Indische Fürstenstaaten
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Re: Indische Fürstenstaaten
Im Nordwesten von Rajasthan, an der Grenze zu Sind (heute Pakistan) lag der Staat Jodhpur, wie er nach seiner Hauptstadt zu britischer Zeit genannt wurde. Es war der größte Staat in Rajputana und hatte um 1880 gut 1,7 Millionen Einwohner, zumeist Hindus. Die regierenden Fürsten entstammten einem alten Rajputen-Clan, schon 1212 war der Staat entstanden, er geriet dann unter die islamischen Einwanderer und wurde den Großmoghulen tributpflichtig. Aurangzeb verlangte vom Fürsten, er solle zum Islam konvertieren und besetzte und zerstörte Jodhpur gründlich. Erst 1707 gelang dem Maharaja die Rückeroberung seiner Hauptstadt, aber das 18. Jahrhundert blieb überschattet von Kriegen mit Afghanen, Marathen und auch zwischen den Rajputen-Staaten. Eine erste Annäherung an die Briten gab es 1803 und nach einer grausamen Episode unter einem muslimischen Kriegsherrn kehrte 1817 Friede ein. 1818 wurde Jodhpur britisches Protektorat und zahlte 108.000 Rupien Tribut im Jahr, zusätzlich waren im Kriegsfall 1500 Reiter zu stellen. - Der ursprüngliche Landesname Marwar bedeutet Land des Todes (vermutlich bildete Tolkien auf Grundlage dieser sprachlichen Wurzel den Namen Mordor), was die Situation des größten Teil des Landes aus Wüsten und Salzseen gut beschreibt. Nur im Südosten war Klima und Boden besser, was für eine bescheidene Landwirtschaft reichte, die Salzproduktion war britisches Monopol. Erst unter Jaswant Singh (1873-1895) begann ein Aufschwung, der zu einem allmählichen Anstieg des Wohlstands führte, unterbrochen von den Hungersnöten um 1900, die hier auch mit heftigen Cholera-Epidemien einhergingen. Im 18. Jahrhunderte begann Jodhpur mit der Prägung eigener Münzen, der Bijai-Shahi Rupie und dem Iktisanda, wertmäßig eine 2/3-Rupie. 1900 wurde die britische Rupie gesetzliches Zahlungsmittel, die eingesammelten alten Jodhpur-Rupien, es waren gut 10 Millionen Stück, wurden in die Münzstätte Calcutta gebracht und umgeprägt. - Hier eine Rupie von Jaswant Singh ohne Jahr, geprägt im Namen von Königin Victoria in der Münzstätte Pali. Sie hat 11,4 g, bei Valentine (1928) Nr. 11, KM 206. Auf der Vorderseite oben ein Münzmeisterzeichen, vermutlich eine schlecht geschnittene 40, dessen Bedeutung unbekannt ist; die Rückseite zeigt die Herrschaftssymbole Jhar und Schwert und hat oben eine Inschrift in Nagari. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Indische Fürstenstaaten
Im Norden der indischen Küstenlinie zum Arabischen Meer liegt die Halbinsel Kathiawar, fast so groß wie Bayern und begrenzt vom Golf von Kutch im Norden und dem Golf von Cambay im Süden. Einer der dort belegenen Fürstenstaaten war Junagadh oder Junagarh. Heute gehört das Gebiet zum Unionsstaat Gujarat. Der mit etwa 400.000 Einwohnern, überwiegend Hindus, besiedelte Staat wurde von der muslimischen Babi-Dynastie regiert, die als Paschtunen Vasallen der Mughal-Kaiser gewesen waren und sich um 1735 selbständig machten. Kurz darauf gerieten sie unter die Herrschaft der Marathen und 1807 wurde Junagadh zum Protektorat der EIC. Der Herrscher führte den islamischen Titel Nawab. Das Land lebte vom Export von Zuckerrohr und Baumwolltuchen. Dazu kam Handel über etliche kleine Seehäfen. Das Land war trotz seiner Stellung als suzeränes Protektorat den Gaekwars von Baroda und der EIC tributpflichtig, umgekehrt erhielt es Tribute von einer Reihe von umliegenden Kleinstaaten, die aber der Höhe nach vor dem Hintergrund eines Staatshaushaltes von 2,6 Millionen Rupien nicht ins Gewicht fielen. - Auf der Halbinsel Kathiawar war nicht die Rupie die Hauptmünze, es gab eine eigene Währungseinheit, den Kori. Dieser Münztyp wurde erstmals um 1585 von Kutch geprägt. Als kupfernes Kleingeld dienten der Trambiyo (bedeutet Kupfer), dessen Doppelstück, der Dokdo und die "dicke Münze", der Dhinglo zu 1 1/2 Dokda. Codrington berichtet zur Entstehung des Namens Kori, daß der seinerzeitige Rao von Kutch eine Tochter dem Großmoghul als Frau andienen wollte und zur Brautwerbung eine frischgeprägte kleine Silbermünze nach Delhi sandte mit der Anspielung, hier komme die Tochter der Rupie, die ja schon vorher von den Moghul-Kaisern eingeführt worden war. Aus dem Sanskrit-Wort kumvari für Tochter sei dann der verballhornte Ausdruck Kori geworden. (v. Codrington, O.: On Coins of Kutch and Kathiawar, in: The Journal of the Bombay Branch of the Royal Asiatic Society, Vol. XVII, Bombay, London 1887-1889, p. 52 ss.) Und weil Codrington eine Autorität als Numismatiker ist, glaube ich das mal. 24 Dokda waren 1 Kori wert und etwa 3 1/2 Kori kamen auf eine Rupie. Das in der Münze der Hauptstadt Junagadh geprägte Geld war nur im Land gültig (theoretisch wenigstens), daneben zirkulierte die britische Rupie. Hier also ein Kori von Mahabat Khan II. (1851-1882), Junagadh AH 1293, VS 1933 (=1875). Das Stück wiegt 4,6 g, Durchmesser 14,5 mm. Auf der Vorderseite im Perlkreis eine Inschrift in Persischer und unten in Gujarati-Schrift, die Rückseite zeigt das AH und das VS Jahr und ganz unten einen kleinen Dolch, von Codrington l.c. als "Rajput-Dagger" bezeichnet. Bei Valentine (1928) nach Nr. 17, KM Y 2. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Indische Fürstenstaaten
Deine schönen Beiträge haben dafür gesorgt, dass am Wochenende eine indische Münze in meine Sammlung kam. Ich habe erstmal falsch im KM unter Jodhpur gesucht, aber es ist eine 1/4 Rupie aus Jaipur, Jahr 21 (1900).KarlAntonMartini hat geschrieben: ↑So 06.03.22 13:11Etwa 600 km weiter nördlich von Indore liegt Jaipur, Hauptstadt des schon im Jahr 1093 entstandenen Fürstentums, das seit 1728 auch den Namen Jaipur trägt.
Schöne Grüße
MR
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Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)
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Re: Indische Fürstenstaaten
Nach einemJahr Pause setze ich diese Liste gerne fort. Inzwischen konnte ich viel neues Material und Literatur erhalten, das Organisieren der Sammlung und die Lektüre haben Zeit gekostet. - Weiter geht es im Alphabet mit Kalat. Das Staatsgebiet lag in der heutigen pakistanischen Provinz Belutschistan, der südliche Teil ist überwiegend Wüste, der Norden hat ein für Landwirtschaft und Viehzucht (Pferde, Kamele) taugliches Terroir. Die Bevölkerung besteht überwiegend aus indoarischen Belutschen, die Oberschicht und die damals regierende Dynastie waren Brahui, ein Volk, das zur Drawida-Familie gehört. Das Khanat von Kalat ist sehr alten Ursprungs, es war später den Moghulen und danach den afghanischen Durranis tributpflichtig, bis es 1818 kurz selbständig wurde. 1839 eroberten die Briten das Land im Zuge des ersten afghanischen Kriegs und wandelten es in mehreren Verträgen bis 1876 in einen Fürstenstaat unter britischem Protektorat um. Kalat war Teil der Brahui-Konföderation, die unter dem Vorsitz des Khans eine Reihe von Stämmen zusammenfaßte. Die Briten wurden von einem schottischen Offizier als Agenten vertreten, die nördichen Provinzen um Quetta wurden an die Briten verpachtet. - Die um 1900 etwa 470.000 Einwohner lebten in einem der ärmsten Gebiete Indiens, die Ökonomie des Landes fußte vollständig auf Landwirtschaft, an der Küste gab es etwas Fischerei. Noch um 1900 gab es kaum Geldwirtschaft. Erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wurden kupferne Falus mit dem Hammer geprägt. Die ersten Stücke wogen gut 7 Gramm, bis zur Jahrhundertwende verschlechterte sich das Gewicht auf bis zu 2,5 Gramm. Die aus Blech geschnittenen Schrötlinge verformten sich dann schüsselförmig. Die Münzen zeigen nur Schrift, allerdings gibt es verschiedene Anordnungen und Beizeichen, KM sortiert alle unter Nr. 21. Geprägt wurde unter Khudadad Khan (1856-1893) im Namen von Mahmud Khan Durrani. Hier ein Stück mit der Jahreszahl AH x282 (=AD 1865), 7,4 Gramm. Grüße, KarlAntonMartini
Nachtrag: Zu Kalat gehörte ein kleiner Hafen, Gwadar, der von 1783-1958 zu Maskat und Oman gehörte. Erst dann wurde er von Aga Khan den Omanis für 3 Millionen Pfund abgekauft und kam so wieder zu Kalat bzw. Pakistan. (In der Region leben viele Ismailiten, daher das Engagement des Aga Khan.) Pakistan plante einen Ausbau des Hafens zu einem Hochseehafen auch für Öltransporte aus dem Golf. Zunächst lag das in den Händen der Singapur Port Authority. Seit 2013 ist das Projekt unter chinesischer Kontrolle, es soll von Gwadar aus eine Pipeline durch Pakistan nach China geführt werden.
Nachtrag: Zu Kalat gehörte ein kleiner Hafen, Gwadar, der von 1783-1958 zu Maskat und Oman gehörte. Erst dann wurde er von Aga Khan den Omanis für 3 Millionen Pfund abgekauft und kam so wieder zu Kalat bzw. Pakistan. (In der Region leben viele Ismailiten, daher das Engagement des Aga Khan.) Pakistan plante einen Ausbau des Hafens zu einem Hochseehafen auch für Öltransporte aus dem Golf. Zunächst lag das in den Händen der Singapur Port Authority. Seit 2013 ist das Projekt unter chinesischer Kontrolle, es soll von Gwadar aus eine Pipeline durch Pakistan nach China geführt werden.
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Re: Indische Fürstenstaaten
Das Gebiet des Maharaja von Karauli lag im Osten des heutigen Staates Rajasthan. Karauli hatte um 1900 gut 150.000 Einwohner, (heute leben im Distrikt Karauli gut 1,5 Millionen Menschen); fast alle Hindus und im Ackerbau tätig. Selbst die Adeligen und Inhaber der staatlichen Funktionen waren zumeist illiterat. Die Maharajas entstammten einer Rajputen-Familie, die das felsige Hügelland seit dem Mittelalter regierte und sich auf Vishnu/Krishna als Stammvater beriefen. Wie die meisten Kleinstaaten in Zentralindien wurde das Land von Malwa, dann von den Moghuln aus Delhi und schließlich den Marathen unterworfen. 1817 wurde es britisches Protektorat. Im Sepoy-Aufstand 1857 unterstützte der Maharaja die Briten und wurde im Rang von 15 auf 17 Salutschüsse erhöht. Exportiert wurden Agrarprodukte wie Reis, Opium und Gewürze, etwa 5 Lakh, also 500.000 Rupien betrug der jährliche Staatshaushalt, der sogar Überschüsse erwirtschaftete. Aufgrund eines relativ regenreichen Klimas und jahrhundertealten Systemen zur Feldbewässerung wirkten sich Hungersnöte hier nicht so dramatisch aus, wie in anderen indischen Regionen. Die Maharajas prägten zwischen etwa 1780 und 1800 eigene Silber- und Kupfermünzen. Bis zur Silberkrise in den 1870ern war die Karauli-Rupie mehr wert als die britisch-indische. - Hier eine Kupfermünze, die immerhin bestimmbar ist, ein Takka (2 Paisa) von Arjun Pal (1876-1886) im Namen von Kaiserin Victoria. Wie üblich ist der Stempel größer als der dicke Schrötling, der von einer Metallrolle gesägt und in Form gehauen wurde. Das Prägejahr ist deshalb nicht erkennbar. Eine eindeutige Zuordnung ist anhand folgender Merkmale möglich: Auf der Vorderseite ganz rechts sieht man drei Zacken, die gehören zum Jhar, einer bisher nicht definierten Pflanze, die als Symbol auf Münzen von Karauli steht zusammen mit dem Katar (Dolch), dessen Spitze oben rechts zu sehen ist. Darunter steht der Buchstabe A in Devanagari für Arjun Pal und links daneben die Zahl 10 für dessen Regierungsjahr (1885/86). Die Münze wiegt 17,78 g, KM 51. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Indische Fürstenstaaten
Vielen Dank auch für die Hinweise zur Bestimmung. Kannst Du uns auch wissen lassen, was die Rückseite vermeldet?
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Re: Indische Fürstenstaaten
Die vollständige Inschrift wäre "Malikah mu'azzamah kaisar-i-Hind sanah 188x"; [Münze] ihrer Majestät der Kaiserin von Indien im Jahr 1886. (nach Webb, The Currencies of the Hindu States of Rajputana, Varanasi 1972, pp. 122 ss.). Meiner Meinung nach sieht man den Schluß von "Malikah" und links daneben den Anfang von "mu'azzamah". Aber leider sind meine Schrift- und Sprachkenntnisse noch sehr am Anfang.ischbierra hat geschrieben: ↑Fr 07.04.23 17:09Vielen Dank auch für die Hinweise zur Bestimmung. Kannst Du uns auch wissen lassen, was die Rückseite vermeldet?
Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Indische Fürstenstaaten
Rajasthan, der Staat der Könige, ist ja etwas mit Thüringen vergleichbar (nur in viele größerem Maßstab), was die Zahl der Staaten, Dynastien und Erbteilungen angeht. So entstand aus einer Erbteilung des Rajputen-Clans von Jodhpur anno 1611 Kishangarh. Über die Geschichte des Kleinstaates ist wenig bekannt, es wird das Übliche gewesen sein: Abnabelung vom Mughal-Reich, Streit mit den Nachbarn und dann Eroberung durch die Marathen. Mit dem britischen Protektorat ab 1818 kehrte einigermaßen Ruhe ein. Der Staat war überwiegend von Hindus besiedelt, die Mehrzahl trieb Ackerbau, Viehzucht und Baumwollverarbeitung. Eine Besonderheit sind Marmorvorkommen, die in Nordindien als Baustoffe verwendet werden. Obwohl die Hälfte der Ackerflächen von alters her bewässert wurden, kam es im Lauf des 19. Jahrhunderts mehrfach zu Dürren und Hungersnöten. Die Bevölkerungszahl war immer wieder geschwunden, manche verhungert, viele ausgewandert. Um 1900 waren es noch 90.000 Einwohner. Der Staatshaushalt hatte ein Volumen von 460.000 Rupien, es gab Überschüsse. In diesem Fall nahmen die Briten keine Abgaben, sondern schossen fest vereinbarte Gelder zu, einmal für den Verzicht des Landes auf diverse Zölle und als Konzessionsabgabe für eine das Land passierende Eisenbahnlinie. Schon früh hatte Kishangarh eine Münzstätte betrieben, die bis 1910 in Betrieb war, sie prägte Rupien und seltene Teilstücke und kupferne Takkas, charakteristisch mit Tatzenkreuz und Jhar. Um trotzdem Silber umzusetzen prägte die Münzstätte in Kishangarh danach bis in die 1930er Jahre anonyme Silberstücke im Gewicht einer Rupie sowie sehr seltene Teilstücke, die in Devanagari-Schrift das Wort "chadi" für Silber trugen. Die Sprache ist vermutlich Dhundari, ein Dialekt des Rajasthani. Gebraucht wurden sie für Geschenke, Almosen und als Grundlage für Silberarbeiten. Viele Stücke zeigen Umlaufspuren, sie wurden also im Ergebnis wie Token verwendet. Das hier gezeigte Stück hat 10,86 g und ist unter KM Y 12.1 gelistet. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Indische Fürstenstaaten
Die Westküste des indischen Subkontinents südlich von Gujarat heißt Malabar-Küste. Da gibt es zunächst ein schmales Vorland, das dann steil in das Gebirge der Westghats übergeht. Dieses regen- und damit waldreiche Mittel- bis Hochgebirge geht dann nach Osten in das trockenere Hochland des Dekkan über. Hier lag etwas südlich von Bombay, jedoch ohne Anteil am Küstenland der größte der Marathen-Staaten, Kolhapur. Die Rajas entstammten dem wichtigsten Clan der Marathen, den Bhonsles, das Fürstentum war aus einer Erbteilung 1710/1730 des Fürstentums Satara entstanden. 1812 schloß die EIC mit dem Maharaja einen Schutzvertrag; das Verhältnis zu den Briten war nicht spannungsfrei, 1844 kam es zu einem Aufstand wegen zu hoher Besteuerung. Dennoch gewährten die Briten 1884 dem Herrscher eine Rangerhöhung zum Maharaja mit 19 Salutschüssen. Kolhapur war ein relativ wohlhabender Staat mit um 1900 etwa 910.000 Einwohnern, ganz überwiegend Hindus. 1897 war das Gesundheitswesen machtlos gegenüber einer Lungenpestepidemie, die ausgehend von China sich ab 1896 vom Hafen in Bombay aus in Indien ausbreitete. In Kolhapur gab es allein 62.000 Tote. Die Münzprägung in Kolhapur folgte dem Vorbild des Mughal-Reichs, wurde aber schon 1839 beendet. Der hüfigste Münztyp, die "Panhalli-Rupie" wurde ab etwa 1760 bis 1839 geschlagen, sie wurde unter vier Rajas im Namen des lang verstorbenen Shahs Muhammed (1719-1748) geprägt. Präge- oder Regierungsjahre wurden nicht genannt. Auch die Münzstätte Kolhapur wurde nur mit dem Pseudonym Azamnagar Gokak bezeichnet. Das hier gezeigte Stück wiegt 11,37 g und ist von feinerer Ausführung als die bei Zeno gezeigten Exemplare. Die am Rand erkennbaren Unebenheiten sind die Folge zahlreicher Prüfpunzen, die am Rand der Münze eingeschlagen wurden. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Indische Fürstenstaaten
Der Fürstenstaat Kotah, heute gehört das Gebiet zu Rajasthan, war Teil der Region Malwa im nördlichen Dekkan. Es regierten seit dem Mittelalter, wenn auch zwischenzeitlich als Lehensleute der Großmoghuln, Raos aus dem Hada-Zweig der Chauhan-Rajputen. Das Fürstentum entstand im 17. Jahrhundert, endgültig 1730 aus einer Erbteilung von Bundi. Vor den Angriffen der Marathen, anderer Rajputen-Clans und der Anarchie in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts begab sich das Land 1817 in ein Schutzverhältnis mit der EIC. Zalim Singh, der "Macchiavelli von Rajasthan", wie ihn die Briten nannten, war ein aufgeklärter Herrscher, der das Land modernisieren und zu Wohlstand bringen wollte. Dies gelang zunächst, die Briten waren zufrieden und verliehen dem Herrscher den Titel Maharao. Allerdings schloß sich der Großteil des Militärs 1857 dem Sepoy-Aufstand an, der britische Agent und seine Söhne wurden ermordet. Das Land verschuldete sich zunehmend, symbolisch für das schlechte Verhältnis zu den Briten war die Reduzierung der Salutschüsse von 17 auf 9. Chhatatarsal II. (1866-1889) gelang es aus eigener Kraft nicht, die Finanzen zu stabilisieren, er holte sich britische Fachleute für Verwaltung und Ingenieurwesen. So wurden die Schulden von über 9 Millionen Rupien tatsächlich bis 1885 getilgt. Der nächste Herrscher Umed Singh II. (1889-1940) war ein verwaltungsmäßig und militärisch gut ausgebildeter Adoptivsohn. Seine Regentschaft litt sehr unter der großen Dürre und Hungersnot 1899/1900. Das in einem eher feuchten Klima gelegene Hügelland hatte in den zahlreichen früheren Dürreperioden nie zu leiden gehabt, es konnte die darbenden Nachbarn unterstützen und viele Flüchtlinge nomadisch lebender Viehzüchter aufnehmen. Wirtschaft und Staatsfinanzen gerieten unter Druck. Die Kotah-Rupie fiel so stark, daß das Land die eigene Währung aufgab, 114 Kotah-Rupien wurden für 100 britische Rupien getauscht. Von den gut 700.000 Einwohnern starben etwa 174.000 an Hunger oder der folgenden Malaria-Epidemie. Die Bevölkerung bestand ganz überwiegend aus Hindus und hatte einen auch für indische Verhältnisse mit 98,5 % sehr hohe Analphabetenrate. Die Regierung hatte im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts in den Bau von Schulen investiert, Schulbesuch und Lehrmittel kosteten nichts. Dennoch nahm bis vor dem Ersten Weltkrieg nur ein sehr kleiner Teil der Jugend am Schulunterricht teil. - Hier ein kupferner Paisa von 1897 im Namen der Kaiserin Victoria, geprägt in Kotah, Regierungsjahr 40 (als Kaiserin), 12,30 g, KM Y 1, Webb p. 94; zu sehen ist ein Teil des Wortes Inglistan, links daneben ein cross pattée, auf der Rückseite die Zahl 40 und daneben ein Symbol, das aussieht wie eine Monstranz.
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Re: Indische Fürstenstaaten
Im heutigen Rajasthan gelegen war das Land der Thakurs von Kuchawan. Diese waren Rajputen und fungierten als Lehensnehmer der Maharajas von Jaipur, waren aber weitgehend selbständig und hatten ein anerkanntes Münzregal. - Zum Land selbst mit knapp 11.000 Einwohnern (1901) ist wenig zu sagen. Es war relativ wohlhabend, bemerkenswert ist die Herstellung von Schußwaffen und Schwertern. Es gibt nur zwei Typen von Münzen aus Kuchaman, einmal die "Bopushahi" genannte Rupie, seit 1789 unter Suraj Mal (1757-1790) in Ajmer im Namen Shah Alams II. geprägt wurde. Diese Rupie hat die eingefrorenen Daten AH 1203 und Regierungsjahr 31. Sie wurde unter dem nächsten Thakur im Prinzip unverändert nachgeprägt. Ein neuer Typ wurde ab 1863 im Namen Victorias geprägt. Die Rupien aus Kuchawan hatten den für Indien ungewöhnlichen Silberanteil von nur 750/1000el. Sie galten nur zehn Annas und drei Pies der britischen Währung, deren Rupie 16 Annas wert war. Die Münzen wurden deshalb weit verbreitet auch in den Nachbarstaaten; sie wurden meistens als "largesse money" also für Almosen, Tempelspenden, Hochzeitsgeschenke und Mitgiften verwandt. Hier eine Rupie, geprägt um 1800 in Ajmer. Die eingefrorenen Daten sind vollständig sichtbar. Münzzeichen sind das Schwert unter dem Datum und auf der Rückseite die aus acht Punkten bestehende Rosette und der Stab mit zwei Knoten in der oberen Zeile rechts. Das Stück hat 10,71 g., bei KM Nr. 276, Lingen K 20.06, Webb S. 50. - Grüße, KarlAntonMartini
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- ischbierra (So 23.04.23 14:39) • Numis-Student (So 23.04.23 16:40) • didius (Di 25.04.23 09:10) • Chippi (Fr 28.04.23 17:50) • Pfennig 47,5 (So 30.04.23 21:40)
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Re: Indische Fürstenstaaten
Das lateinische Alphabet ist in Indien als Ordnungsprinzip schwer zu handhaben. Das liegt an den vielen Sprachen Indiens und an einer sich ändernden Transskriptionspraxis. Ich nutze nolens volens die Schreibweise, die sich in der westlichen Numismatik eingebürgert hat. Kutch, der beinah inselförmige Staat an der Westküste Indiens zwischen der Halbinsel Kathiawar und dem Land Sind gelegen, heißt in älteren englischen Quellen Cutch, heute wird Kachchh für korrekt gehalten. Das Land war aufgrund seiner Abgelegenheit nur formal den Mughals unterworfen, litt jedoch im 18. Jahrhundert unter dynastischen Streitigkeiten und Bürgerkriegen. Die Briten wurden zur Hilfe gerufen und nach einer Pestepidemie 1812, an der die Hälfte der Bevölkerung starb und einem schweren Erdbeben 1819, das die Hauptstadt Bhuj zerstörte, wurde das Land britisches Protektorat. Die Briten setzten einen Vierjährigen als Maharao ein, der dann zunächst unter Vormundschaft der Ständevertreter und des britischen Residenten stand, dann aber bis 1860 eine sehr segensreiche Regierungstätigkeit führte (Desal II.).
Die regierende Dynastie gehörte zum Rajputen-Clan der Jadejas; diese waren den anderen Rajputen-Familien verdächtig, weil sie den islam mit hinduistischen Elementen vermischt hatten. Deshalb fanden sie für ihre Töchter zu wenig ebenbürtige Heiratskandidaten. Deshalb wurden weibliche Säuglinge oft umgebracht. Um 1800 gab es deshalb bei den Jadejas ein Verhältnis von 8:1 zwischen Söhnen und Töchtern. Die Briten und Desal II. wirkten hier massiv ein, aber es dauerte hundert Jahre, bis ein normales Geschlechterverhältnis erreicht wurde. Verboten wurde auch Witwenverbrennung und Sklavenhandel, der über lange Zeiträume von Sansibar aus geführt wurde.
Um 1900 lebten in Kutch etwa 470.000 Einwohner, mehrheitlich Hindus mit starken Minderheiten von Muslimen und Jainas. Das flache, trockene und großteils wüstenhafte Land, im Norden und Osten von Salzsümpfen, dem Rann von Kutch umgeben, ließ wenig Ackerbau zu. Tierzucht, vor allem von Kamelen, Seehandel mit Ostafrika, Arabien und dem Golf von Persien und Produktion edler Silber- und Seidenwaren führten dennoch zu einem guten Auskommen.
Kutch prägte seit 1617 eigene Münzen auf der Grundlage eines von Shah Jahangir verliehenen Münzregals. Allerdings prägte man keine Rupien sondern nahm sich die vom Nachbarstaat Nawanagar geprägten Münzen zum Vorbild. Die Silbermünze war der Kori, gut ein Drittel einer Rupie wert. In Kupfer gab es den Dokdo, 1/24el Kori, mit verschiedenen Teil- und Mehrfachstufen ausgeprägt. Von der Gestaltung nahm man sich wie Nawanagar viel ältere Münzen der Sultane von Gujarat zum Vorbild, typisch ist die Angabe der Jahreszahl AH 978. Häufig zeigen die Münzen den Katar, einen Dolch, der allerdings eher wie eine alte Schere aussieht, den Dreizack oder Trisul und eine Mondsichel. Pragmal II. (1860-1875) führte in Bhuj moderne Prägemaschinen ein, als größere Silbermünzen gab es jetzt solche zu 2 1/2 und zu 5 Kori. Die Münzen wurden seither mit dem namen des britischen Herrschers geprägt.
Hier eine Münze zu 5 Kori, geprägt in Bhuj 1936, VS 1992 im Namen von Edward VIII, (!), Die Kutchis waren schnell und hatten in der kurzen Zeit seiner Regierung einen kompletten Satz Silbermünzen und ein kupfernes 3 Dokdo Stück in Umlauf gebracht. Die Münze wiegt 13,91 g und ist aus 937er Silber, dieser Standard wurde von 1863-1948 aufrecht erhalten. Leider habe ich nirgends Angaben zu Prägezahlen gefunden und alle meine 5-Kori-Stücke sind ohne Umlaufspuren, weshalb ich vermute, daß die Stücke eher als Repräsentationsmünzen verwendet wurden. Bei KM als Y 67 und bei Norbert Bartonitschek: Das Geld von Kutch, Stolberg 1995 als Nr. 25.10. gelistet. Grüße, KarlAntonMartini
Die regierende Dynastie gehörte zum Rajputen-Clan der Jadejas; diese waren den anderen Rajputen-Familien verdächtig, weil sie den islam mit hinduistischen Elementen vermischt hatten. Deshalb fanden sie für ihre Töchter zu wenig ebenbürtige Heiratskandidaten. Deshalb wurden weibliche Säuglinge oft umgebracht. Um 1800 gab es deshalb bei den Jadejas ein Verhältnis von 8:1 zwischen Söhnen und Töchtern. Die Briten und Desal II. wirkten hier massiv ein, aber es dauerte hundert Jahre, bis ein normales Geschlechterverhältnis erreicht wurde. Verboten wurde auch Witwenverbrennung und Sklavenhandel, der über lange Zeiträume von Sansibar aus geführt wurde.
Um 1900 lebten in Kutch etwa 470.000 Einwohner, mehrheitlich Hindus mit starken Minderheiten von Muslimen und Jainas. Das flache, trockene und großteils wüstenhafte Land, im Norden und Osten von Salzsümpfen, dem Rann von Kutch umgeben, ließ wenig Ackerbau zu. Tierzucht, vor allem von Kamelen, Seehandel mit Ostafrika, Arabien und dem Golf von Persien und Produktion edler Silber- und Seidenwaren führten dennoch zu einem guten Auskommen.
Kutch prägte seit 1617 eigene Münzen auf der Grundlage eines von Shah Jahangir verliehenen Münzregals. Allerdings prägte man keine Rupien sondern nahm sich die vom Nachbarstaat Nawanagar geprägten Münzen zum Vorbild. Die Silbermünze war der Kori, gut ein Drittel einer Rupie wert. In Kupfer gab es den Dokdo, 1/24el Kori, mit verschiedenen Teil- und Mehrfachstufen ausgeprägt. Von der Gestaltung nahm man sich wie Nawanagar viel ältere Münzen der Sultane von Gujarat zum Vorbild, typisch ist die Angabe der Jahreszahl AH 978. Häufig zeigen die Münzen den Katar, einen Dolch, der allerdings eher wie eine alte Schere aussieht, den Dreizack oder Trisul und eine Mondsichel. Pragmal II. (1860-1875) führte in Bhuj moderne Prägemaschinen ein, als größere Silbermünzen gab es jetzt solche zu 2 1/2 und zu 5 Kori. Die Münzen wurden seither mit dem namen des britischen Herrschers geprägt.
Hier eine Münze zu 5 Kori, geprägt in Bhuj 1936, VS 1992 im Namen von Edward VIII, (!), Die Kutchis waren schnell und hatten in der kurzen Zeit seiner Regierung einen kompletten Satz Silbermünzen und ein kupfernes 3 Dokdo Stück in Umlauf gebracht. Die Münze wiegt 13,91 g und ist aus 937er Silber, dieser Standard wurde von 1863-1948 aufrecht erhalten. Leider habe ich nirgends Angaben zu Prägezahlen gefunden und alle meine 5-Kori-Stücke sind ohne Umlaufspuren, weshalb ich vermute, daß die Stücke eher als Repräsentationsmünzen verwendet wurden. Bei KM als Y 67 und bei Norbert Bartonitschek: Das Geld von Kutch, Stolberg 1995 als Nr. 25.10. gelistet. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Indische Fürstenstaaten
Hallo KarlAntonMartini!KarlAntonMartini hat geschrieben: ↑So 30.04.23 18:44In Kupfer gab es den Dokdo, 1/24el Kori, mit verschiedenen Teil- und Mehrfachstufen ausgeprägt.
Ich vermute in der Stückelung, die Einkaufstechnisch den Alltag abdeckte liegt die gute Erhaltung der 5 Kori Münzen, des weiteren funktionierte in solchen Dörfern der Tauschhandel.
Ansonsten, Danke für den interessanten Beitrag, mit den vielen unaussprechlichen Namen.
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Re: Indische Fürstenstaaten
Die 1947 noch über 600 Fürstenstaaten waren von den Briten zur Verwaltung nach ihrer Größe und Wirtschaftskraft in fünf Klassen eiIm eingeteilt; die Staaten der ersten Klasse korrespondierten mit der Zentralregierung oder mindestens mit einer der drei Präsidentschaften. Die kleineren Staaten wurden von Agenturen angeleitet und kontrolliert. Heute im östlichen Staat Gujarat belegen war die Rewa-Kantha-Agency, die 480.000 Einwohner und 61 Fürstenstaaten verwaltete. Davon war Lunawada einer der großen und deshalb in die 2. Klasse eingeteilt, dem Fürsten standen 9 Salutschüsse zu. Das Land hatte eine lange Tradition, das Herrscherhaus ging auf die mittelalterliche Chaulukya-Dynastie zurück und nannte sich Solanki; später wurden diese zu den Rajputen gezählt. Schon im Spätmittelalter wurde das Land unterworfen von den Sultanen von Gujarat, es folgten die Moghul-Herrscher und dann die Marathen als Herren. Die Briten als Protektor garantierten nach 1818 die Unabhängigkeit Lunawadas, die alte Tributpflicht an Gwalior blieb aber bestehen.
1872 hatte das Land etwa 75.000 Einwohner, überwiegend Hindus, dann auch Muslime und Jainas, die vom Herrscherhaus lange gefördert wurden. Die wirtschaftliche Situation entsprach derjenigen der Region Malwa oder Gujarat.
Seit britischer Zeit wurden kupferne Paisas und halbe Paisas in alter Hammertechnik mit sehr primitiv anmutenden Bildern geprägt. Das Münzwesen ist kaum erforscht, die bei Yeoman und KM gelisteten Typen sind vermutlich unvollständig, auch falsche Zuordnungen kommen vor. Hier ein Paisa mit 8,01 g. Auf der Vorderseite eine Lotosblüte, die Schriftzeichen sind nicht sinnvoll zu entschlüsseln, ein persisches S ist zu sehen, neben dem Lotos die Zahl 30 (?). Das könnte als VS 1930 = AD 1873 gelesen passen, die Münze wird Wakhat Singh (1867-1929) zugeschrieben. Auf der Rückseite in der unteren Hälfte scheint ein größerer Vogel (Storch/Reiher ?) abgebildet zu sein. Andere Münzen von Lunawada zeigen eine geöffnete Hand oder einen Löwen. Grüße, KarlAntonMartini
Nachtrag: Erst spät bekanntgeworden ist mir der Katalog: Sameer Panchal, Amit Mehta, Vinay Vadke: Heritage of Gujarat through coins (The Princely States of Chhota Udepur, Deogarh Baria, Lunavada and Sunth, Ahmedabad 2016. Das Buch listet die Münzen der genannten Staaten mit vielen Erklärungen im Detail und viel Text und Bildern zur Geschichte auf. - Die vorgestellte Münze hat dort die Katalognr. OS 11. Es handelt sich dabei um eine Überprägung des Paisa von Datel Singh (1851-1867), PM 120.
1872 hatte das Land etwa 75.000 Einwohner, überwiegend Hindus, dann auch Muslime und Jainas, die vom Herrscherhaus lange gefördert wurden. Die wirtschaftliche Situation entsprach derjenigen der Region Malwa oder Gujarat.
Seit britischer Zeit wurden kupferne Paisas und halbe Paisas in alter Hammertechnik mit sehr primitiv anmutenden Bildern geprägt. Das Münzwesen ist kaum erforscht, die bei Yeoman und KM gelisteten Typen sind vermutlich unvollständig, auch falsche Zuordnungen kommen vor. Hier ein Paisa mit 8,01 g. Auf der Vorderseite eine Lotosblüte, die Schriftzeichen sind nicht sinnvoll zu entschlüsseln, ein persisches S ist zu sehen, neben dem Lotos die Zahl 30 (?). Das könnte als VS 1930 = AD 1873 gelesen passen, die Münze wird Wakhat Singh (1867-1929) zugeschrieben. Auf der Rückseite in der unteren Hälfte scheint ein größerer Vogel (Storch/Reiher ?) abgebildet zu sein. Andere Münzen von Lunawada zeigen eine geöffnete Hand oder einen Löwen. Grüße, KarlAntonMartini
Nachtrag: Erst spät bekanntgeworden ist mir der Katalog: Sameer Panchal, Amit Mehta, Vinay Vadke: Heritage of Gujarat through coins (The Princely States of Chhota Udepur, Deogarh Baria, Lunavada and Sunth, Ahmedabad 2016. Das Buch listet die Münzen der genannten Staaten mit vielen Erklärungen im Detail und viel Text und Bildern zur Geschichte auf. - Die vorgestellte Münze hat dort die Katalognr. OS 11. Es handelt sich dabei um eine Überprägung des Paisa von Datel Singh (1851-1867), PM 120.
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- ischbierra (Mo 01.05.23 20:48) • Numis-Student (Fr 05.05.23 07:14) • Chippi (Fr 05.05.23 13:12) • didius (Sa 06.05.23 00:01)
Münzsammler seit 60 Jahren. Mitglied im Numismatischen Verein zu Dresden und der Oriental Numismatic Society.
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