Aachener Münzgeschichte (768-1271) Frage

Wie zahlten unsere Vorfahren? Was war überhaupt das Geld wert? Vormünzliche Zahlungsmittel

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Apuking
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Aachener Münzgeschichte (768-1271) Frage

Beitrag von Apuking » Sa 12.11.16 11:14

Hallo,

ich beschäftige mich zurzeit immer mehr mit den verschiedenen Altdeutschen Münznominale und dessen wert zu anderen Münztypen.
In zukunft möchte ich alle Altdeutsche Münztypen und Währungssysteme auf Numista schriftlich einfügen.

Hier ist es nicht immer leicht informationen zu finden.

Könnte jemand von euch mir hierbei helfen?
In Aachen zwischen den Jahren 768 und 1271 gab es folgende Münztypen:

Obol, Denar, As und Solidus

1 Denar sind 2 Obol, wie sieht es aber mit dem As und dem Goldsolidus im verhätltnis zum Denar aus?

Meine zweite Frage bezieht sich aus Aachen aus der Zeit von 1273 bis 1378.
Hier gab es nur 2 Münztypen, den Großpfennig und den Sterling nach Englischem Vorbild.
Waren beide Münzen im Wertverhältniss gleichgesetzt?

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Tube
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Re: Aachener Münzgeschichte (768-1271) Frage

Beitrag von Tube » So 13.11.16 08:21

Hallo Apuking

Erst einmal das Einfache, ein As oder auch Quadrans, Vierling ist 1/4 Denar.

Der Solidus, ich kenne nur Stücke von Ludwig dem Frommen, deren Prägestätte nicht wirklich gesichert ist, haben wohl keine Rolle im Aachener Zahlungsverkehr gespielt. Die Rückseitenumschrift, MVNVS DIVINVM = Göttliches Geschenk, lässt viel Raum zum spekulieren. Aber selbst wenn, wird man die Goldmünzen wohl als zweite eigenständige Währung ansehen müssen, deren Wert zum Silbergeld schwankte und immer wieder neu festgesetzt wurde. Wie später auch, was uns unter anderem durch die Rheinischen Münzverträge überliefert ist.

Der Großpfenig wurde auch nicht zeitgleich wie der Sterling geprägt. Der Großpfennig wurde immer unbeliebter, weil der Feingehalt immer weiter runter gesetzt wurde. So wurden ab Ludwig VII von Luxemburg wieder hochwertigere Münzen der Sterling geprägt. Vom Gewicht und Feingehalt entsprachen die Sterlinge den ersten Großpfennigen, aber nicht den Letzten. Mann musste auch mehr (alte) Großpfennige gegen (neue) Sterlinge tauschen.

Wenn Du wirklich das Verhältnis der Gold- zur Silberwährung aufführen willst, wirst Du wohl auf entsprechende Urkunden, sofern sie überliefert sind, zurückgreifen müssen. Die aber nur immer für bestimmte Typen zur bestimmten Zeiten galten. Sicherlich ist ein guter Großpfennig irgendwie gleichzusetzen mit einem guten Sterling, aber kann man das? Waren sie doch nicht zeitgleiches Zahlungsmittel.

Viele Grüße
Tube

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Re: Aachener Münzgeschichte (768-1271) Frage

Beitrag von Apuking » So 13.11.16 12:55

Halle Tube,

vielen Dank für diese wirklich ausführliche und aufschlussreiche Antwort.
Das klärt einiges. Mit dem Goldsolidus wird das wohl nicht so einfach zu ermitteln sein aber wie du beschrieben hast war diese für die Aachener Währungsgeschichte nicht von allzu großem historischem Wert.

Mit den Goldgulden und Dukaten aus späteren Aachener Prägungen, sind diese dann dem Wertverhältniss zu Silbermünzen wie von (1568-1655) zum Reichstaler und von (1645-1754) zur Aachener Marck also auch nicht so einfach zu errechnen?

Eine Frage hätte ich noch. Aachen hatte schon früh den Mariengroschen, erstmals 1491? könnte mir jemand sagen wie der wertverhältniss zum Tournosegroschen im 15 Jahrhundert war?

Entschuldigt die vielen Fragen aber ich hoffe das so eine Auflistung für die diversen Altdeutschen Staaten auch wenn diese nicht perfekt ist für Münzsammler in Zukunft von interesse sein könnte.

Schöne Grüße,

Paul

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Tube
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Re: Aachener Münzgeschichte (768-1271) Frage

Beitrag von Tube » Mo 14.11.16 06:02

Ich denke (denken heißt nicht wissen) der Solidus hatte überhaupt keine Bedeutung für die Aachener Währungsgeschichte. Man sollte auch mal an die Friesischen Nachahmungen denken, die wohl häufiger vorkommen als die Originalen. Da die Friesen ein bedeutendes Handels- und Seefahrervolk waren, stellt sich doch da die Frage, ob die Nachprägungen und somit auch die Originalen nicht Handelsmünzen für den Orient waren. Dazu würde auch gut die Umschrift passen, die keine Prägestätte angab.

Hätten die Karolinger Goldprägungen im Reich eine Bedeutung gespielt, hätten viel mehr Stücke überliefert sein müssen.

Zu Beginn war ein Goldgulden gleich einem Guldengroschen. In diesem Verhältnis wurde der Guldengroschen "erfunden". Aber da das Gold im Gegensatz zum Silber schnell anstieg änderte sich das Verhältnis. Es war nicht so, dass wenn man abends mit dem Goldgulden auf dem Markt ging, fünf Eier mehr bekam als am Morgen. Das Verhältnis hielt schon über Monate oder manchmal sogar Jahre.

Für ein genaues Verhältnis von Gold zu Silbermünzen müsste die Münzverträge zu Rate ziehen, die mit den neuen Prägungen wieder ein festes Verhältnis zwischen Gold und Silbermünzen herstellen wollten. Ab etwa Mitte des 17. Jahrhundert gab es Münzwertvergleichtabellen (Valvationstabellen) wo der Wert jeder einzelnen Münze der Prägeherren zum Reichstaler aufgeführt war.

Das Wertverhältnis zwischen den Tournosen und Mariengroschen ist wohl noch nicht geklärt. Ebenso ist nicht geklärt bis wann die Münzstätte in Jülicher Pfandbesitz befand und ab wann es eine Städtische Münzstätte war. Von 1489 bis 1498 stand der Münzmeister Johann van der Meer im Dienst des Aachener Rats. 1498 wurde die Münzstätte wieder geschlossen. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass sich die Münzstätte nicht noch im Jülicher Pfandbesitz befand und Aachen sie nur "angemietet" hatte.

Da in Aachen auch von 1430 bis 1489 keine Münzen geprägt wurden, sich die Münze aber in Jülicher Pfandbesitz befand, ist das eigentlich nur so zu erklären, dass die Herzöge von Jülich, später Jülich-Berg, das "Aachener Geld" im Herzogtum Jülich prägen ließen. Also das in Aachen das Jülicher Geld umlief. So hatte der Pfandinnhaber den Unterhalt einer Münzstätte gespart und erhielt trotzdem den Schlagsatz den die Aachener Münzstätte erwirtschaftet hätte.

Auffällig ist nun, dass die Turnosgroschen genau dem Gewicht der Jülich-Berger Bauschen und die Mariengroschen den Doppelbauschen entsprechen. Aber das ist hochspekulativ, da ich den Feingehalt nicht kenne.

Viele Grüße
Tube

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Re: Aachener Münzgeschichte (768-1271) Frage

Beitrag von Apuking » Fr 25.11.16 22:49

Toll vielen Dank für diese sehr Lehrreiche Antwort. Das man so ein Wertverhältnis noch nicht geklärt ist zeigt nur wie Faszinierend dieses Hobby ist und wie viel sogar noch in der Numismatik zu entdecken ist.

Gibt es solche Münzwertvergleichtabellen noch?
Ansonsten finde ich es oft nicht immer leicht informationen zu finden, die meisten Webseiten sind da zu unpräzise. Mit der Webseite von hagen-bobzin kann man noch was anfangen ist aber nicht komplett. Ansonsten von Alter literatur, was aber auch nicht immer einfach ist.

Um bei dem Aachener Währungssystem zu bleiben, 1568 ist der Taler zum ersten mal aufgetreten. Weißt du vielleicht auch wie dieser dann im Wert zu dem Schilling oder auch dem Heller in der Zeit von 1568 bis 1644 zu vergleichen war?

Kann man also auch nicht grob schätzen wie die Marck Münzen in der Zeit von 1645-1754 zu Goldgulden oder Dukaten Grobgesetzt im Wertverhältniss standen?

Tut mir leid wieder viel zu viele Fragen.

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Re: Aachener Münzgeschichte

Beitrag von Gerhard Schön » Mi 30.11.16 01:28

Stabil war in dieser Zeit nur das Währungssystem:
12 Heller = 1 Albus
24 Heller = 1 Mark
6 Mark = 1 Gulden

Die Anbindung an den Reichstaler war in Aachen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts variabel:
1 Reichstaler = 46 Mark (1619), 52 Mark (1647), 54 Mark (1659), 59 Mark (1661), 56 Mark (1706), 54 Mark = 9 Gulden (ab 1750)

Gruß,
gs
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