Flandern - François d'Alençon (?), aber was?

[cojobo]

Hallo,
auf Anraten eines Fachmanns setze ich dieses Rätselstück jetzt hier ein, nachdem es bislang bei "Sonstige" wohl fehlangesiedelt war.
Bei diesem Kupferling bin ich einigermaßen sicher, dass er von François d'Alençon (1555 - 1584) aus Flandern kommt. Die Geschichte dieses Herrn ist ja abenteuerlich genug, und ich habe bisher keine auf ihn bezogenen Münzen gesehen. Leider ist der Zustand des Stückes recht unerfreulich.
Die Aversumschrift ist eigentlich eindeutig, aber im Revers meine ich zu lesen: AETERNVM MEDITANS DEC(VS), und da bekomme ich keinen Sinn rein.
Also die Frage nach einer sinnvollen Interpretation der Reversumschrift und der Einordnung in den historischen Kontext. Im "Sonstige" - Forum hat klaupo geschrieben: Das Wappen zeigt übrigens Frankreich und Flandern. Wenn ich das richtig zusammenbringe, wurde der Jeton für seine Investitur in Holland herausgegeben. (Referenz: Feuardent 6492 var.)

Wie immer mit bestem Dank im Voraus
und besten Grüßen
cojobo

[klaupo]

Mein lieber cojobo,

was du hier wissen möchtest, ist eigentlich eine Zumutung. Es ist dein Jeton! Du hast eine Referenz für ihn bekommen. Die Recherche für den historischen Kontext ist also deine eigene Aufgabe. Hier kriegst du nun eine sehr freie Übersetzung der Devise: "Aeternum meditans decus" - "Das, was unsterblich macht, wohlbedacht zu planen, (ist) eine Zierde". Ob die nun zutreffend ist, solltest du durch jemanden überprüfen lassen, der Latein nicht nur in der Schule gelernt hat ... und das Ergebnis hier möglichst auch mitteilen!

Gruß klaupo

Die Devise ist übrigens bei Horaz, Oden 3, 25 nachzulesen. Eine verständliche Übersetzung habe ich im Netz nicht gefunden. Also mußte mein Uralt-Lateinlexikon dafür herhalten.

[cojobo]

Lieber klaupo
natürlich hast Du grundsätzlich recht. Aber ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass sich hier im Forum Leute befinden, die über ein wesentlich größeres Vorwissen und/oder einen wesentlich besseren Zugang zu entsprechenden Quellen verfügen als ich. Und Fragen, an denen ich tagelang und oft genug erfolglos herumknüssele (rheinischer Ausdruck für diffizile Tätigkeiten), lösen die in Hochgeschwindigkeit. Schönes Beispiel dafür sind ja die beiden Hinweise, die Du mir für dieses Problemstück schon gegeben hast und für die ich mich ganz herzlich bedanke. Also sei mir bitte nicht böse, wenn ich auch in Zukunft immer wieder mit Anfragen kommen werde, bei denen die Fachleute sagen: Das müsste der doch selbst rauskriegen. Für die Aufarbeitung/Aufbereitung unserer Sammlung ist das Numismatikforum jedenfalls seit meinen Beitritt vor bald 8 Jahren ein ungeheurer Segen.
NB: Ein Lateinkollege bestätigte vorhin Deine Übersetzung als absolut überzeugend.
Falls Du Dein Lateinlexikon noch nicht weggestellt hast: Hier ist noch ein Rätsel, bei dem auch der Lateinkollege ans Grübeln kam. Auf dem unten gezeigten Jeton, wo der Doppeladler Halbmond und Schwert in den Klauen trägt, steht wohl als Umschrift ein Hexameter:
UNA FERIT LUNAM - VICTRIX FERET ALTERA PA(CEM). Beim Internetstöbern habe ich an einer Stelle den Hinweis gefunden, dass der Jeton etwas mit Türkenkriegen zu tun habe. Mehr aber auch nicht.
Mit nochmaligen Dank für Deine und alle anderen Bemühungen
cojobo

[cojobo]

Nachtrag: Das Wappen auf dem letzteren Jeton bezieht sich (Internetrecherche!) auf eine Familie von Rose aus Brüssel, 17. Jhdt.

Und es geht doch nichts über freundliche Kollegen: Der Hexameter lautet übersetzt: Die eine (Siegerin) trifft den Mond,
die andere soll den Frieden treffen.
Tja, welche Siegerin bzw. welcher Sieg ist denn jetzt gemeint?

Beste Grüße
cojobo

[klaupo]

Lieber cojobo,

wieder ein interessantes Stück, die du da ausgegraben hast. Das neue Stück ist ein Rechenpfennig / Jeton der südlichen / spanischen Niederlande aus Brüssel o.J. (1680 /1681) und bezieht sich, wie du richtig vermutest, auf den Sieg über die Türken. Das Wappen mit den drei Rosen ist das des Schatzmeisters von Brüssel, Johann Heymans. Die Beschreibung des Revers hast du ja schon gegeben. Bleibt noch die Legende: UNA FERIT LUNAM - VICTRIX FERET ALTERA PACEM. Sie bezieht sich meiner Ansicht nach auf die Klauen des Doppeladlers und enthält ein Wortspiel (FERIT / FERET). Ich würde diese Legende frei etwa so übertragen: „Die eine (Klaue) schlägt den (Halb)-mond, die andere bringt (mit dem Schwert) als Siegerin den Frieden.“ Da solltest du aber noch einmal deinen Latein-Fachmann zu Rate ziehen.

Hier noch die Referenz: Dugniolle 4434, Feuardent 14329

Noch eine Anmerkung in eigener Sache: Ich halte Jetons wie deine für viel zu schade für dieses Forum. Sie gehen unter in einem Berg von Wertanfragen zu Massenproduktionen der Gegenwart. Ich habe mir deshalb abgewöhnt, in diesem Teil des Forums Stücke vorzustellen, die ich interessant finde (da gehen die Geschmäcker halt auseinander). Deine Schulsammlung dagegen habe ich mit viel Vergnügen durchstöbert.

Gruß klaupo

P.S. Grade habe ich die Übersetzung deines Kollegen gelesen. Ich halte meine Übertragung aber nach wie vor für akzeptabel.
P.P.S. Der obere Jeton wird Le Perche (Nordfrankreich) zugewiesen.

[KarlAntonMartini]

Möglicherweise ist diese Quelle von der Forschung ja überholt, bei Renesse-Breidbach in einer Auflistung von flandrischen Münzen etc. von 1836 hat dieser Jeton die Nr. 32.949 und wird dem Jahr 1686 zugerechnet. Das würde dann zu der siegreichen Belagerung von Ofen passen. Die Legende würde auch zum militärischen Vorgehen passen: die Belagerungstruppen besetzten die Stadt während Prinz Eugen mit seiner Truppe das osmanische Entsatzheer abwehrte. Dagegen waren 1680 und 1681 zwischen Österreich und den Türken keine größeren kriegerischen Ereignisse zu verzeichnen.

Hier noch ein Beleg für das Wappen von Johann Heymans: http://www.coinarchives.com/w/lotviewer ... a6e4abca02 - De Crane D'Heisselaer (1860) hat das Stück unter Nr. 4249, legt es ins Jahr 1687.

Die falsche Zuschreibung des Wappens an die Familie Roose ist ein Fehler Oordens, vgl: http://books.google.de/books?id=JFlDAAA ... &q&f=false


Zu schade für das Forum? - Ich verstehe schon, was du meinst. Vielleicht ist es sinnvoll, über eine Art Oberhaus nachzudenken, nur haben halt manchmal auch Neue ganz interessante Stücke.

[klaupo]

Besten Dank für die Korrektur der Datierung. Meine beiden Quellen (Feuardent und ein Auktionskatalog vom Schweizerischen Bankvereins 1992, durchgängig bebildert - auch der hier angesprochene Jeton ist aufgeführt) haben vielleicht voneinander abgeschrieben ... so wie ich es dann getan habe. Immerhin scheint nun meine Übertragung der Legende einigermaßen schlüssig.

Zu meiner persönlichen Anmerkung (s.oben) möchte ich mich hier nicht weiter äußern, sonst geriete dieser Thread in den Bereich "Alles zum Forum".

Gruß klaupo

[cojobo]

Ich möchte mich bei beiden "Beiträgern" ganz intensiv bedanken. Jetzt kann ich mit den Stücken wirklich etwas anfangen. Ich brauche jetzt nur noch entsprechende Unterrichtsstunden daraus zu stricken.
Bis zum nächsten Diskussionspunkt (den ich eben unter sonstiges eingestellt habe).
beste Grüße
cojobo

[KarlAntonMartini]

Ich möchte mich bei beiden "Beiträgern" ganz intensiv bedanken. Jetzt kann ich mit den Stücken wirklich etwas anfangen. Ich brauche jetzt nur noch entsprechende Unterrichtsstunden daraus zu stricken.
Bis zum nächsten Diskussionspunkt (den ich eben unter sonstiges eingestellt habe).
beste Grüße
cojobo

So einen Lehrer hätte ich auch gern gehabt!