Wann beginnt Byzanz ?

Münzen des alten Byzanz

Moderator: Wurzel

Truben
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Beitrag von Truben » Mi 20.12.06 21:38

Na, das Thema schlägt doch ein und lockt zum Disput. :D Sicher hat Pscipio recht: das Thema ist bloßer aber eben interessanter Müßiggang ohne praktische Folgen. Und man kann einiges lernen ;-)
Wurzel hat geschrieben: Die BRD ist nicht das Deutschland von 1878 und, Gott sei Dank!, auch nicht das Deutschland von 1933 - 1945, aber dennoch irgendwie Deutschland. Als neuer Staat eben die BRD.
So leid mir das tut, die BRD IST leider auch das sog. 3. Reich und das deutsche von 1878. Sie ist deshalb z.B. völkerrechtlich verpflichtet, Entschädigung zu leisten für die Verbrechen dieser Zeiten. Anderes Beispiel: die heutigen Zahlungen des Staates an die Kirchen (Grundlage: Staatskirchenverträge) entspringen der fortgesetzten Gültigkeit der im Gegenzug zur Enteignung der Kirchen durch den Reichsdeputationshauptschluss am 25. Februar 1803 gefaßten Verpflichtung zur Finanzierung der Kirchen durch den Staat (damals die Fürsten). Anfang der 1920er Jahre gab es dann noch einmal einen ähnlichen Prozess, der zur Aufnahme dieser Verpflichtung des Staates in die Weimarer Verfassung führte (weil: die Fürsten als territoriale Herrscher gab es ja da nicht mehr). Auch dies ist fortgesetzt geltendes Recht. Der entsprechenden Passus ist in Art. 140 des heutigen GG verankert. Wicki schreibt hierzu:
Das Bundesverfassungsgericht stellte am 31. Juli 1973 bei der Überprüfung des Grundlagenvertrags mit der DDR fest (2 BvF 1/73):
Das Deutsche Reich existiert fort, ... Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert […]. Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht „Rechtsnachfolger“ des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat „Deutsches Reich“...
...Die Bundesrepublik Deutschland könne also nicht als Nachfolgestaat angesehen werden, sondern sei vielmehr als Staat identisch mit dem Staat Deutsches Reich und nicht dessen Nachfolger. Damit wird eine staatsrechtliche Identität, die 1871 mit dem Deutschen Kaiserreich und 1866 mit dem Norddeutschen Bund begann, unter der Bezeichnung Bundesrepublik Deutschland fortgeführt."
Mit den Augen eines Juristen und Historikers - und bei allen Unterschieden in der Verfasstheit des Deutschen Kaiserreiches, der Weimarer Republik, des sog. 3. Reiches und der BRD - dies ist kontinuierlich Deutschland. So wie es kontinuierlich das Römische Reich gab. Bis 1453.
Liebe Grüße
Truben
Zuletzt geändert von Truben am Mi 20.12.06 21:58, insgesamt 1-mal geändert.

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Wurzel
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Beitrag von Wurzel » Mi 20.12.06 21:57

Einspruch,

wenn die Kultur! (das Meine ich) der BRD der Kultur! des 3. Reiches entspricht wandere ich sofort nach Tibet aus!
Kein scherz!

Ich meinte nicht die rechtliche Komponente, sondern schon die Gesellschaftliche.

Und nun zurück zu Byzanz

Liebe Grüße Michael
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Truben
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Beitrag von Truben » Do 21.12.06 09:55

Lieber Michael, Einspruch stattgegeben: klar hat sich die Kultur gewandelt. Kannst also hier bleiben und musst nicht in den Tibet. :) Obwohl - es gibt da sicher feine alte Münzen...
Liebe Grüße
Truben

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helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Do 21.12.06 10:41

Ja, die sogenannten Teeziegel - die hatten den Vorteil, dass man sie auch noch trinken konnte! :-)
Viele Grüße
helcaraxe
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ghost of anastasius
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Beitrag von ghost of anastasius » Do 21.12.06 11:29

Vielen Dank für Eure interessanten Beiträge.
Ich sehe Byzanz vermutlich immer überwiegend von der sprachlichen und kulturellen Seite.
Natürlich ist es jedoch richtig, wenn man vom Byzantinischen Staat spricht, eben auch die staatsrechtliche Seite zu sehen.
Ich bin kein Jurist, aber vermutlich habt Ihr tatsächlich Recht, dass sich diesbezüglich mehr Kontinuität als Bruch nachweisen lässt.
Ich teile auch spätrömers Interpretation, dass Manuel II eher ein legitimer Nachfolger des Constantin oder Zeno ist als der "Franke" Karl.

Ich stelle also fest, dass und an diesem Punkt komme ich immer wieder in Diskussionen an,
Byzanz ein kulturell und sprachlich überwiegend Griechisch / Orientalischer Staat in direkter und legitimer Rechtsnachfolge des antiken Rom ist.

Dennoch noch einmal zu einem Punkt:

Die Eigenbezeichnung der Byzantiner als Romaion ist keineswegs durchgängig, Anna Komnene zum Beispiel redet
in ihrer "Alexias" von sich selbst und den ihren als Griechen, nicht als Romaion und Anna war die mit Sicherheit gebildetste Byzantinerin der ganzen 1000 Jahre Byzanz.

Wie schon gesagt, wenn ich Eigenbezeichnungen oder gar Titel als Hauptkriterium akzeptieren wollte,
müsste ich nicht nur die Byzantinische Geschichte neu schreiben. ( Heiliges Römisches Reich Deutscher Nationen etc. ... )

Ansonsten wäre natürlich interessant zu erfahren, was ein Byzantiner des 6., des 10. oder 14. Jahrhunderts mit dem Begriff Romaion tatsächlich verband.

Liebe Grüsse
Anastasius

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Beitrag von ghost of anastasius » Do 21.12.06 11:48

Truben hat geschrieben:Mit den Augen eines Juristen und Historikers ...
So wie es kontinuierlich das Römische Reich gab. Bis 1453.
Liebe Grüße
Truben
ohne übermässig spitzfindig werden zu wollen,
die Frage ist auch nicht polemisch gemeint, mich interessiert das nun wirklich aus juristischer Sicht.

Bei wem lag juristisch die Rechtsnachfolge des Römischen Reiches nach 1204 ?
Da hätten wir einmal die Lateinischen Verräter in Constantinopel ( 1204-1262 ) und in Thessalonica ( 1204-1224 )
Im Westen das Despotat Epirus ( 1204-1271 )
In Nicaea das sogenannte Reich von Nicaea ( 1208-1258 )
Dann natürlich das Reich von Thessalonica ( 1224-1244 )

Erst danach gibt es wieder so etwas wie ein "Restored Byzantine Empire ( ab 1261 )
allerdings auch wieder konkurrierende Kleinstaaten wie Trapezunt.

Wenn durch diese Wirren hindurch die Rechtsnachfolge erhalten blieb, wo bleibt sie dann nach 1453 ?

Kann sich eine legitime Rechtsnachfolge eines Staates in Luft auflösen ?

Gruss
Anastasius

Torfstecher
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Beitrag von Torfstecher » Do 21.12.06 13:01

Kann sich eine legitime Rechtsnachfolge eines Staates in Luft auflösen?
Nun, de facto wohl schon. Rein auf dem Papier halten sich angebliche Rechtsansprüche natürlich oft über etliche Jahrhunderte, besonders bei Erbmonarchien.
Wenn durch diese Wirren hindurch die Rechtsnachfolge erhalten blieb, wo bleibt sie dann nach 1453 ?
Nun, z.B. hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Iwan_III._(Russland) Damit hätten wir dann schon mal wieder einige Jahrhunderte abgehakt. Und wer gerne möchte, kann dann ja Herrn Putin als rechtmäßigen römischen Kaiser betrachten, wäre dem vielleicht ja ganz recht. :wink:

Andererseits habe ich irgendwo auch mal gehört, daß sich z.B. der georgische König nach 1453 berechtigt fühlte, rote Schuhe zu tragen und sich in Bildern nimbiert darstellen zu lassen, was beides vorher nur dem Kaiser zustand. Ein direkter Anspruch auf die Rechtsnachfolge war damit aber wohl nicht verbunden.


Gruß,
Torfstecher

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Beitrag von spätrömer » Do 21.12.06 13:02

Liebe Byzanz-Freunde,

die sehr nett und auf hohem Niveau geführte Diskussion über die Einordnung des Byzantinischen Reiches brachte mich auf folgende Idee, die vielleicht das eigentliche allzu menschliche Problem erhellt - ohne die Wertigkeit der Diskussion herabsetzen zu wollen.

Als Naturwissenschaftler muß man sich u. a. gedanklich mit der Tatsache auseinandersetzen, daß das Licht Wellen- und Teilchen-Natur hat - und zwar gleichzeitig! Ein übles Problem für die Physiker früherer Zeiten, das längst gelöst ist. Aber man muß die verwirrende Tatsache, daß es Lichtteilchen gibt, und trotzdem eine Welle vorliegt, nunmal in seinem Gehirnkästchen aushalten. Es ist keine Frage der "Schule".

"Schulen" sind für mich als Naturwissenschaftler ein Graus. Historiker pflegen manchmal "Schulen", und damit tun sie sich und der Wahrheit keinen Gefallen.

Viele mehr oder weniger wichtige Diskussionen verschwinden im off, wenn man sich klar macht, daß zwei scheinbar widerstreitende Auffassungen in Wirklichkeit nur zwei Seiten derselben Medaille sind und keine Frage des Rechthabens. Die verschiedenen Positionen dieser Byzanz-Diskussion sind m. E. praktisch alle richtig, und zwar gleichzeitig! Oder, um es zu personalisieren, Truben hat m. E. recht, und g. o. anastasius auch! Die beiden Positionen haben in den reichlich vielen grauen Zellen, die wir haben, gleichzeitig Platz.

Natürlich ist das sogenannte Byzantinische Reich staatlich gesehen das Römische, und zwar als Weiterführung - nicht als Rechtsnachfolger (diese Frage taucht, wie g. o. anastasius richtigerweise pointiert, erst 1204 auf).

Und ebenso natürlich ist das Byzantinische Reich kulturell und ethnisch gesehen zunehmend ein griechisches bzw. griechisch geprägtes und darüberhinaus orientalisch beeinflußtes Staatsgebilde, das seine römischen (Staatlichkeits-)Wurzeln zunehmend verliert.

Was sollte uns an der Kombination beider Fakten stören? Wenn man nach dem Beginn von Byzanz fragt, dann gibt es nicht nur eine richtige Antwort. Macht doch nichts!

Viele Grüße von spätrömer
Dum vitant stulti vitia, in contraria currunt (Fehler vermeidet der Tor und rennt in entgegengesetzte; Sallust)

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Beitrag von helcaraxe » Do 21.12.06 13:21

Ich denke, der Begriff der Rechtsnachfolge, wie er heute in Deutschland praktiziert wird, ist überhaupt nicht auf byzantinische oder postbyzantinische Begriffe zu übertragen, denn:
Bei uns ist dieser Begriff vor allem historisch gewachsenene Verpflichtungen assoziiert (zur Auszahlung von Renten etc. pp),
während es zu Byzanz' Zeiten und danach vor allem um Vorrechte ging, die der jeweils sich anmassende Herrscher glaubte, in Anspruch nehmen zu dürfen.
Viele Grüße
helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Do 21.12.06 13:24

spätrömer hat geschrieben:.

Was sollte uns an der Kombination beider Fakten stören? Wenn man nach dem Beginn von Byzanz fragt, dann gibt es nicht nur eine richtige Antwort. Macht doch nichts!
Und ich meine mich auch zu erinnern, dass die Zeit des Untergang des Weströmischen Reiches von den Zeitgenossen gar nicht so sehr als Zäsur erlebt wird, wie wir das in unseren Schulbüchern gelesen haben.
Die schleichende Transformation von "Rom" nach "Byzanz" ist also ein Zeichen für Kontinuität im Wandel, sozusagen.
Viele Grüße
helcaraxe
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Beitrag von ghost of anastasius » Do 21.12.06 18:07

Torfstecher hat geschrieben:Und wer gerne möchte, kann dann ja Herrn Putin als rechtmäßigen römischen Kaiser betrachten, wäre dem vielleicht ja ganz recht. :wink:

Andererseits habe ich irgendwo auch mal gehört, daß sich z.B. der georgische König nach 1453 berechtigt fühlte, rote Schuhe zu tragen und sich in Bildern nimbiert darstellen zu lassen, was beides vorher nur dem Kaiser zustand. Ein direkter Anspruch auf die Rechtsnachfolge war damit aber wohl nicht verbunden.
Na da werde ich mir aber mal ernsthaft Gedanken machen müssen, ob ich nicht als Reinkarnation des Anastasius I Ansprüche stellen kann
und in Zukunft in Purpur wandeln werde.
Könnte ja schon mal ein, zwei Millionen Arbeitslose als Steuereintreiber ausbilden.
Anastasius III ( 2007-20??) :D :D

spätrömer hat geschrieben:Liebe Byzanz-Freunde,
Die verschiedenen Positionen dieser Byzanz-Diskussion sind m. E. praktisch alle richtig, und zwar gleichzeitig! ...
Natürlich ist das sogenannte Byzantinische Reich staatlich gesehen das Römische, und zwar als Weiterführung - nicht als Rechtsnachfolger (diese Frage taucht, wie g. o. anastasius richtigerweise pointiert, erst 1204 auf).
Und ebenso natürlich ist das Byzantinische Reich kulturell und ethnisch gesehen zunehmend ein griechisches bzw. griechisch geprägtes und darüberhinaus orientalisch beeinflußtes Staatsgebilde, das seine römischen (Staatlichkeits-) Wurzeln zunehmend verliert.

Was sollte uns an der Kombination beider Fakten stören? Wenn man nach dem Beginn von Byzanz fragt, dann gibt es nicht nur eine richtige Antwort. Macht doch nichts!

Viele Grüße von spätrömer
Damit kann ich auch leben !

Liebe Grüsse
Anastasius

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Beitrag von Gast » Do 21.12.06 19:14

Ich denke, dass folgendes unbedingt berücksichtigt werden muss:

Die vorneuzeitlichen Imperien des Abendlandes waren immer mehr durch den Segen der Kirche als Rechtsstaatlichkeit im heutigen Sinne legitimiert. Das gilt für das "Heilige Römische" ebenso wie für das "Byzantinische Reich".

Als staatliches, grenzbehaftetes geografisches Etwas wurde das spätere Byzantinische Reich als oströmischer Teilstaat 395 n.Chr. durch THEODOSIUS I aus der Taufe gehoben. ARCADIUS war demnach der erste Byzantinische Kaiser.

Ähnliches erlebte Westeuropa durch den Vertrag von Verdun (843), sowie den Vertrag von Meersen (870). Letzterer legt in etwa die noch im zwanzigsten Jahrhundert bestehenden Grenzen zwischen den eigenstaatlichen Gebilden des späteren Frankreich, Deutschland und Italien fest. Auf die Verträge von Verdun (da gab es später noch eine Modifikation) und Meersen stützt sich nach wie vor das heutige rechtsstaatliche Verständnis der wichtigsten Mitgliedsstaaten der EU. Auch hier wird Völkerrecht durch Tradition (andere nennen es Revanchismus oder Gewohnheitsrecht) definiert.

Einen massgeblichen Einfluss übten zumindest bei den Verdun/Meersen-Teilungen kulturelle Belange, sowie die Erbfolge aus, während die Teilung des alten Römischen Reichs Ende des 4. Jh. zwar auch durch Erbfolge bestimmt war, aber weniger die kulturellen Grenzen als eine pragmatische Verwaltungsreform zur primären Ursache hatte. Das erkennt man allein schon daran, dass die Grenze zwischen Ost und West exakt eines Meridians (dem 19. Ost) gezogen wurde, und zwar in Nord-Süd-Richtung übergreifend zwischen Europa und Afrika (vgl. hierzu auch die später völkerrechtlich anerkannten Grenzen zwische dem kolonialen Spanien und dem kolonialen Portugal - Tordesillos-Linie durch Südamerika von 1494 und Zaragoza-Linie von 1529 durch Australien, sowie die Grenzziehungen in Nordamerika).

Zurück zu Byzanz:

Aus meiner Sicht ist für eine nach heutigen Massstäben rechtlich relevante Betrachtungsweise die, dass das Byzantinische Reich im Jahr 395 begann. Wahrscheinlich beruhen die kontroversen Diskussionen zu dieser Thematik ganz einfach auf der Tatsache, dass die sich später entwickelnde religiöse Zwietracht zwischen der westlichen und der östlichen Welt aus einer (im 5. Jh. noch keinesfalls) religiös-kulturell bedingte Parteinahme entgegengesetzter Interessen gründet.

Eine weitere Frage zur Diskussion:

Wodurch definiert sich eigentlich "Rechtsnachfolge" im staatsrechtlichen Sinn? Dadurch, dass Gesetze durch ein neues Staatsgebilde vom Vorgänger übernommen werden? Wenn das so ist, dann wäre Deutschland, genauso wie z.B. die USA oder Großbritannien ein "legitimer" Rechtsnachfolger des alten Römischen Reichs - gründet doch zum Beispiel die Verfassung der USA oder unser aller BGB auf dem alten Römischen Recht (sic!).

Lieben Gruß
Stefan Petzi Petzlaff

BTW: Ich finde diese immerwährende Diskussion echt herzerfrischend :D

Truben
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Beitrag von Truben » Fr 22.12.06 13:53

Ich habe mal mit unseren Juristen die Fragen der Reichsnachfolge diskutiert. Sie sagen, dass ist alles eine recht neue Erfindung, hängt mit der Bildung von Nationalstaaten zusammen und lässt sich nicht wirklich sinnvoll auf Zeiten vor dem 18. Jht. anwenden. Schon garnicht auf die multi-ethnischen Staatsgebilde des Mittelmeerraumes. Vor dem 18. Jht ging das ziemlich durcheinander. Man könnte für diese Zeit zusammenfassend sagen, der Stärkere setzte sich halt durch. Wobei es gelegentlich auch darauf ankam, die Machtausübung zu legitimieren. Zumal es ja konkurierende Ansprüche geben konnte. Da war dann Blut (Verwandschaft, behauptet oder tatsächliche) oder der Segen der Kirche ganz hilfreich.
Liebe Grüße
Truben

Gast
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Beitrag von Gast » Fr 22.12.06 17:06

Lieber Thomas,

das ist genau das, was ich mit meinem Beitrag ausdrücken wollte.

Es ist schön, die Bestätigung für meine Gedanken aus dem Mund eines Wissenschaftlers (wenn auch zitiert) zu hören.

Lieben Gruß,
Stefan

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Beitrag von Truben » Fr 22.12.06 22:46

petzlaff hat geschrieben:Bestätigung für meine Gedanken aus dem Mund eines Wissenschaftlers zu hören
Lieber Stefan, das sind keine neugierigen Wissenschaftler, sondern knochentrocken denkende Juristen, die hinter dem Horizont der Paragraphen die Möglichkeiten der Welt kaum erkennen. Oh, ich hoffe, dass hier keine Juristen mitlesen, denn sonst bekomme ich wohl Ärger...
Grüße
Truben

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