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20 Heller Deutsch Ostafrika - wie entstand die Riffelung ?
Verfasst: Do 06.11.03 12:39
von Canadian Coins
Hallo,
ein kleines Randgebiet meiner Sammlung sind die deutschen Kolonialprägungen.
Im Bild unten erkennt man auf der Oberfläche einer 20 Heller Münze eine Riffelung. Gibt es für diese einen speziellen Ausdruck bzw. wie ist sie entstanden, woher stammten die Prägestempel ?
Würde mich freuen, von dem ein oder anderen "Kolonial-Spezialist" auch etwas über die Hintergründe der Münzen aus der Prägestätte Tabora zu erfahren - falls Zeit und Lust vorhanden.
Hier das Bild :
[ externes Bild ]
Schöne Grüße.
Verfasst: Do 06.11.03 12:56
von wpmergel
Diese konzentrischen Ringe sind stempelseits und gewollt. So wie man heute auf möglichst glatten Münzgrund achtet, fanden es die Stempelschneider und Auftraggeber dieser Münze wohl chic den Münzgrund zu verziehren. Ob es für dieses besondere Erscheinungsbild einen speziellen Namen gibt, ist mir nicht bekannt.
Verfasst: Do 06.11.03 19:47
von Canadian Coins
Hallo wpmergel,
Danke für Deine Information.

Ich habe mich eben nochmal durch´s "Große Lexikon der Numismatik" gewühlt - konnte aber auch keine weiteren Angaben finden.
Schöne Grüße.
Tabora Münzen
Verfasst: Mi 03.12.03 21:43
von verscherbler
Hallo @ Canadian coins,
ich hab mir neulich erst Infos zur wohl schönsten Münze Deutschlands geholt - dem 15 Rupien-Goldstück von 1916 (T), welches in Tabora/Lulanguru geprägt wurde.
Dazu gibt es bei moneytrend.at einen sehr interessanten Fachartikel von Dr. Peter Schlobach, der sich eingehend mit der Prägung des 15 Rupien-Stückes und ihren numismatisch-gesellschaftlich-politischen (usw.) Hintergründen befasst hat.
Den Artikel gibt es hier:
-->
http://www.moneytrend.at/inhalt.php?nr= ... 5%20rupien
Was es mit einer Ölmühle, der Gouverneursfrau und singhalesischen Stempelschneidern auf sich hat, könnt ihr dort erfahren.
Ich gehe davon aus, dass Dr. Schlobach gut recherchiert hat und die im Artikel dargestellten Ergebnisse verlässlich sind.
Viele grüße, verscherbler
(Elefanten-Freund

)
Verfasst: Mi 03.12.03 23:29
von Canadian Coins
Hallo Elefanten-Freund,
vielen Dank - wirklich ein empfehlenswerter Artikel.
Habe ihn jetzt nur grob überflogen - aber bei nächster Gelegenheit werde ich mich sicher genauer einlesen.
Auf der letzten Börse in Münster konnte ich ein Exemplar des NNB (Numismatisches Nachrichtenblatt) abstauben - in der Ausgabe Juni 2002 wird dabei auch das Thema Deutsch-Ostafrika (Kriegsnotgeld 1915-1917) aufgegriffen.
Auf 7 Seiten sind hier in einem Beitrag von Jürgen Ritter auch sehr interessante Daten und Fakten zusammengefasst - nicht nur zu den Münzprägungen sondern auch zu den Notgeldscheinen.
Wer Interesse an einem Scan von diesem 7-seitigen Beitrag hat kann sich gerne per PN melden.
Schöne Grüße.
CC
Interesse am Scan
Verfasst: Mi 03.12.03 23:40
von verscherbler
Hallo Canadian Coins,
hui, klingt interessant.
Ich möchte hiermit mein Interesse schon mal herzhaftigst bekunden.
Wenn Du so lieb wärst, könntest Du mich ja in deiner "Scan-Mailing-Liste für die Deutschen Kolonien" dann bitte berücksichtigen.
[ externes Bild ]
Am allerbesten wäre es sogar, wenn Du mir das Ding evtl. auf
verscherbler@onlinehome.de schicken könntest... *schleim*
Grüßle & danke schonmal
verscherbler

Nochwas zu den Kolonien...
Verfasst: Mi 03.12.03 23:45
von verscherbler
Hallo nochmals,
ein weiterer interessanter Beitrag ist wohl sicher dieser:
http://www.moneytrend.at/inhalt.php?nr= ... 5%20rupien
Nur für die, die´s interessiert.
verscherbler
Verfasst: Do 04.12.03 06:50
von Andreas
Da es sich bei obigen Stück um eine Notprägung handelt, gehe ich stark davon aus das es sich bei der Riffelung um ungewollte Spuren handelt, die billigend in Kauf genommen wurden. Solche Spuren entstehen durch Abdrehen eines Stempelrohlings aus einer Stahlstange. Später wurde dieser Rohling mit den entsprechenden Punzen versehen und kam ungegelättet zum Einsatz. Ich habe bisher kein vergleichbares Stück gesehen.
konzentrische Riffelung (?!)
Verfasst: Do 04.12.03 09:38
von verscherbler
Hallo,
ich weiß ja nicht, ob meine Meinung gefragt ist -
aber ich denke Andreas´ Variante erscheint mir schon sehr glaubwürdig. Ich schließe mich ihm an.
verscherbler
Verfasst: Do 04.12.03 09:42
von Andreas
Durch eure interessanten Beiträge finde ich das Gebiet Deutsch-Ostafrika immer interessanter. Ich glaube ich werde mir auch mal ein paar Stücke zulegen

!
DOA Münzen
Verfasst: Do 04.12.03 10:21
von verscherbler
*winke winke*
jaja, unsere Kolonien...
...dass die Jungs vom Kilimanjaro mit den Prägungen nicht so zimperlich waren, zeigt ja auch z.B. ein solches Stück:
[ externes Bild ]
(Nur als Beispiel hier ein satter Doppelschlag, vielen Dank in diesem Falle an Dirk Löbbers)
Zum Anderen finden sich in einschlägiger Literatur (s. Artikel in den vorherigen Beiträgen) Angaben, die einem "konventionellen Münzsammler" alle Haare zu Berge stehen lassen...:
[...]Die Herstellung des Goldstücks erfolgte von April bis Anfang September 1916:
Der zeichnerische Entwurf stammte vom Kassierer der Werkstatt, R. Vogt,
der Stempelschnitt erfolgte durch einen unbekannten singhalesischen Goldschmied. Das Münzbild zeigt auf der Vorderseite einen Elefanten vor einer Berglandschaft, die Rückseite den Reichsadler. Geprägt wurde im glatten Ring, Tagesleistung bis 200 Stück,
erlaubte Gewichtstoleranz 1% des Rauhgewichtes [...].
Alle Stücke wurden per Hand justiert. Eine bisher
zum Biegen von Rohren gebrauchte hydraulische Presse diente mit einem Druck von 150-200 Atmosphären als Prägemaschine [...]. Nach ihrem Versagen wurden die Arbeiten im 25 km entfernten Lulanguru mit einer
Ölpresse fortgesetzt.
Die „Weiterverarbeitung“ der Münzen erfolgte durch „Abreiben“ mit Messingbürsten und Reinigung mittels „Seifenwasser" aus Früchten des tropischen Seifenbaums.[...]
Aus: Fachartikel
Dr.Peter Strobach: Das deutsche 15 Rupien-Goldstück. In: Moneytrend online, 05.02.2003
Da soll sich nur noch einer Aufregen, wenn so eine Münze "justiert" oder "berieben" ist - oder gar einen Stempelriss aufweist.
Ich behaupte: das gehört zur Münze und war (möglicherweise) nie anders

- das ist ja gerade das tolle daran.
Im übrigen gibt es aus diesen Gründen wohl kein 15 Rupien-Stück, das genau gleich viel wiegt wie ein anderes. Also alles Unikate!
Und zu deinem "Schallplatten-Stück" oben, @CC:
Behalte es, ich habe so etwas auch noch nie gesehen!!!
@Andreas: Mich faszinieren die Deutschen Kolonialprägungen auch immer mehr.
Liebe Grüße, verscherbler
Kreis-Riffelung
Verfasst: Do 04.12.03 11:26
von verscherbler
Hallo alle nocheinmal,
tach @CC,
zum einen muß ich mich etwas "verbessern"
, zum anderen hätte ich da so etwas wie eine "Antwort" auf deine Frage, CC:
Ich habe mir eines meiner DOA 20 Heller-Stücke nochmals genauestens angeschaut und folgendes beobachtet:
[ externes Bild ]
Bei meiner Münze tritt so eine
konzentrische Riffelung ebenfalls auf - allerdings nicht so perfekt ausgebildet wie bei Dir, Canadian Coins.
Ich gehe also davon aus, dass die Riffelung im Stempel nicht "gewollt" war und damit auf eine (logischerweise mit der Prägung zusammenhängenden) mechanischen Abnützung des Stempels zurückzuführen ist. Besonders fällt auch die bessere Erhaltung der
konzentrischen Stempelriffelung im Bereich zwischen der Krone und den Kronenbändern und weiter unten innerhalb des "O" von DOA auf.
Meine Idee (mögliches Fazit): Kurz vor der Prägung
deines 20 Heller-Stückes war der Vorgänger-Stempel kaputt, somit ist deine Münze evtl. (

) mit einem extrem neuen, frisch gedrehten Stempel geprägt worden. Bei meiner Münze dagegen war der Stempel evtl schon etwas älter und abgenutzt. Oder die Münze ist händisch nachträglich geglättet worden, so wie die 15 Rupien-Goldmünze justiert und gebürstet wurde (aber lohnte sich bei einer einfachen 20 Heller-Münze die nachträgliche Handbearbeitung überhaupt??

).
Dies ist freilich nur eine Vermutung, würde mir aber ins Bild passen.
Gruß & in Hoffnung auf weitere Diskussion
verscherbler
P.S.: Mir ist aufgefallen, dass diese Riffelung (zumindest bei mir zu Hause) nur bei den Kupfer-20-Hellern auftritt, nicht bei den Messing-20-Hellern. Gegenbeispiele nehme ich aber gern an.
Das mag evtl. ja auch damit zusammenhängen, dass das reine Kupfer (~99%) gegen Ende zur Prägung der DOA-Notmünzen verwendet wurde, als kein Messing mehr zur Verfügung stand. Gleichzeitig wird belegt, dass die "Tabora"-Prägungen zu diesem Zeitpunkt bereits in der Ölpresse
Lulanguru stattfanden. Möglicherweise ging dort alles etwas "schnell-schnell" (bevor die Belgier & die Engländer kamen) & die Technik war der eigentlichen Prägeeinrichtung in Tabora möglicherweise etwas unterlegen.
Wie gesagt, alles nur Vermutungen...

Stempelriss (?)
Verfasst: Do 04.12.03 12:07
von verscherbler
Um beim Thema zu bleiben:
Wie instabil so ein Stempel irgendwann während der Prägung werden konnte, kann man ganz gut an folgendem Beispiel erkennen:
[ externes Bild ]
Hierbei handelt es sich wohl um eine Stempelschwäche (Stempelriss); die auf der grauen "Phantommünze" (rechts) dargestellten roten Linien zeichnen dabei positiv aus dem Schrötling heraustretende, erhabene Bereiche nach.
Immerhin wurden von allen 20 Heller-Münztypen zusammen ja stolze 1.634.700 Exemplare geprägt (JÄGER,K. 2002).
Sicherlich sind die Stempel für die 20 Heller desöfteren erneuert worden.
Wer hat weitere tolle DOA-"Kuriositäten"??- Bin immer interessiert!!!
Interessante Literaturhinweise immer gern an mich (PN odfer eMail) *g*
Mit freundlichen Grüßen & ein fröhliches
Jambo boana
verscherbler
Verfasst: Do 04.12.03 17:13
von Canadian Coins
Hallo zusammen,
ich habe einige 20 Heller Münzen Kupfer mit Ansätzen dieser Ringe gesehen - bei Deiner Münze @ verscherbler fallen sie ja auch noch stärker ins Auge.
Entweder liegt wpmergel mit seiner Erklärung, dass diese Ringe zu dieser Zeit eine Art Trend waren um den Münzgrund zu verzieren, richtig - oder Andreas mit seiner Vermutung, dass die Ringe ungewollt durch Abdrehen eines Stempelrohlings aus einer Stahlstange entstanden sind.
Beides könnte ich mir vorstellen.
Und Deine Erklärung @verscherbler , dass sie bei fortschreitender Abnutzung des Prägestempels oder halt einfach durch Abnutzung im Zahlungsverkehr mehr und mehr verschwinden, ist auch nachvollziehbar - das mit dem nachträglichen Glätten kann ich mir jedoch nicht vorstellen.
Was dieses Merkmal bei Messing Ausgaben angeht, muß ich mal nachforschen.
Danke übringens für eure tollen Beiträge - macht wirklich Spaß zu lesen!
Wer hat weitere tolle DOA-"Kuriositäten"??- Bin immer interessiert!!!
Ich hätte noch ein 5 Heller Stück mit Stempelrissen - werde mal sehen, ob ich das im Photo sichtbar machen kann und morgen mal einstellen.
Zwar nicht in dem Umfang wie bei Deinem Messing-Exemplar , aber vielleicht interessant.
Schöne Grüße.
Verfasst: Do 04.12.03 18:51
von Canadian Coins
Ich habe mal durchgeschaut und eine Messing-Prägung mit diesen Rillen gefunden - das Bild stelle ich morgen mal ein.
Wenn ich es mir recht überlege, tendiere ich mehr zu Andreas Vermutung - also Spuren durch Abdrehen eines Stempelrohlings aus einer Stahlstange. Man hatte vermutlich andere Sorgen, als Rillen im Münzhintergrund zu beseitigen - also sind sie bei Prägungen, die von neuen Stempeln stammen sichtbar und verschwinden je mehr der Stempel abnutzt, zumal ich auch schon Messing und Kupfer Prägungen in sehr guter Erhaltung ohne Ringe gesehen habe.
Schöne Grüße.