Wunderschönen guten Tag, liebe Münzfreunde!
Ich benötige Hilfe bei der möglichst vollständigen Bestimmung einer vermutlich römischen Bleiplombe, was nicht gerade mein Spezialgebiet ist und wozu ich auch die Literatur nicht kenne. Zunächst ein paar Bilder mit verschiedener Beleuchtung, damit ihr wisst, worum es geht:
Die Vorderseite zeigt also eine männliche bärtige Figur ohne Kopfbedeckung (in Himation?) nach links sitzend, am rechten Rand des Motivs meine ich eine Stuhllehne zu erkennen. Die Figur hält ein Objekt in der linken Hand, das ich nicht identifizieren kann. Am linken Rand steht eine Legende mit mehreren Zeichen, dazu unten mehr. Die Rückseite zeigt das, was man gemeinhin "Textile imprint" nennt, also lediglich einen Abdruck des Papyrus o.ä. Zusätzlich befindet sich quer durch die Plombe ein Hohlraum, durch den in grauer Vorzeit Kordel/Faden gezogen war.
Ich gehe davon aus, dass die Plombe aus dem 3. bis 5. Jhd. n. Chr. stammt und unter römischer Herrschaft in Kleinasien angefertigt wurde. Diese Hypothese stützt sich auf eine stilistisch sehr ähnliche Plombe, die von Gorny & Mosch als Darstellung des Pythagoras interpretiert wurde, allerdings ohne direkte Literaturreferenz, sondern lediglich mit Referenz auf eine Münze ähnlichen Motivs. Dieselbe Plombe wurde noch einmal von Solidus angeboten. Hier ist das Bild höher aufgelöst, die Deutung als Pythagoras fehlt aber. Auf jener Plombe ist eine recht ähnlich gestaltete nach links sitzende männliche Figur inklusive Stuhllehne dargestellt, allerdings links ein anderes Objekt (Globus) und ein Monogramm anstelle einer Legende.
So weit die harten Fakten. Ich würde die Figur auf meiner Plombe am ehesten als Astronom oder Poet deuten, was das Objekt in der Hand zu einem kleinen Globus (auf einem Dreifuß?) oder einer Tafel/Schriftrolle machen würde. Das alleine deshalb, weil diese beiden Personengruppen die Viri Illustri der damaligen Zeit waren, die auf Münzen geehrt wurden.
Bei der Legende fehlt mir die richtige Idee, leider auch, weil sie sich zum Teil unter dem Rand befindet. Ich habe versucht, durch verschiedene Beleuchtungsrichtungen die Legende in den Bildern besser zur Geltung kommen zu lassen. Akzeptable Bilder mit dem Handy durch das Okular meines Mikroskops habe ich leider nicht hinbekommen. Das unterste Zeichen deute ich als ȣ, eine Ligatur aus den griechischen Minuskeln ο und υ, die bei Provinzialmünzen häufiger vorkommt. Das zweite Zeichen sieht für mich nach ᴎ aus, das dritte nach ω. Deshalb würde ich annehmen, hier steht eine retrograde griechische Legende, die mit ȣᴎω endet. Den vierten Buchstaben von unten kann ich nicht entziffern, danach kommt ein weiteres ᴎ oder eventuell ein H oder A, was bei den übrigen Minuskeln keinen Sinn machen würde. Darauf folgt ganz oben ein Buchstabe, bei dem ich ein v erkenne, was ein υ oder χ sein könnte. Eventuell folgt darauf noch ein fast verschwundener Anfangsbuchstabe direkt über dem Kopf der Figur.
In richtiger Reihenfolge ergäbe sich meiner Interpretation nach [?]υn[?]ωnoy. Leider ergibt sich daraus kein Wort oder Name, das/der mir geläufig wäre. *ωnoy ist auch bei griechischen oder provinzialrömischen Münzen kein geläufiger Bestandteil einer Legende.
Hat einer von euch eine Idee? Eine bessere Interpretation der Legende oder des Bilds? Ist das Bild in der Literatur bekannt und kann einer Region zugeordnet werden?
Vielen lieben Dank für jeden Input!
Lieber Gruß
Daniel
Bestimmung einer römischen Bleiplombe
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Re: Bestimmung einer römischen Bleiplombe
Hallo,
bitte die Bilder direkt im Forum hochladen. Fremdlinks klickt kaum jemand an (Werbung ? Viren ?) und oft genug sind die Bilder nach kurzer Zeit verloren.
Schöne Grüße,
MR
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Schöne Grüße,
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Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)
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Re: Bestimmung einer römischen Bleiplombe
Ich sehe da eher eine weibliche Gestalt in hockender Haltung mit einer Blume in der Hand. Wenn wirklich aus Blei, dann handelt es sich, wie bei den meisten Bleiplomben, um den Verschluss einer Warensendung oder ein entsprechendes Etikett. Mythische Themen finden sich bei Bleiplomben kaum, anders sieht das mit Kaiserportraits (offizielle Sendungen) aus.
Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden. (Immanuel Kant)
Re: Bestimmung einer römischen Bleiplombe
Eine interessante Deutung! Eine weibliche Gestalt hatte ich vorher gar nicht gesehen und tu mich auch jetzt noch schwer, aber das mit der Blume ist ein schöner Gedanke. Hast du irgendeine Idee zur Legende?
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