Ein verruchtes Wochenendrätsel

Münzen des alten Byzanz

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Ein verruchtes Wochenendrätsel

Beitrag von Gast » Fr 16.01.04 14:49

Liebe Gemeinde,

ganz im Stil von IIIviri habe ich mir heute ein feines Rätsel zum Wochenende ausgedacht:

Der „NEUE CONSTANTIN“ (nennen wir ihn A) wurde im zarten Alter von siebeneinhalb Lebensmonaten zum Augustus gekrönt. Knapp sieben Monate später verstarb seine Mutter (B), worauf deren Witwer (C), der Sohn eines aufständischen Numiden (aus Sicht der damals Herrschenden würde man heute eher sagen: „eines terroristisch veranlagten Asylanten, der die Unbedenklichkeitsprüfung zur Ausübung öffentlicher Ämter bestanden hatte“) die Tochter (D) der Tochter eben dieses Revolutionärs (E) ehelichte.

Verrucht, verrucht – das Volk schrie auf wegen dieses nepotischen Inzest, obwohl der Bräutigam vorher sein Volk von einem Tyrannen (F) erlöst hatte.

Der Ehe entstammten zwei oder mehr Söhne (vielleicht auch Töchter), von denen es ein Sohn (G) zur Darstellung auf Münzen geschafft hat. Den jüngeren Geschwistern (z.B. H) kam diese Ehre nicht zuteil.

Zwei kleine Hinweise: Herr C betätigte sich nicht nur als Erzeuger der Kinder seiner Nichte sondern auch als begeisterter und erfolgreicher Reliquiensammler. Sein Enkel (I) nahm einen der Namen seines Sohnes an, ging aber unter einem anderen Namen in die Geschichtsbücher ein.

Natürlich - daraus resultiert eine Zusatzfrage:

Welche Antiquität "erwarb" der Opa des Enkels?

Und nun sagt mir doch bitte, wer die Damen und Herren A bis I waren.


Ich bin sicher, daß Ihr das herausbekommt - viel Erfolg

Euer petzlaff
Zuletzt geändert von Gast am Sa 17.01.04 10:04, insgesamt 1-mal geändert.

Anastasius
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Beitrag von Anastasius » Fr 16.01.04 22:01

was ´n los ?
Frühjahrsmüdigkeit ?

ein kleiner Tip: E und C sind nicht nur Vater und Sohn, sondern auch Namensvettern. :)

Anastasius

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Beitrag von Gast » Fr 16.01.04 22:15

... und noch ein Tipp:

die beiden besagten Töchter unterscheiden sich im Namen nur durch "2 Buchstaben" links und rechts vom "I" 8)

petzlaff

D.F.
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Beitrag von D.F. » Sa 17.01.04 12:41

Liebe Gemeinde!

Ein fragendes Wort zum Sonntag:

Mich würde ja in puncto Reliquien auch etwas interessieren:
Wo ist die Zunge von D?
Wo die Nase von G?
Und wo erst ist die namengebende Nase des Ururenkels?

So was haben wir in Rom nicht in dieser Qualität zu bieten...

MfG
D.F.

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Beitrag von Gast » Sa 17.01.04 15:54

@D.F.

Deine Frage nach den "körperlichen Reliqiuen": - wowwwwww !

Vielleicht eine Ergänzung in Deinem Sinn: Herr C führte das Griechische als offizielle Staatssprache im verbliebenen (Ost-)Römischen Reich ein.

Gruß - petzlaff

PS: (Ich weiß nicht, wo die Nasen verblieben sind - vielleicht im zu heissen Badewasser :) )

secundus
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Beitrag von secundus » Sa 17.01.04 19:42

Die Jagd nach der Reliquie war eine recht kostspielige Unternehmung, zu deren Finanzierung sich C nicht scheute einige Kulturschätze einzuschmelzen. Die Münzen (besonders die aus Bronze) des C von ANNO XII dürften aus besonders edlem Material geschlagen sein.

D.F.
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Beitrag von D.F. » Sa 17.01.04 22:31

Liebe Herren von Byzanz,

damit Ihr nicht arbeitslos werdet und Euch wieder etwas Neues ausdenken müßt, verrate ich ein paar Namen:

A ist Constantinus III. (641);
B ist seine Mutter Eudocia, die 612 das Zeitliche gesegnet hat;
C ist Heraklius I. (610-641);
D ist dessen 2. Frau Martina;
E ist der ältere Heraklius, Exarch in Karthago;
F mag ich nicht nennen!
G ist Heraklonas (641);
H weiß ich nicht; die Literatur, die ich gerade zur Hand habe, verrät mir keine Namen, und das Gedächtnis hat da auch gar nichts zu bieten... Traurig, aber wahr!
I ist Constans II. (641-668).

Die Antiquität ist das Hl. Kreuz.

D und G wurden im Herbst 641 gestürzt, verstümmelt (sie verliert dabei die Zunge und er die Nase) und nach Rhodos verbannt.
Das Urenkelchen ist Justinianus II., dem "anläßlich" seines Sturzes 695 die Nase abgeschnitten wurde, was ihn aber nicht daran hinderte, 705 auf den Thron zurückzukehren, ohne Nase, dafür mit dem Beinamen Rhinotmetos ("mit der abgeschnittenen Nase").

Schönen Gruß
D.F.

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Beitrag von secundus » So 18.01.04 01:30

Dann bleibt es an mir noch die beiden jüngeren Brüder von den insgesamt 9 Geschistern des Heraklonas nachzutragen,
H1 =David (Tiberius) und H2 = Martinus bzw. Marinus.

spitz zu bermerken, dass man F nicht mit "F" schreibt

und etwas Bildmaterial beizufügen.

http://imagedb.coinarchives.com/img/cng ... 612238.jpg
Vs.: Heraclius, Rs.: Constantinus III (l.), Martina (r.)

http://imagedb.coinarchives.com/img/nac ... 396q00.jpg
Gruppenfoto mit Reliquie, v.l.n.r.: Heraclonas, Heraklius, Constantinus III.

http://imagedb.coinarchives.com/img/tka ... 472q00.jpg
Constans II ohne
http://imagedb.coinarchives.com/img/cng ... 571477.jpg
und mit dickem Kinnbart (Pogonatos).
Beide Münzen wurden in seiner Residenz Syrakus geprägt.

Eine kurze Lebensbescheibung des Heraklius in deutsch findet man bei
http://www.bautz.de/bbkl/h/herakleios_b_k.shtml
Zuletzt geändert von secundus am Mo 19.01.04 00:20, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Gast » So 18.01.04 08:48

Großartig !!!!

Damit ist das Rätsel zu meiner Zufriedenheit gelöst.
Es bleibt noch zu ergänzen:

1) F steht natürlich für "Fieser PHOKAS"

2) MARTINAs Mutter hieß MARIA (deswegen mein Hinweis auf die Buchstaben links und rechts neben dem "I" - das hatte überhaupt nichts mit Dekanummia zu tun :) )

3) HERACLIUS hatte viele Kinder mit und auch ohne Martina. Von Martina stammen noch 3 Augustae: ANASTASIA, AUGUSTINA und MARTINA sowie 5 namentlich bekannte Söhne: CONSTANTINUS, THEODOSIUS, HERACLONAS und die beiden Caesaren DAVID TIBERIUS und MARTINOS sowie mit Sicherheit noch andere, die sehr früh verstarben und deren Namen nicht überliefert sind. Hinzu kamen wohl noch einige aussereheliche Beduinenkinder mit herakleisch kaiserlichen Genen.
(Danke @anastasius, der diese Aufstellung beizutragen wusste)

4) Über die Zuordnung des Namen CONSTANTINUS III ist sich die Geschichtsschreibung nicht einig. Manche Gelehrte bezeichnen auch CONSTANS II als CONSTANTINUS III. Tatsächlich ist es so, daß HERACLIUS d. Jüngere "CONSTANTINUS" als Titel (etwa in der Art "Mitglied der kaiserlichen Familie") eingeführt hat. Fast die gesamte herakleische Meschpoke trägt neben dem eigentlichen Taufnamen zusätzlich das CONST (so die übliche Abkürzung auf den Münzen: mit dem Erscheinen des CONST in der Münzlegende verkürzt sich zudem fast immer das althergebrachte AVG zu A, für mich ein Zeichen, daß es sich bei CONSTANTINUS eher um einen oströmischen Gegenpol zu dem traditionellen west- bzw. gesamtrömischen AVGUSTUS-Titel handelt).
Das Volk hatte natürlich Probleme, die vielen CONSTANTINE auseinander zu halten. Deswegen tauchten im Volksmund schnell unterscheidende Bezeichnungen wie "der NEUE CONSTANTIN", "der ANDERE CONSTANTIN" oder "der KLEINE CONSTANTIN" auf. Selbst vor dem Namen HERACLIUS machten die Verniedlichungsformen nicht halt - bedeutet doch HERACLONAS nichts anderes als HERACLIUS-chen.

Nachgeschoben: wer war der ANDERE und wer war der KLEINE ? (Den NEUEn kennen wir ja inzwischen)

HERACLIUS ausgeprägter "Familiensinn" äussert sich (zumindest) in der bildllichen Darstellung auf seinen Münzen. Meist sind 3 (HERACLIUS, MARTINA und HERACLIUS CONSTANTINUS) oder 2 (H. und H.C.) abgebildet. Anders als TIBERIUS II, der mit dem Gedanken gespielt hatte, das Byzantinische Reich ähnlich wie früher das Römische Reich in zwei Teilreiche aufzuteilen, verfolgte HERACLIUS eine zentralistische Politik und ernannte lieber die CONSTANTINe zu Mitregenten - das ist der Grund, warum es auf seinen Münzen von Personen nur so wimmelt.

Hier ein (unvollständiger Stammbaum der Herakleier):

[ externes Bild ]

.... Und HERACLIUS und CONSTANS II und HERACLONAS und die Anderen (rechts unten) bekommen ihre eigene Forums-Präsenz.

@anastasius und @nikephoros und @Gemeinde - wer von Euch hat Münzen des Aufstandes der Heraclii gegen Phokas in seiner Sammlung?

Die würde ich gerne an dieser Stelle zeigen.

Schönen Sonntag - petzlaff
Zuletzt geändert von Gast am So 08.02.04 07:18, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von secundus » Mo 19.01.04 00:23

Bei der Frage nach den Constantinüssen muss ich leider passen, schiebe aber gerne noch eine weitere hinterher um die Wartezeit bis zun Eintrudeln der Exponate von anastasius, nikephoros & Gemeinde abzukürzen.
Gefragt ist nach Nominal, Münzstätte, Regent und was das Besondere an dem Stück ist.
Wer knackt die Nuss ?

[ externes Bild ]

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Beitrag von Gast » Mo 19.01.04 18:21

Auflösung des Zusatzrätsels:

- der NEUE CONSTANTIN war wie bereits erklärt HERACLONAS (CONSTANTINUS HERACLIUS), der Sohn von HERACLIUS und MARTINA
der auch Kaiser werden sollte.

- der ANDERE CONSTANTIN war der etwa 615/616 Erstgeborene Sohn des HERACLIUS, der 620 während des Persichen Krieges verstarb.

- der KLEINE CONSTANTIN war der Sohn namens HERACLIUS-chen (also HERACLONAS) von HERACLIUS und MARTINA. Er wurde etwa 625/626 geboren und 632 (so der Geschichtsschreiber Theophanes) zum Caesar erhoben.



@secundus:

Du machst uns Freude - da hast Du uns ja einen richtig harten Brocken eingestellt. Ich muß für mich gestehen, daß ich etwas ratlos bin. Ich sehe das Revers als Wertangabe "Delta" = 4 Nummia. So etwas gab es nur in Thessaloniki und Cherson (Krim). Ich tippe einfach mal auf Cherson (erstmal ohne Kaiser-Raterei), kann aber auch völlig falsch liegen. Muß wohl mal meine virtuelle Sammlung durchforsten!

Gruß - petzlaff

Anastasius
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Beitrag von Anastasius » Mo 19.01.04 22:58

@secundus:

auf die Schnelle und auf die Gefahr hin, mich zu blamieren,
das Teil sieht nicht sehr byzantinisch aus, keine Ahnung was das sein soll !

Gruss
Anastasius :roll:

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Beitrag von Gast » Di 20.01.04 08:12

Nach langer Suche in allen möglichen Katalogen und Büchern bin auch ich nicht fündig geworden. Ich neige wie Anastasius dazu, Secundus' Stück nicht als Byzantinische Münze zu betrachten.

Möglicherweise handelt es sich um ein Bleisiegel zum Verschluß von Nummia-Beuteln (Folles). Aber damit kenne ich mich überhaupt nicht aus.

:( petzlaff

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Beitrag von D.F. » Di 20.01.04 08:48

Liebe Byzantiner,

nur eine Frage aus der klassischen Welt:
Käme Euch Alexandria ganz abwegig vor?
Eine 3-, 6-, 12-Stückelung ist dort bei Heraclius zwar gängiger, aber warum nicht einmal 4 Nummi?

MfG
D.F.

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Beitrag von Anastasius » Di 20.01.04 09:57

Lieber D.F.
4 Nummia Stücke gibt es aus Alexandria in Byzantinischer Zeit ( 526-646 ) nicht.
Gruss Anastasius

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