adlerflug den Perlkreis durchbrechend,
hinter dem Helm zwei Kringel,
außen Umschrift im Perlkreis: M o N o E o T o A
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Re: Brandenburg

Beitrag von mimach » So 11.12.22 00:11

Die nachfolgenden zwei Münzen sind in meiner Sammlung die ältesten Denare der brandenburgischen Askanier im 13. Jahrhundert, welche ich besitze.
Sie waren beide ein sehr großzügiges Geschenk eines lieben Sammlerfreundes.
Ich bin besonders stolz darauf und möchte sie deswegen heute vorstellen.


Denar - Brandenburg - Askanisches Haus
Regent: Albrecht II. (1205-1220)
Jahr: ca. 1213
Referenz: Dannenberg 17, Bahrfeldt I. 140
Durchmesser und Gewicht: 14,52 mm / 0,70 g

Denar - Brandenburg, Askanisches Haus - um 1210 - Albrecht II. - Dnb 17, Bf I. 140 -AV.JPG
Das Avers ist kaum erkennbar. Zu sehen ist ein stehender Markgraf in Rüstung, ohne Helm, jedoch mit einer Spannhaarfrisur.
Links und rechts hält er zwei lange Fahnenstangen. Unten links, auf ca. 8 Uhr sind die ersten zwei Buchstaben der Inschrift "RTC" zu erkennen. Auf der anderen Seite sollte LBE stehen. Die Umschrift, auch mit anderen Buchstaben möglich, ist aus dem Namen ALBERT korrumpiert.
Zum Vergleich eine Zeichnung aus Bahrfeldt.
Zeichnung Bahrfeldt 140 -rs.jpg

Denar - Brandenburg, Askanisches Haus - um 1210 - Albrecht II. - Dnb 17, Bf I. 140 -RV.JPG
Das Revers ist im Vergleich zur Umschrift sehr gut erkennbar. Es zeigt einen großen, nach rechts blickenden Adler mit Fängen.



Denar - Brandenburg - Askanisches Haus
Regent: Johann I. (1220-1266) und Otto III. (1220-1267)
Jahr: ca. 1226
Referenz: Dannenberg 35, Bahrfeldt I. 161
Durchmesser und Gewicht: 15,07 mm / 0,72 g

Denar - Brandenburg, Askanisches Haus - um 1225 - Johann I. und Otto III. - Dnb 35, Bf I. 161 -AV.JPG
Avers: Die beiden Markgrafen sind einander zugewandt und halten sich die Hand. Unten zwischen den Brüdern ein kleiner Turm mit einem Kreuz darüber. Oben am Rand der Münze, genau zwischen den beiden Köpfen ein kleiner Schild. Außen an den Rändern je zwei Ringel.
Denar - Brandenburg, Askanisches Haus - um 1225 - Johann I. und Otto III. - Dnb 35, Bf I. 161 -RV.JPG
Revers: In der oberen Hälfte des Münzbildes ist die Hälfte eines nach links blickenden Adlers abgebildet. Auf der Brust des Adlers ein Ringel.
In der unteren Hälfte der Münze drei kleine Türme, mittig ein Kuppelturm und seitlich zwei Zinnentürme.
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Re: Brandenburg

Beitrag von Firenze » Fr 13.01.23 21:26

Ich habe kürzlich einige halbe Denare aus dem Nachlass von Dr. Hans-Dieter Dannenberg geschenkt bekommen. Dabei müsste es sich laut Beschriftung von Herrn Dannenberg um die Nummern Da. 243, 254 und 255 handeln.

Zu den Prenzlauer Vierchen: Hier hat Olding kürzlich einige Exemplare in den Lagerbestand auf seiner Website aufgenommen.

Viele Grüße,
F
Dateianhänge
DSC00781.JPG
DSC00780.JPG
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Re: Brandenburg

Beitrag von mimach » Fr 13.01.23 21:39

Tolle Zeitzeugen.
Kannst du uns den Notizzettel von Herrn Dannenberg zeigen?
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Re: Brandenburg

Beitrag von Firenze » Fr 13.01.23 22:16

Hallo mimach,

davon mache ich in den nächsten Tagen gern ein Foto. Herr Dannenberg hatte seine Stücke überwiegend in kleinen Münztaschen aus Papier, die mit Bleistift beschriftet waren. Nur bei einem Stück, das ich mit ihm getauscht habe, gab es statt einer Münztasche einen kleinen kurios zugeschnittenen und vollgeschriebenen Zettel :D

Viele Grüße!

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Re: Brandenburg

Beitrag von QVINTVS » Sa 14.01.23 21:09

Aha, dann habe ich wohl über Ebay erst kürzlich auch Stücke aus dem Dannenbergnachlaß gekauft. Kleine schmale Tüten und die übliche Breite; beide aus hellbraunem Papier!?
Viele Grüße

QVINTVS

Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen,
und wer sie aufzuheben versteht,
hat ein Vermögen.

Jean Anouilh (franz. Dramatiker, 1910 - 87)

Ebay-Alternative nutzen: https://www.muenzauktion.info

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Re: Brandenburg

Beitrag von Firenze » Sa 14.01.23 21:21

QVINTVS hat geschrieben:
Sa 14.01.23 21:09
Aha, dann habe ich wohl über Ebay erst kürzlich auch Stücke aus dem Dannenbergnachlaß gekauft. Kleine schmale Tüten und die übliche Breite; beide aus hellbraunem Papier!?
Ich schreibe dir eine PM. :)
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Re: Brandenburg

Beitrag von mimach » So 29.01.23 21:33

Bärendenar

Der hier gezeigte „Bärendenar“ wird gerne als der ewige Pfennig von Berlin angesehen. Diese Zuordnung erfolgte 1889 durch Emil Bahrfeldt in seinem Standardwerk „Das Münzwesen der Mark Brandenburg - von den ältesten Zeiten bis zum Anfange der Regierung der Hohenzollern, Seite 237-238).
Neuere Forschung durch Hans-Dieter Dannenberg und Lothar Tewes zeigen, dass die in Berlin über einen Zeitraum von 100 Jahren ausgegeben Helmholpfennige tatsächlich als die „ewigen Pfennige von Berlin“ sind.
Dennoch ist dieser Denar mit dem Wappenbären Berlins auf der Rückseite ein begehrtes numismatisches Objekt für jede brandenburgische Mittelaltersammlung.

Denar - Brandenburg, Wittelsbacher - ab 1369 - Dannenberg 261, Bf 626 -AV.jpg
Avers: Markgraf, links eine Lanze und rechts ein Schwert haltend

Denar - Brandenburg, Wittelsbacher - ab 1369 - Dannenberg 261, Bf 626 -RV.jpg
Revers: ein nach links laufender Bär

Prägezeitraum: 1369 bis etwa 1374/75
Referenz: Dannenberg 261, Bahrfeldt I. 626
Durchmesser: 14,95 mm
Gewicht: 0,62 g


Dannenberg schreibt dazu: „In der Vergangenheit war der Denar Bf. 626 oft als der Ewige Pfennig der nun städtischen Münzstätte Berlin angesehen. Als die eigentlichen Ewigen Pfennige des Berliner Münzbezirkes haben die anschließend an diesen Denartyp (seit etwa 1375 ?) über ein Jahrhundert lang geschlagenen Helmpfennige zu gelten…“ (Hans-Dieter Dannenberg - Die brandenburgischen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts – 1997, S. 142)
Weiter führt Dannenberg an, dass die Berliner und Frankfurter Helmhohlpfennige vom Gewicht denen der Salzwedeler Adlerhohlpfennige ähnelt. Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 sei durch Kaiser Karl IV. ein Wertverhältnis der verschiedenen Brandenburger Münzen überliefert worden.

Auf einen Prager Groschen sollen somit:
6 Brandenburger Pfennige (die zweiseitigen Denare),
7 Stendaler Pfennig (Adlerhohlpfennige),
8 Berliner Pfennige (Helmhohlpfennige),
kommen.

Die Feingehalte nach Dannenberg zeigen im Durchschnitt ein leicht differenzierteres Bild.
Brandenburger Denare um 1370 = 0,45 g Feinsilber
Berliner „Bärendenar“ = 0,42 g Feinsilber

Hohlpfennige um 1380
Salzwedeler Adlerhohlpfennige = 0,35 g Feinsilber
Stendaler Adlerhohlpfennige = 0,31 g Feinsilber
Berliner/Frankfurter Helmhohlpfennige = 0,34 g Feinsilber

Somit ist der Bärendenar von nahezu gleichem Wert wie die vorhergehenden Brandenburger Denare. Die erst um 1380 auftauchenden Berliner Helmhohlpfennige der ersten Emissionen zeigen tatsächlich einen etwas höheren Feingehalt als die Stendaler Adlerhohlpfennige, liegen aber deutlich unter den Brandenburger Denaren.
(Hans-Dieter Dannenberg - Die brandenburgischen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts – 1997, S. 66-67)

Ob dieser Bärendenar nun die erste städtische Ausgabe Berlins oder ein weiterhin vom Landesherrn in Auftrag gegeben Prägung ist, dazu scheint die aktuelle Quellenlage zu ungewiss.
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Brandenburger Denare „mit Flügeln“ – eine kleine Betrachtung

Beitrag von mimach » Mi 22.03.23 22:20

Brandenburger Denare „mit Flügeln“ – eine kleine Betrachtung


Die zum Großteil schriftlosen Denare der brandenburgischen Markgrafen scheinen auch sonst wenig durch ihr Prägebild mit dem Betrachter sprechen zu wollen. Durch den jährlichen Münzverruf mussten immer wieder neue Gestaltungen gefunden werden. Dieser Wechsel von Markgraf mit Schwert / Pferd / Fahne / Helm … stehend / sitzend usw. gibt uns aus der zeitlichen Entfernung von 600 bis 800 Jahren wenig Auskunft. Die noch heute als hervorragend geltenden und durch digitale Bibliotheken allgemein zugänglichen Werke von Emil Bahrfeldt bringen für den Sammler erste Ordnung in die mittelalterliche Münzwelt. Das einhundert Jahre später erschienene neue Standardwerk von Hans-Dieter Dannenberg (*1) ermöglicht dem Sammler durch Analyse der verschiedenen Funde eine Neuordnung der brandenburgischen Denartypen.

Unter den stummen brandenburgischen Denaren fallen immer wieder Prägebilder auf, denen man eine besondere Bedeutung zusprechen möchte. Ein Beispiel hierfür wäre der während der Doppelregentschaft Johann I. und Otto III. (1220 bis 1265) herausgegebene Denar vom Typ Dannenberg Nr. 50 mit der gemeinsamen Darstellung der zwei Markgrafen. Ein noch heute verständliches Bild der gemeinsamen starken Regierung der beiden Askanierherrscher. Ähnliche Bilder sind aus der nachfolgenden langen gemeinsamen Regentschaft von Otto IV. und Otto V. (1266/67 bis 1308) mit den verschiedenen Mitregenten der älteren und jüngeren Linie der Askanier bekannt. Unter den Denaren finden sich bei Typ Dannenberg 76, 104 und 144 zwei Markgrafen auf der Vorderseite. Dannenberg 89, 90 und 118 präsentieren dem Betrachter drei Markgrafen: ein auf dem Thron sitzender Markgraf auf der Vorderseite der Münze und auf der Rückseite zwei stehende Markgrafen. Hans-Dieter Dannenberg äußerte scheinbar beeindruckt durch dieses Münzbild folgendes: „Das Vorzeigen von zwei beziehungsweise sogar drei Markgrafen im Münzbild soll vermutlich demonstrieren, dass mehrere Markgrafen oder zwei Askanierlinien in Brandenburg herrschten.“ (*2)


Der Markgraf mit den Flügeln
Ein weiteres symbolträchtiges Münzbild ist das des flügeltragenden Markgrafen. Das Bild der beflügelten Figur ist dem Münzsammler bereits aus der Antike bekannt. Die Siegesgöttin Nike aus der griechischen Mythologie fand später ihre römische Entsprechung in der Victoria. Typische Attribute der griechischen als auch der römischen Personifikation des Sieges sind Kranz und Palmzweig. Die Flügel symbolisieren die Flüchtigkeit von Sieg und Niederlage. (*3)


Aureus - ca. 19-18 v.Chr. - Römische Kaiserzeit - Galius Julius Caesar_Octavianus -AV - IKMK 18202452.jpg
Aureus - ca. 19-18 v.Chr. - Römische Kaiserzeit - Galius Julius Caesar_Octavianus -RV - IKMK 18202452.jpg
Aureus - ca. 19 bis 18 v.Chr. - Römische Kaiserzeit
Avers: Kopf des Gaius Iulius Ceasar (Octavianus), seit 27 v. Chr. Augustus
Revers: Victoria einen liegenden Stier bei den Hörnern haltend und ihm die Kehle durchschneidend
Bildquelle: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, IKMK 18202452



Tremessis - 491-518 -AV.jpg
Tremessis - 491-518 -RV.jpg
Tremessis – 491 bis 518 – Byzantinisches Reich, Konstantinopel
Avers: Kaiser Anastasius
Revers: Victoria als Siegesengel nach rechts schreitend, Kopf nach links, mit Kranz und Kreuzglobus
Legende: VICTORIA AVGUSTORVM
Bildquelle: Privatsammlung


Solidus, 607-609, Byzantinisches Reich, Konstantinopel, Kaiser Phokas - stehender Engel -AV.jpg
Solidus, 607-609, Byzantinisches Reich, Konstantinopel, Kaiser Phokas - stehender Engel -RV.jpg
Solidus – 607 bis 609 – Byzantinisches Reich, Konstantinopel
Avers: Kaiser Phokas
Revers: Stehender Siegesengel von vorn, hält Chrismonstab und Kreuzglobus, Legende: VICTORIA-AVϤЧ Off.A.
Bildquelle: kenom Virtuelles Münkabinett https://hdl.handle.net/428894.vzg/8eae5 ... 23d9bcba97




Doch das mittelalterliche Bild des brandenburgischen flügeltragenden Herrschers hat seinen Ursprung nicht allein in der Antike.
Die ausgebreiteten Schwingen des Fisch- und Seeadlers, beide noch heute in Brandenburg heimische Raubvögel, bedeuten in der Natur sowohl territoriale Oberherrschaft gegenüber Konkurrenten, als auch Schutz für die eigene Brut:
Das Adler landet mit weit ausgebreiteten Schwingen vor seinem Kontrahenten, der ihm das Futterrevier streitig machen will. Dieser, beeindruckt von der Flügelspanne des souveränen Tieres, gibt seinen Machtanspruch auf. Die weiten Schwingen des Adlers bedeuten nicht nur Macht, sondern auch Schutz und Fürsorge. Nicht umsonst meint die Redewendung „Jemanden unter seine Fittiche (Flügel) nehmen“, dieser Person Fürsorge, Schutz und Beistand anzubieten. Diese Wendung bezieht sich bildlich auf die Schutzgebärde des Vogelweibchens gegenüber seinen Jungen. Auch im Englischen ist diese Redewendung seit dem frühen 13. Jahrhundert überliefert. (*4) So findet die Brut des Adlers nicht nur Schutz unter dem Flügelkleid. Der Futter bringende Adler landet mit ausgebreiteten Schwingen an seinem Horst, aus dem sich ihm die Köpfe seiner Küken bereits entgegenstrecken.
Beides Bilder, die im mittelalterlichen Brandenburg, mit seinen vielen Seen und Wäldern, den Menschen ganz sicher bekannt waren.

Des Weiteren darf die Frage gestellt werden, ob sich historische Ereignisse für die brandenburgischen Denare mit den geflügelten Markgrafen in Einklang mit den Funddatierungen bringen lassen.


Quellen und Anmerkungen
*1 - Emil Bahrfeldt: Das Münzwesen der Mark Brandenburg von den ältesten Zeiten bis zum Anfange der Regierung der Hohenzollern, Berlin 1889
*2 - Hans-Dieter Dannenberg: Die brandenburgischen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts, Numismatische Gesellschaft zu Berlin, 1997, und: Die Denare der Nachbarn Brandenburgs. Anhalt, Sachsen-Wittenberg, Magdeburg, Numismatische Gesellschaft zu Berlin, 2000
*3 - Siehe Imperium-Romanum.com – Antike Relegion: Victoria (http://imperiumromanum.com/religion/ant ... ria_01.htm - aufgerufen am 25.02.2023)
*4 - To be under someone’s wing = wortwörtlich: von jemanden unter die Flügel (Fittiche) genommen werden – bedeutet auch im Englischen von jemanden beschützt zu werden.
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Wurzel (Mi 22.03.23 22:29) • didius (Mi 22.03.23 23:03) • Atalaya (Do 23.03.23 02:17) • TorWil (Do 23.03.23 05:46) • jot-ka (Do 23.03.23 19:34) • Steffl0815 (Fr 24.03.23 21:57) • Numis-Student (Mi 05.04.23 22:34) • Lucius Aelius (Mi 07.06.23 22:52)
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Brandenburger Denare „mit Flügeln“ – eine kleine Betrachtung

Beitrag von mimach » Mi 22.03.23 22:27

Denar Dannenberg 61

Dannenberg 61.jpg
Dannenberg 61 / Bahrfeldt 206 – Einordnung nach Dannenberg um 1255/60


Dieser erste Denar mit geflügeltem Markgrafen sticht durch seine Einmaligkeit in der Darstellung desselben heraus. Der Markgraf steht hinter einem Schild, die Adlerflügel wirken nicht so sehr wie Arme, sie erinnern viel mehr an die Darstellung von Engelsflügeln, die aus dem Rücken wachsen.

Folgende historische Ereignisse kommen in Frage:
1245 – Die Mark wird mit dem Sieg Johann I. und Otto III. im sechsjährigen Teltow-Krieg gegen den Markgrafen von Meißen und den Bischof von Magdeburg um die letzten Gebiete von Barnim und Teltow erweitert. Das genaue Ende der Konflikte ist nicht dokumentiert.
1248 – Gründung von „Brandenborch Nova“ (Neubrandenburg)
1250 – Vertrag von Landin - die Uckermark wird durch Gebietstausch mit dem Pommernherzog Barnim I. vollständig brandenburgisch.
1252 – Johann I. das erste Mal an der Kaiserwahl beteiligt
1256/57 – Otto III. kandidiert erfolglos für den deutschen Thron
1256 – Gründung der Stadt Pritzwalk
1257 – Gründung der Stadt Landsberg/Warthe
1259 – Gründung der Stadt Stargard
1258 - Gründung des Klosters Mariensee, später 1272 nach Chorin verlegt
1259 – Das Ländchen Jerichow kommt für etwa 100 Jahre an Brandenburg

Prägezeitbestimmende Funde:
Götz (bei Brendenburg a.d.H.), Ende des 13. Jhd. (1265),
Fund Borne (bei Magdeburg, nur 3 Stück), um 1275,
Saalsdorf (Niedersachsen, bei Helmstedt, häufigste Münze) um 1265

Einschätzung:
Die Darstellung der Flügel im eher klassischen Bild der Victoria könnte auf militärische Erfolge verweisen. Ein solcher wäre die Erringung der endgültigen Herrschaft über den Barnim und Teltow. Da ein genaues Ende des Konflikts mit Magdeburg und Meißen nicht schriftlich belegt sein soll, kämen die Jahre 1245 bis 1248 für eine Ausprägung in Frage.

Denar - Brandenburg - Dannenberg 61 -AV.jpg
Avers Dannenberg 61 / Bahrfeldt 206
Denar - Brandenburg - Dannenberg 61 -RV.jpg
Revers Dannenberg 61 / Bahrfeldt 206

Prägezeitraum: ca. 1245
Referenz: Dannenberg 61, Bahrfeldt I. 206
Durchmesser: 15,69 mm
Gewicht: 0,79 g


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Re: Brandenburg

Beitrag von jot-ka » Do 23.03.23 19:40

Vielen Dank an mimach für die Beiträge zu den Adlerflügeln!

Passend dazu wird hier ein Beispiel mit Datierung vorgestellt.
Der folgende Denar wurde von Gerhard F. Müller erstmals in money trend mt 10/82 S. 28-29 publiziert (1982). [1]

Da_326.jpg

Grafschaft Lindow-Ruppin
Denar um 1400 (1398-1404) - nach Dannenberg
15 mm, 0,732 g
Bahrfeldt Bf. -, Dannenberg Da. 326
Vs.: Fürst mit Adlerflügeln
Rs.: um einen Stern drei Linden mit Wurzeln und jeweils drei gekappten Ästen und drei Blättern.
Siehe auch Da. 327 mit derselben Rs. u. Da. 328 mit ähnlicher Rs. (Kugel statt Stern)

G.F. Müller 1982 sah die Lindenbäume als "redendes Münzbild" der Grafen von Lindow-Ruppin
und vermutete eine Münzstätte in Alt Ruppin. [1]

Die Teile der Herrschaftsgebiete der den Arnsteiner Grafen entstammenden Linie der
Grafen von Lindow und Ruppin lagen weit auseinander.
Im 13. Jh. wurde die Grafschaft überwiegend politisch und wirtschaftlich vom südlichen Teil, von Lindow bei Zerbst, geleitet und regiert.
Ab der Mitte des 14. Jh. verschob sich die wirtschaftliche Macht in den nördlichen Teil der Herrschaft, in das Ruppiner Land.
Mittelpunkt der Grafschaft Lindow-Ruppin war die Burg Alt Ruppin.
Dannenberg wollte eine Mzst. in der Grafschaft Lindow-Ruppin nicht bestätigen, weil es keine urkundliche Erwähnung gibt:

"Nach Ansicht des Verfassers sollte man nicht völlig ausschließen,
daß einzelne Denartypen aus dem Fund II von Molchow in Ruppin
oder möglicherweise in einer anderen Münzstätte für den Markthandel in der
Herrschaft Ruppin geprägt worden sind, z.B. in den benachbarten Münzstätten
Perleberg, Kyritz und Friesack.
Leider ist über die Prägeorte der zahlreichen von Bahrfeldt beschriebenen
brandenburgischen Brakteaten- und Denartypen des 13. und 14. Jh. viel zu wenig
bekannt, und es wird empfohlen, im Rahmen der Heimatgeschichtsforschung
die Frage einer Münzprägung in der Früheren Herrschaft Ruppin
weiter zu bearbeiten. Dazu könnten vor allem auch weitere Münzfunde in diesem
Gebiet beitragen" [3]

Locke80 hat in der Nähe von Neuruppin ein weiteres Stück Molchow Nr.10 gefunden:
viewtopic.php?f=80&t=64681#p551760
Nun sind von 1½ Stücken der insgesamt 2½ Exemplare zwei Fundorte bekannt:
Molchow II (½ Exemplar) und "(Fundort nahe Neuruppin)" (1 Exemplar; 0,58 g).
Beide Fundorte liegen nur wenige km von Alt Ruppin, dem wirtschaftlichen und politischen Mittelpunkt der Grafschaft, entfernt.
Das lässt die Frage einer Prägung in der Burg Alt Ruppin in einem neuen Licht erscheinen.

Aus den beiden vollständigen Exemplaren ergibt sich ein Durchschnittsgewicht von 0,656 g.
Dannenberg hat für den Fund Molchow II für 5 Denartypen Durchschnittsgewichte zwischen 0,498 g und 0,534 g ermittelt.
Der hier vorgestellte Denar ist im Gewicht ein Ausrutscher nach oben.
Das Stück scheint auch aus besserem Silber zu sein als die anderen Münzen aus Fd. Molchow.

Vielleicht sollte dies Vertrauen erzeugen, ebenso wie die Darstellung des Fürsten
mit Flügeln als Beschützer und Behüter (siehe Beiträge von mimach oben).
Dazu passt ein urkundlich belegtes politisches Ereignis, die Erweiterung der politischen Befugnisse der Grafen von Lindow-Ruppin:

"1.9.1399
Markgraf Jost vertröstet die bran­-
denburgischen Städte wegen der
»Landes Noth« auf seine Rückkehr.
Sein Landeshauptmann Lippold von
Bredow soll sie schützen und sich
diesbezüglich mit dem Herzog von
Pommern-Stettin und den Grafen
von Lindow-Ruppin verständigen." [2] S. 191, 192

Dannenberg legte diesen Denar in die Zeit um 1400.

Aufgrund der Lindenblätter als Attribute des Fürsten oder auf der Rs. sind weitere Denare
mögliche Prägungen der Grafen von Lindow-Ruppin, z.B.:
Da. 306 (Bf. 735) Fürst mit 2 Lindenbättern [2] S. 155
Da. 311 (Bf. 736) Rs. 4 Lindenblätter als Kreuz [2] S. 156
-
[1] Gerhard F. Müller "Bestand in Altruppin eine Münzstätte?" Moneytrend mt 10/82, S. 28, 29
[2] Hans-Dieter Dannenberg "Die brandenburgichen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts"
NUMISMATISCHE GESELLSCHAFT ZU BERLIN 1997
[3] Hans-Dieter Dannenberg "Bemerkungen zum Denarfund von Molchow
Kreis Neuruppin (1947)
und zu mutmaßlichen Denarprägungen in der früheren Herrschaft Ruppin"
Numismatische Beiträge 2/87, Kulturbund der DDR, Berlin 1987

Beitrag #1000

Ergänzung:
In der Auktion
WAG ONLINE 141/691
ist ein weiteres vollständiges Exemplar mit 0,63 g aufgetaucht.
Damit ergibt sich ein neues Durchschnittsgewicht von 0,647 g für die drei vollständigen Exemplare,
das ist immer noch deutlich über den Durchschnittsgewichten der anderen Molchow-Typen.
Zuletzt geändert von jot-ka am Fr 02.06.23 21:22, insgesamt 2-mal geändert.
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