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Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Do 19.06.14 13:02
von Ruford
Hallo,
ich habe mal eine Frage. Ich habe einen sehr schönen Schilling aus Lübeck (1667, Behrens 408 var, da Lvbe statt Lvbec) erworben - allerdings hat er etwas Grünspan angesetzt. Ich hatte auch schon im Forum gesucht, aber nicht so recht die passende Antwort gefunden. Daher ist nun für mich die Frage, ob ich den Grünspan darauf belassen soll oder ob es besser ist, ihn zu entfernen. Und wenn es besser ist, ihn zu entfernen, wie entfernt man ihn am besten?
Anbei ein Bild der Münze - der Grünspan sieht leider etwas zu dunkel aus, aber ich denke, man gut gut erkennen, wo und wie viel Grünspan es ist.
Vielen Dank und beste Grüße
Ruford
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Do 19.06.14 17:31
von KarlAntonMartini
Nach der Entfernung des Grünspans kommt darunter häufig eine pockennarbige Oberfläche zum Vorschein, dann sieht die Münze schlechter aus als jetzt. Nenne es einfach Patina. Grüße, KarlAntonMartini
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Do 19.06.14 18:27
von Arminius
Wenn es meine Münze wäre würde ich zumindest sicherstellen, daß keine sauren Chloride mehr in schädlicher Konzentration auf der Münze vorhanden sind und die Grünspan-Entwicklung damit stoppen.
Ich würde sie vorsichtig solange in Soda-Lösung erhitzen, bis ich eine Verbesserung des Erscheinungsbildes erzielt habe (insgesamt Aufhellung und hoherer Kontrast, aber die dunkle Patina / dunkleren Stellen noch vorhanden).
Der Grünspan sollte dadurch auch zum Großteil abgelöst werden.
Natürlich muß man dabei stehen bleiben und zumindest jede Minute mit einer Pinzette kontrollieren, wie sich die Oberfläche entwickelt hat. (Sonst bekommt man irgendwann ein entpatiniertes, sehr helles Stück, was nicht unbedingt dem Wunschbild ernsthafter Sammler entspricht.)
(Also zuerst das WM-Spiel erst bis zum Ende anschauen, dann das Handy ausschalten und erst danach anfangen.)
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Fr 20.06.14 10:57
von Ruford
Vielen Dank für Eure Antworten - aber genau sowas hatte ich befürchtet - einer sagt ja, mach und einer nein, lieber nicht

Ich habe nichts gegen den Grünspan an sich und würde ihn auch als Patina belassen - hatte nur eben auch Bedenken, dass es der Münze weiter schadet. Immerhin handelt es sich hier im Kupferacetat also Essigsäure in Salzform und da habe ich einfach Bedenken. Oder sind die Bedenken unbegründet, KarlAntonMartini?
Arminius, was für eine Soda-Lösung benutzt Du - also wieviel molar oder auch prozentig? Und wenn Du von Soda sprichst, welches Carbonat meinst Du da genau? Die Angabe irritiert mich etwas

und welche Temperatur?
Man merkt vielleicht - ich komme aus dem Laborumfeld - ich brauche Versuchsanleitungen
Vielen Dank!
beste Grüße
Ruford
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Fr 20.06.14 11:07
von Numis-Student
Hallo Ruford,
wenn ich mich richtig erinnere, habe ich hier im Forum mal gelesen, echter Grünspan sei wasserlöslich, besonders in heissem Wasser. Daher würde ich die Münze vorerst nur in heisses Wasser legen und schauen, ob sich zumindest Teile des Belags lösen...
Schöne Grüße,
MR
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Fr 20.06.14 11:36
von KarlAntonMartini
Das Kupferacetat hat sich ja durch Verbindung des in der Münzoberfläche enthaltenen Kupfers mit Säure gebildet. Wenn man den Grünspan jetzt auflöst, fehlt dieses Kupfer in der Münzoberfläche. Jetzt müßte man halt einschätzen, wie tief die Umwandlung des Kupfers in die Münzoberfläche eingegriffen hat. Grüße, KarlAntonMartini
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Sa 21.06.14 13:29
von Arminius
Ruford hat geschrieben: ...
Arminius, was für eine Soda-Lösung benutzt Du - also wieviel molar oder auch prozentig? Und wenn Du von Soda sprichst, welches Carbonat meinst Du da genau? Die Angabe irritiert mich etwas

und welche Temperatur?
Man merkt vielleicht - ich komme aus dem Laborumfeld - ich brauche Versuchsanleitungen
Vielen Dank!
beste Grüße
Ruford
Versuchsanleitung:
1. Helm und Schutzbrille aufsetzen

. Sicherheits- und Sauberkeitsvorschriften der eventuell anwesenden Hausfrau beachten!
2.
Messerspitze "Pure Baking Soda" (manufactured by Arm & Hammer, USA, ingredient: sodium bicarbonate, deutsch:
Natriumhydrogencarbonat (Trivialname: Natron) hat die Summenformel NaHCO3, ist ein Natriumsalz der Kohlensäure und zählt zu den Hydrogencarbonaten. Die Verbindung sollte nicht mit Natriumcarbonat (Soda, Summenformel Na2CO3) verwechselt werden.) oder auch echtes deutsches Backpulver, in eine
halbe Tasse möglichst chlorfreies deutsches Trinkwasser oder Regenwasser geben. ("Destilliertes" oder entsalztes Wasser wäre zwar besser, verursacht aber nur unnötigen Mehraufwand.)
3. Diese Lösung in ein
temperaturbeständiges Glas- oder Keramik-Gefäß schütten (ich nehme ein leeres Kosmetik-Glasgefäß für Salbe) und zusammen mit der entfetteten Münze
auf einem Wasserbad (ich nehme einen fingerbreit Wasser
in einem alten alten Metalltopf mit Deckel) auf einem Herd langsam
von Raumtemperatur auf 100 °C solange erhitzen, bis der Deckel durch das verkochende Wasserbad klappert.
4. Den Herd ausstellen und (im Normalfall) alles wieder langsam auf Raumtemperatur abkühlen lassen. Zwischenzeitlich die Münze mit einer langen, stumpfen Edelstahl-Pinzette immer mal wieder herausnehmen und kontrollieren. Sollte sich (im Einzelfall) eine ungewollte Verschlechterung ergeben, die Behandlung abbrechen (die Münze herausnehmen und kalt abspülen, abtrocknen).
5. Aufräum-Vorschriften der eventuell anwesenden Hausfrau beachten!
6. Weiterbehandlung der Münze je nach Metall, Oberfläche und Erfahrung.
Bei größeren Korrosionsstellen oder Grünspan-Auflagen ist die Natron-Lösung anschließend etwas grün gefärbt.
Bei Bedarf alles wiederholen.

Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Sa 21.06.14 14:51
von Erdnussbier
Das nenn ich mal ne Anleitung!

Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: So 22.06.14 17:59
von sigistenz
Fantastische Anleitung, fürwahr! Ich drucke sie mir aus für den nächsten Problemfall. Bei der "stumpfen Edelstahlpinzette" gruselts mich allerdings.
Für mein so ähnliches Verfahren nehme ich die ziemlich grosse (und handliche)
HOLZPINZETTE, wie sie früher für Gurken oder Heringe benutzt wurde. Man findet sie noch im Handel.
Sigi
-
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: So 22.06.14 18:14
von Erdnussbier
Guter Einwand!
Hatte selber schon überlegt ob es eine absolut gefahrfreie Lösung giobt, bin aber nur bis zu den Pinzetten mit Kunststoffbeschichtung gekommen die man u.U. nicht kochen sollte
Hab mit die Anleitung ebenfalls gesichert und jetz wird "Edelstahl" durch "Holz" ersetzt.
Danke und Grüße, Erdnussbier
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: So 22.06.14 18:16
von Numis-Student
Ich nutze in solchen Fällen die fernöstliche Lösung: Ein paar Einweg-Stäbchen vom nächsten China-Imbiss aus unbehandeltem Bambus: 100% hitzebeständig und säurefest
MR
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Mo 23.06.14 15:31
von diwidat
meine große Edelstahl Pinzette (Chrom-Nickel 18/10) mit der ich auch Taler fassen kann
ist an den Spitzen mit Schrumpfschlauch überzogen, den ich selber anbringen kann.
Wenn dieser Schutz Verschleißerscheinungen zeigt, wird er abgenommen und frisch erneuert.
Kosten für 1000 Schlauchstücke = 3,- Euro. So alt werde ich garnicht, um die aufzubrauchen.
Gruß diwidat
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Mo 23.06.14 17:17
von Arminius
Da ich mich in diesen Fällen nie mit modernen PP-Erhaltungen sondern meist mit mehr oder weniger stark korrodierten antiken Umlaufmünzen herumplage, ist die stumpfe Edelstahlpinzette mit ihren abgerundeten Kanten
für mich und meine Problemfälle völlig in Ordnung.
Bislang konnte ich jedenfalls noch keine zusätzliche Beschädigung der Münzen durch die Pinzette feststellen. (Die meisten Münzsammler gehen sowieso meist viel zärtlicher mit ihren Münzen als mit ihren Frauen um.)
Bei modernem Spiegelglanz oder weichem Gold sollte man sicherlich sanfteres Werkzeug benutzen oder das Stück samt Lösung vorsichtig auf eine Gummi-Unterlage schütten.
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Mo 23.06.14 19:43
von Pflock
Arminius hat geschrieben:...
2. Messerspitze "Pure Baking Soda" (manufactured by Arm & Hammer, USA, ingredient: sodium bicarbonate, deutsch: Natriumhydrogencarbonat (Trivialname: Natron) hat die Summenformel NaHCO3, ist ein Natriumsalz der Kohlensäure und zählt zu den Hydrogencarbonaten. ...
Und was nimmt man in Deutschland?
Kaiser-Natron?
Re: Grünspan auf Silbermünze
Verfasst: Di 24.06.14 17:48
von sigistenz
Es ist eben meine Art - ich muss euch neidisch machen. Auf meine Holzpinzette. Sie kostete weniger als 1€.
Ätsch!
Sigi
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