Fehlprägung vs Manipulation

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birnensaft
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Fehlprägung vs Manipulation

Beitrag von birnensaft » Do 31.07.08 18:25

Liebe Sammler-Freunde!

Es ist wirklich zum weinen, wenn man sich das Angebot beliebter Online-Auktionshäuser zum Thema "Fehlprägung" auflisten lässt. Mit verschwommenen Fotos in Briefmarkengröße werden dort vermeintliche Raritäten und sogar Unikate (!) mit dem Hinweis "Fehlprägung siehe Foto" angepriesen. Dabei ist lediglich erkennbar, daß der abgelichtete Gegenstand möglicherweise rund war...

Es finden sich aber auch einige, durchaus interessante - und daher meistens unerschwingliche - Angebote. Vor kurzem lief eine Stempelkopplung 50c/1€ für 2150 Euro, ein Zainende in der Pille einer 1€-Münze brachte knapp 15 Euro. Subjektiv meine ich einen Anstieg der Fehl-, bzw. Verprägungen zu verzeichnen. Daher steigt auch der Anteil derer, bei denen der Manipulationsverdacht leider auch nicht weit weg ist! Was haltet ihr unter diesem Geichtspunkt von diesem Teil (Artikelnr. 120287354950)???

Viele Grüße,
MN

diwidat
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Beitrag von diwidat » Do 31.07.08 19:44

In dieser Form ist eine "Fehlprägung" technisch unmöglich.
Es müßten beide Stempel beschädigt sein, was bei der Überwachung der Prägevorgänge überhaupt nicht möglich ist.
Das Ding ist eine simple Manipulation und somit wertlos.

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FloNumi
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Beitrag von FloNumi » Do 31.07.08 20:15

Also ich würde sagen das es eine Fehlprägung ist auch wenn nur zum teil

brogi
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Beitrag von brogi » Do 31.07.08 21:48

Es handelt sich bei dieser Münze natürlich um eine echte Verprägung.
Das hat auch nichts mit defekten Stempeln zu tun, sondern die Pille ist einfach zu dünn.
Die Pillenronden bestehen aus 3 Schichten. Gelegentlich kommt es vor, dass sich eine dieser Schichten ablöst.
Das ist auch der Grund, weshalb es bei dieser Verprägungsart Stücke gibt, bei welchen sich die Pille magnetisieren lässt und bei anderen nicht.
Den Rest, wie sich das Material dann bei der Prägung verhalten muss, wird Diwidat uns bestimmt gerne erklären.
Dateianhänge
Bild 3786.jpg

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FloNumi
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Beitrag von FloNumi » Do 31.07.08 22:10

ja genau mir ist nämlich aufgefallen dass der ring weiter geprägt wurde als normal und das ist beim besten willen so gut wie nicht mit manipulation hinzubekommen

diwidat
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Beitrag von diwidat » Fr 01.08.08 17:12

Hallo brogi,
Den Rest, wie sich das Material dann bei der Prägung verhalten muss, wird Diwidat uns bestimmt gerne erklären.
gemeinhin nennt mann das, glaube ich, süffisant.

Es fällt mir aber nicht schwer, Dir recht zu geben.
Das gezeigte Stück ist tatsächlich eine Prägung auf einen fehlerhaften Rohling - landläufig auch Fehlprägung genannt. Die Überstreckung des Ringes hatte ich mir nicht richtig angesehen (übersehen).

Aber wie kommt es dazu: In einem anderen Beitrag hatten wir über auseinander fallende Münzen diskutiert. Wenn mehrschichtige Bleche den inneren Zusammenhalt verlieren, wie brogi schon beschrieben hat, kommt am Prägestempel etwas fehlerhaftes an, das dann unkontrolliert verarbeitet wird.
Bei der Massen-Gewichtskontrolle beim Versand nach dem Rollen fällt es durch das geringe Untergewicht auch nicht sonderlich auf. Lediglich direkt am Ausgang der Prägepresse findet eine visuelle Überprüfung statt, die aber durch vielerlei Umstände das Stück unentdeckt ließ.

Der mechanische Vorgang:
Jeder nichtflüssige Werkstoff hat seine spezifischen mechanischen Eigenschaften, wie z.B. Zugfestigkeit, Bruchfestigkeit und Fließgrenze.
Wenn ein metallener Stab bis an seine Grenze der Zugfestigkeit gestreckt (gezogen) wird, passiert NICHTS.
Wird die Zugkraft gesteigert, fängt das Material an zu fließen, bis es beim überschreiten seiner Bruchfestigkeit auseinander reißt.
Interessant ist für uns hier die Fließgrenze.

Wenn ein Münzenrohling zwischen zwei Stempeln gerät und so stark zusammen gepresst wird, bis seine Fließgrenze überschritten wir, versucht er dem Druck auszuweichen und "flüchtet" sich (fließt) in die Vertiefungen der Stempel.
Was hinterher zu sehen ist, sind die Unebenheiten im Stempel als positiven Abdruck auf der Oberfläche der Metallscheibe.

Speziell die angesprochene Prägung auf dem fehlerhaften Schrötling:
Wie gesagt, das Material zwischen den Stempeln versucht dem Prägedruck auszuweichen.
Da bei der zu dünnen Pille in diesem Fall, die eigentlich genau so dick wie der Rand sein sollte, die Gegenkraft aus den Zentrum des Rohlings fehlte (oder zu schwach war) wurde die Pille radial zusammen gepresst und dabei in den vorhandenen Freiraum verformt.
Bei einer Prägung ohne Prägering hätten wir jetzt eine übergroße Münze, da der Rand nach außen ausweichen kann, aber dann auch mit vollständigen Münzbild produziert.
Durch die Prägung im Prägering kann der Rand nicht nach außen ausweichen, sondern nur nach innen und blockiert damit die Stempel um auch das Zentrum wie vorgesehen zu beprägen.
Das alles geschieht 500 bis 600 mal in der Minute.

Gruß diwidat

Angelfreund
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Beitrag von Angelfreund » Fr 01.08.08 19:28

wenn es am Schluss eine Gewichtskontrolle gibt, wie kann dann sowas zustande kommen?

Art.nr. 300245006958
(Pille fehlt)

Dietemann
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Beitrag von Dietemann » Fr 01.08.08 20:36

Das Ding ist mit Pille geprägt worden, denn sonst wäre der Rand nicht so scharfkantig sondern hätte unter dem Druck der Stempel nachgegeben und wäre zur Mitte gelaufen.

Es kommt wohl öfter vor, dass jemand die Pille entfernt, wie das geht weiß ich zwar nicht, aber machbar ist es.

gruß Dietemann

brogi
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Beitrag von brogi » Sa 02.08.08 08:20

@Diwidat:
vielen Dank für deine Erklärung, dass war sehr anschaulich erklärt und interessant zu lesen.
Ich wollte übrigens nicht überheblich klingen, aber mehr dazu habe ich dir per PN geschrieben.


@Angelfreund:
Bei dieser Münze handelt es sich um fast den gleichen Fall wie bei der 1 Euromünze. Nur dass hier anstatt einer zu dünnen Pille keine Pille beim Prägen vorhanden war.

Ich meine, dass beim Wiegen der Rollen in der Prägestätte erst ab einem abweichenden Gewicht von mehr als der Hälfte einer Münze aussortiert wird.

Dietemann
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Beitrag von Dietemann » Di 05.08.08 17:53

[quote="brogi@Angelfreund:Bei dieser Münze handelt es sich um fast den gleichen Fall wie bei der 1 Euromünze. Nur dass hier anstatt einer zu dünnen Pille keine Pille beim Prägen vorhanden war.[/quote]
Das halte ich für eher unwahrscheinlich, da im Gegensatz zum dünnen Schrötling innen kein Ring ist, der den Schrötling in Form halten könnte und daher das Material beim Prägen nach innen ausweichen würde. Ich halte es für sehr viel wahrscheinlicher, dass hier Pille und Rand nach der Prägung getrennt wurden, in der Regel von Seltenheitensammlern.

Gruß Dietemann

Angelfreund
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Beitrag von Angelfreund » Mi 06.08.08 06:20

ich seh schon, die Numismatik ist ein weites Feld, das es noch gilt zu erkunden. Danke für die Infos!

brogi
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Beitrag von brogi » Mi 06.08.08 17:19

Dietemann hat geschrieben: Das halte ich für eher unwahrscheinlich, da im Gegensatz zum dünnen Schrötling innen kein Ring ist, der den Schrötling in Form halten könnte und daher das Material beim Prägen nach innen ausweichen würde. Ich halte es für sehr viel wahrscheinlicher, dass hier Pille und Rand nach der Prägung getrennt wurden, in der Regel von Seltenheitensammlern.

Gruß Dietemann
Dann vergleiche mal die Breite eines normalen Ringes und die Breite der Münze aus der Auktion. Du wirst feststellen, dass der Ring dort breiter ist.
Abgeshen davon haben diese Münzen keine Randschrift mehr und es bildet sich in der Regel ein Grad, da Material zwischen Prägering und Stempel fliest.

Dietemann
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Beitrag von Dietemann » Do 07.08.08 13:54

brogi hat geschrieben:Dann vergleiche mal die Breite eines normalen Ringes und die Breite der Münze aus der Auktion. Du wirst feststellen, dass der Ring dort breiter ist.
Ok das stimmt und klingt logisch.

Gruß Dietemann

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preußi
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Beitrag von preußi » Do 07.08.08 20:07

Hier mal ein Bild, um den Unterschied zwischen Fehlprägung und Manipulation zu verdeutlichen.
Dateianhänge
vergleichsbild_ring.jpg

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