Seltsames aus den Niederlanden

Europa (ohne Euros) und Afrika - ab etwa 1500.
Antworten
klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Seltsames aus den Niederlanden

Beitrag von klaupo » Sa 04.08.07 21:42

Hallo mal wieder,

ich hatte die Tage das Vergnügen, einen kleinen Posten niederländische Münzen ankaufen zu können. Es war eine alte, ziemlich angegangene Sammlung von ca. 40 Münzen, Stückpreis weniger als 1,-. Die Spitzenerhaltungen, die bei der Reinigung zum Vorschein kamen und die hier eh nicht interessieren, lasse ich mal außen vor. Aber ein paar Stücke bereiten mir Kopfzerbrechen.

Da ist z.B. ein 6-Stuiver aus Zytphen in zweifacher Ausführung 1688 / 1691, von denen einer eigentlich nicht echt sein kann und jünger scheint, aber dem Aussehen nach trotzdem umgelaufen ist. Ist das nun eine zeitgenössische (?) Fälschung trotz erheblich sauberer Prägung als das andere Stück?

Das zweite Fragezeichen betrifft die kleine SIlbermünze aus Westfriesland. Dem Material nach könnte es ein 2-Stuiver Stück sein. Dafür ist es aber zu groß, und das Münzbild paßt nicht sondern sieht eher wie ein Duit aus. Da der Rand schräg geriffelt ist, vermute ich hier eine offizielle Ausgabe. Aber aus welchem Grund sollte man das kleinste Nominal in Silber prägen?

Ich würde mich über Lösungsvorschläge freuen!

Gruß klaupo
Dateianhänge
fri_1778n.jpg
zut_5126n.jpg

Benutzeravatar
mumde
Beiträge: 1507
Registriert: Mo 06.05.02 23:08
Wohnort: Weil am Rhein
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 18 Mal

Beitrag von mumde » Sa 04.08.07 23:03

Lieber Klaus!
Zum Duit 1778 von Westfriesland: Wieso das so ist, weiß ich auch nicht. Ich weiß nur aus der Literatur, dass es so ist. Purmer/Weil, Handboek van het Nederlands Kopergeld 1523-1797, Vriezenveen 1996, führen das Stück als Nr. 3014.1 auf und schreiben dazu: „alleen in zilver“. Auch den Jahrgang 1793 kennen sie nur in Silber.
Der alte Verkade von 1848 nennt nicht jeden einzelnen Jahrgang, den Jahrgang 1778 z. B. nennt er nicht, er schreibt zum Duit 1769, der genauso aussieht, einfach: „Bestaat ook van latere jaren“. Zum Duit 1780 schreibt er dann aber: „ Deze bestaat in Zilver, en is mij in Koper nimmer voorgekomen.“
Purmer/Weil bezeichnen den Jahrgang 1778 als selten. Man könnte deshalb vermuten, dass in diesen Jahren das Prägen von Kupferkleinmünzen nicht notwendig war, da noch genug umliefen, und nur Silberabschläge für verschiedene Geschenkzwecke und Verteilungen an Beamte hergestellt wurden.
Gruß mumde

Benutzeravatar
wpmergel
Beiträge: 1538
Registriert: Mo 08.07.02 10:09
Wohnort: Bad Arolsen
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0
Kontaktdaten:

Beitrag von wpmergel » So 05.08.07 09:10

Hallo Klaus,
ich habe auch einige Fotos solcher Stücke (aber natürlich aus Waldeck ;-) ), die seltsam dilettantisch geschnitten wurden. Neben den Buchstaben fällt mir bei Deinem Stück die so gar nicht imposante Pose des Reiters auf dem aufsteigenden Ross auf. Auch ich meine, daß da doch der Verdacht einer zeitgenössischen Fälschung naheliegt - obwohl Herr Grönegreß diese und ähnliche Exemplare seinerzeit als „echt“ angesehen hatte. Vielleicht entsprang seine Einschätzung aber auch nur dem Ehrgeiz, möglichst viele Varianten/Typen zu dokumentieren. Bei mir bekommen sie aber alle ein dickes, fettes ?
Herzliche Grüße aus Waldeck
Wolfgang M.

www.Waldecker-Münzen.de
www.Waldecker-Münzfreun.de

klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Beitrag von klaupo » So 05.08.07 10:58

Hallo Wolfgang, wenn sich nichts weiteres ergibt, werde ich dein dickes ? wohl übernehmen müssen ... Copyright vorausgesetzt! :wink: Übrigens war in der Sammlung auch ein sehr hübscher Waldecker. Den zeige ich dir aber separat!

Lieber Joachim, erstmal danke für die Referenz. Der Silber-Duit hatte aber sicher auch Zahlungscharakter, so wie er aussieht? Ich muß ihn mal wiegen, dann läßt sich vielleicht erraten, welchem Nominal er nahekommt und welche Kaufkraft er hatte.

Übrigens waren in dieser Sammlung noch weitere Eigentümlichkeiten. Eine möchte ich hier noch vorstellen. Der alte Craig schreibt dazu: "The 1754 with LUCTOR ET EMENTOR" is a scarce fantasy piece." Ob es sich hier um ein Wortspiel handeln, habe ich trotz lateinischem Wörterbuch noch nicht herausgefunden.

Gruß klaupo
Dateianhänge
zee_1754n.jpg

Benutzeravatar
Afrasi
Beiträge: 2052
Registriert: Fr 11.03.05 19:12
Wohnort: 27259 Varrel
Hat sich bedankt: 3 Mal
Danksagung erhalten: 14 Mal

Re: Seltsames aus den Niederlanden

Beitrag von Afrasi » Di 28.08.07 00:22

klaupo hat geschrieben:Das zweite Fragezeichen betrifft die kleine SIlbermünze aus Westfriesland. Dem Material nach könnte es ein 2-Stuiver Stück sein. Dafür ist es aber zu groß, und das Münzbild paßt nicht sondern sieht eher wie ein Duit aus. Da der Rand schräg geriffelt ist, vermute ich hier eine offizielle Ausgabe. Aber aus welchem Grund sollte man das kleinste Nominal in Silber prägen? Gruß klaupo
Hallo! Der in Silber geschlagene "Duit" (KM 145a) lief - meines Wissens - zumindest in Ostindien als 2 Stuiver-Stück um.

Tschüß, Afrasi

klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Frisiae Ordines

Beitrag von klaupo » Fr 09.11.07 21:30

Naja, dann mache ich mal weiter. Die Bedeutung des LUCTOR ET EMENTOR (s. oben) habe ich mittlerweile selbst herausgefunden:

"Dit betekent zoiets als: ik worstel en ga ten onder. Het zou hier om een misplaatste grap gaan van de stempelsnijder Martinus Holtzhey Junior."

Anscheinend ein kleiner Scherz des Stempelschneiders, wenn's nicht eine Anspielung auf Ereignisse des Jahres 1754 sein soll?

Aber da ist auch schon das nächste Fragezeichen: Das Lot enthielt im weiteren drei etwas angegangene Exemplare des unten abgebildeten Kupferstücks. Auch hier war die Bestimmung einfach - aufgrund des Kürzels FO. Was ich aber ganz und gar nicht herausgefunden habe: Wer waren diese FRISIAE ORDINES??? Außer ein wenig Latein gibt google da leider nichts her! Hat da jemand etwas ausführlichere Informationen?

Interessant übrigens, daß das Motiv des Duit aussieht wie die Volksausgabe des Gehelmten Prinsendaalders. Den habe ich zum Vergleich mal dazu gestellt, und über den findet man sogar schon was in der Numispedia - auch wer da dargestellt sein soll.

http://www.numispedia.de/Gehelmter_Rijksdaalder

Gruß klaupo

P.S. Schade, daß @Fridericus, der sich in diesem Bereich / seinem Sammelgebiet ja vermutlich besonders gut auskennt, sich nicht mehr dazu äußern wird.
Dateianhänge
Fri-1593_n.jpg
fri_duit2_n.jpg

Benutzeravatar
KarlAntonMartini
Moderator
Beiträge: 7988
Registriert: Fr 26.04.02 15:13
Wohnort: Dresden
Hat sich bedankt: 385 Mal
Danksagung erhalten: 956 Mal

Beitrag von KarlAntonMartini » Fr 09.11.07 22:16

Nachdem in den Niederlanden die Stände in den jeweiligen Verfassungen eine große Rolle spielten (deren Mißachtung war auch Hauptgrund des Aufstands der Belgier gegen Josef II.) würde ich das mit Friesische Stände übersetzen. Grüße, KarlAntonMartini
Tokens forever!

Benutzeravatar
wpmergel
Beiträge: 1538
Registriert: Mo 08.07.02 10:09
Wohnort: Bad Arolsen
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0
Kontaktdaten:

Beitrag von wpmergel » Fr 09.11.07 22:21

Hallo Klaus,
irgendwie komme ich dabei durcheinander. Der Graf von Holland in spe ist doch gar nicht behelmt. Beide Abb. sind aber schon ähnlich aber eben nicht gleich.
Vielleicht findest Du hier: http://home.kpnplanet.nl/mr_6/2/jozefhe ... l/f16.html
oder im Umfeld etwas zu den friesischen "Ordines"

Good luck
Herzliche Grüße aus Waldeck
Wolfgang M.

www.Waldecker-Münzen.de
www.Waldecker-Münzfreun.de

klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Beitrag von klaupo » Fr 09.11.07 23:02

Hallo Wolfgang,

das "behelmt" bezieht sich wohl auf die Wappenseite, denn das Wappen ist "behelmt". Die Unterschiede zwischen Numispedia und meinem Stück beruhen wohl in erster Linie auf der Herkunft aus unterschiedlichen Provinzen - dort Holland, hier Westfriesland. Und wie weit das Portrait von Wilhelm "dem Schweiger" den einzelnen Stempelschneidern vertraut war, läßt sich kaum mehr feststellen. Übrigens ist das Stück vom Duit auf deinem Link kaum besser als meins ... das ist tröstlich! :wink:

@KAM: "Stände" für ORDINES beim Duit dürfte zutreffen. Ich hatte mehr an militärische Verbände gedacht und war irritiert, weil zumindest im Mittelalter bestimmte Waffen nur von bestimmten Ständen getragen werden durften - und die Bauern gehörten nicht zu denen, die Schwerter tragen durften.

Gruß klaupo

Benutzeravatar
hotzenplotz
Beiträge: 244
Registriert: Di 06.07.04 19:42
Wohnort: Rhön
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal

Beitrag von hotzenplotz » Fr 21.12.07 18:42

Hallo Klaupo,

bin erst heute auf deine "seltsamen Niederländer" gestoßen.
Zu deinem Ruiterschelling 1688 und 91: Die städtische Münzstätte Zutphen (Provinz Gelderland) arbeitete in den drei Zeitabschnitten 1582-83, 1604-05 und 1686-92. Diesen Münztyp gab es in den vier Jahren von 1688 bis 91. Ob die Münze echt oder falsch ist, könntest du über das Gewicht in etwa erfahren. In etwa deswegen, weil ich in der Literatur kein eindeutiges Gewicht finden kann. Enno v. Gelder schreibt von anfänglich 4,94g und später 4,71g Silber 583/1000. Ich habe in meiner Sammlung zwei Exemplare aus Nijmegen 1689 (schön 4,32g) und 1691 (sehr schön 4,55g) Es gibt aber auch viele Fälschungen von diesem Münztyp - ich habe sie vorrangig in Messing gesehen.
Der Duit West Friesland 1778 ist keine Münze für den Umlauf (www.duiten.nl => De catalogus => Provincie West Friesland => WES.134). Enno van Gelder beschreibt in seinem Buch: De Nederlandse Munten S. 159 ff. dass diese Münzen als Nijuwjaarspenningen bereits im Dezember mit der Jahreszahl des nächsten Jahres in den Münzstätten hergestellt und je nach Geldbeutelgröße dort erworben werden konnten. Dem Brauch nach wurden solche Münzen (häufig silbernen und goldenen Duiten, goldene Stuiver, Dubbeltjes (Doppelstuiver) und Schellingen) als Glücksbringer zum neuen Jahr verschenkt. Viele Jahrgänge von Umlaufmünzen gibt es nur als Nijuwjaarspenning. So auch deinen Duit.
Deine FO Münze ist ein Oord (doppelter Duit) der Provinz Friesland (nicht West Friesland). Die abgebildete Person wird in der Literatur unterschiedlich erklärt. Man findet von Friesischem Bauer bis Friesischem Edelmann nach sächsischem Vorbild - also nicht Willem von Oranien... FO wird mit FRISIAE ORDINES => die Staaten von Friesland erklärt.
(www.duiten.nl => De catalogus => Provincie Friesland => FRI.3 - FRI.7 - hier findest du sämtliche Jahrgänge und Varianten dieser Münze)
Der Duit Zeeland 1754 kommt in zwei Umschriften vor: Einmal deine LUCTOR ET EMENTOR und desweiteren die eigendliche Deviese von Zeeland LUCTOR ET EMERGO. Nach meiner Meinung, sind die Münzen mit der abgewandelten Umschrift häufiger anzutreffen. (www.duiten.nl => De catalogus => Provincie Zeeland => ZEE.15 und ZEE 16).

Freundliche Grüße

hotzenplotz

klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Beitrag von klaupo » Sa 22.12.07 17:53

Hallo hotzenplotz,

schön mal wieder etwas von dir zu lesen, und danke für die umfangreichen Informationen. Die Seite http://www.duiten.nl/ habe ich mittlerweile besucht.

Die Ruiterschellinge von Zutphen habe ich gewogen, und das Ergebnis war recht überraschend, denn das Gewicht der beiden Stücke liegt erheblich auseinander:

Zutphen 6 Stuiver 1688 - 4,58 g Das ist auf der Abb. das untere rotglänzende Teil, das ich am ehesten für falsch halten würde.

Zutphen 6 Stuiver 1691 - 5,37 g Das ist der obere Reiter, und der hat nun ein erhebliches Übergewicht, wenn man deine Angaben zugrunde legt. Den hätte ich eher für echt gehalten.

Es war noch ein dritter Ruiterschelling in dem Lot (hier nicht abgebildet), der mit seinem Gewicht wieder im Rahmen liegt. Deventer 6 Stuiver 1689 - 4,35 g.

Der ganze Posten steckte übrigens bei den kleinen Nominalen voller Überraschungen. Und weil es auf Weihnachten geht, stelle ich hier noch einen ganz gewöhnlichen Duit von Groningen und Ommeland vor, den ich aber in dieser hübschen Erhaltung bisher noch nie zu sehen bekommen habe.

Gruß klaupo
Dateianhänge
gro_1771.jpg

Benutzeravatar
hotzenplotz
Beiträge: 244
Registriert: Di 06.07.04 19:42
Wohnort: Rhön
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal

Beitrag von hotzenplotz » Sa 22.12.07 20:10

Hallo Klaupo,

das ist wirklich ein schöner Groninger Duit, eine Erhaltung wie man sie sich nur wünschen kann.
Tja mit den 6 Stuivern bin ich echt überfragt. Da weiß ich keinen Rat. Ich kann nur sagen, dass mir der Zutphener 6er von 91 sehr sympathisch ist, wir haben das gleiche Problem: Erhebliches Übergewicht ;-) - das ist aber auch alles.
Mich würden allerdings noch brennend die genannten Überaschungen bei den kleinen Nominalen (Kupfer ist mein Gebiet) interessieren. Vielleicht verrätst du ja noch was darüber :wink: .
Freundliche Grüße

hotzenplotz

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Bing [Bot] und 7 Gäste