Lavamünzen

Wie zahlten unsere Vorfahren? Was war überhaupt das Geld wert? Vormünzliche Zahlungsmittel

Moderator: Locnar

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tilos
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Lavamünzen

Beitrag von tilos » Fr 25.08.23 18:44

Wohl seit dem 17. Jh. gibt es in Italien die Tradition, Geldstücke in noch frische Lava von Vulkanausbrüchen zu drücken um diese dann als Reiseandenken zu verkaufen. Bekannt ist das vom Vesuv aber auch vom Ätna. Die gelegentlich geäußerte These, dass man anhand der Datierung der eingelegten Münzen dieserart Stücke konkreten Vulkanausbrüchen zuordnen könne, halte ich für recht gewagt. Trotzdem interessiert mich natürlich die genauere Zuordnung der Münzen in meinen beiden Lavastücken, die ich vor nicht allzulanger Zeit recht preiswert erwerben konnte.
Auf dem einen Stück glaube ich Vittorio Emanuele II. zu erkenen. Es könnte eine 10 Centisimi-Münze sein. Was meint Ihr?

Gruß in die Runde Tilos

: Durchmesser der Stücke etwa 6,5 cm
1 av 24.jpg
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Lavamünzen rv 28.jpg

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Re: Lavamünzen

Beitrag von Numis-Student » Fr 25.08.23 18:59

Hallo,

irgendwo hatte ich erst neulich zu diesen Stücken nachgelesen, dass diese auch durch die Touristen auf dem Vulkan selbst angefertigt werden konnten. Der Reiseführer verlangte (2. Hälfte 19. Jhdt.) eine Lira dafür, dass er dem Touristen einen Klumpen Lava dafür aus einem "Loch" oder einem "Bach" schöpfte.

Also ist die Münze ziemlich sicher nicht aus dem Jahr des Vulkanausbruchs, v.a., wenn das Stück deutlichen Verschleiss vom längeren Umlauf zeigt.
Was man aber wohl recht sicher sagen kann: es waren die zu der Zeit gültigen Münzen, die die Touristen gerade in der Hosentasche hatten.

In meiner Vitrine liegt ein solches 20-Centesimi-Stück: https://en.numista.com/catalogue/pieces1958.html . ;-)

Schöne Grüße,
MR
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Re: Lavamünzen

Beitrag von tilos » Mo 28.08.23 19:52

Interessant wäre ja ein gedruckter Reiseführer oder eine Reisebeschreibung aus dem 19. Jahrundert, wo diese "Lava-Münzen-Herstellung" erwähnt wird, oder gar ein Foto davon abgebildet wird.

Beste Grüße
Tilos

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Re: Lavamünzen

Beitrag von Numis-Student » Mo 28.08.23 20:16

Uni Wien, Institut für Numismatik hat geschrieben: Wie sich alten Reiseführern entnehmen lässt, bot man auch eine „Do-it-yourself“-Touristenattraktion am Vulkan an. So durften die Besucher selbst, nach Angaben des Baedeker-Reiseführers für Italien aus dem Jahr 1896, für einen Franc – beziehungsweise eine Lira – selbst die Kupfermünzen in die noch flüssige Lava drücken und das erkaltete, ausgebrochene Stück als Souvenir mitnehmen. In dem Reiseführer wird zwar vor der Gefährlichkeit der flüssigen Lavaströme gewarnt, jedoch in einer Art, über die jeder heutige Sicherheitsbeauftragte betroffen den Kopf schütteln würde: Das einzige Sicherheitsrisiko, das man bei so einer Aktion eingehen würde, so steht es geschrieben, wären durch die Hitze angeschmolzene Schuhsolen und ein dadurch ruiniertes Schuhwerk.

--> https://bibliothek.univie.ac.at/sammlun ... 03933.html

Schöne Grüße,
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Re: Lavamünzen

Beitrag von Numis-Student » Mo 28.08.23 20:41

https://istituto.ingv.it/images/collane ... rno114.pdf

Hier gibt es auf Seite 7 sogar ein Foto, welches zwar die Herstellung einer Lavamedaille zeigt, was aber im Prinzip der gleiche erste Arbeitsschritt ist: Die Gewinnung eines weichen Klumpens Lava.

MR
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Re: Lavamünzen

Beitrag von tilos » Di 29.08.23 16:13

Lieber Malte,
das sind ja alles super Quellen, die Du hier für uns sprudeln lässt.
Herzlichen Dank und beste Grüße!
Tilos

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