Euro-Sammlern droht böses Erwachen (Zeitungsartikel)
Verfasst: Di 13.05.03 21:55
Quelle: http://www.8ung.at/muenze.obi/ew.htmEuro-Sammlern droht böses Erwachen
Veröffentlicht in Wirtschaftnews am 12.05.2003
Hamburg (rpo). Im TV, im Radio, in Zeitungen und Zeitschriften, überall bekommt man angeblich höchst seltene Ausgaben oder Komplettsätze von Euro-Münzen angeboten. Es werden fantastische Wertsteigerungen versprochen. Doch Experten warnen: Sammlern drohe ein böses Erwachen, Kunden würden für dumm verkauft.
Experten warnen bei angeblich seltenen Euro-Münzen zur Vorsicht. Wertsteigerungen seien eher nicht zu erwarten.
Immer mehr Sammler gehen auf Jagd nach Münzen aus den Euro-Ländern. Den zahlreichen Händlern ist das nur recht: Immerhin werden beispielsweise für das Starter-Kit des Vatikans im Nennwert von 3,88 Euro bereits über 1.500 Euro verlangt, Tendenz steigend. Doch Sammlern droht ein böses Erwachen. "Wer auf eine Wertsteigerung hofft wird erleben, dass er mit Zitronen gehandelt hat", prophezeit Jürgen Mikeska, Sprecher des Berufsverbandes Deutscher Münzfachhandel.
"Dennoch können Sammler offenbar nicht genug bekommen. Die Branche boomt wie nie zuvor", sagt Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (VZ), die den Markt untersucht hat. Die Preise für die gängigen Münzen der zwölf Euro-Länder schwanken beträchtlich. Laut VZ werden für die 96 Münzen im Nennwert von 46,56 Euro derzeit zwischen 114 und 219 Euro verlangt.
Kunden werden für dumm verkauft
Befördert wird der Boom von Versprechungen auf Wertsteigerungen. Besonders eifrig sind laut Tryba die Münzversender. So bietet beispielsweise ein Unternehmen in großen Anzeigen "auserwählten" Kunden angeblich seltene Münzsätze aus Finnland oder Griechenland mit einer "Vorzugsgutschrift" für 9,95 statt 19,95 Euro an. Selten sind die Münzen aber ganz und gar nicht. "Dazu reicht ein kurzer Blick auf die Internet-Auktionen", sagt Tryba.
Angepriesen wird auch die erste deutsche Zehn-Euro-Gedenkmünze. Ihr Wertsteigerungspotenzial sei auf Jahre gewaltig, heißt es. Dabei wird auf die erste Fünf-Mark-Gedenkmünze Germanisches Museum von 1952 verwiesen, die heute mit über 1.000 Euro gehandelt wird. "Hier werden die Kunden für dumm verkauft", betont Experte Mikeska. Schließlich seien von der Fünf-Mark-Münze lediglich 200.000 Exemplare geprägt worden, von der Euro-Gedenkmünze aber zwei Millionen.
Besonders begehrt sind die so genannten Kursmünzensätze aus europäischen Zwergstaaten, die ausschließlich für Sammler geprägt werden. So werden für den aktuellen Satz aus San Marino im Nennwert von 3,88 Euro derzeit rund 280 Euro verlangt und für den 2001-er Satz aus Monaco werden rund 500 Euro fällig. Angetan hat es den Sammlern die geringe Auflage, die in der Regel zwischen 10.000 und 30.000 Stück liegt. Der Markt ist völlig überhitzt
"Wir erleben in den letzten Monaten einen Boom", sagt Albert Raff, Präsident der Deutschen Numismatischen Gesellschaft. Mit der Zeit würden die Preise aber wieder auf den Boden der Tatsachen zurück kommen. So sieht es auch Mikeska. "Der Markt ist völlig überhitzt, solche Preise werden künftig nicht mehr erzielt werden". Besonders verärgert ist sein Verband über Versandhändler, die Kunden mit Versprechen auf Wertsteigerungen" lockten. Zugleich weigerten sie sich aber, die Münzen zurück zu nehmen. Dann werde auf die Münzhändler vor Ort verwiesen, und die Käufer wunderten sich, dass ihre angeblichen Schätze nur einen Bruchteil des Kaufpreises wert seien.
So manchem Sammler droht noch eine weitere unangenehme Überraschung, und die schlummert in den Plastiktütchen der Starterkits. "Chemische Zusätze sorgen dafür, dass die Münzen sich mit der Zeit verfärben", weiß Mikeska. Bei der Verbraucherzentrale vermutet man bereits, dass den Euro-Jägern das Schicksal der Telefonkarten-Sammler droht. "Da ist der Markt nämlich völlig zusammengebrochen", sagt Tryba.
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