Kolonialmünzen

Alles vom Asiatischen Kontinent bis nach Australien
B12
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Beitrag von B12 » Do 16.02.06 21:11

Am einfachsten ist es jedoch, sich den Standpunkt des emittierenden Landes zum Zeitpunkt der Ausgabe zu eigen zu machen.
Das ist schon deshalb vernünftg, weil es wohl die einzige eindeutige Variante ist :wink:

Gruss
Daniel

*EPI*
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Beitrag von *EPI* » Di 21.02.06 11:34

Dies ist ein guter Ansatz, aber zusätzliches Kriterium kommt noch die politische Gleichberechtigung.
2 Beispiele:
Reunion ist seit 1946 Überseedepartement und politisch gleichberechtigt. Also sind die folgenden Münzausgaben keine Kolonialmünzen.
Anfang der 50er nennen die Portugiesen ihre Kolonien Überseeprovinzen, aber es bestand keine polit. Gleichbechtigung. Also Kolonialmünzen.

@B12
Mit dem KM und den Schön kannst Du trotz ihrer Schwächen sehr viele Infos für deine Kolonieliste ziehen. Zusätzlich kannst du dann noch den Ploetz (hervoragende, detaillierte Weltgeschichte) und einen Geschichtsatlas (Putzger, es gab wohl in letzter Zeit einen günstigen Nachdruck einer Putzgerausgabe) verwenden. Dann bekommst Du einen detailierten Überblick über die koloniale Entwicklung und musst diesen dann Münzausgaben zuordenen.

Gast
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Beitrag von Gast » Do 23.02.06 15:06

Ich verfolge diese Diskussion schon seit geraumer Zeit mit ziemlich gemischten Gefühlen. Jetzt möchte ich mich mal einschalten.

Folgende Fragen drängen sich auf:

1) Was plant jemand denn mit einer angestrebten Sammlung sogenannte "Kolonialgebeite" zu dokumentieren (Dokumentation ist immer noch das höchste Gut der numismatischen Beschäftigung)

2) Mich stört der Begriff "Kolonien" - klingt ziemlich angestaubt und wäre nach heutigem Massstab besser als "Überseeische Provinzen/Territorien, Mandatsgebieete, besetzte Gebiete/Länder/Staaten, politisch abhängige Länder, etc." einzustufen

3) Ist sich der Fragesteller dessen bewusst, dass Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Nordafrika, Rumänien, Bulgarien, Türkei in der Antike Kolonien des Römischen Imperiums waren ?

Sorry, aber die "Kolonialfrage" ist alles andere als konstruktiv im numismatischen Sinn.

trotzdem lieben Gruß
petzlaff

B12
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Beitrag von B12 » Do 23.02.06 15:12

1. mich interessiert zunächst mal ganz einfach, wer alles wo Kolonien hatte.
Geschichtsbücher geben das einfach nicht her :-(

2. Kolonien ist schon der richtige Begriff. Wenn auch die Kolonialherren
in den 70'er Jahren andere Begriffe ersonnen haben, ändert das wenig
am Status der Kolonien.

3. Ja, ist bewusst. Allerdings wird die Kolonialzeit üblicherweise sehr viel
später eingeordnet :-)

Aber was ist an der Fragestellung bitte destruktiv ?

Daniel

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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Do 23.02.06 16:51

Fragen können eigentlich nicht destruktiv sein. Die Diskussion hier hat ja schon gezeigt, daß zunächst der Begriff "Kolonie" selbst zu klären ist. Ich habe mal gerade nachgesehen, weder der Zedler noch Grimm kennen die Begriffe Kolonie oder Kolonial. Schau mal in einem Lexikon, etwa dem Brockhaus so Ende des 19. Jahrhunderts nach (steht in jeder Bibliothek), da gibt es zu allen Länder umfangreiche statistische Angaben, darunter auch die Kolonien. Grüße, KAM
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Chippi
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Beitrag von Chippi » Do 23.02.06 17:25

Zum Glück besitze ich 4 Brockhaus Bände, darunter auch den mit "K". Sie sind zwar schon stark gebraucht - sprich zerfallen (fehlende Rückenstücke, lose Buchdeckel, lose Seiten,...), aber sehr interessant

- Brockhaus Jubiläumsausgabe, 1894, Zehnter Band:

Kolonien: I. Begriff und Arten.

K. sind im allgemeinen Niederlassungen oder Ansiedlungen in einem fremden Lande oder unter einem fremden Volke. Die Niederlassung muss dauernd sein und von einer größern Anzahl von Angehörigen derselben Nation ausgehen, die sich ihre heimische Sitte und Sprache bewahren und daduch, meistens in Verbindung mit einer ständigen Organisation, unter dem fremden Volke eine gesonderte Stellung einnehmen. Dagegen ist die Aufrechterhaltung der frühern Staatsangehörigkeit mit dem Begriff der K. nicht notwendig verbunden. In diesem Sinne sind z.B. die deutschen Ostseeprvinzen, obwohl Teile des russiachen Reichs, deutsche, die Vereinigten Staaten von Amerika englische K., weil die ehemaligen Kolonisten ihre Eigenart behalten haben.
Enger ist der völkerrechtliche Begriff der K., worunter nur solche Niederlassungen zu verstehen sind, die in einer staatsrechtlichen oder völkerrechtlichen Abhängigkeit vom Mutterlande stehen. Nachdem Grade der Abhängigkeitsind hier zu trennen:
1.) Eigentliche K., d.h. überseeische Provinzen eines europ. Staates, welche seiner Souveränität völlig unterworfen sind;
2.) Protektoratsänder, d.h. überseeische Gebiete mit staatlicher Organisation, über welche ein europ. Staat die Schutzherrschaft ausübt (z.B. die französischen K. Tongking und Tunis);
3.) Interessensphären (s.d.) oder Machtsphären.
Ihrer Entstehungsursache und wirtschaftlichen Eigenart nach unterscheidet man
1.) Eroberungskolonien. Sie werden begründet durch Eroberung mit Waffengewalt und sind stets auf die Beherrschung und Ausbeutung des unterworfenen Volks gerichtet. Daher können Eroberungskolonien mit Ausicht auf Erfolg weder in sehr dünn bevölkerten noch in sehr niedrig kultivierten Ländern begründet werden, weil hier die Beherrschung zu geringe Vorteile bringen würde. Derartige K. waren die Herrschaften der Normannen in Unteritalien, der Saracenen in Spanien, der Spanier in Mexiko und Peru. Hierher sind auch die Militärkolonien zu rechnen, wie sie besonders von den Römern angelegt wurden, um unterworfene Länder im Zaume zu halten.
2.) Ackerbaukolonien haben die Urbarmachung und Bebauung des neu besiedelten Bodens zum Zweck und sind daher nur dort möglich, wo dem kolonisierenden Volke die Entfaltung seiner physischen und geistigen Energie gestattet ist, für den europ. Landbauer und Viehzüchter also nur in der gemäßigten Zone. Sie erfordern dauernde Ansiedlung ganzer Familien in beträchtlicher Zahl und können nur von einem Lande mit großer Volkszahl und relativ starkem Bevölkerungszuwachs ausgehen, das ihnen den anfangs nötigen Zuschuß an Volkskräften zuzuführen vermag. In Anpassung an die klimatischen und wirtschaftlichen Verhältnisse des neuen Landes wachsen hier die Kolonisten früher oder später zu einer selbstständigen Nation heran, die sich bald auch politisch vom Mutterlande unabhängig zu machen sucht. Typische Beispiele sind die Vereinigten Staaten von Amerika und die englischen K. in Australien. Eine Unterabteilung der Ackerbaukolonien bilden die Viehzuchtkolonien in Steppengebieten,z.B. die Boerstaaten in Südafrika.
3.) In Handelskolonien ist das Mutterland nur durch eine Anzahl von Handelshäusern und Faktoreien vertreten, und es findet nur ein Austausch der Erzeugnisse dieses Gebietes und seiner Nachbarländer gegen die des Mutterlandes statt. Sie gehen meist aus Niederlassungen von Kaufleuten in Gegenden hervor, die bei großem Reichtum an gewinnbringenden Naturerzeugnissen wegen der Unsicherheit ihrer Rechtsverhältnisse einen ungestörten Warenverkehr nicht zulassen und die Kaufleute zu genossenschaftlicher Vereinigung zum Zweck gemeinsamen Rechtschutzes nötigen. Derartige Vereinigungen können eine solche Machterlangen, daß sie die einheimische Bevölkerung aus eigener Kraft oder unter dem Schutze des Mutterlandes von sich abhängig zu machen vermögen (Englisch-Ostindische Compagnie). In der neuern Zeit sind solche K. hauptsächlich in tropischen Gegenden angelegt worden, die zur dauernden Aufnahme europ. Bevölkerung nicht geeignet sind.
4.) Pflanzungs- oder Plantagekolonien, welche in wirtschaftlicher Beziehung den Handelskolonien sehr nahe stehen, befinden sich gleichfalls in der heißen Zone und dienen zur Hervorbringung der Kolonialwaren. Die Kolonisten treten hier, wo das Klima ihnen eine anhaltende körperliche Arbeit nicht gestattet, nur als Unternehmer und Leiter der Produktion auf, während die eingeborene Bevölkerung oder Arbeiter aus andern Tropengegenden (Kulis in Australien und Westindien, Neger in den Südstaaten von Amerika) verwendet werden.
Von untergeordneter Bedeutung sind 5.) die Verbrecher- oder Strafkolonien, in welche verurteilte Verbrecher verschickt werden, um sie für die gesellschaft unschädlich zu machen oder zu bessern. Sobald die deportierten Verbrecher zu ordentlichen Ansiedlern werden, muß die weitere Deportation aufhören, und diese K. verlieren ihren besondern Charakter. In übertragender Bedeutung spricht man auch von Wald- und Moorkolonien, wo es sich um Rodung oder Urbarmachung wüster Strecken des eigenen Landes handelt.

II. Bedeutung der Kolonien.

Die Gründung von K. erscheint als eine Äußerung der Expansionskraft des Mutterlandes, die durch kühne Unternehmungslust und Überfluß an unbeschäftigten Kapitalien, aber auch durch die wirtschaftliche Not und proletarische Überbevölkerung hervorgerufen sein kann. Die vorteilhaftesten Bedingungen für eine derartige Expansion bieten die Länder, die entweder nur sehr dünn bevölkert und völlig unkultiviert sind, oder deren Bewohner auf einer niedrigern Stufe der Gesittung stehen. Hier ist der Grund und Boden noch unentgeltlich oder sehr billig zu haben, und die Naturprodukte können noch zu günstigen Bedingungen eingetauscht werden. Dem fleißigen Arbeiter wird es leicht, einen eigenen Herd zu gründen, die Grundrente steht niedrig, der Arbeitslohn hoch, die überschüssigen Kapitalien des Mutterlandes finden bei hohem Zinsfuß eine gewinnbringende Anlage, Industrie und Gewerbfleiß einen sichern und vorteilhaften Absatzmarkt. Einem an Überbevölkerung krankenden Staate gewähren solche K., deren Klima eine größere Auswanderung zuläßt, die nicht bloß wirtschaftlich, sondern auch aus Gründen der innern Politik höchst wichtige Ableitung seiner entbehrlichen Kräfte, ohne ihre produktive Leistungen zu verlieren. Für den Kolonisten ist es zudem ein Vorteil, wenn er seine neue Thätigkeit unter Landsleuten und im Zusammenhange mit dem Heimatlande ausüben kann. Andererseits wird auch das Mutterland auf dem Markte seiner eigenen K. wegen der Gleichheit von Sprache, Recht u.s.w. einen Vorsprung besitzen, der sich auch nach polit. Loslösung erhalten wird. So sind die vereinigten Staaten auch jetzt noch die bedeutendsten Abnehmer engl. Industrieprodukte geblieben. Aber auch solche K., nach welchen des Klimas wegen eine größere Auswanderung nicht stattfinden kann, können eine Quelle des Wohlstandes für jede thatkräftige Nation werden, da der Handel hochstehender Industrieländer nach unkultivierten, aber an Naturprodukten reichen Gebieten hohen Gewinn abwirft. Allerdings birgt eine energische Kolonialpolitik bei dem Wetteifer aller Mächte die Gefahr von polit. Verwicklungen und Kriegen in sich.

III. Geschichtliches.

Die früheste aus dem Altertum bekannte Kolonisation ging von den Phöniziern aus, welche vorzugsweise die ältere asiat. Kultur nach dem Mittelmeerbecken trugen, nicht bloß Griechenland damit befruchteten, sondern auch Niederlassungen an der nordarik. Küste und im südl. Spanien begründeten. Kulturgeschichtlich noch wichtiger war die griech. Kolonisation, durch welche beträchtliche Abzweigungen der griech. Stämme nach dem Pontusgebiet, Unteritalien, Sicilien, Südgallien geführt wurden und hier blühende Sitze hoher Kultur gründeten (s. Griechenland und Großgriechenland). In der Expansionspolitik der Römer spielte die Kolonisation nur eine untergeordnete Rolle; sie gründeten in eroberten Gebieten Militärkolonien, seit Unterwerfung Italiens auch um arme Bürger mit Grundbesitz zu versorgen, später, besonders in der Kaiserzeit, um die Veteranen anzusiedeln. Von der Bedeutung dieser K. für die Kultur zeugen noch heute zahlreiche Städte Mittel= und Südeuropas.
Aus der Periode des Mittelalters sind die Handelskolonien der Hansa und die kolonisatorischen Eroberungen des Deutschen Ordens und der Schwertbrüder in den Baltischen Provinzen hervorzuheben, während im südl. Europa die kolonisatorischen Staatengebilde der Kreuzfahrer und K. der ital. Städterepubliken in Syrien, Palästina und dem Pontusgebiet bemerkenswert sind.
Ein neues großes Gebiet wurde der Kolonisation der europ. Kulturstaaten zu Beginn der Neuzeit durch die Entdeckung des Seewegs nach Ostindien und die Entdeckung Amerikas und Australiens eröffnet. Spanien nimmt zeitlich in der Reihe der neuern Kolonialmächte die erste Stelle ein. Die größte Ausdehnung erreichte sein Klonialgebiet um die Mitte des 16.Jahrh., wo es die Küsten von ganz Südamerikas mit Ausnahme des portug. Brasiliens, ganz Westindien, Centralamerika und den südl. Teil von Nordamerika bis hinauf nach Kalifornien, bis zu den Quellgebieten des Colorado und Rio Grande sowie Florida umfaßte. Die Kolonialpolitik Spaniens war aber fast nur auf wirtschaftliche Ausbeutung, besonders der reichen Mineralschätze, durch militär.=bureaukratische Verwaltung und durch Monopolisierung de sHandels mit dem Mutterlande gerichtet. Das ganze Kolonialgebiet war im Vicekönigreiche und Generalkapitanate eingeteilt, welchen als oberste Behörde im Mutterlande der Rat von Indien vorgesetzt war. Der andauernde Zufluß von Reichtümern, besonders an Edelmetallen aus den K., führte zur Abwendung Spaniens von eigentlich produktiver Arbeit und damit auch zum Verfall der polit. Macht, während andererseits auch die K. zu innerer Stärke nicht gelangen konnten. Als Spanien seine Herrschaft zur See an England und die Niederlande abtreten mußte, verlor es daher auch einen großen Teil seiner K. Während des Napoleonischen Krieges un der folgenden Bürgerkriege sich selbst überlassen, lösten sich die mittel= und südamerikanischen K. vom Mutterlande und verwandelten sich nach und nach in unabhängige Republiken. Aus dem 1810 abgefallenen Vicekönigreich Buenos=Aires bildeten sich die La=Plata=Staaten, aus dem Vicekönigreich Peru die Republiken Peru und Bolivia, aus dem Vicekönigreich Neugranada Columbia, Venezuela und Ecuador. Chile und Mexiko erkämpften sich ebenfalls ihre Unabhängigkeit. - Portugal hatte bei seinen Entdeckungsfahrten nach Ostindien vornehmlich die Absicht, den Handel mit Ländern des Indischen Oceans und mit Ostasien zu monopolisieren. Es nahm daher hauptsächlich nur Küstengebiete in Besitz, so die Westküste und Südostküste von Afrika, die Westküste von Indien (Goa), Küstengebiete des persischen Meers, die Molukken und einzelne Punkte in Hinterindien und an der chines. Küste. Auf das 1500 entdeckte und anfangs wenig beachtete Brasilien wrde erst in der zweiten Hälfte des 17.Jahrh. größerer Wert gelegt, nachdem man dort Gold= und Diamantfelder gefunden hatte. Von 1580 bis 1640 unter span. Herrschaft und in den Kampf dieser Macht mit England und den Niederlanden verwickelt, verlor Portugal einen bedeutenden Teil seiner K. Durch die 1822 erfolgte Losreißung Brasiliens, den Verlust einzelner Gebiete der afrik. Küste an die Eingeborenen und an die von Arabien hereindringenden mohammed. Seemächte wurde schließlich der ehemaligen Herrlichkeit portug. Kolonialmacht ein Ende gemacht. - Die Holländer benutzten ihren Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien, um den mit Spanien vereinigten Portugiesen das mit bewaffneter Macht gehütete Monopol des ostasiat. Handels größtenteils zu entreißen. Die Ausbreitung der niederländ. Kolonialmacht erfolgte hauptsächlich durch die mit dem Privilegium des alleinigen Handels in allen Gegenden jenseit vom Kap der Guten Hoffnung und der Magalháesstraße ausgestattete Ostindische Compagnie, welche die Portugiesen (seit 1605) von den Molukken, Ceylon Malaka und den Sundainseln vertrieb, dort Handelsniederlassungen begründete und die einheimischen Fürsten allmählich in Abhängigkeit brachte. In Nordamerika gründeten die Niederländer die Kolonie Neu-Niederland, verloren sie aber 1667 an die Engländer. Vorübergehend nahmen sie auch Teile der brasil. Küste in Besitz, die seit 1661 an die Portugiesen verkauften. Dauernde Spuren haben die Niederlassungen holländ. Kolonisten in Südafrika hinterlassen, die zwar zum Teil unter engl. Herrschaft gekommen (s. Kapkolonie), zum Teil aber zu selbständigen Gemeinwesen (Oranje=Freistaat, Südafrikanische Republik) erwachsen sind. Im Gegensatz zu Spanien haben die Niederlande ihren kolonialen Besitzungen einen großartigen wirtschaftlichen Aufschwung, das Emporblühen einer einheimischen Industrie und eines lebhaften Handels zu verdanken. Noch jetzt beruht die Macht Hollands vorwiegend auf seinen überseeischen Besitzungen. - Frankreichs Kolonialpolitik war bis zur Regierung Ludwigs XIV. von untergeordneter Bedeutung. Erst 1608 begann mit der Gründung Quebecs die Kolonisation von Canada, welcher dann die Besitznahme von Acadia und Neufundland, vor allem aber die Niederlassungen in dem Stromgebiete des Mississippi (Gründung von Louisiana 1682) folgten. In Indien erwarb die Französisch=Ostindische Handelscompagnie Pondichéry an der Koromandelküste, Chandarnagar in Bengalen und Madras. Die Insel Haiti erhielt Frankreich von Spanien und faßte vorübergehend auch in Südamerika Fuß. Bereits im 18.Jahrh.aber mußte es den größten Teil seiner nordamerik. Besitzungen infolge unglücklicher Kriege an England abtreten und wurde von diesem auch aus Ostindien verdrängt. Erst im 19.Jahrh. begann wieder eine sehr energische Kolonialpolitik. Die Nordküste von Afrika unterwarf es durch die Eroberung von Algerien (1830) und die Übernahme der Schutzherrschaft über Tunis seinem vorherrschenden Einfluß. An der Westküste dehnte es die alten Besitzungen in Senegambien aus, occupierte die ganze Elfenbeinküste und erwarb Gebietsteile am Kongo. Neuerdings (Anmerkung: Band ist von 1894) hat es das Königreich Dahome seiner Schutzherrschaft unterworfen und 1885 das Protektorat über Madagaskar übernommen. In Hinterindien erwarb Frankreich Cochinchina von Annam und (1883 und 1884) das Protektorat über ganz Annam und Tongking. - England schritt erst Anfang des 17.Jahrh. zur Erwerbung von K. und zwar zuerst in Ostindien, wo es 1602 mit einem Freibrief versehene Ostindische Compagniedie ersten Niederlassungen begründete. Schon vorher hatten zwar Besitzergreifungen in Nordamerika stattgefunden, eine Ansiedelung engl. Auswanderer erfolgte jedoch erst im Anfange des. 17.Jahrh. Bald faßte es auch in Westindien (Barbados 1605) und in Afrika (erste Niederlassung am Gambia 1631) festen Fuß und richtete, nachdem es den Spaniern und Holländern die Vorherrschaft zur See entrissen hatte, seine gesamte auswärtige und Wirtschaftspolitik auf die Erwerbung überseeischer Gebiete. Die kriegerischen Verwicklungen der Kontinentalmächte verstand England stets mit großem polit. Geschick zurseiner Kolonialmacht zu nutzen. So entriß es den Spaniern Jamaika (1655), den Holländern Neu=Amsterdam (Neuyork 1667), verdrängte die Franzosen aus Ostindien und zwang diese Macht im Pariser Frieden von 1763 zur Abtretung von Canada und Kap Breton. Einen großen Verlust erlitt England nur durch den Abfall der später zu den Vereinigten Staaten zusammengetretenen 13 nordamerik. Provinzen; es glich diesen Verlust jedoch bald wieder aus im 19.Jh., in welchem der engl. Kolonialbesitz durch zahlreiche Erwerbungen, von denen nur Australien mit Neuseeland und Tasmanien, die Besitzergreifungen in Indien und Afrika und zahlreicher Inseln in der Südsee genannt seien, eine solche Ausdehnung erhalten hat, daß England heute (Anmerkung: 1894) mit deinen Besitzungen den vierten Teil der Menschheit beherrscht. Bis Ende des 18.Jahrh. befolgte auch England das ältere monoplistische Kolonialsystem (s.d.). Seit dem Abfall der Vereinigten Staaten jedoch gab England die Engherzigkeit dieses Systems auf und befreite besonders seit dem Siege des Freihandelssystems im Mutterlande die K. nicht bloß von allen künstlichen Fesseln, sondern gewährte mehrern der wichtigsten auch polit. Selbständigkeit. Über der staatsrechtliche Stellung der englischen K. s. Großbritannien und Irland. - Erst 1884 ist auch Deutschland, 200 Jahre nach einem ersten Versuche des Großen Kurfüsten von Brandenburg, in die Reihe der Kolonialmächte eingetreten. (S. Deutschland und Deutsches Reich, Deutsche Kolonien, Deutsch=Ostafrikanische Gesellschaft, Neuguinea=Compagnie und die Artikel der einzelnen K.) - Auch Italien hat seit seiner nationalen Vereinigung wieder koloniale Thätigkeitentfaltet. (S. Erythräa und Italien) - Von den übrigen europ. Staaten besitzt, abgesehen von Rußland, das in Asien seine besonderekolonisatorische Aufgabe hat, nur Dänemark einige K. Eine eigenartige Schöpfung der modernen Kolonialpolitik ist der Kongostaat (s.d.). - Genauere Nachweise über die Größe und Bevölkerung der europ. Mächte sind unter den Artikeln: Großbritannien und Irland, Französische Kolonien, Niederlande, Deutsche Kolonien, Spanien u.s.w. gegeben.

Puh, geschafft.!

Den Brockhaus kann ich nur empfehlen, muss ja nicht Toppzustand sein. Bei dem Begriff ist übrigens auch eine Karte mit den weltweiten Kolonien der europäischen Staaten dabei.

Gruß Chippi
Zuletzt geändert von Chippi am Mo 29.05.06 17:35, insgesamt 6-mal geändert.
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

Gast
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Beitrag von Gast » Fr 24.02.06 10:32

B12 hat geschrieben:2. Kolonien ist schon der richtige Begriff. Wenn auch die Kolonialherren
in den 70'er Jahren andere Begriffe ersonnen haben, ändert das wenig
am Status der Kolonien.
Die Begriffe, die ich genannt habe stammen NICHT aus den Siebzigern, sondern wurden bereits im 18. und 19. Jahrhundert benutzt, um sehr wohl den politischen Status der abhängigen Gebiete voneinander abzugrenzen.

Wenn man es auf die Goldwaage legt ist z.B. Kanada immer noch eine Kolonialprovinz von Großbritannien mit QE2 als Staatsoberhaupt - trotz eigener Nationalhymne und Flagge.

Grönland wird beispielsweise als eigenständiger Staat angesehen - völliger Blödsinn: Trotz eigener Flagge, eigenem Namen etc. ist Grönland nach wie vor eine Kolonialprovinz Dänemarks.

Nächstes Beispiel: Puerto Rico - macht die USA zum wahrhaft letzten Kolonialherren auf unserem Globus. Ricos haben zwar einen (modifizierten) amerikanischen Pass, verfügen aber nicht über die vollen US-Bürgerrechte, dürfen also beispielsweise nicht unbeschränkt in ihr "Mutterland" einreisen. By the way - das wird ja auch für uns Europäer immer schwieriger.

Egal, was diese Diskussion jetzt bringen mag:

Sammel doch einfach, was dir Spaß macht und zerbrech dir den Kopf nicht über politische Unthemen :D

petzlaff

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Beitrag von Privateer » Fr 24.02.06 13:16

@petzlaff

Folgende Fragen drängen sich auf:
1) Was plant jemand denn mit einer angestrebten Sammlung sogenannte "Kolonialgebeite" zu dokumentieren (Dokumentation ist immer noch das höchste Gut der numismatischen Beschäftigung)

Die Kolonialzeit von ca. 1500 bis ca. 1975 bzw. das Zeitalter des weltweiten Imperialismus.

2) Mich stört der Begriff "Kolonien" - klingt ziemlich angestaubt und wäre nach heutigem Massstab besser als "Überseeische Provinzen/Territorien, Mandatsgebieete, besetzte Gebiete/Länder/Staaten, politisch abhängige Länder, etc." einzustufen

Kolonien, oder anders: Abhängige Gebiete ist doch ein passender Oberbegriff. Nähere Erläuterungen zu den einzelnen Gebieten kann man ja unter dem jeweiligen Gebiet mit aufnehmen.

3) Ist sich der Fragesteller dessen bewusst, dass Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Nordafrika, Rumänien, Bulgarien, Türkei in der Antike Kolonien des Römischen Imperiums waren ?

Das stimmt so nicht. Teils waren es Kolonien, teils besetzte Gebiete, teils Provinzen. Zeitweise gab es sogar abgespaltene Sonderreiche.

Sorry, aber die "Kolonialfrage" ist alles andere als konstruktiv im numismatischen Sinn.

Das kann ich nicht so ganz verstehen, was Du meinst, da jegliche Münzsammlung konstruktiv im Sinne des Wortes ist. :) Und wie Du auch schon angemerkt hast: Es soll ein jeder einfach Sammeln, was ihm Spass macht. Es wäre ja stinklangweilig, wenn jeder das Gleiche sammeln würde. Wo das gegenseitige Verständnis fehlt (ich verstehe z.B. Euro-Komplettsammler nicht) ist einfach Toleranz angesagt.

Gruß Privateer
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Beitrag von Chippi » Mo 29.05.06 17:43

Besteht noch Interesse an den Thema? (Fast)Alles zur Kolonie steht 3 Beiträge über mir.

Gruß Chippi
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 30.05.06 12:31

Das ist oft das Schicksal des Forschers: So genau will es dann doch keiner wissen...Grüße, KAM
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Dietemann
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Beitrag von Dietemann » Do 06.12.07 20:58

Die Definition des Brockhaus scheint mir nicht ganz vollständig :wink: , denn zwei von meinen Vorfahren waren Kolonie Portionisten, hatten also ein Stück Kolonie zu bewirtschaften.
Diese Kolonie lag in Friedrichsfeld Pfarramt Trendelburg, Kreis Hofgeismar also mitten in Deutschland. Zeitraum 1830 bis 1850.

Aber eigene Münzen hatten die dort natürlich nicht.

Gruß Dietemann

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Beitrag von Dietemann » Do 06.12.07 21:03

doppelt bitte löschen
Zuletzt geändert von Dietemann am Fr 07.12.07 14:14, insgesamt 1-mal geändert.

Chippi
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Beitrag von Chippi » Do 06.12.07 21:43

Kolonie oder Kolone?

Gruß Chippi
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

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Beitrag von Afrasi » Do 06.12.07 22:04

Moin! Der Begriff der Moorkolonien ist nach dem Brockhaus eine Ackerbaukolonie, und genau in diesem Sinne verstanden sich auch die Kolonisten - lediglich dass sie in Deutschland und nicht Afrika oder sonstwo lag. Leute, die sonst nicht genug Geld oder Arbeit hatten, gingen ins Moor und machten es urbar. Ein paar hundert Jahre früher ging man in den Wald um ihn zu roden und Ackebau zu betreiben.
Tschüß, Afrasi
Ich könnte mich über Vieles aufregen, aber zum Glück bin ich nicht verpflichtet dazu. :-)

Dietemann
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Beitrag von Dietemann » Fr 07.12.07 14:21

Chippi hat geschrieben:Kolonie oder Kolone?Gruß Chippi
Die Berufsbezeichnung lautet tatsächlich Kolonie Portionist.

Hier handelte es sich aber um größere Landgüter, die vom Staat bzw. dem Landgrafen aufgeteilt und an geeignete Personen (um das Wort arm zu vermeiden, denn sie mussten ja immerhin soviel Geld besitzen, das Inventar kaufen zu können) abgegeben wurden. Meiner Kenntnis nach eine Reaktion auf die Hungerjahre 1820 und um der Auswanderung nach Amerika entgegen zu wirken.

Gruß Dieteman

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