Jap. Lokalausgabe??

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Mistelbach
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Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von Mistelbach » Sa 12.05.12 13:36

Hallo,

ich habe einige Stücke zuhause liegen mit denen ich nicht weiterkomme:

Bild 3 zeigt 2 Silberbarren mit 33,8 und 30,4g und einem spez. gew. von 9,9 g/cm3.

In einem japanischen Buch habe ich die Seite (Bild 2) gefunden, kann aber die Beschreibung nicht lesen. Kann das jemand?
Bei Fa. Albin wurde ein Stück verkauft das den gleichen Stempel wie das untere Stück trägt. Dabe war die Beschreibung Bild 1
Den Stempel des oberen Barren habe ich aber nirgends finden können. Kennt den jemand?

Beste Grüße, Mistelbach
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pingu
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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von pingu » Sa 12.05.12 15:40

Hallo,

zu den 2 Barren und der Beschreibung dazu:
Im Netz finden sich etliche Seiten auf denen ein "Bi Sekishu Gin" erwähnt wird, jedoch bei näherem Nachforschen verweisen irgendwann alle auf dieses eine Stück in der verlinkten Auktionsseite oder auf noch ältere Auktionen des gleichen Stückes!:
http://stacksbowers.com/auctions/Auctio ... tID=188589
Dieses Stück ist eine sehr schöne Fantasiemünze in Anlehnung an einen Cho-gin oder Mameita-gin und sehr wahrscheinlich ganz bewusst so gestaltet, damit jeder Sammler den Unterschied sofort sieht (zumindest der japanische Sammler zum Zeitpunkt der Herstellung und des Verkaufes dieses (und sehr vieler ähnlicher) Stücke.
Das Stück in der Auktion ist in keiner (mir bekannten) japanischen Literatur gelistet oder auch nur randlich erwähnt. Dazu kommt der Umstand, das selbst auf japanischen numismatischen Seiten kein Hinweis auf dieses Stück existiert. Die abgebildeten Barren tragen zwar den gleichen Stempel, sind jedoch definitiv nicht japanisch. Alles was da in Umlauf war sieht anders aus. Selbst Lokalwährungen und Notgeld haben sich immer an gewisse Standarts in Form, Größe und Zusammensetzung gehalten.
Ich halte die Barren für Fantasieprodukte aus dem Bereich:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 17#p364361

Das Bild aus dem Buch zeigt offensichtlich den gleichen Gegenstempel. Um dazu mehr zu sagen müsste man wissen von wann das Buch ist. Sehr gut möglich das es auf solche Fantasiemünzen eingeht. Der obere Teil des Gegenstempels sieht übrigens dem Münzmeisterzeichen auf den japanischen Goldmünzen ähnlich, ohne diesem genau zu entsprechen. Das Münzmeisterzeichen wurde immer wieder etwas abgewandelt bei den verschiedenen Münzausgaben und war nur auf den offiziellen Ausgaben gebräuchlich. Auf Lokalausgaben ist das Vorkommen auszuschließen. Das Zeichen war von etwa 1573 bis 1862 nur auf Goldmünzen zu finden.

Ich hoffe, das hilft etwas weiter ohne noch mehr Verwirrung zu schaffen.

Grüße
pingu
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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von Mistelbach » Sa 12.05.12 19:52

Hallo pingu,

danke für die schnelle Antwort. So ungefähr hatte ich es mir gedacht weil die Teile doch sehr billig waren.
Die Abb. oben stammt aus folgendem Buch:

金 銀 圖 録 Kingin Zuroku (1823) Gold coins 4

Nachdem es über 90 Jahre alt ist könnte ich es dir als Datei mailen. Es ist komplett japanisch deshalb kann ich nichts lesen. Wenn es 1823 schon bekannt war müssten es recht alte Fakes sein.
Ev. haben da Chinesen aus alten japanischen Büchern Stempel abgekupfert?
Die gleichen "Prüfhiebe" scheinen ja wohl von Herstellen stammen, allein das macht die Sache schon sehr fragwürdig.

Hier noch ein Stück das beim Numismatiker Albin zu kaufen war.

Beste Grüße, Mistelbach
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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von pingu » Sa 12.05.12 20:43

Hallo,

das Buch würde mich sehr interessieren. Es heist übersetzt "Gold und Silber Aufzeichnung in Bildern".
Möglich ist die Darstellung eines (genormten) Goldklumpens zum Transport von der Schmelze am Gewinnungsort zur Münze. Eine andere Möglichkeit fällt mir dazu momentan nicht ein.
Die Touristenstücke sind wie im anderen Thred geschrieben alle wesentlich jünger.
Vor noch nicht 10 Jahren wurde in Japan der "Fuhon-Sen" wiedergefunden, die bis jetzt älteste auf dem Gebiet von Japan hergestellte rein japanische Münze. Das Stück war aus Büchern bekannt die aber alle deutlich älter als 150 Jahre waren. Bei einem Fund an dem ursprünglichen Herstellungsort sind Fragmente von Gussbäumen und einige Einzelmünzen gefunden wurden, die auf Grund der Begleitfunde sehr genau datiert werden konnten. Der Herstellungszeitraum belief sich auf etwa die Jahre 694-710.
Obwohl in einem Museum in der Nähe des Fundortes mehrere Exemplare der Münze lagerten, die bereits 1996/97 gefunden worden sind war die Münze in der modernen Numismatik völlig unbekannt. Was ich damit sagen will, ist folgendes: Die Darstellung im Buch kann durchaus auch eine alte Goldmünze sein, die um 1600-1700 ausgegeben worden ist. Die Form ist auf jeden Fall sehr ähnlich zu einigen anderen Münzen der Zeit. Wenn das Stück jedoch durch keine authentischen Exemplare in Japan belegt ist wird es in den moderneren Münzbüchern keinen Nachweis dafür geben. Die Bücher, die vor 1870 über Münzen in Japan ausgegeben wurden sind fast ausschließlich Werke die private Sammler angefertigt haben. Wenn die Sammlungen dazu nicht mehr existieren und die Stücke nicht mehrfach in der Literatur belegt sind, werden die Stücke heutzutage angezweifelt. - Bis zu dem Tag, an dem mehrere davon irgendwo in Japan ausgebuddelt werden...


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Das abgebildete Stück würde ich auch sehr stark in Zweifel ziehen. Auch ein Mameita Gin mit den Stempeln ist nicht bekannt. - Das wäre für Japan schon eine numismatische Sensation wenn mehrere Stücke mit dem Stempel auftauchen würden, die nachweislich auch echt und aus Japan sind. Bei mehreren so ähnlichen Stücken würde ich erwarten, das der Händler über noch etliche eindeutig echte Stücke (diese auch mehrfach) verfügt, die in der Literatur auch gelistet sind. Das werden wohl Reste einer Touristensammlung sein....

Grüße
pingu
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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von pingu » Sa 12.05.12 20:57

hab am Beitrag noch etwas gebastelt und kleine Änderungen vorgenommen, da ich online geschrieben habe...

Grüße
pingu
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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von Mistelbach » So 20.05.12 21:35

Hallo,

ein Japan-Sammler hat das obige recherchiert. Hier seine Ergebnisse:

Der Stempel auf dem oberen Barren ist eine alte Form von "Mata", ichi mata also. Bedeutung: Wieder(sehen)
http://www.de.emb-japan.go.jp/naj/NaJ0808/mata.htm
Der Sammler kennt ein Exemlar eines Chougin aus der Muromachi-Periode (~1333-1568) mit einem ähnlichen Zeichen das der IWAMI-Provinz (Shimane-Prefektur) im Westen Japans zugeordnet wird.

Der zweite Stempel zeigt die Charaktere für "IWA" (Stein) und "RI" (Boden, Fuß). Das zeichen Ri ist in Japan heute nicht mehr gebräuchlich und meinte früher "spalten".
Eine alte Silberplatte mit diesen Stempeln existiert als "Okura-Hai-Sui-Gin" aus der IWAMI-Provinz. Unsicher übersetzt mit: "Unklare Münzstätte - Asche - blasen - Silber".

Die Orginale sehen vom Stempel her etwas anders aus und sind extrem selten. Die abgebildeten Barren sind also Nachahmungen bei denen jemand aber schon irgendwie gewußt hat was er tut.

Beste Grüße, Mistelbach

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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von pingu » So 20.05.12 22:24

Hallo,

vielen Dank für die Angaben und Recherchen.
Leider kann ich momentan nichts weiterführendes heraus bekommen, auch den erwähnten Chogin der Iwami Provinz kenne ich nicht. Alle Stücke die ich kenne weisen eine andere Stempelung auf.
Auf jeden Fall kann mit den Angaben der Zeitraum für eine fragliche Vorlage sehr eingegrenzt werden, was jedoch leider zu keinem wesentlichen Wissenszuwachs verhilft.
Die Iwami Silbermienen umfassten über 500 (nach anderen Quellen 600) Schächte, in denen zum Teil bis 1923 Silber gefördert wurde. Die Erste Miene wurde durch den Kaufmann Kamiya Jutei im Jahr 1526 eröffnet und brachte auf dem Höhepunkt der Förderleistung ungefähr ein drittel der Weltproduktion an Silber. Dies war im ausgehenden 17. Jahrhundert. Die Förderung soll bei max.38 Tonnen Silber jährlich gelegen haben.
Wenn man diese Tatsachen mit dem vorgenannten abgleicht, bleibt ein vorsichtig geschätzter Herstellungszeitraum für die Vorlage des Barren von etwa 1526 bis etwa 1568.
Wenn ich noch irgend etwas dazu finde melde ich mich wieder....

Grüße
pingu
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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von Mistelbach » Di 22.05.12 00:17


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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von Nijigaoka » Fr 08.12.23 10:57

pingu hat mit allen Aussagen recht, Fantasieprodukte höchstwahrscheinlich in China gefertigt.

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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von Nijigaoka » Fr 08.12.23 11:32

Das Bild aus dem Buch zeigt Sekishū-gin 石刕銀
石刕 frühere Schreibstil von Sekishū 石州 anderer Name von Iwami 石見) heute Shimane-ken
Nur 10% Silber
Avers : gestempelt mit 18 Sekishū 石刕
Revers : unbeschriftet
ungefähr 112 X 106 mm
Gewicht : 43 Monme = 161,25 g

Ausgegeben von dem Fürsten Ōuchi 大内
Münzstätte : Omori Silbermine 大森銀山
Zeit der Ausgabe : Tenbun 天文 2 (1533)
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Nijigaoka für den Beitrag:
pingu (Mo 11.12.23 19:54)

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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von pingu » Mo 11.12.23 19:54

Hallo Nijigaoka,

herzlich willkommen im Forum. Damit haben wir endlich mal einen ausgewiesenen Experten für das Gebiet hier.
Ich freue mich schon, mehr von dir zu lesen und evtl. auch Mal das ein oder andere Stück aus deiner Sammlung zu sehen.

Grüße pingu
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Re: Jap. Lokalausgabe??

Beitrag von Nijigaoka » Di 12.12.23 07:07

Eine alte Silberplatte mit diesen Stempeln existiert als "Okura-Hai-Sui-Gin" aus der IWAMI-Provinz. Unsicher übersetzt mit: "Unklare Münzstätte - Asche - blasen - Silber".
Korrekt ist Haifuki-gin 灰吹銀 = raffiniertes Silber.
Bei dieser Methode werden Silbererz und Blei zu einem legierten Metall geschmolzen, das dann auf im Ofen ausgebreitete Asche gelegt und bei hoher Temperatur erhitzt wird, wobei nur Silber extrahiert wird, da Silber die Eigenschaft hat, nicht leicht zu oxidieren.

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