Hallo Freunde,
ich habe zum Thema kürzlich einen interessanten Artikel in der Frankfurter Allgemeinen gelesen.
Das mit dem deutschen Flottenbau war zwar bestimmt keine politische Meisterleistung und wir zahlen noch heute Sektsteuer, die Wilhelm II zur Finanzierung seines Flottenbaus eingeführt hat.
Der Umfang der deutschen Flotte war aber bei weitem nicht so groß und demnach auch nicht so provokant, wie er häufig in den Geschichtsbüchern dargestellt wurde. In Bezug auf die englische Flotte betrug er noch nicht einmal 50 %. Rechnet man die französische und russische Flotte noch dazu, war es ein recht bescheidenes Potenzial.
Allerdings scheint die englische Propaganda zur Vormachtstellung Englands noch heute ihre Auswirkungen zu haben. Deutschland hat damals nichts anderes versucht als mit den anderen Großmächten mitzuhalten. Schuld waren alle diese Großmannsträumer.
Strategisch gesehen sollte die deutsche Flotte die deutschen Häfen schützen, insbesondere den Zugang zur Ostsee. Dies ist im Prinzip gelungen, da in WWI keine deutsche Hafenstadt durch alliierte Schiffe beschossen wurde.
Den Größenwahn von Wilhelm II muss man in Relation zum Größenwahn der anderen Staaten sehen, die es sich herausnahmen über das Wohl und Wehe anderer Staaten zu bestimmen. So zum Beispiel der Wiener Kongress, der den Deutschen untersagte einen Nationalstaat zu gründen, um englische und französische Vormacht zu sichern. Obwohl die Deutschen bekanntlich maßgeblich zum Sieg über Napoleon beigetragen haben. Dort wurden die Grundlagen für einen übersteigerten deutschen Nationalismus gelegt.
Um all diese Großmannsträume zu beenden haben ja nach WW II einige fähige europäische Köpfe den Grundstein für die europäische Einigung gelegt, die derartige Großmannsträume für mehr als 60 Jahre beendet hat.
Wilhelm II. war ein Kind seiner Zeit und wesentlich weniger fanatisch als die "Größen" des dritten Reiches.
Die deutsche Geschichte und die Verbrechen in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts müssen auch im Zusammenhang mit dem Handeln der anderen europäischen Staaten gesehen werden.
In Frankreich wird Napoleon noch heute verehrt, obwohl er Europa mit Krieg und Verderben überzogen hat. Auch er scheiterte vor Moskau.
Ich finde es wird Zeit deutsche Geschichte mehr im Kontext auch des Handelns anderer Staaten zu sehen und mit etwas mehr Selbstbewusstsein den anderen Staaten gegenüber zu treten.
Während meiner Arbeit bei der EU Kommission in Brüssel habe ich häufig gehört, dass Deutschland als stärkste Wirtschaftskraft in Europa häufiger die Initiative ergreifen sollte, z.B. in der Energiepolitik und im Umweltschutz.
Mangelndes Selbstbewusstsein aufgrund unserer Vergangenheit hinderte uns bisher daran. Derzeit haben unsere Politiker nicht einmal genug visionäre Kraft um eine europäische Verfassung zu erreichen.
Mit bestem Gruß
RESEARCH
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