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Re: Schüsselchen

Verfasst: So 13.03.11 15:19
von leodux
Hallo,

entgegen der sonst üblichen Definition von Vorder- und Rückseite wird seltsamerweise bei den Schüsseln die Außenseite als Vorderseite betrachtet und dort ist bei diesem Münztyp das nimbierte Brustbild des Christus abgebildet.
Dein Foto dieser Außen- bzw. Vorderseite steht auf dem Kopf.
Ich habe das Foto mal um 180 Grad gedreht, und dann wird der "Zweig" zu einem Teil des Heiligenscheins. Durch die Doppelprägung ist der rechte Teil des Heiligenscheins leicht nach unten versetzt.
Ich denke, auf dem gedrehten und beschrifteten Foto wird es deutlicher:
[ externes Bild ]

Doppel- und auch Dreifachprägungen sind bei den Schüsseln leider üblich und dadurch wird die Prägung oft stark verzerrt. Und weil die Stempel normalerweise nicht bei beiden Schlägen identisch angesetzt waren, passen die beiden Hälften dann nicht richtig zueinander. Oft scheinen dadurch Dinge auf der Münze vorzukommen, die gar nicht da sind, sondern einfach durch die Überdeckung der beiden Prägungen entstanden sind.

Viele Grüße
Peter

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 13.03.11 16:20
von Numis-Student
leodux hat geschrieben:Hallo,

entgegen der sonst üblichen Definition von Vorder- und Rückseite wird seltsamerweise bei den Schüsseln die Außenseite als Vorderseite betrachtet und dort ist bei diesem Münztyp das nimbierte Brustbild des Christus abgebildet.

Viele Grüße
Peter
Hallo Peter,
es ist schon (nach beiden numismatischen Definitionen) die Vorderseite:

Vs ist bei antiken Münzen die Seite aus dem Unterstempel (der Unterstempel hält länger und ist daher für die wichtigere Seite reserviert: bei den klassischen Griechen meist ein Götterkopf, bei den Römern die Kaiserseite))

und

Vs ist die "staatsrechtlich wichtigere" Seite. Und bei den tiefgläubigen Byzantinern ist doch selbstverständlich der Sohn Gottes höherrangig als ein Kaiser ;-)



Daher (und aus Gründen der scheuernden Wirkung von Unterlagszetteln) sollten die Schüsselchen auch mit der Vs nach oben auf den Tabletts gelagert werden.
Schöne Grüße,
MR

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 13.03.11 16:26
von Arminius
Da ich diese soeben abgebildet und (scheinbar?) bestimmt habe und über diesen Thread stolpere:
Dies sollte-könnte-müßte (nach meiner bescheidenen Meinung) ein "Schüsselchen" des Theodoros I. (Comnenus-Lascaris) von Nikaia sein:

[ externes Bild ]

Billon Trachea (27-29 mm / 4,16 g),
Av.: MHP - ΘV , die Jungfrau mit Christkind auf dem Schoß
Rev.: [ΘEOΔωP]OC - O Θ[EOΔωPOC], Theodoros und St. Theodoros, mit Patriarchen-Kreuz dazwischen.
Sear 2061 :?:

:)

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 13.03.11 17:10
von leodux
Hallo MR,

da hast du natürlich Recht.
Aber bei den meisten Münzen ist doch die Seite mit dem Herrscher die Vorderseite und auf der Rückseite sind Götter oder später Heilige abgebildet und das ist eigentlich auch bei den Byzantinern (z.B. bei den Tetartera) so. Dass das bei den Scyphaten anders ist, hat mich damals sehr irritiert, als ich vor ca. 6 Jahren mein erstes Schüsselchen bekommen habe. Diese Irrititation wurde bei mir auch nicht dadurch beseitig, dass man diese Definition schlüssig begründen kann.
So fotografiere ich z.B. meine eigenen Schüsseln immer noch so, dass ich links die Seite mit dem Kaiser und rechts das eigentliche Avers habe. Ich weiß, dass das eigentlich falsch ist, aber so gefällt es mir einfach besser. ;)
Ich habe mich schon ein paar mal gezwungen, die Fotos von neuen Schüsseln "richtig" nebeneinander anzuordnen, aber bisher hat es nie lange gedauert und ich habe die Fotos wieder vertauscht, so dass der Kaiser wieder links war. Egal wie der Kaiser heißt, irgendwie will der bei mir nicht nach rechts auf die Seite der Rückseite. :roll:

Viele Grüße
Peter

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 13.03.11 17:17
von Numis-Student
Hallo Peter,
auch hier: http://www.google.de/imgres?imgurl=http ... sgbNp-ysBA ist die Seite mit Christus oder Heiligendarstellung als Vs abgebildet ;-)
MR

ps: auch ich fotografiere sie in der Regel "verkehrt", da auch die Kaiserseite oft schöner ist als die Vs...

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 13.03.11 17:22
von leodux
Hallo Arminius,
Arminius hat geschrieben:Dies sollte-könnte-müßte (nach meiner bescheidenen Meinung) ein "Schüsselchen" des Theodoros I. (Comnenus-Lascaris) von Nikaia sein
ja, ganz genau, das ist Sear 2061 und dazu noch ein besonders schön ausgeprägtes Exemplar. Glückwunsch zu dem schönen Stück!
Mein eigener Theodor ist längst nicht so schön. :cry:

Viele Grüße
Peter

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 13.03.11 17:33
von leodux
Hallo MR,
Numis-Student hat geschrieben:Hallo Peter,
auch hier: ... ist die Seite mit Christus oder Heiligendarstellung als Vs abgebildet ;-)
stimmt ja, bei den Tetartera wird auch die Seite mit dem Kaiser als Rückseite betrachtet. :shock: Vielen Dank für den Hinweis! Da hatte ich jetzt wohl Fotos aus Auktionskatalogen in Erinnerung, bei denen das anders herum dargestellt war. Oder es entsprach einfach meiner persönlichen Vorstellung von Vorder- und Rückseite, denn auch meine wenigen Tetartera habe ich wider besseren Wissens und mit voller Absicht "falsch" fotografiert.

Viele Grüße
Peter

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 13.03.11 18:37
von Wurzel
Hallo,

die Byzantiner bezeichneten Jesus auch als König der Könige und der Stand als solches über dem Kaiser der damit seinen Platz auf dem Avers selbstverständlich an die göttlichen Personen abtrat. Das dies bei Schüsselmünzen zufällig die Seite mit der größeren Abnutzung ist war sicherlich Zufall ;-)

Zieht mal dazu als Vergleich die Anonymen ran, da steht es ja sogar auf dem Revers

http://www.youtube.com/watch?v=JKBB8JzEcc4

http://www.youtube.com/watch?v=-chDmkapRro

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 13.03.11 20:59
von leodux
Hallo Wurzel,

da die Vorderseite nicht nur schneller abgenutzt wurde, sondern auch die Vorderseitendarstellungen deutlich häufiger als die der Rückseite bis zur Unkenntlichkeit verprägt waren, dürfte es den Kaisern bei den Schüsseln relativ leicht gefallen sein, die Vorderseite an den Basileus Basileon und seine Mutter abzutreten. :D

Viele Grüße
Peter

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 07.08.11 12:57
von Numis-Student
So, nachdem alle "Zwischenfragen" abgehandelt wurden, möchte ich nun mit meinen letzten 3 schönen Schüsseln fortfahren :-)

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 07.08.11 13:00
von Numis-Student
und die letzte.

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 07.08.11 16:10
von leodux
Hallo MR,

11) Bulgarische (?) Imitiation, Typ A
Nachahmung einer Trachy von Manuel I.
Avers: Thronender Christus zwischen zwei Sternen (hier kaum zu erkennen, Doppelprägung?)
Revers: Kaiser (bzw. Zar) steht mit Labarumzepter und Kreuzglobus und wird von Muttergottes gekrönt
Meinen eigenen bulgarischen Manuel hatte ich oben in diesem Thread ja schon verlinkt.
Deine Münze weicht im Stil ebenfalls deutlich vom Original Manuels ab. Meine Vermutung ist, dass diese stilistisch stark abweichenden Stücke relativ spät geprägt wurden. Einen Beleg für diese Vermutung habe ich aber nicht.

12) Alexios III. (1195-1203)
Billon Aspron Trachy, Konstantinopel
Avers: Brustbild Christi, Variante mit zusätzlicher Umschrift KE ROHOEI (man denke sich griechische Buchstaben) = 'Herr, hilf...'
Revers: Kaiser und St. Konstantin stehend, jeweils mit Labarumzepter, zwischen sich einen Kreuzglobus haltend
Sear 2012

13) Alexios III. (1195-1203)
Billon Aspron Trachy, Konstantinopel
Avers: Brustbild Christi, anscheinend ohne zusätzlicher Umschrift
Revers: Kaiser und St. Konstantin stehend, jeweils mit Labarumzepter, zwischen sich einen Kreuzglobus haltend, Variante mit Andreaskreuz und fünf Punkten im 'Gürtel' von Alexios
Sear 2011
(evtl. auch Sear 2013. Soweit ich die Umschrift auf der Rückseite erkennen kann, aber eher Sear 2011)

Viele Grüße
Peter

Re: Schüsselchen

Verfasst: So 07.08.11 17:13
von Numis-Student
Hallo Peter,
danke für die schönen Bestimmungen :-)
Morgen stelle ich dann noch die restlichen "Schrottis" ein, dann sind erstmal alle Schüsselchen durchbestimmt :-)
MR

Re: Schüsselchen

Verfasst: Fr 04.05.12 21:08
von Numis-Student
Ich hätte mal wieder 2 :oops:

Re: Schüsselchen

Verfasst: Fr 04.05.12 22:40
von leodux
Hi,

bei der oberen Münze fehlt das Foto der Vorderseite, aber ich vermute, dass dort die Christusbüste zu sehen ist.
Dann handelt es sich um eine Trachy von Alexios III. (1195-1203), Sear 2011-2013.
Oder, da stilistisch leicht abweichend, vielleicht auch eine bulgarische Imitation dieses Münztyps. Aber da bin ich mir mal wieder nicht sicher.

Die untere Münze ist eine Trachy von Isaak II. (1185-1195), Sear 2003.
Wenn ich das richtig sehe, dann ist es die etwas seltenere Variante mit den Punktkreuzen rechts und links der Maria.

Viele Grüße
Peter