Und noch einmal Goetz Medaillen - Vater und Sohn

Diskussionen rund um Medaillen, Medailleure, Jetons, Rechenpfennige

Moderator: Lutz12

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research
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Beitrag von research » Mi 14.02.07 23:54

Hallo Don Corleone,

Kienast 596 nennt 240.000 Gefangene während der Kesselschlacht von Charkow 1942, Kienast 597 nennt die 288.400 BRT versenkter Tonnage in der Schlacht gegen die Geleitzüge im Polarmeer. Diese Siegesmeldungen erinnern mich an die Siegesmeldungen der Deutschen Wochenschau während des Krieges.
Die Propagenda nutzt den Eindruck großer Zahlen. Dass die amerikanische Rüstung gleichzeitig mehr neuen Schiffsraum baute, als versenkt wurde, war auch vielen Deutschen schon damals bewußt.
Ist damit deine Unklarheit beseitigt?
Natürlich haben wir als Nachfolgegeneration es sehr viel leichter Zusammenhänge zu verstehen. Die Medien ermöglichen uns eine Fülle von Informationen zu erhalten und Zusammenhänge ganz anders zu verstehen.
Aber mit diesen Medaillen hat Goetz die Propaganda Marke Goebbels bestens unterstützt.
Gezwungen hat ihn wohl niemand dazu, höchstens sein Geschäftssinn.
Ob er selbst ein überzeugter Nazionalsozialist gewesen ist, ist mir nicht bekannt. Zumindest aber war er ein Opportunist oder Mitläufer.
Es soll auch Medailleure gegeben haben, wie Gerhard Marcks, die nicht zuletzt aufgrund ihrer Überzeugung mit Berufsverbot belegt worden sind.
Diesem Verhalten zolle ich meine volle Hochachtung.

Mit bestem Gruß
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tournois
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Beitrag von tournois » Do 15.02.07 00:03

tournois hat geschrieben:Bei der Goetz-Medaille die @lutz eingestellt hat ist mir aufgefallen das Herr AD mit sehr......exponierten Augenbrauen dargestellt ist. Bei längerem Hinsehen drängt sich einem der Vergleich mit einem Primaten auf....ob das so gewollt ist?!
Man vergleiche einmal mit der ersten Medaille in diesem Thread.

Wer hat eigentlich den Medailleuren die Aufträge zu den Medaillen erteilt? Ich denke mal nicht das Goetz zum Beispiel, immer nur auf eigene Rechnung gearbeitet hat, oder?
Ich würde mich freuen, wenn meine Fragen nicht untergingen!

Zumal sich die Frage warum Herr AD so dargestellt wurde, obwohl das nicht wirklich seinem Aussehen entsprach und Goetz ja nun wirklich besser arbeiten konnte, mir schon aufdrängt!
Hat sich Goetz da etwa hinreißen lassen eine "persönliche" Meinung einfließen zu lassen!?
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research
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Beitrag von research » Fr 16.02.07 20:32

Hallo tournois,

ich möchte einmal versuchen, deine Fragen zu beantworten.

1. Die Sache mit den Augenbrauen und -wülsten sowie des AD wird bestimmt eine Form des Protestes gewesen sein.

2. Goetz hat viele seiner politisch satirischen Medaillen auf eigene Rechnung gefertigt und vermarktet, soweit mir bekannt.

Diese Form der Vermaktung ist ja nichts neues, wenn man an die Suiten Medaillen auch früherer Medailleure denkt, die sich in gleicher Form selber beauftragten, wie dies auch heute moderne Prägeanstalten tun.
(Der Unterschied zwischen älteren Medaillen und modernen Metallverformungen zum Schaden des Sammlers liegt insbesondere in der künstlerischen Qualität).

Die Tatsache, dass die Gußmodelle vieler Medaillen im Besitz von Karl Goetz und später seines Sohnes waren, könnte ein Indiz sein, das in diese Richtung weist. Ein Beweis ist es natürlich nicht.

Bekanntlich hat Guido Goetz Nachgüsse der Medaillen seines Vaters mit den Originalformen erzeugt. Teilweise sind diese Güsse auch mit Guido Goetz gepunzt. Teilweise erkennt man diese an der rauhen Oberfläche durch zu häufige Nutzung bereits verbrauchter Gießformen und der geringeren Fähigkeit von Guido Goetz. Er hatte halt nicht das Händchen vom Vater.

Die Frage ob Karl Goetz ein überzeugter Nationalsozialist geworden ist oder immer ein Mitläufer war, wird sich wohl letztlich nur schwer klären lassen.
Der numismatische Nachlass wurde 1994 auf der 68. Auktion Gorny versteigert.

Der Verbleib der persönlichen Korrespondenz, aus der man möglicherweise zu dieser Frage Hinweise erhalten könnte, ist mir nicht bekannt.

Für mich hat die Bewertung eines Künstlers und seines Werkes auch mit seiner politischen Einstellung bzw. Stellungnahme zu tun und der sich daraus ergebenden Motivation zur Herstellung vieler seiner Medaillen.

Die künstlerische Gestaltung der überaus größten Anzahl seiner Medaillen ist sehr aussagekräftig und gut gelungen.

Meine Beiträge in diesem Forum zum Medailleur Karl Goetz sollten zu einer objektiveren Beurteilung seines Werkes anregen.

Teilweise hatte ich den Eindruck, dass einige Sammler Karl Goetz als den mit Abstand besten deutschen Medailleur ansehen. Er war gut und er gefällt mir in vielen seiner Werke. Aber andere Medailleure sind zumindest genauso gut oder auch besser.

Aber das ist eben meine Meinung, die muß niemand in diesem Forum teilen. Diese Freiheit genießen wir heute im alltäglichen Leben und hier in diesem Forum. Und das ist auch gut so und darüber bin ich froh. :D :D :D :D

Mit bestem Gruß
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Beitrag von tournois » Fr 16.02.07 21:36

@research,
vielen herzlichen Dank für Deine Ausführungen!

Ich gehe natürlich davon aus, daß Deine Ausführungen mit Deiner eigenen Meinung zu diesem Thema durchzogen sind. Letztlich wollte ich aber auch nichts anderes hören. Historisches mit Eurer Meinung zu dem Thema!
Das Karl Goetz nicht der "Nabel der Welt" ist, ist schon klar. Aber ich als "am Rande Interessierter" finde die Medaillen, eben im historischen Zusammenhang und auch wegen dem künstlerischen Aspekt sehr ansprechend.
Meine Einstellung zu den politischen Themen ist allerdings nicht die, die man aus den Medaillen herausinterpretieren kann! ;)
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Beitrag von Zwerg » Fr 16.02.07 21:51

Als Historiker betrachte ich das Werk von Karl Goetz als einen Beitrag zur Zeitgeschichte. Er mußte dem Volk aufs Maul schauen, um seine Medaillen zu verkaufen. Auch mußte er seinen Stil beibehalten - Experimente wären wirtschaftlich möglicherweise tödlich gewesen. Seine private Gesinnung - wer weiß?

Ich mag seine Medaillen - im Kontext der Geschichte.

Grüße
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Beitrag von jeggy » Sa 17.02.07 10:50

Zwerg, genau so sehe ich das auch.
Wer hat's erfunden?

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