Sandpatina - ein Kunstprodukt?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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drakenumi1
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Sandpatina - ein Kunstprodukt?

Beitrag von drakenumi1 » Fr 09.02.07 20:58

Weil gerade etwas Ruhe auf diesen Seiten herrscht und das weekend vor der Tür steht, hier eine kleine Geschichte:
Vor ein paar Jahren war ich während einer Tunesien-Rundreise auch in der römisch-karthagischen Ruinenstadt Sbeitla. Sehr schön anzusehen, u.a. auch die bekannten fliegenden Händler, auch einer mit einer kleinen Kollektion traditioneller Keramik von Djerba. In einer Schale eine Menge kleiner und großer hellgrün kunst"patinierter" Römer-Touristenfälschungen. In einer anderen Schale etwa 15-20 "Münzen", die durch ihre töpferfarbene Oberfläche auffielen, aus der sehr markant die Prägekonturen von offensichtlich Römern in fast schwarzer Färbung herausschauten, eine muntere Mischung sesterzgroßer bis constantin/solkleiner Bronzen. Damals hat mich das nicht sehr interessiert, nur insoweit, als der Geruch der Fälschung auf Meilen gegen den Wind zu riechen war. Soviel von damals.
Als ich vor wenigen Monaten mein Debüt in diesem Forum mit einer fatalen Fehlbeurteilung eines Spätrömers in Sandpatina gegeben hatte, kamen bei mir im Nachhinein Bedenken, Fragen, Vermutungen auf, die ich mit Euch gerne geklärt hätte, denn wenn ich in Katalogen oder im net auf sandpatinierte Münzen treffe, bin ich jedesmal erneut verunsichert, ob es sich um eine echte Patina oder eine billige Fälschung handelt.
Folgende Fragen habe ich:
- Kann man von einer echten Patina sprechen, also einer chemischen Verbindung mit den Münzmetallen, oder handelt es sich um eine Kruste aus feinsten Sanden, die durch geringe Anteile von Zersetzungsprodukten dieser Metalle gebunden werden?
- Ist nicht der Fundzustand einer solchen Münze mehr oder weniger ein Klumpen, aus dem mit viel Geschick durch einen Schleif- bis Waschprozeß die überschüssige Kruste so weit abgeschliffen wird, bis ein markantes Prägebild sichtbar wird? Wobei in den Vertiefungen die Reste dieses Sandes noch erhalten bleiben?
- Ist nicht nach dem Schleifen auf den sichtbaren Metallflächen jegliche "übliche" Patina völlig entfernt und damit das blanke Metall sichtbar?
- Wird nicht zur Erzielung der schwarzen bis grauen Oberfläche, die solche Münzen üblicherweise tragen, dann eine künstliche Patinierung vorgenommen?
- Und nun die provokante Frage: Wenn meine obigen Gedanken halbwegs richtig sind, was ist an solchem Münzgesicht dann noch original und dergestalt sammelwürdig, wie es das ja wohl tatsächlich ist?
Sicherlich sind meine Gedanken auf völlig falschen Pfaden. Aber interessant wäre doch, zu erfahren, was sich hinter dem Begriff "Sand- oder Wüstenpatina" für ein Phänomen versteckt, hofft

drakenumi1
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Beitrag von Peter43 » Fr 09.02.07 21:16

Hallo drakenumi!

Du hast recht mit Deiner Meinung, daß es sich bei der sog. Sand- oder Wüstenpatina um eine Kruste aus feinsten Sanden handelt, die durch geringe Anteile von Zersetzungsprodukten dieser Metalle gebunden werden. Deshalb ist es eigentlich keine Patina im eigentlichen Sinne, das es sich nicht um chemische Verbindungen handelt.
Du hast recht, wenn Du sagst, daß der Fundzustand einer solchen Münze mehr oder weniger ein Klumpen ist, aus dem mit viel Geschick durch einen Schleif- bis Waschprozeß die überschüssige Kruste so weit abgeschliffen wird, bis ein markantes Prägebild sichtbar wird! Wobei in den Vertiefungen die Reste dieses Sandes noch erhalten bleiben! Gerade dies gibt eindrucksvolle Bilder, wenn es geschickt und einfühlsam gemacht worden ist.

Nicht recht aber hast Du, wenn Du unterstellst, daß dann die übliche Patina vollständig bis zum blanken Metall entfernt wurde, sodaß eine Neupatinierung notwendig wird. Wie kommst Du denn darauf?

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von Pscipio » Fr 09.02.07 21:38

Ich habe mittlerweile das Gefühl, dass nicht jede Sandpatina natürlichen Ursprungs ist. Wenn bei einem bestimmten Händler X verschiedenste Münzen aus verschiedenen Epochen und Münzstätten alle genau die gleiche Sandpatina aufweisen, dann macht mich das stutzig - vor allem, wenn ich zusätzlich weiss, dass dieser Händler seine Silbermünzen künstlich nachdunkelt.

Gruss, Pscipio
Zuletzt geändert von Pscipio am Fr 09.02.07 21:40, insgesamt 1-mal geändert.
Nata vimpi curmi da.

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Beitrag von drakenumi1 » Fr 09.02.07 21:39

Hallo, Peter,
Der erste Grund ist rein statistischer Art: Was ich bisher an solchen Oberflächen sehen konnte, war schwarz bis dunkelgrau. Wieso nur immer diese Farbe? Warum nicht auch einmal grün, braun o.ä.? Läßt die silikathaltige Umgebung nur die Bildung von schwarzer Patina zu? Aus der Fälscherperspektive: schwarz ist am eindrucksvollsten und am einfachsten zu realisieren. Braun oder grün wirkt bei völlig gleichmäßigem Auftrag unglaubwürdig, tritt meist fleckig am echten Stück auf.
Der zweite Grund: Wenn man Sande mit Sanden abschleift, wird es praktisch nicht ausbleiben, daß die nur endlich dicke Patina bis aufs Metall durchgeschliffen wird. Oder anders gesagt: Das wäre ein Gleichgewichtsspiel, einerseits das optimale Schliffbild zu erzielen und trotzdem die Patina nicht durchzuschleifen.
Ein Versuch würde sofort Klarheit bringen: An einer fertig abgeschliffenen Münze an einer noch sandigen Stelle weiterschleifen: Am Grunde müßte dann auch die schwarze Patina auftauchen. Ich kann mir das aber
nur sehr schwer vorstellen.

Zur Erklärung: Gibt es auf dieser Strecke nicht viele Fälschungen? Mir scheint das eine erfolgversprechende Methode für Fälscher, auf simple Art ihre billigen, echten und abgeschliffenen Münzen aufzumotzen, wie ich das damals in Sbeitla glaube gesehen zu haben.

Gruß von drakenumi1
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Beitrag von beachcomber » Sa 10.02.07 01:49

hallo drakenumi,
eine münze mit sandpatina hat, wie peter43 schon richtig geschrieben hat, nicht eigentlich eine patina, sondern ist eine in feinem sand (oder erde) 'eingebackene' münze.
wenn man solche münzen findet, dann sind die erhabenen stellen oft schon sichtbar, da sich logischerweise der 'dreck' in den vertiefungen besser ansammelt. manche münzen werden dann sicher noch soweit gereinigt, dass das bild noch besser zum vorschein kommt.
unter dieser feinen sandschicht können durchaus auch andere farben als schwarz durchscheinen, aber schwarz ist sicher die häufigste.
da in einigen ländern (wie z.b. in spanien) diese sandpatina häufig vorkommt (und auch sehr beliebt ist), öffnet sie natürlich fälschern ungeahnte möglichkeiten.
das geht von komplett falschen münzen bis zu schlecht erhaltenen, korrodierten, die dann wieder mit einer künstlichen sandpatina überzogen werden um die löcher zu verdecken.
eine mischung aus eiweiss und feinem hellen staub wird auf die munze aufgebracht, und dann an den erhabenen stelllen wieder abgewischt. das wird dann relativ fest und sieht auf den ersten blick ganz nett aus, aber spätestens unter dem mikroskop, mit einer kleinen stahlnadel bearbeitet, wird man recht schnell eine echte von einer falschen patina unterscheiden können, da eine künstliche patina sich 'gummiartig' anfühlt, und eine echte sehr hart ist!
grüsse
frank

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Beitrag von Privateer » Sa 10.02.07 13:14

Es ist zwar etwas OT, aber könnt ihr mir sagen, wie ich eine solche Sandschicht wegbringen kann, ohne die Patina anzugreifen? Ich habe einen kleinen Sack voll spanischer Kleinmünzen, und alle sind dick mit dieser harten Kruste bedeckt.

Danke und Gruss, Privateer
Gruß Privateer

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Beitrag von drakenumi1 » Sa 10.02.07 13:48

Hallo, Privateer,
Ich kann Dir zwar keinen Rat geben, wie Du das bewerkstelligen könntest, denn ich glaube nicht ernsthaft, ob dies ohne die Patina wenigstens partiell zu schädigen, überhaupt möglich wäre. Aber sicherlich wäre es sehr hilfreich, wenn unsere Debatte hier durch einige Scans von Deinen Noch-Jungfern bereichert werden würde. Wir hätten dann mal einen von allen zu betrachtenden Ausgangszustand belegt und könnten - wenn Du ein kleines Risiko eingehen würdest - gemeinsam und durch Deine Hand etwas experimentieren.?
Was sind es denn für Münzen?
Grüße von
drakenumi1
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Beitrag von drakenumi1 » Sa 10.02.07 14:22

Übrigens - für näher Interessierte an dieser Materie:
Z.Zt. bietet www.muenzen-ritter.de/shop auf seinen Seiten für röm.Provinzialsammler Dutzende von Sandpatina-Bronzen aus ganz unterschiedlichen Gegenden und in unterschiedlichen Färbungen an. Sehr instruktiv, sich dort umzuschauen. Darunter scheint mir die Nr. 27249 ein Musterbeispiel für eine nachträglich besandete Münze zu sein, schön gleichmäßig dicker Auftrag, sowohl über ebene Flächen, als auch in Spalten, Falten und Buchstaben. Jedenfalls kein "Schliffbild", wie es entstehen müßte, wenn wie oben beschrieben vorgegangen wird.
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Beitrag von Gast » Sa 10.02.07 15:28

Um euch die Suche zu ersparen:

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Beitrag von quisquam » Sa 10.02.07 16:14

Wenn die Verkrustungen/Aufsinterungen weniger stabil sind als die Patina lassen sie sich ohne Beschädigung der Patina abbürsten, ggf. nach vorherigem einweichen. Ich sehe keinen Grund an eine "nachträgliche Besandung" zu glauben - zumindest bei dieser Münze.

Es ist sicherlich nicht schwierig eine Sand-"Patina" zu fälschen. Dessen sollte man sich bewusst sein, allerdings ohne gleich alle nicht restlos gereinigten Münzen der Manipulation zu verdächtigen.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Beitrag von diwidat » Sa 10.02.07 17:20

Meine Münzen hatte ich mal als Fälschungen gekauft (nachden ich den Verkäufer davon überzeugen konnte). Wenn eine echte dabei ist, ist das auch nicht so schlimm. :D
Dateianhänge
Sand-Patina.jpg

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Beitrag von Wurzel » Sa 10.02.07 17:29

Hallo Diwidat,

die dritte von rechts halte ich für einen Folles des TIBERIUS CONSTANTIN (AD 578-582), geprägt in Kosntantinopel dritte Offizin, 6 oder 7 Regierunsgjahr.

Sear BCV 430
http://www.wildwinds.com/coins/sb/sb0430.html

Die Echtheit kann ich bei diesem Stück nicht ausschließen.

Michael
http://www.wuppertaler-muenzfreunde.de/

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Beitrag von drakenumi1 » Sa 10.02.07 17:37

Was hat Dich so sicher gemacht, daß Du ihn überzeugen konntest? Nach alledem, was ich in diesem thread bisher lernen durfte, handelt es sich um echte ungefälschte Sandpatina. Für die Prägungen kann ich nicht geradestehen, ist nicht mein Gebiet. Wie es sich tatsächlich verhält, werden die Spezialisten beurteilen.
Gruß von
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Beitrag von Pscipio » Sa 10.02.07 17:45

Die beiden Griechen sind Touristenimitationen von Tetradrachmen (wohl Antiochos IV. Epiphanes und Lysimachos), daher liegt es nahe, dass die Byzantiner auch falsch sind.

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Wurzel » Sa 10.02.07 17:51

Der ganz Linke ist Falsch, bzw. ein reines Fantasieprodukt..

Bei der dritten würde ich mich erst äußern, wenn ich sie in der Hand halte. Das Bild spricht eher gegen eine Fälschung, auch wenn ich ein mulmiges Gefühl habe.


Micha
http://www.wuppertaler-muenzfreunde.de/

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