Damit meine altdeutsche Pfennigsammlung nicht als bloße Trophäenausstellung verkommt, streue ich zwischen die Tafeln mit den digitalisierten Münzen nach und nach weitere Tafeln ein, die sich geschichtlichen Hintergründen und anderem Drumherum widmen. Das komplette Wochenende habe ich mir Zeit genommen, mich endlich mal wieder auf diesem Gebiet ein wenig statistisch und sodann auch schriftstellerisch zu betätigen. Weil ein im Forum aufgeworfenes Thema berührt ist, packe ich den Text mit zugehörigen Diagrammen hier rein. Wenngleich der Inhalt auf altdeutsche Pfennige zugeschnitten ist, lässt sich auch für andere Sammelgebiete sicher etwas daraus entnehmen.
Seltenheitsgrade
Der Seltenheitsgrad einer Münze wird in der Numismatik gemeinhin durch die Anzahl der „R“ ausgedrückt:
häufige Münzen erhalten kein „R“,
R = selten,
RR = sehr selten,
RRR = außerordentlich selten,
RRRR = große Seltenheit.
Prinzipiell ist dieses System brauchbar und gelangt daher auch auf jeder der folgenden Münztafeln zur Anwendung.
Problematisch ist gleichwohl, dass sich im Münzhandel zu ein und derselben Münze durchaus unterschiedliche Angaben zu ihrer angeblichen Seltenheit finden. Sei es, dass Händler mit überhöhten Angaben den Verkauf ankurbeln oder höhere Preise durchsetzen wollen. Sei es, dass unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe zugrunde gelegt wurden, wie der Seltenheitsgrad einer Münze zu ermitteln sei. Seltenheitsangaben können rein subjektiv erfolgt sein oder beispielsweise nach der Häufigkeit der betreffenden Münze auf dem Münzmarkt der letzten Jahre. Worauf sich die Einstufung auch immer stützen mag, bleibt leider undurchsichtig. Zudem sind aufgrund unterschiedlicher Methoden die anzutreffenden Angaben zur Seltenheit nicht miteinander vergleichbar.
Um diesem Mangel abzuhelfen erfolgt hier eine marktbasierte Einschätzung ihrer Seltenheit. Der Preis einer Münze ergibt sich nicht allein daraus, wie häufig sie auf dem Markt angeboten wird, sondern auch wie beliebt das jeweilige Sammelgebiet ist. Eine noch so selten auf dem Markt anzutreffende Münze mag relativ gesehen doch einigermaßen häufig sein, weil sie kaum jemand sammeln möchte. Ebenso kann eine Münze, obwohl sie weitaus häufiger am Markt anzutreffen ist, dennoch nicht annähernd dazu ausreichen, die große Nachfrage der Sammler zu befriedigen.
Aus Angebot und Nachfrage bestimmt sich der Preis, zu dem eine Münze gehandelt wird. Marktpreise lassen sich in relative Seltenheitsangaben übersetzen. Je höher der Preis einer Münze bei vergleichbarer Erhaltung ist, desto mehr übersteigt die Nachfrage das Angebot auf dem Markt. Da Münzen in der durchschnittlichen Erhaltung sehr schön am häufigsten anzutreffen sind, bieten sich die Marktpreise dieser Erhaltungsstufe besonders an, um Seltenheitsgrade zu ermitteln. Gegenüber der durchschnittlichen Erhaltung ist in der Erhaltung vorzüglich der Marktpreis zumeist etwas mehr als verdoppelt. Bei der seltenen und dementsprechend gesuchten Erhaltung Stempelglanz erreichen die Preise ein Vielfaches.
In der Erhaltung sehr schön reicht bei altdeutschen Pfennigen die Marktspanne von einem Euro bis hin zu ungefähr 2000 Euro, die für extrem seltene Stücke gezahlt werden. Diese Spannbreite verteilt sich auf die fünf Seltenheitsgrade ungefähr so:
häufig 1 bis 40 Euro,
selten 41 bis 100 Euro,
sehr selten 101 bis 250 Euro,
außerordentlich selten 251 bis 500 Euro,
große Seltenheit 501 bis 2000 Euro.
Unter Zugrundelegung dieser Einstufungen und gestützt auf eine Datenbank zu 5422 altdeutschen Pfennigen des 17. bis 19. Jahrhunderts ergibt sich das Diagramm 00/01: Zu 58 Prozent zählen altdeutsche Pfennige demnach zu den häufigen Münzen. Zusammen mit der Stufe der seltenen Pfennige lassen sich somit Dreiviertel aller altdeutschen Pfennige zu moderaten Preisen erwerben, sofern der Sammler durchschnittliche Erhaltungen akzeptiert.
Diagramm 00/01: Prozentuale Verteilung der in der Datenbank erfassten 5422 altdeutschen Pfennigmünzen auf die fünf Erhaltungsstufen.
Das verbleibende Viertel der sehr seltenen bis hin zu den extrem seltenen Pfennigen geht hingegen durchaus ins Geld, sofern man dieser Stücke selbst in durchschnittlicher Erhaltung überhaupt habhaft wird. Obwohl sich von Seltenheitsgrad zu Seltenheitsgrad die Preisspanne immer mehr vergrößert, gehören von Stufe zu Stufe zugleich immer weniger Münzen dem jeweiligen Grad an. Zur obersten Stufe große Seltenheit zählen gerade mal noch zwei Prozent der Pfennige, obwohl mit der Spanne von 501 bis 2000 Euro Dreiviertel des Wertbereichs von dieser Stufe abgedeckt werden.
Im Vergleich zu diesem Gesamtbild nimmt sich die eigene Sammlung von knapp 2000 altdeutschen Pfennigmünzen des 17. bis 19. Jahrhunderts bescheidener aus (Diagramm 00/02). In ihr sind prozentual deutlich weniger sehr seltene, außerordentlich seltene und Pfennige von großer Seltenheit vertreten. Selbst seltene Pfennige reichen mit 15 Prozent nicht ganz an die 17 Prozent der breiter gefassten Datenbank heran. Wie wohl auf die meisten Sammlungen so trifft auch auf die eigene zu: Häufige Münzen sind darin überproportional vertreten.
Diagramm 00/02: Prozentuale Verteilung der eigenen 1962 altdeutschen Pfennigmünzen auf die fünf Erhaltungsstufen.
Die allgemeine Annahme, dass ältere Münzen sich gemeinhin in geringerer Zahl bis heute erhalten haben, als dies bei neueren Münzen der Fall ist, wird von der ausgewerteten Datenbank zu 5422 Pfennigmünzen des 17. bis 19. Jahrhunderts erwartungsgemäß bestätigt (Diagramm 00/03). Pfennigmünzen des 19. Jahrhunderts setzen sich zu 89 Prozent aus häufigen und lediglich zu acht Prozent aus seltenen Stücken zusammen. Sehr seltene Münzen machen in diesem Jahrhundert nur zwei Prozent aus.
Diagramm 00/03: Prozentuale Verteilung der in der Datenbank enthaltenen 5422 Pfennigmünzen des 17., 18. und 19. Jhs. auf fünf Seltenheitsgrade.
Unter den Münzen des 18. Jahrhunderts verdoppelt sich sodann der Anteil seltener und sehr seltener Pfennigmünzen auf zusammen 19 Prozent, wogegen häufige Stücke auf 80 Prozent zurückgehen.
Drastisch bricht der Anteil häufiger Münzen im 17. Jahrhundert auf lediglich noch 24 Prozent ein. Im Gegenzug steigt der Anteil aller Seltenheitsgrade, insbesondere der nur in sehr wenigen Stücken überlieferten Pfennigprägungen der Kategorien außerordentlich selten und große Seltenheit stark an. Eine vollständige Sammlung der Pfennige des 17. Jahrhunderts ist angesichts dessen nicht zu erreichen, sondern der Anreiz kann für den Sammler nur darin bestehen, sich diesem Zustand einigermaßen anzunähern.
Beim Vergleich mit der breit gefassten Datenbank zeigt die Auswertung der eigenen Sammlung (Diagramm 00/04) ein sehr ähnliches Bild. Die Seltenheitsgrade des 18. und 19. Jahrhunderts sind in der eigenen Sammlung nahezu identisch vertreten wie in der Datenbank. Diesbezüglich darf die Sammlung als nahezu repräsentativ gelten.
Diagramm 00/04: Prozentuale Verteilung der eigenen 1962 Pfennigmünzen des 17., 18. und 19. Jhs. auf fünf Seltenheitsgrade.
Eine größere Abweichung zeigt sich hingegen unter den in der Sammlung vorhandenen Pfennigen des 17. Jahrhunderts, wo häufige Stücke mit 31 Prozent überproportional vertreten sind gegenüber dem Wert von nur 24 Prozent in der Datenbank. Um ein repräsentativeres Abbild auch der Münzen des 17. Jahrhunderts zu erlangen, fehlen der eigenen Sammlung vornehmlich sehr seltene und außerordentlich seltene Münzen dieses Zeitraums.
Diese Abweichung stellt aber nicht den Hauptgrund dafür da, dass, wie zuvor im Diagramm 00/02 festgestellt, sich häufige Pfennige überproportional in der eigenen Sammlung befinden. Vielmehr offenbart der Vergleich zwischen Datenbank und eigener Sammlung (Diagramm 00/05), dass nicht nur ausgesprochen seltene Münzen des 17. Jahrhunderts deutlich zu wenig in der Sammlung enthalten sind, sondern in diesem Jahrhundert allgemein noch großer Aufholbedarf besteht.
Diagramm 00/05: Prozentuale Verteilung der Pfennigmünzen auf das 17., 18. und 19. Jh. in der Datenbank sowie in der eigenen Sammlung.
Obwohl nahezu jedes Jahr der Großteil des Budgets in den Ankauf von Pfennigen des 17. Jahrhunderts fließt und diese mittlerweile 57 Prozent des Sammlungswerts ausmachen (Diagramm 00/06), sind sie statistisch betrachtet nach wie vor unterrepräsentiert in der Sammlung.
Diagramm 00/06: Anteil der Pfennigmünzen des 17., 18. und 19. Jhs. am Sammlungswert.
Die hohe Seltenheit unter den Münzen des 17. Jahrhunderts ist nur in geringem Maß dem Umstand geschuldet, dass im 17. Jahrhundert noch sehr viele Pfennige auf dem Edelmetall Silber geprägt wurden. Vielmehr sind die Kupferpfennige dieses Jahrhunderts fast genauso selten, wie der Vergleich zwischen den Diagrammen 00/07 und 00/08 zeigt. Viele Silberpfennige fielen den Kippern und Wippern in den Jahren 1621/22 zum Opfer und wurden eingeschmolzen. Den in diesen beiden Jahren geprägten Kipperpfennigen aus Kupfer fehlte jedoch die Akzeptanz. Das Währungssystem drohte einzustürzen, und sie wurden rasch verrufen. Danach herrschte Kleingeldmangel, da nicht allein unter den Bedingungen des andauernden 30jährigen Krieges nur unzureichend Silberpfennige geprägt wurden, sondern das Ausprägen von vollgewichtigen Silberpfennigen defizitär war.
Größere Unterschiede in der Rarität zwischen Silber- und Kupferpfennigen treten erst auf, als Silberpfennigprägungen im 18. Jahrhundert deutlich zurückgingen und zu Beginn des 19. Jahrhunderts gänzlich eingestellt wurden. Der Wert eines Pfennigs war dermaßen gesunken, dass er kaum noch aus Silber hergestellt werden konnte. Nun setzten sich Kupferpfennige durch.
Diagramm 00/07: Prozentuale Verteilung der eigenen Silberpfennigmünzen des 17., 18. und 19. Jhs. auf fünf Seltenheitsgrade.
Diagramm 00/08: Prozentuale Verteilung der eigenen Kupferpfennigmünzen des 17., 18. und 19. Jhs. auf fünf Seltenheitsgrade.
Die Kupferprägungen des 18. und 19. Jahrhunderts erfolgten in so hoher Stückzahl, dass davon zumeist reichlich Exemplare überliefert sind, die auf dem heutigen Münzmarkt vergleichsweise günstig zu bekommen sind. Das Sammeln von Kupfermünzen des 18. und 19. Jahrhunderts erfordert wesentlich geringere finanzielle Mittel und besitzt aufgrund zahlreicher Stempelvarianten gleichwohl einen Reiz, der erst in den 1840ern mit identischen Münzstempeln verfliegt.