Russische Münzen und Geldscheine, vor allem vor 1917

Europa (ohne Euros) und Afrika - ab etwa 1500.
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investans
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Beitrag von investans » Mo 17.10.05 18:42

Hallo Mario,

tolle altrussische Tropfkopeken, wenn auch z. T. schlecht erkennbar (nicht nur wegen des Erhaltungsgrades, oft auch wegen der mangelhaften Ausprägung). Einige kann ich sicher bestimmen, doch das erfordert Büchwerwälzen und mithin Zeit. Werde mich am Wochenende mal darüber machen, aber vielleicht sind ja auch andere hier beschlagener und schneller.

Gruß

investans

Sylver
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Beitrag von Sylver » Mo 17.10.05 19:05

Hallo investans und lutz,
bitte macht Euch nicht zu viel Arbeit wenn die Bestimmung so schwierig ist, nur wenn es Euch richtig Freude bereitet !
Ich bekomme sonst noch ein ganz übles und schlechtes Gewissen :oops:
Trotzdem wäre ich neugierig ....... da sind ja auch noch einige andere Münzen meines Ur-Ur-Grovaters und nur bei den Römern bin ich mittlerweile ein wenig belesener.
Viele Grüße
Mario

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Lutz-der-liebe
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Beitrag von Lutz-der-liebe » Mo 17.10.05 19:25

Hallo Mario !

Ich fange mal bei Nummer 1 an:
Auf der Schriftseite steht übersetzt "Großfürst Iwan aller Russen" - was auf den Großfürsten Iwan IV. (Grosny, der "Schreckliche") in seiner Zeit vor seiner Zarenkrönung hinweist.
Also ist das Stück in der Zeit von 1533 bis 1547 geprägt worden.
Prägestätte ist Pskow , man sieht es an den Buchstaben "PS" unter dem Pferd.
Es handelt sich übrigens um eine "Denga" (eine halbe Kopeke) - zu dieser Zeit erkennbar am Reiter mit gesenkter Lanze. Die Drahtkopeken mit einem Reiter mit gezücktem Säbel sind 1/2-Denga...

Die Schrift ist - wie gesagt - altes Kyrillisch und nicht ganz so einfach zu lesen. Der "Zeilenumbruch"auf der Schriftseite ist willkürlich mitten in den Worten. Diese sind teilweise abgekürzt oder durch die sehr knappen Schrötlinge nicht alle auf der Münze drauf....

Also viel Spaß beim "puzzeln...." 8)
Lutz
Zuletzt geändert von Lutz-der-liebe am Mo 17.10.05 19:37, insgesamt 1-mal geändert.

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Nummero drei

Beitrag von Lutz-der-liebe » Mo 17.10.05 19:32

Hallo Mario

Jetzt noch Nummer 3 :
Auf der Schriftseite steht übersetzt "Zar und Großfürst Iwan aller Russen" - was nun auf den Zaren Iwan (nun Nummer I. - immer noch der "Schreckliche") in seiner Zeit nach der Zarenkrönung hinweist.
Also ist das Stück in der Zeit von 1547 bis 1583 geprägt worden.
Auch hier ist die Prägestätte Pskow ( Buchstaben "PS" unter dem Pferd).

Nach der Zarenkrönung wurden die Münzen "umbenannt" - jetzt sind die Münzen, die den Reiter mit gesenkter Lanze zeigen, Kopeken. Drahtkopeken, die den Reitermit gezücktem Säbel zeigen, sind Denga - nun Halbkopekenstücke...

Lutz

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Beitrag von Lutz-der-liebe » Mo 17.10.05 19:53

... jetzt noch Nummer zwo:

Wahrscheinlich ist es eine Kopeke von Peter Alexejewitsch (Peter I., der Große, 1689 bis 1725). In der dritten Zeile meine ich ein "ПЕТР" zu erkennen.
Die Münze ist auch wesentlich kleiner, als Nummer 1 und 2. Im Laufe der Zeit hatten die Münzen tatsächlich immer weniger Silber, was für diese Zuordnung spricht.

Auf der Seite mit dem Pferd könnte man unter dem Pferd das Jahr erkennen, in Form altslawischer Kirchenschrift - ich kann allerdings nicht genug erkennen...

Lutz

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Beitrag von Lutz-der-liebe » Mo 17.10.05 20:00

Nummer 4:

Schriftseite "Zar und Großfürst Michail Feodorowitsch aller Russen" - also eine Kopeke von Michael Fjodorowitsch Romanow (1613 bis 1645), der erste Vertreter der Dynastie Romanow.

Unter dem Pferd meine ich ein "MO" zu erkennen, was für die Münzstätte Moskau spricht.

Soviel vorerst.
Den Rest später
Lutz

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Beitrag von Lutz-der-liebe » Mo 17.10.05 20:06

.. doch noch Nummer 8:

Denge (Halbkopeke, erkennbar am gezückten Säbel) von Zar Iwan dem Schrecklichen (1547-83).
Schriftseite (verkehrt herum abgebildet): "Zar und Großfürst Iwan aller Russen"

Sylver
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Q!!!!

Beitrag von Sylver » Mo 17.10.05 21:59

Hallo Lutz,
ich bin wirklich von den Socken. Gerade bin ich nach Hause gekommen und dann so viele Informationen von Dir. Erstaunlich wie man solch kleinen Münzlein derlei Informationen entlocken kann. Großes Kompliment und ein riesiges DANKE an Deine Adresse !!!!!!
Ich werde mir die Münzen jetzt nochmals genauer anschauen, nur mit ganz anderen Augen.
Ein schönes Forum habt Ihr da !
Viele Grüße
Mario

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Beitrag von Sylver » Mo 17.10.05 22:30

Nachfolgend eine Kurzbiographie meines Ur-Ur-Großvaters, die aufzeigen könnte wie er ehemals an diese Münzen gekommen ist.
Vielleicht interessiert sie den einen oder anderen Leser in diesem Forum.

Mein Ur-Ur-Grossvater Christian Gottlob wurde am 25.07.1811 in Apolda geboren und starb am 03.04.1888 in Weimar im 77-sten Lebensjahr.
Dieser Ur-Ur-Grossvater war wohl der bisher berühmteste aus unserer Familie. Er besuchte das Gymnasium in Weimar, wurde Lieblingsschüler seines Direktors, und durfte u.a. das Osterprogramm der Schule dem grossen, ja vielleicht grösstem deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe persönlich übergeben. Der "Geheime Rat" Goethe muss damals schon ziemlich betagt gewesen sein, denn er starb 1832 in Weimar.
Als Folge seiner Leistungen hatte Christian Gottlob mancherlei Vergünstigungen und Erleichterungen. 1833 bezog er dann die Universität Jena und blieb dort bis zum Wintersemester 1837/38. Weimar war zur damaligen Zeit eine Ansammlung von einzelnen Fürsten- und Herzogtümern. Von meinem Ur-Ur-Grossvater gibt es Fotos und Ölgemälde, ebenso Fotos seiner Freundin in Moskau uns seines Freundes in Moskau (des Fürsten Plato Meschtscherski), sowie seiner Frau.
In der Weimarischen Zeitung vom 14. April 1888 steht, beginnend auf Seite 1, ein grosser Nachruf auf Gottlob, in dem die wichtigsten Stationen und Erfolge seines Lebens umrissen und beschrieben sind. "Nach dem Studium der Theologie in Jena", so heisst es da, "nach naturwissenschaftlichen, philologischen und mathematischen Semestern" machte Gottlob 1839 seinen Doktor: eine Arbeit auf dem Gebiet der höheren mathematischen Analysis. Doch er wollte Pädagoge werden.
Mit seinem Freund Facius, so heisst es im Nachruf, "begründete G.T. in Jena die höhere Knabenschule." Facius muss ein Sohn oder Verwandter des damals berühmten und in alten Lexica (so Meyers Conversationslexicon von 1886) erwähnten, in Weimar lebenden Stein- und Stempelschneiders Friedrich Wilhelm Facius gewesen sein. Aus der von den beiden gegründeten Knabenschule ging das spätere Stoysche Institut hervor. 1839 ging G.T. nach Moskau, wo er schliesslich sieben volle Jahre bleiben sollte. G.T. hatte sich als Erzieher ins Haus des Generals von Schöppingck nach Moskau verdingt. Er sollte dort später den jungen Fürsten Soymonow für den Eintritt in die Universität vorbereiten. G.T. verliebte sich – zusammen mit dem russischen Fürsten Plato Meschtschersky, in Ekaterina Soymonow, die Schwester des jungen Fürsten, und sie sich ihn ihn. Liebesbillets der beiden sind noch im Besitz. In einem heisst es nur: "Schreib, schreib, geliebter T........"
In Moskau lernte G.T. alle möglichen Menschen kennen, darunter den grössten russischen Dichter Leopold Tolstoi. Später besuchte Tolstoi Weimar, traf sich mit G.T., und erwähnt ihn mehrfach in seinen Tagebüchern. Ein anderer Dichter den G.T. (vielleicht !) kennenlernte, war Alexander Puschkin. Puschkin starb in einem Duell in Petersburg. Im gleichen Jahr (1837) kam G.T. in Russland an, und zwar in Moskau, und nicht in Petersburg. Es ist also nicht sicher, ob er und Puschkin sich kennenlernten. G.T. und sein Freund Bodenstedt, übersetzten später einige von Puschkins Werken ins Deutsche. In Moskau freundete sich G.T.  mit Friedrich Martin von Bodenstedt an, ein bedeutender Anglist und Slawist. Spätere Freunde oder Korrespondenzpartner von G.T. waren der Dichter Ernst Wildenbruch und Alfred Brehm (Brehms Tierleben), der in einem Brief an den Ur-Ur-Großvater "die Rücksendung einiger Sperlinge" anmahnt.
Nach der Rückkehr aus Moskau ging G.T. in das Dorf Maua in der Nähe von Weimar, um sich offenbar erstmal für ein Jahr zu erholen. Dann ging er zurück in seine Vaterstadt Apolda. Statt in Jena zu bleiben, ging G.T. nach Weimar an das Grossherzogliche Gymnasium. Das muss nach 1845 gewesen sein. Denn der Leiter des Gymnasiums in Weimar war damals Hermann Sauppe. Sauppe ging 1845 als Gymnasialdirektor nach Weimar, 1856 als ordentlicher Professor der alten Sprache nach Göttingen. 1856 wird G.T. seitens des Grossherzoglichen Staatsministerium aufgefordert, die Leitung der neugegründeten städtischen Realschule zu übernehmen. Er war zudem während zweier Wahlperioden Mitglied des Gemeinderates von Weimar. Er gehörte dem Verein der "inneren Mission zur Rettung sittlich verwahrloster und gefährdeter Kinder" an, und war überdies "Meister vom Stuhl" einer Freimaurerloge. 1877 tritt G.T. wegen seiner angegriffenen Gesundheit in den Ruhestand. Sein Landesherr verleiht ihm "Das Ritterkreuz I. Klasse des Ernestinischen Hausordens". ..............

Ein bewegtes Leben also und irgendwann in dieser Zeit wird er vielleicht zu diesen Münzen gekommen sein.
Viele Grüße
Mario

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Beitrag von Chippi » Di 18.10.05 18:06

Interessantes Leben. Ich hab keine solche Ahnen oder Verwandte, eine Biografie würde ich wegen fehlender Informationen auch nicht zustande kriegen, weiß nur, dass mein Uropa auch Münzen sammelte, welche ich allerdings nicht kenne, da sie bereits zu DDR-Zeiten "abhanden" gekommen sind.

Die (russ.) Münzen wird dein Ur-Ur-Großvater in Moskau erstanden haben, bei den Kontakten wird es kein Problem gewesen sein.

Gruß Chippi
Zuletzt geändert von Chippi am Mi 19.10.05 14:17, insgesamt 2-mal geändert.
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

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Beitrag von Sylver » Di 18.10.05 21:57

Hallo Chippi,
danke für Deine Nachricht!
Ja ich denke auch, dass die Münzen meines Ur-Ur-Großvaters aus der Zeit in Moskau stammen und wenn ich heute so in die Geschichte meiner Vorfahren schaue, denke ich auch manchmal, was bin ich doch für ein "kleines Licht". War auch irgendwie eine andere Zeit.

Schade um die Münzen Deines Ur-Großvaters, weißt Du auch wie er sie verloren hat?

Viele Grüße
Mario

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Beitrag von Chippi » Di 18.10.05 22:05

Ja, das hat man mir erzählt.

Nachdem mein Uropa 1977 gestorben war, kam da mal ein Mann vorbei und fragte meine Uroma, ob sie Münzen hätte, er würde sich die gern mal anschauen. Meine Uroma ließ sich darauf ein, er suchte sich die besten Stücke aus (fast alles, nur sehr wenige ließ er zurück, die hatten auch einen Wert, der gegen Null tendierte) und nahm sie mit, unter dem Vorwand, er wolle schauen, was sie wert seien. Aufgetaucht ist er danach nie wieder und meine Uroma hat´s nicht gestört, hatte auch absolut keine Ahnung davon.
Was für Münzen es waren, kann ich nicht mehr herausfinden, meine Uroma lebt zwar noch, leidet aber unter Demenz und von meiner Oma weiß ich nur, dass es viele kleine Münzen waren (sehr aussagekräftig). :(

Gruß Chippi
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

Sylver
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Beitrag von Sylver » Mi 19.10.05 09:35

Sehr schade wenn Dinge, was auch immer, aus der Familiengeschichte herausgerissen werden.
Viele Grüße
Mario

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Beitrag von Lutz-der-liebe » Mi 19.10.05 12:34

Hier noch ein paar weitere Entzifferungsversuche:

Nummer 5:
Schriftseite kopfstehend abgebildet - in der Mitte meine ich ein "x" zu erkennen (russisch ein "ch"), was eigentlich nur bei Michael Fjodorowitsch Romanow (1613-45) vorkommt.
Die Seite mit dem Pferd ist kaum noch zu erkennen....

Nummer 13:
Auf der Schriftseite kann man die fast komplette Schrift lesen:
"Zar und Großfürst Michail Feodorowitsch aller Russen" - also wieder der erste Romanow...
Unter dem Pferd sehr schön in zwei Zeilen zu lesen "MOCKBA" - was die Münzstätte Moskau erkennbar macht. 8)

Nummer 11:
Da habe ich wenig Hoffnung, ein Doppelschlag auf der Schriftseite ist erkennbar, aber eben kaum noch klare Buchstaben. :cry:

Viele Grüße
Lutz

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Beitrag von Sylver » Mi 19.10.05 13:16

Hallo Lutz,
hatte nun wirklich nicht gedacht, dass da noch weitere Informationen von Dir kommen. War ohnehin schon mächtig erstaunt über Deine Leistung.
Also nochmals herzlichen Dank!!!
Viele Grüße
Mario

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