Kulturgutschutzgesetz Link für Abgeordnetenwatch etc.

Alles was nichts mit Münzen zu tun hat

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stampsdealer
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Kulturgutschutzgesetz Link für Abgeordnetenwatch etc.

Beitrag von stampsdealer » Mo 07.09.15 14:41

Dieser Thread wurde für die Verlinkung von Abgeordnetenwatch aus usw. erstellt.

Inhalt:

1) Petitionstext von Frau Dr. Kampmann Für den Erhalt des privaten Sammelns

https://www.openpetition.de/petition/on ... n-sammelns


2) Rechtsgutachten von RA Joachim Walser von der Kanzlei Walser in München

http://www.muenzenwoche.de/de/News/4?&id=3566


3) Brief an die Frau Staatsministerin von Jürgen Schmidt

4) Der Mythos, daß Kulturgüter in ihr Ursprungsland gehören, Text aus numismatikforum.de, Nutzername des Autors Homer J. Simpson

5) Präambel, Faktencheck und Frage zu Beweisen hinsichtlich der Gesetzesbegründung (Terrorismusfinanzierung)

Die Gesetzesbegründung soll auf nicht belastbaren Zahlen von Archäologe Müller-Karpe beruhen (siehe Handelsblatt vom 31.07.2015 Seite 59).

Zu Müller-Karpe siehe siehe MünzenWoche vom 5. August 2010

„In der Nähe geistiger Verwirrtheit“ – ein deutsches Gericht über den privaten Kreuzzug des Michael Müller-Karpe


http://www.muenzenwoche.de/de/In-der-Na ... /4?&id=221


6) Fünf wenig hilfreiche Antworten von Monika Grütters bei Abgeordnetenwatch.

http://www.abgeordnetenwatch.de/monika_ ... ml#q440724

http://www.abgeordnetenwatch.de/monika_ ... ml#q440758

http://www.abgeordnetenwatch.de/monika_ ... ml#q441212

http://www.abgeordnetenwatch.de/monika_ ... ml#q440875

http://www.abgeordnetenwatch.de/monika_ ... ml#q441217

Eine weitere Nachfrage.

http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-7 ... ml#q442740

===============================================================
zu 3)

____Jürgen Schmidt, Postfach 40 01 06, 12631 Berlin___
EINWURFEINSCHREIBEN
Frau Prof. Monika Grütters MdB
Staatsministerin für Kultur und Medien
Platz der Republik 1
11011 Berlin




Kulturgutschutzgesetzentwurf 18.08.2015 (iDatum beim Original an richtiger Position)




Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Grütters,

nachdem der Kulturgutschutzgesetzentwurf geleaked und Focus zugespielt worden ist, wäre es vielleicht hilfreich gewesen, wenn Sie Ihre Kommunikation ein wenig anders gemanaged hätten (In meiner ersten an Sie gerichteten Frage bei Abgeordnetenwatch beziehe ich mich auf die Verlaufsgeschichte zum Kulturgutschutzgesetzentwurf und konfrontiere Sie mit der diesbezüglichen Darstellung auf der Website von Firma Künker), zwischenzeitlich nun einen geänderten Entwurf (meine zweite an Sie bei Abgeordnetenwatch gerichtete Frage) ins Internet gestellt hätten.


Diese Situation der Ungewißheiten macht es aus meiner Sicht unbedingt erforderlich Ihnen diesen Brief zu schreiben, zumal es nicht nur um die ganz große Kunst, wie es es in den Leitmedien erscheinen mag, geht, sondern um Millionen Bürger, um Durchnittsmenschen, nicht nur um Gemälde der Künstler Baselitz und Richter, sondern auch um die Briefmarkensammlung von Handwerksmeister Krause.


Es geht vielmehr insbesondere auch um das Verhältnis Bürger zu Staat, um die Frage in was für einem Staat wir überhaupt leben möchten, um das Spannungsverhältnis zwischen der Individualität des Bürgers und den gesetzlichen Vorgaben seines Staates.


Auch ist die Frage zu stellen, ob der Entwurfstext überhaupt vollkommen im Einklang mit elementaren Grundsätzen unserer Rechtsordnung steht (Ich beziehe mich auch auf das Gutachten von RA Joachim Walser von der Kanzlei Walser in München, auffindbar unter http://www.muenzenwoche.de.).


Ich mache mir hinsichtlich der Freiheits- und Bürgerrechte große Sorgen. In diesem Zusammenhang geht es nicht nur um das Eigentumspostulat nach Artikel 14 GG, sondern auch um Beweislastumkehr, um das Rückwirkungsverbot, um nachträglich zu erbringende Herkunftsnachweise, also auch um den Rechtsgrundsatz Impossibilium nulla est obligatio, insbesondere auch um die Europäische Menschenrechtskonvention einhergehend mit diesbezüglich ergangener Rechtsprechung, den möglicherweise vorliegenden Verstoß gegen den EU-Rechtsgrundsatz Free Movements of Goods, bei der Einfuhr um die Berücksichtigung der Gesetze von 140 Staaten, um Datenschutz, um die 30-jährige Aufbewahrungspflicht von Daten bei den Händlern, um die zumeist gegebene Unmöglichkeit für Münzhändler die geforderten Dokumentationspflichten überhaupt praktisch erfüllen zu können, um Differenzierung von Ziel und Zweck, also nicht nur um den Gesetzeswortlaut, sondern um die mutmaßlichen tatsächlichen/möglicherweise erweiterten Intentionen, um die Präambel, wo die Terrorismusfinanzierung als Begründung herhalten muss (mich überzeugt diesbezüglich die Beweislage, der Faktencheck überhaupt nicht), um die Kriminalisierung, die Sanktionsandrohung von bis zu drei Jahren Gefängnis, usw.


Ich bringe als Beispiel die Sammler historischer Münzen. Münzen, die zumeist ein serielles Massengut darstellen, haben im Entwurfstext überhaupt keine gesonderte Berücksichtigung erfahren. Für die kulturelle Bewertung dieser hat Herr Engel in einer an Sie am 26.07.2015 bei Abgeordnetenwatch gerichteten Frage ein sehr gutes Beispiel gebracht, welches ich daher an dieser Stelle zitieren möchte:

"Gerade bei Münzen ist es illusorisch auf einem Stammbaum zu bestehen, Münzen sind seit fast 2500 Jahren als Gebrauchs- und Kommunikationsmittel eingesetzt worden und von jeher überall dort anzufinden gewesen, wo gekauft und verkauft wurde.
Ein Beispiel : Ein Hamburger Kaufmann in der Mitte des 19. Kahrhunderts, der Korn aus Russland kaufen wollte, liess sich die dafür notwendigen Goldmünzen in der dänischen Münze in Altona prägen. Von Russland aus wanderten die Münzen weiter, vielleicht nach Deutschland oder nach England, überall dorthin, wo man Geld einsetzen musste. Ebenso war der englische Sovereign oder das französische Zwanzigfrankenstück vor 1871 die gewöhnlichste Handelsmünze in Deutschland, dem " Tummelplatz der fremden Münzen ". Eine Münze gehört also nicht einem Land, sondern allen."


Und da ich das Rad nicht neu erfinden muss, übernehme ich nachsthende Textpassagen von einem Bekannten, der hinsichtlich des Faches Numismatik einen Studienabschluß vorzuweisen hat.


"Doch neben der „großen Kunst“ - also Aufsehen erregenden, teuren Werken der Malerei und der Bildhauerei – sind auch unzählige kleine Objekte betroffen. Diese kleinen Dinge, seien es Bücher, Briefmarken, Münzen oder sonstige Objekte, sind nicht nur in den Museen und Bibliotheken hinter Glas zu bewundern, sondern es befinden sich unzählige Stücke in Privatbesitz und ermöglichen es so, Geschichte für alle interessierten Bürger wortwörtlich begreifbar zu machen.

Das neue Kulturgutschutzgesetz soll nun den Privatbesitz an „Kulturgut“ (andere sagen „alter Krempel“) praktisch verbieten; eines der Argumente für das neue Kulturgutschutzgesetz ist die Unterstellung, der Sammlermarkt finanziere den Terror des islamischen Staates. Dies ist eine haltlose Behauptung: Erstens sind die IS-Terroristen eher daran interessiert, Kulturgut medienwirksam zu zerstören, zweitens kommt der Großteil der betroffenen Objekte aus ganz anderen Regionen und ist teilweise schon seit Jahrhunderten auf dem Sammlermarkt, und drittens finanziert sich der Islamische Staat in erster Linie mit Erdölexporten und Spenden.

"Im geplanten Gesetz ist eine Kernforderung der Provenienznachweis, der für Sammler 20 Jahre, für Händler sogar 30 Jahre zurückreichen soll. In der Realität ist diese Forderung absolut unrealistisch, da es einerseits bei vielen legalen Kaufmöglichkeiten (Ebay, Flohmärkten, aber auch bei klassischen Münzbörsen, bei Tauschtreffen einzelner Sammler oder Tauschtagen von Münzvereinen) keine Quittungen oder Belege gibt, da diese bisher nicht vorgeschrieben waren. Aber auch bei Geschenken, Erbschaften oder bei der Weitergabe innerhalb de Familie lässt sich ein solcher Provenienznachweis nicht erbringen. Ausserdem muss man sich vor Augen halten, dass jede Münze unabhängig von ihrem Alter ein Massenprodukt ist. Dies bedeutet aber auch, dass die allermeisten Münzen keinen extrem hohen Sammlerwert haben, sondern oft schon für eine handvoll Kleingeld erworben werden können.

Ein weiterer absurder Aspekt ist, dass für Münzen und andere archäologische Objekte eine Altersgrenze von 100 Jahren eingeführt werden soll, die Kulturgut von „wertlosen“ Objekten trennt:
Das würde bedeuten, eine Kleinmünze des deutschen Kaiserreiches von 1905 könnte theoretisch Kulturgut sein, während eine Kleinmünze von 1923 (noch) kein Kulturgut ist, obwohl letztere, die die Überwindung der Hochinflation und die Schaffung der neuen stabilen Währung der Weimarer Republik veranschaulicht, von der Aussage bedeutender ist. Anzumerken wäre noch, dass beide Stücke schon für einen Euro im Münzhandel zu finden sind. Auch die Wertgrenze, die im Gesetz vorkommt und die 100 Euro beträgt, kann nicht wirklich zwischen bedeutungsvollem Kulturgut und einer alten Münze differenzieren: Meist ist es doch so, dass eins der wichtigsten Kriterien für den Preis einer Münze ihre Erhaltung ist. Damit wäre beispielsweise eine normal umgelaufene römische Silbermünze für 60 Euro kein Kulturgut, das etwas besser erhaltene Stück im Wert von 110 Euro aber schon – obwohl beide Stücke die gleiche historische Aussage haben.

Bei der aktuell stattfindenden Kriminalisierung der Sammler wird völlig ausser Acht gelassen, dass das private Sammeln dafür sorgt, dass die Sammlungsstücke erhalten bleiben. Gerade die Sammler, die teilweise viel Geld in den Ausbau ihrer Sammlungen stecken, sind daran interessiert, ihre Schätze zu erhalten und sachgerecht zu behandeln. Die Geschichte des Münzsammelns reicht schon Jahrhunderte zurück bis in die Renaissance; die privaten Sammlungen und ihre Sammler waren oft genug der Beginn wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit den Objekten. Auch gehen viele Museen auf private Sammlungen zurück.

Auch heute noch ist es so, dass die Sammler und der Sammlermarkt eine der wichtigsten Materialquellen der wissenschaftlichen Numismatik sind. Sind es doch einerseits erfahrene Sammler, die mit ihrer Spezialsammlung und ihrem Detailwissen oft die großen Museumssammlungen übertreffen, so sorgt andererseits eine breite Sammlerschaft dafür, dass die großen Mengen gleichartiger Münzen erhalten bleiben. Die Museen haben keinen Bedarf daran, sich hunderte gleichartiger Stücke ins Depot zu legen, da die numismatische Aussage auch an einem Einzelstück getroffen werden kann. Ausserdem sind die Museen bereits heute oft überlastet, es fehlt an Geld und fachkundigem Personal.

Sollte das neue Kulturgutschutzgesetz so kommen, wie es bereits viele Sammler befürchten, dann dürften die Konsequenzen das genaue Gegenteil der Intention des Gesetzes sein: Entweder laufen die Verkäufe dann über schwarzmarktähnliche Strukturen, so dass keinerlei Dokumentation, wie bisher in Auktionskatalogen oder Verkaufslisten üblich, mehr stattfindet und das Material der numismatischen Forschung nicht mehr zur Verfügung steht, oder die Stücke werden ausser Landes gebracht, wo sie weiterhin legal gehandelt werden dürfen: damit würden dem Staat lediglich ein paar Steuereinnahmen entgehen. Falls das Gesetz aber in aller Schärfe umgesetzt werden sollte - ähnlich wie in der Türkei, wo allein der Besitz von Antiquitäten verboten ist und schwer bestraft wird – dann werden auch die Auswirkungen ähnlich sein: Schatzfunde werden nicht gemeldet und nicht einmal unter der Hand verkauft, wo sie wenigstens über Umwege der Wissenschaft zugute kommen, sondern wandern schnellstmöglich in die Schmelztiegel. Dies droht insbesondere Gold- und Silbermünzen, die keinen hohen Sammleraufschlag haben, aber auch andere Objekte dürften dann der Zerstörung anheimfallen, wenn legaler Besitz nicht mehr möglich ist und schwere Strafen drohen."


Und ich möchte jetzt noch mit Beispielen des misslungenen staatlichen Kulturschutzes auseinandersetzen. Manche steuerfinanzierten Kulturguthüter betonen stets das Allgemeinwohl im Blick zu haben, verfolgen aber durchaus auch eigene Interessen.

Daher erscheint es durchaus auch als lohnenswert sich nicht nur mit Positionen wie dem Althistoriker Herrn Prof. Hermann Parzinger auseinanderzusetzen, sondern auch mit den ungewöhnlich differenzierten und selbstkritischen Betrachtungen des österreichischen Archäologen Herrn Prof. Raimund Karl, der zur Zeit in Großbritannien lehrt.

Aber bei soviel Ehrlichkeit könnte man in Deutschland schon seinen Job riskieren bzw. würde sicherlich beruflich nicht in der ersten Reihe stehen.

In dem Blog Archaeologik schreibt Herr Prof. Karl einen überaus interessanten Beitrag. Soviel Ehrlichkeit und Selbstreflexion ist in Deutschland, wo viele Ärchäologen und Althistoriker oftmals als Fundamentalisten auftreten, überhaupt keine Selbstverständlichkeit.

http://archaeologik.blogspot.pt/2014/09 ... n-die.html

So wie der Staat keineswegs immer der beste Unternehmer zu sein scheint (Landesbankenskandale), so scheint der Staat auch keineswegs immer der beste Kulturgutschützer zu sein.

Nicht nur die Google-Treffer-Liste für "im Museum verrottet" liefert ein Bild des Grauens (Gruselkabinett), sondern auch die ganz große Kunst erleidet Schäden.
Selbstverständlich stand die Türkische Cammer in Dresden vor der Restaurierung 14 Jahre im Freien, das ultimative Prunkstück in den Händen des Staates also völlig verrottet, antike Bronzemünzen haben (Hochwasserschäden) im Dredener Kabinett extrem gelitten. Der Anblick dieser Tableaus sorgt für blankes Entsetzen.
Und im letzten Münzauktionskatalog von Heinz-W. Müller ist dieser Text zu finden:

" Bei einer Besichtigung der Ausstellung Kunst des 20. Jahrhunderts im Dachgeschoss des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg,, die mangels einer obligatorischen Klimaanlage Anfang Juli 2015 bei 40 Grad im Dqchgeschoss zu sehen war, war ich entsetzt. Hochkarätige Arbeiten von Beckimann bis Meistermann und andere Millionenwerte schmolzen dahin."

Viele Kulturgüter verrotten beim Staat, vergammeln in Magazinen, sind der Öffentlichkeit überhaupt nicht zugänglich.


Und eine Kaste von steuerfinanzierten staatlichen Kulturguthütern möchte die Eigeninteressen schützen, definieren was dem Allgemeinwohl dienlich sei.


Viele Sammler und Händler haben einige populärwissenschaftliche Publikationen hervorgebracht und erhebliche Spenden geleistet. Für die wissenschaftliche Numismatik sind diese genannten Personenkreise die wichtigste Materialquelle überhaupt.


Die steuerfinanzierten Kulturguthüter verfolgen also auch Eigeninteressen, sollten also nicht die alleinige Meinungshoheit, keineswegs ein Definitionsmonopol erlangen, denn der Souverän ist das Volk, die gesamte Wählerschaft also.

Wenn willkürlich die Grenze zwischen archäologisch und "wertlos" durch die Altersgrenze 100 Jahre und die Wertgrenze 100 Euro gezogen wird, dann ist das an haarsträubendem Dilettantismus nicht mehr zu überbieten. Entschuldigen Sie meine harsche Kritik, ab er es ist eigentlich nicht zu begreifen.


Und jetzt noch einmal zu Ziel und Zweck. Sollte der Staat wieder einmal die Vermögensteuer einführen, so kann er sich über die Datenquelle (Händler sollen Aufzeichnungen 30 Jahre aufbewahren) doch sehr freuen.


Politikverdrossenheit hat auch damit etwas zu tun, wenn die Bürger die Argumente nicht für wirklich ehrlich halten: Warum muss denn ständig der Terrorismus für alle möglichen Gesetzesänderungen als Begründung herhalten?


Ich verweise noch auf die sehr interessanten Threads zu unserem Thema bei numismatikforum.de. Auf den Petitionstext von Frau Dr. Ursula Kampmann meine ich bereits über das Kontaktformular hingewiesen zu haben.

https://www.openpetition.de/petition/on ... n-sammelns


Ich breche jetzt mal diesen Brief ab, möchte meine Ausführungen aber gerne fortsetzen und bitte als ein Einwohner in Ihrem Wahlkreis höflichst einen Gesprächstermin in Ihrem Wahkreisbüro bzw. an welchem Ort auch immer.
Als Freelancer passt mir jeder Termin zu jeder Uhrzeit außer im Zeitraum vom 28. Aug. bis zum 2. Sept.


Um " ein Wenig Druck aus dem Kessel" zu nehmen, wie Ihnen Herr Hoffmann am 05.08.2015 bei Abgeordnetenwatch geschrieben hat, möchte ich Sie höflichst darum bitten zu überdenken, ob Sie nicht die Kontaktaufnahmen, die Gespräche mit der Historikerin und Numismatikerin Frau Dr. Ursula Kampmann (http://www.muenzenwoche.de) und mit demVorstand des Verbandes der deutschen Münzenhändler e.V. (Herrn Christoph Raab, Herrn Ulrich Künker, http://www.vddm.de) vornehmen möchten.

Als Mitglied einer konservativen Partei (ich war vor über 30 Jahren politisch beim RCDS in Hamburg aktiv, ich bin jetzt 56 Jahre alt) sollten Sie für die jahrhundertealte Tradition des Sammelns, Münzen werden seit der Renaissance gesammelt und gehandelt, doch vielleicht eine Antenne haben.


Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit, sehe einem Gesprächstermin gerne entgegen

und verbleibe mit besten Grüßen




Jürgen Schmidt
Sammler und Kleinsthändler (eBay-Nutzername stampsdealer)



NACHTRAG (Dieser Steht nicht im Originalbrief.)

Hat jemand eigentlich schon mal die Kosten für das Gesetz durchgerechnet, auch die mögliche Flut an Klagen bedacht?

Hat jemand die Kosten für Sammler und Händler hinsichtlich für Erfassungs- und Dokumentationsaufwand kalkuliert?

Hat jemand den behördlichen Aufwand hinsichtlich Bearbeitung und Kontrolle durchgerechnet?

Hat jemand die immateriellen `Kollateralschäden` hinsichtlich zunehmender Politkverdrossenheit berücksichtigt?

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zu 4)


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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016
von Homer J. Simpson » Fr 04.09.15 21:35
Mythen können etwas Großartiges sein. Sie erzählen uns viel über die Welt und vor allem das Wesen des Menschen. Aber es gibt gute und schlechte Mythen. Ein großer, guter Mythos ist die Schöpfungsgeschichte, Gleiches gilt für die homerischen Epen. Ein schlechter Mythos ist z.B. der von der Überlegenheit der germanischen Rasse. Und mit einem weiteren schlechten Mythos möchte ich mich hier beschäftigen.

Der Mythos, daß Kulturgüter in ihr Ursprungsland gehören

Die Ruinen von Palmyra / Syrien stehen seit ihrer Errichtung vor 1750 Jahren in ihrem Ursprungsland. Und ebendort werden sie jetzt von wildgewordenen Dorftrotteln im Namen eines pervertierten Islams schön genüßlich, ein Tempel nach dem anderen, dem Erdboden gleichgemacht, so wie zuvor Ninive und noch ein paar andere Stätten, in denen vor tausenden Jahren die Zivilisation ihren Anfang nahm.

In Ägypten war der randalierende Mob, den unsere Politiker und die ebenso blauäugige Presse so gerne als "Arabischen Frühling" bezeichneten, bereits im Ägyptischen Museum und hat ein paar Bildwerke umgeschmissen, bevor sie dann wohl doch draußen etwas noch Zerstörenswerteres fanden. Zur Zeit ist in Ägypten Ruhe. Warum? Weil das Militär die Macht übernommen hat. In solchen Ländern ist oft das Militär die rationalste Macht. Ist Nofretete dort wohl besser aufgehoben als in Berlin?

Wo wir bei Demokratie sind: Griechenland. Warum ist die Kore aus dem Erechtheion, die im Britischen Museum steht, die schönste unter ihren Schwestern? Weil sie 150 Jahre in London im Museum statt im Smog von Athen verbracht hat! Und das Schlimme am Parthenonfries ("Elgin Marbles") ist NICHT, daß es Lord Elgin den damaligen türkischen Machthabern abgeschachert hat, sondern daß er dies 50 Jahre zu spät tat; da waren nämlich viele der wunderbaren Figuren schon abgeschlagen, die auf Gipsabformungen des 18. Jahrhunderts alle noch dran sind. Zwanzig Jahre später hätte man darauf gar nichts mehr erkannt. Die Briten haben hier Kultur weder zerstört noch geklaut, sondern gerettet.

Die Venus von Milo ist eines der großartigen Prunkstücke im Louvre von Paris und die berühmteste antike Statue überhaupt. Als sie auf der Kykladeninsel Melos (altgriechische Namensform; ngr. Milos, italienisch Milo) 1820 gefunden wurde, hat sie der Finder an türkische Händler verkauft. Ein französischer Diplomat hatte zufällig von dem Fund erfahren, reiste an und konnte die Venus gerade noch vor dem Ablegen des Schiffes den ungeduldigen Türken, die losfahren wollten, abhandeln - die Arme wurden in der Eile nicht mehr gefunden. Wenn der Franzmann also nicht angetanzt wäre, würde die Venus dann heute im Museum auf Milos oder in Athen stehen? Nein! Und im Museum in Ankara oder Istanbul? Auch nicht! Wo dann? Sie wäre, wie fast aller transportable Marmor, in türkischen Kalköfen zu Branntkalk für die Mörtelherstellung zerstäubt worden. Aber dann heute groß über Kulturdiebstahl jammern...

Der größte Fund an römischen Goldmünzen wurde im norditalienischen Dorf Brescello 1714 gemacht. 80000 Aurei der späten Republik! Und was geschah damit? Im Sinne vorbildlichen Recyclings wurde das Gold erneut der Münzprägung zugeführt.

Der größte Fund an Silbermünzen der Römerzeit wurde 1929 in Reka Devnia, Bulgarien, entdeckt, wahrscheinlich um die hunderttausend Silberdenare. Laut der Fundveröffentlichung wurden wohl um die 20000 Stück in der Bevölkerung zerstreut, 79000 Stück wurden wissenschaftlich ausgewertet, publiziert und auf die Museen von Sofia und Varna aufgeteilt. Den 2. Weltkrieg haben die Münzen wohl überlebt. Von einem Raub durch die deutschen Besatzer ist nichts bekannt. Aber wo sind die Münzen heute? Seit Jahrzehnten hat sie kein Wissenschaftler mehr zu Gesicht bekommen. Jegliche Anfragen ausländischer Forscher, Münzen aus dem Fund von Reka Devnia in Augenschein nehmen zu dürfen, werden ohne Begründung abgelehnt. Daß die Münzen noch in den beiden Museen sind, ist angesichts dessen sehr unwahrscheinlich - wahrscheinlich sind die Münzen aus den Depots, „die eh alle gleich aussehen“, irgendwann von Mitarbeitern an Leute mit genug Geld oder genug Einfluß in Politik oder Mafia "übergeben" worden.

2007 war ich im Urlaub in der Türkei, Side. Dort gibt es ein hübsches kleines archäologisches Museum, in dem ich mich natürlich auch nach Münzen umgeschaut habe. Ich wurde fündig, eine Reihe mit fünf römischen Münzen. Kleiner Schönheitsfehler: Von den fünf Münzen sind mindestens zwei (die Nummern 2 und 4 im Bild) moderne Balkanfälschungen, die Nr. 4 die Fälschung eines Carausius-Denars, der nun wirklich nicht im damaligen Pamphylien umlief!! Auch hier haben also offensichtlich Leute die echten Münzen durch schlechte Repliken ersetzt und an wen auch immer weitergegeben!

Fazit

1. NEIN, Kulturgüter sind NICHT in ihren Ursprungs- oder Fundländern am besten aufgehoben!

2. Die Ursprungsländer gibt es nicht mehr. Gehört nach Kulturgutschützerlogik eine karthagische, in Sizilien geprägte Münze von griechischem Stil und Machart nach Griechenland, nach Italien oder nach Tunesien? Das untergegangene Römische Reich wurde durch Karl den Großen neu gegründet, mit päpstlicher Erlaubnis. Römische Münzen gehören also ebenso nach Frankreich und Deutschland wie nach Italien!

3. Je stärker die Kulturgüter eines Kulturkreises an einem Ort oder in einem Land konzentriert sind, desto verletzlicher sind sie. Wir können uns freuen über alle Kulturgüter, die es irgendwie aus Syrien, dem Irak oder Libyen heraus geschafft haben!

4. Wenn wir in Deutschland ausländische Gesetze, die unrecht sind und katastrophale Folgen haben, zu unseren Richtlinien machen, dann Armes Deutschland! Laut der Argumentation von Herrn M.-K. (der Herr möge ihm die Augen öffnen) muß die Beweislast für den Antikenbesitz umgekehrt werden, denn syrische oder irakische Antiquitäten könnten nur illegal im Besitz von Privatpersonen sein, da der Besitz von Antiquitäten in diesen Ländern seit 100 Jahren illegal sei. Ja, aber nach dortigem "Recht", oder was dort so heißt - und da dort infolgedessen die meisten Antiquitäten in den staatlichen Museen sind, brauchen die Leute von IS die da ja nur abholen und kaputthauen. Wenn die Kulturgüter in der Bevölkerung verteilt wären, wären die Barbaren mit ihrem Tun längst nicht so erfolgreich! Wenn wir uns syrisches oder irakisches Recht unkritisch zu eigen machen, dann müssen wir auch zwölfjährige Mädchen heiraten lassen!

Fazit des Fazits

Kulturgüter gehören wissenschaftlich dokumentiert und dann, bis auf wenige Spitzenstücke, die wirklich in Museen sein sollten (Venus von Milo), in die Hände von Leuten, die sie lieben, schätzen und bewahren. Eine breite Streuung schützt am besten vor Verlusten.

Sorry für den langen Text,

Homer
Zuletzt geändert von stampsdealer am Mo 07.09.15 20:35, insgesamt 4-mal geändert.

stampsdealer
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Re: Kulturgutschutzgesetz Link für Abgeordnetenwatch etc

Beitrag von stampsdealer » Mo 07.09.15 14:47

Liebe Mods, damit hier nur Texte für Abgeordnetenwatch und Texte für die Sendung an Politiker etc. stehen, bitte ich darum diesen Thread zu schließen.

Besten Dank und beste Grüße

Jürgen

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