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Unbekannter Arabo-Byzantiner o.ä.

Verfasst: Fr 02.05.08 22:57
von dionysus
Hallo liebe Orientalen Spezialisten,

Von der Maibörse in Hannover hab ich dieses Merkwürdige Teil mitgebracht.

AE Follis, Dm. max. 33mm

Avers:
Christusbüste mit Kreuznimbus. (Wie beim byzantinischen anonymen Follis Class A2)
Revers:
4 Zeilen orientalische Inschrift

Ich hab keinerlei Ideen zur näheren Einordnung der Münze. @Scheleck meinte noch vor Ort, dass bei dem Stück möglicherweise nur die Rückseite überprägt worden sei. Wirklich bestätigen kann ich das leider nicht.
Bei den Arturqiden von Hisn Kaifa und Amid hab ich unter Fakhr al-Din Qara Arslan (1144-1174) einen ähnlichen Follis gefunden. Vorderseite mit Christusbüste, Revers mit mehrzeiliger kufischer Inschrift. Nach kufisch schaut mir die Schrift auf meinem Stück allerdings nicht aus, eher eine Primitivform davon oder eine verballhornte griechische Legende.

Hat jemand eine Idee wo man dieses Stück unterbringen könnte?

Mit lieben Grüßen
Maico

Verfasst: Sa 03.05.08 15:21
von Afrasi
Moin!

Ich sehe nix orientalisches und erst recht nix kufisches. Kann aber auch an meinem Kopp liegen ... Wo soll das denn sein?

Tschüß, Afrasi

Verfasst: Sa 03.05.08 15:36
von dionysus
Hallo Afrasi,

Das Kufisch bezog sich auf ein ähnliches Stück, welches ich im Netz gefunden hab:
http://www.coinarchives.com/w/lotviewer ... 66&Match=1

Die Inschrift auf meinem Exemplar ist nicht kufisch, aber mit Sicherheit auch nicht byzantinisch. Vergleich mein Stück mal mit den folgenden byzantinischen Stücken:
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 78&Match=1
Die Inschrift weicht stilistisch stark ab, zudem gibt es die vielen Punkte über und unter der Inschrift auf keinem byz. Original.


Gruß
Maico

Verfasst: Sa 03.05.08 17:38
von Afrasi
Moin! Ich habe ja auch ein paar Byzantiner hier herumliegen. Aber diese Zeichen sehen mir trotzdem eher griechisch (Sigma und Chi beispielsweise) oder lateinisch (A, L, M, T, X) als kufisch aus ...

Tschüß, Afrasi

Verfasst: Sa 03.05.08 19:28
von dionysus
Dann könnte es vielleicht eine Imitation sein.
Man könnte in der 3. Zeile u.a. ein retrogrades IL lesen. Regulär stünde hier BASILEUS. Das Kreuz oben links hätte auch seine Entsprechung auf den Originalen.

Regulär ist das Stück ganz sicher nicht. :roll:

Gruß
Maico

Verfasst: Sa 03.05.08 20:44
von klaupo
Man könnte ja auch mal in dieser Richtung weitersuchen:

http://www.coinarchives.com/w/lotviewer ... 8&Lot=1317

Gruß klaupo

Verfasst: Sa 03.05.08 20:45
von Afrasi
dionysus hat geschrieben:Regulär ist das Stück ganz sicher nicht. :roll:
Gruß Maico
Moin! Man bloß keine Flunsch ziehen! Reguläre Münzen sind was für Langweiler ... ;-)


Tschüß, Afrasi

Verfasst: Sa 03.05.08 20:55
von dionysus
Hallo,

@Klaupo, ja in die Richtung hatte ich auch schon gedacht. Das mir zur Verfügung stehende Material hab ich durchgewälzt und nichts in der Richtung gefunden. Die Klasse A2 scheint mir bald etwas zu früh hergestellt worden zu sein (ca. 976-1020) um von den Normannen oder Kreuzfahrern imitiert zu werden. Der Roger auf Sizilien z.B. hat zwar eine ganze Fülle an Münzen in Anlehnung an byz. Vorbilder herausgegeben, aber es sind doch immer eigenständige Typen, die ihn eindeutig in der Legende identifizieren. Bisher ist mir auch noch kein Kreuzfahrer mit einer derart verballhornten griech. Legende Begegnet.

@Afrasi, das Stück finde ich höchst interessant und gerade weils nicht der Norm entspricht hab ichs ja auch gekauft :)

Bei Coinarchives hab ich übrigends mittlerweile eine Imitativprägung zu den A2 finden können, diese sieht im Stil allerdings viel viel besser gelungen aus. Aber es gibt sie zumindest...
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 98&Lot=670

Liebe Grüße
Maico

Verfasst: So 04.05.08 11:29
von Wurzel
Hallo Maico,

der Typ A2 ist imitiert worden, im DOC findet man unter der Nummer A2.52 mehrere Imitationen, teilweise mit komplett retrograder schrift.
Wobei dein Stück tatsächlich noch ein Stück primitiver ausschaut als die im DOC abgebildeten Münzen.

Interessant ist die Fußnote

Da wird zusammengefasst gesagt, das man die Imitationen nicht im Katalog bearbeitet hat, aber das es da keinen einfachen Weg der Unterscheidung zwischen den Imitationen und den regulären Ausgaben gibt.
Grobe Inschriften, falsche ornamente usw seien die einzigen Kriterien. Man schließe daher nicht aus, das die eine oder andere (gelungene) Imitation im "offiziellen" Katalog gelandet sei.

Auch wird auf einen Fund von ausschließlichen Imitationen in den 50gern in Bulgarien verwiesen...........
Mann könnte jetzt mutmaßen, das die Bulgaren nicht nur Schüsseln imitiert haben, sondern damit schon wesentlich früher begonnen haben.

Micha

Verfasst: So 04.05.08 14:01
von dionysus
Hallo Micha,

Hab vielen Dank für diese wertvollen Informationen. Gibt der DOC Abbildungen zu zu den Imitationen?
Interessant wäre es auch zu wissen ob der bulgarische Fund irgendwo veröffentlicht wurde.

Liebe Grüße
Maico

Verfasst: So 04.05.08 14:06
von Wurzel
Hallo maico,

ja vier Münzen sind dort abgebildet, aber die schauen alle nicht ganz so "impressionistisch" aus wie deine ;-)

Ich stelle heute Abend nach Dienstschluss mal einen Scan ein.

Micha

Verfasst: So 04.05.08 14:09
von dionysus
Vielen Dank, das wäre sehr lieb.

Gruß
Maico

Verfasst: So 04.05.08 21:45
von Wurzel
Hallo Maico,

wie versprochen der Scan der Münzen und als Dreingabe die erwähnte Fußnote. Leider ist mir bei der ersten Münze ein Stück vom Avers flöten gegangen, aber ich denke das reicht für das was du brauchst.

Micha