Interpretation von Urkunden

Wie zahlten unsere Vorfahren? Was war überhaupt das Geld wert? Vormünzliche Zahlungsmittel

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Cluster
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Interpretation von Urkunden

Beitrag von Cluster » Do 08.05.14 19:08

Ich bin kein Historiker, daher wage ich mich mal mit einer Frage zu Urkunden hier herein.

Wenn in Urkunden des 15. Jhdt von einem Münzmeister die Rede ist, bedeutet das in jedem Fall das es sich um den Leiter einer Münzstätte handelt? Oder ist der Begriff auch anders zu interpretieren?

Beispiel:
Census Glasebergen und seynir erben 20 gulden, dy sullen wir geben dem munczmeister. ...
Konnte eine Stadt einen Münzmeister haben, ohne das dort Münzen geprägt werden?

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KarlAntonMartini
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Re: Interpretation von Urkunden

Beitrag von KarlAntonMartini » Fr 09.05.14 11:57

Münzmeister ist idR der technische Leiter einer Münzprägestätte gewesen. Die Kontrolle über die wirtschaftliche Seite der Prägetätigkeit übte meist ein Wardein aus. Der Münzmeister stand im 15. Jahrhundert meist in einem Anstellungsverhältnis zum prägeberechtigten Münzherren, es gab auch Münzmeister, die nur periodisch tätig waren und oft auch für mehrere Münzherren. Der aktuelle Wohnsitz muß nicht unbedingt der Tätigkeitsort sein. Münzherren waren im HRR die weltlichen und geistlichen Reichsfürsten, Reichsstädte, etliche kleinere Herren und auch manche Landstädte, va in Westfalen. Um welche Stadt geht es denn? Grüße, KarlAntonMartini
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Cluster
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Re: Interpretation von Urkunden

Beitrag von Cluster » Fr 09.05.14 12:45

Das betrifft die Prägestätte Zwickau. Kürzlich sind Urkundenbücher der Stadt veröffentlicht worden. Nun gibt es einige Urkunden, die einen nicht näher genannten Münzmeister enthalten. Diese liegen zeitlich vor den bisher in der Literatur aufgeführten Zeiten, in denen dort eine Münze betrieben wurde.

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Re: Interpretation von Urkunden

Beitrag von KarlAntonMartini » Fr 09.05.14 12:52

Ich verstehe nichts von sächs. Numismatik, könnte aber einen Kontakt zu Prof. Arnold herstellen. - Lt. Kroha, Lexikon d. Numismatik wurde in Zwickau vom 13. Jhdt. bis 1532 geprägt, dann nochmal kurz von 1621-1622. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Interpretation von Urkunden

Beitrag von Cluster » Fr 09.05.14 12:59

Ja, die Korrektur wollte ich eben noch anbringen. Meine Aussage bezieht sich rein auf das 15. Jhdt.

Krug z.B. führt in seiner Abhandlung zu Meißner Groschen Zwickau nur für bestimmte Zeiträume des 15. Jhdt. als Prägestätte auf. Einige der nun vorliegenden Urkunden liegen vor den bisher ausgewiesen Zeiträumen.

Wobei die vermutete Prägung ab dem 13. Jhdt. meines Wissens nur auf der Namensnennung eines Herrn Münzer in einer Urkunde eines Klosters fusst.

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Re: Interpretation von Urkunden

Beitrag von Uezmuez » Do 31.07.14 18:08

Hallo Cluster,
ob es sich bei der Nennung eines beispielsweise Heinricus Monetarius oder Heinrich Münzer auch um einen tatsächlichen Münzmeister handelt, hängt sowohl von der zeitlichen Nennung als auch davon ab, in welchem Zusammenhang er genannt wird. Bis zum 13. Jahrhundert muss bei mein einer solchen Nennung von einem tatsächlich tätigen Münzmeister ausgehen. Denn es handelt sich in der Regel um eine Amtsbezeichnung. Ab dem Ende des 13 oder ab dem Beginn des14. Jahrhundert tragen die Münzmeister Nachnamen. Eine Heinricus Monetarius oder Heinrich Münzer deuten dann auf einen Familiennamen hin. Ab dem 14. Jahrhundert lassen sich daher die Münzmeister meistens nur anhand einer Amtsbezeichnung nach dem Nachnamen oder aufgrund ihrer Tätigkeit in der Münzstätte eindeutig identifizieren.

Viele Grüße
Nur Heiner sonst keiner

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Re: Interpretation von Urkunden

Beitrag von platinrubel » Fr 01.08.14 13:42

Anzumerken sei auch, dass in Städten/Gemeinden/Gerichtsbarkeiten ohne Münzrecht auch ein auswärtiger Münzmeister beauftragt wurde, um zum Beispiel Eichungen von Gewichten, Eichgefäßen etc. vorzunehmen.
Grüsse

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Re: Interpretation von Urkunden

Beitrag von Cluster » Mo 27.10.14 20:13

Uezmuez hat geschrieben:Hallo Cluster,
ob es sich bei der Nennung eines beispielsweise Heinricus Monetarius oder Heinrich Münzer auch um einen tatsächlichen Münzmeister handelt, hängt sowohl von der zeitlichen Nennung als auch davon ab, in welchem Zusammenhang er genannt wird. Bis zum 13. Jahrhundert muss bei mein einer solchen Nennung von einem tatsächlich tätigen Münzmeister ausgehen. Denn es handelt sich in der Regel um eine Amtsbezeichnung. Ab dem Ende des 13 oder ab dem Beginn des14. Jahrhundert tragen die Münzmeister Nachnamen. Eine Heinricus Monetarius oder Heinrich Münzer deuten dann auf einen Familiennamen hin. Ab dem 14. Jahrhundert lassen sich daher die Münzmeister meistens nur anhand einer Amtsbezeichnung nach dem Nachnamen oder aufgrund ihrer Tätigkeit in der Münzstätte eindeutig identifizieren.

Viele Grüße
Um den Herrn Heinrich Münzer geht es hierbei auch nicht, der war im 14. Jhd unterwegs. Die Urkunden sind >1400 und außer der Bezeichnung "munczmeister" erfolgt keine namentliche Nennung.

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