Jetzt ist er nicht mehr Falsch sondern grünt vor sich hin...

Münzen des alten Byzanz

Moderator: Wurzel

Benutzeravatar
dionysus
Beiträge: 1533
Registriert: Mo 09.10.06 12:34
Wohnort: Oldenburg
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 10 Mal

Beitrag von dionysus » Mi 21.11.07 16:02

Ich hatte ihn schon länger unter Quarantäne gestellt und beobachte das bunte treiben darauf.
Mal abwarten ob Freund Basil eine Idee hat.

Liebe Grüße
Wer nicht von dreitausend Jahren
sich weiß Rechenschaft zu geben,
bleib im Dunkeln unerfahren,
mag von Tag zu Tage leben. - Goethe -

Benutzeravatar
Antinoos
Beiträge: 152
Registriert: Mo 26.06.06 16:50
Wohnort: irgendwo in Ostdeutschland
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von Antinoos » Do 22.11.07 09:12

Was Du da beobachtest, ist die gefürchtete Grünpest. :mad:

Wenn ein Stück die hat, ist es erst mal fast 100%ig echt.

Der Verursacher sind in das Metallgitter eingebaute Chloride, die nach einer Reiningung mit Säure "aktiviert" werden und rasant oxidieren (laienhaft gesprochen - ein Metallurge kann Dir das natürlich alles viel besser und genauer beschreiben als ich als Informatiker ;) ).

So verrückt es klingt: Grünpest ist ANSTECKEND :!: (deshalb auch der Name "Pest"!) - zumindest KANN es auf andere Münzen in der Nähe "übergreifen". Und zwar nicht bloß auf AEs, sondern sogar auch auf Billon (das ist nur bei Byzanz nicht so relevant); lediglich gutes Silber ist dagegen "immun" (Gold eh, ist klar... ;) !)

Also:

a) Das Stück weit weg von anderen Münzen lagern.

b) "Weg kriegen" kannst Du das nur mit DEM "Hausmittel" - nämlich dem "Gegenspieler" zur sauren Reinigung:
Lege die Münze in ca. 3...5%igen Salmiakgeist. Du wirst sehen, daß der sich sofort(!) tiefblau färbt. Gleichzeitig bröselt das Grüne nach und nach ab.
Nach ein paar Stunden wechselst Du den Salmiakgeist, dann wirst Du sehen, daß sich die neue Charge nicht mehr ganz so schnell "bläut".
Das wiederholst Du ein drittes Mal, bis die Blaufärbung nur noch wenig ausgeprägt ist.
Wie lange Du die Münze da drin läßt, hängt davon ab, wie schlimm es es war.
Okay, hinterher ist die recht löcherig, aber die Pest ist raus, und zumindest der "Kern" der Münze ist gerettet (ganz ohne "Behandlung" geht sie im Laufe der Zeit DEFINITIV total kaputt! :( ).

Anschließend mit einer weichen(!) Messingbürste drüber gehen, die Münze gut(!) spülen und an der Luft liegen lassen. Dann färbt sich das nach dieser "Behandlung" zunächst extrem hell glänzende Kupfer nach und nach wieder dunkel. Du kannst natürlich auch mit Pariser Oxid ("Sofortpatinierer") nachhelfen. Das Zeug schadet den Münzen nicht! :)

HTH!

-Antinoos

ghost of anastasius
Beiträge: 391
Registriert: Mi 31.05.06 08:28
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von ghost of anastasius » Do 22.11.07 11:34

Antinoos hat geschrieben:Anschließend mit einer weichen(!) Messingbürste drüber gehen, die Münze gut(!) spülen und an der Luft liegen lassen. Dann färbt sich das nach dieser "Behandlung" zunächst extrem hell glänzende Kupfer nach und nach wieder dunkel. Du kannst natürlich auch mit Pariser Oxid ("Sofortpatinierer") nachhelfen. Das Zeug schadet den Münzen nicht! :)

HTH!

-Antinoos
... ich würde die Münze nicht mit einer Messingbürste sondern schonender mit einer alten Zahnbürste behandeln.
Gut spülen heisst nach meiner Erfahrung ca 4 Wochen in, wenn möglich, destilliertem Wasser ( täglich abbürsten und Wasser wechseln ! )
Danach 1-2 Stunden bei 150 Grad in den Backofen, damit die restliche Feuchtigkeit entweicht. Dann wie Antinoos schreibt in die Sonne zum Nachdunkeln.
Künstliche Nachpatinierung halte ich dagegen für ( unzulässige ) Manipulation.

Ob sich der ganze Aufwand für die jeweilige Münze lohnt muss jeder für sich entscheiden ...

Anastasius

Benutzeravatar
Antinoos
Beiträge: 152
Registriert: Mo 26.06.06 16:50
Wohnort: irgendwo in Ostdeutschland
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von Antinoos » Do 22.11.07 11:46

Ich schrieb aus gutem Grunde von einer weichen Messingbürste. :)

Ansonsten hast Du recht; vor allem habe ich vergessen zu schreiben, daß das "Abspülen" natürlich mit deionisiertem Wasser erfolgen muß! Destilliertes H2O muß nicht sein ... ein paar Keime (Bakterien, Pilze, etc.) tun ja antiken Münzen nix. ;)

Und "Pariser Oxid" dunkelt AEs nur etwas nach - also macht lediglich das, was eh an der Sonne passiert: Bloß viel(!) schneller. :P

Für Münzen, die ohnehin eine braune/schwarze Patina haben (wie die meisten byzantiner AEs), und die dann oberflächlich "blankgeputzt" worden sind, gibt's nix besseres, als dieses Verfahren, um sie wieder "rundum ansehnlich" zu machen.

Was Du meinst, sind sicher diese Kunstpatinierer - davon sollte man bei hochwertigen antiken Münzen natürlich auf jeden Fall die Finger lassen!! "Pariser Oxid" ist einfach nur Schwefelleber in Aether aufgelöst...

-Antinoos

Benutzeravatar
dionysus
Beiträge: 1533
Registriert: Mo 09.10.06 12:34
Wohnort: Oldenburg
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 10 Mal

Beitrag von dionysus » Do 22.11.07 13:30

Hallo ihr beiden,

Gestern Abend hatte mir @Basil auch schon ein Rezept empfohlen.
-> Ultraschallbad, trocknen, abbürsten, Ofen.
Daran hab ich mich gestern versucht. Das Ultraschallbad hat ganz gut gewirkt und ein guter Teil der grünen Auflagerungen sind schon weg.
Allerdings bringt nun das Bürsten auch nichts mehr, da der Rest einfach bombenfest sitzt.
Grad hab ich sie noch mal für 10 min beschallt.

Den Salmiakgeist würde ich mir eigentlich ganz gerne verkneifen. Gibt es noch eine harmlosere Möglichkeit, ausser manueller Bearbeitung?

Die Stücke in dessen unmittelbarer Umgebung er die erst Zeit lag werd ich mir auf jeden Fall in Zukunft im Auge behalten, immerhin könnten nun meine sämtlichen Justinianusse und Justinusse befallen sein :o

Gruß
Maico
Wer nicht von dreitausend Jahren
sich weiß Rechenschaft zu geben,
bleib im Dunkeln unerfahren,
mag von Tag zu Tage leben. - Goethe -

Benutzeravatar
Privateer
Beiträge: 740
Registriert: Do 23.12.04 20:13
Wohnort: Rupertigau
Hat sich bedankt: 32 Mal
Danksagung erhalten: 5 Mal

Beitrag von Privateer » Do 22.11.07 14:29

@dionysus

Bei solchem Befall hilft nur die radikalste Lösung, also die schon beschriebene Salmiak-Methode mit entsprechender Nachbehandlung. Wenn auch nur geringste Reste der Pest zurückbleiben, geht der Zerfallsprozess weiter und die Münze ist nach einer gewissen Zeit völlig ruiniert.
Gruß Privateer

Benutzeravatar
Antinoos
Beiträge: 152
Registriert: Mo 26.06.06 16:50
Wohnort: irgendwo in Ostdeutschland
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von Antinoos » Do 22.11.07 16:41

Privateer hat geschrieben:@dionysus

Bei solchem Befall hilft nur die radikalste Lösung, also die schon beschriebene Salmiak-Methode mit entsprechender Nachbehandlung. Wenn auch nur geringste Reste der Pest zurückbleiben, geht der Zerfallsprozess weiter und die Münze ist nach einer gewissen Zeit völlig ruiniert.
Du warst schneller! Genau mein Reden... :)

Und auch die Bürste sollte schon ein bißchen härter sein als 'ne "alte Zahnbürste" :oops: , damit auch die letzten Reste der "Pestbeulen" weggehen. Natürlich kommt eine Stahlbürste dafür nicht und niemals infrage, aber eine weiche Messingbürste schadet diesen(!) Münzen dann wirklich nicht mehr...

Alte Erfahrung von mir. :P

Aber wirklich nur bei echter Grünpest machen!!

An sich ist zwar die alkalische "chemische Reinigung" weniger "hart" als die saure, aber man kann damit (wie immer bei chemischen Verfahren) wirklich unheimlich viel kaputt machen. :mad:

Wie immer: Zum Üben erstmal nur "wertlosen Krempel" nehmen. :idea:

Krieg ich Haue, wenn ich Euch verrate, daß meine "Lehrgeldmünzen" für dieses Verfahren Byzantiner aus der "2-Euro-Grabbelkiste" waren? :wink: Erst als ich damit "den Bogen raus" hatte, kamen meine (z.T. heftig seltenen nud damit teuren...) baktrischen bzw. Kushana-AE-Münzen dran (die haben genauso oft und gern die Grünpest wie Byzantiner - klar, die werden ja auch in ähnlichen Regionen gefunden...). Aber auch jetzt, z.T. viele Jahre nach der Reinigung, sieht es so aus, als ob ich den "relevanten" Stücken mit dieser "Radikalkur" den Zerfall final "abgewöhnt" hätte. 8) 8O

-Antinoos

Benutzeravatar
petzlaff
Beiträge: 483
Registriert: Mo 30.07.07 13:00
Wohnort: Hameln
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von petzlaff » Do 22.11.07 17:12

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich bei Byzantinern - und ich habe tausende davon in den Händen gehabt (auch aus Kilo-Fundbeuteln) erstaunlicherweise kaum eine Münze Spuren von "grüner Beulenpest" aufzuweisen hatte. Mir ist vielleicht unter unter 1000 Münzen im Schnitt ein einziges verseuchtes Exemplar in die Hände gekommen.

Kristalline grüne Ausblühungen auf Kupfer sind harmlos - das hat mir unser lieber Anastasius vor Jahren überzeugend dargestellt, und die Freunde Basil und scheleck werden das gern bestätigen.

ich denke, allein wegen der oben genannten statistischen Erfahrung, dass die "Pest" meist hausgemacht ist und auf unsachgemäße Reinigungsversuche, z.B. völlig ungebrachtem Entfernen von natürlicher Patina zurückzuführen ist.

LG
Stefan
Liebe Grüsse

petzlaff

Benutzeravatar
Antinoos
Beiträge: 152
Registriert: Mo 26.06.06 16:50
Wohnort: irgendwo in Ostdeutschland
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von Antinoos » Do 22.11.07 17:36

petzlaff hat geschrieben:ich denke, allein wegen der oben genannten statistischen Erfahrung, dass die "Pest" meist hausgemacht ist und auf unsachgemäße Reinigungsversuche, z.B. völlig ungebrachtem Entfernen von natürlicher Patina zurückzuführen ist.
Könnte bei der besagten Quelle leider hinkommen. :cry:

Aber ich habe einen ganzen Schwung solcher Stücke hier gehabt, davon ca. 15 frühe und mittlere Byzantiner mit heftiger Grünpest unter(!) ansonsten toller, tiefschwarzer Patina (ich mußte das ganze Lot "ungereinigte Fundmünzen" kaufen - mir kam's dabei aber mehr auf die enthaltenen Turkomanen-Bildmünzen an sowie die z.T. recht seltenen Kushana-Bronzen).

Natürlich sind feste grüne - auch nur punktuell, kleinflächig auftretende - Ausblühungen zumeist harmlos und absolut stabil (was war das chemisch gleich: Kupfercarbonat? Chemiker an die Front... :? ).

Grünpest erkennt man daran, daß die Ausblühung mit dem Fingernagel wegzukratzen geht und nach kürzester Zeit (Stunden, max. Tage) wieder kommt.

-Antinoos

Benutzeravatar
petzlaff
Beiträge: 483
Registriert: Mo 30.07.07 13:00
Wohnort: Hameln
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von petzlaff » Do 22.11.07 17:48

@antinoos

mit dem "Kratzefinger" darfst du aber anschließend auf gar keinen Fall in der Nase bohren :D

Und wen wir schon Rat bei Chemikern suchen - was ist denn eigentlich der hellgrüne "Schmierbelag" auf Silbermünzen, die sich bei der Aufbewahrung in diversen Platisktäschchen bzw. -Albumblättern bilden - insbesondere bei geringwertigen Silber/Kupferlegierungen ?

LG
Stefan
Liebe Grüsse

petzlaff

Benutzeravatar
Zwerg
Beiträge: 6413
Registriert: Fr 28.11.03 23:49
Wohnort: Wuppertal
Hat sich bedankt: 305 Mal
Danksagung erhalten: 1332 Mal

Beitrag von Zwerg » Do 22.11.07 20:31

@petzlaff
was der "Schmier" chemisch wäre, würde mich auch interessieren - er entsteht auf jeden Fall nur bei Plastik mit viel Weichmachern, bevorzugt in feuchter Atmosphäre. Läßt sich mit Azeton entfernen - ich habe aber auch zerstörte Münzen gesehen

Grüße
Zwerg
ΒIOΣ ΑΝЄΟΡΤAΣΤΟΣ ΜΑΚΡΗ ΟΔΟΣ ΑΠΑNΔΟKEYTOΣ
Ein Leben ohne Feste ist ein langer Weg ohne Gasthäuser (Demokrit)

Dietemann
Beiträge: 1107
Registriert: Fr 19.05.06 04:43
Wohnort: Backnang
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal

Beitrag von Dietemann » Do 22.11.07 21:54

Zwerg hat geschrieben:@petzlaff
was der "Schmier" chemisch wäre, würde mich auch interessieren - er entsteht auf jeden Fall nur bei Plastik mit viel Weichmachern, bevorzugt in feuchter Atmosphäre. Läßt sich mit Azeton entfernen - ich habe aber auch zerstörte Münzen gesehen
Das würde mich auch interessieren, ich reinige meine Umlaufmünzen mit Seifenwasser und trockne mit Papiertüchern. Das ist allerdings nicht für stempelglanz oder besser zu empfehlen.
Gruß Dietemann

Benutzeravatar
dionysus
Beiträge: 1533
Registriert: Mo 09.10.06 12:34
Wohnort: Oldenburg
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 10 Mal

Beitrag von dionysus » Sa 24.11.07 15:36

Frisch gereinigt und gebacken.
Die Farbe find ich allerdings schrecklich, er schillert jetzt in allen Farben des Regenbogens. Hoffentlich bleibt er aber stabil.

Gruß
Maico
Dateianhänge
justinianus.jpg
Wer nicht von dreitausend Jahren
sich weiß Rechenschaft zu geben,
bleib im Dunkeln unerfahren,
mag von Tag zu Tage leben. - Goethe -

Benutzeravatar
Antinoos
Beiträge: 152
Registriert: Mo 26.06.06 16:50
Wohnort: irgendwo in Ostdeutschland
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von Antinoos » Mo 26.11.07 11:26

Laß ihn einfach noch ein bißchen anlaufen.

Noch schneller geht das, wenn Du ihn mal ein paar Tage in der Gesäßtasche mit Dir rumträgst (Schweiß ;) !). Vor allem merkst Du dann auch, ob die Grünpest wirklich raus ist. Wenn er dabei nach kürzester Zeit wieder "grünt", ist das noch nicht der Fall...

Wenn er genügend nachgedunkelt ist: etwas Vaseline drauf (noch besser: Antikwachs, wenn Du welchen hast) und ein paar Tage einziehen lassen: "Fertich!"

-Antinoos

ghost of anastasius
Beiträge: 391
Registriert: Mi 31.05.06 08:28
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von ghost of anastasius » Mo 26.11.07 15:06

ghost of anastasius hat geschrieben:Gut spülen heisst nach meiner Erfahrung ca 4 Wochen in, wenn möglich, destilliertem Wasser ( täglich abbürsten und Wasser wechseln ! )
Anastasius
sollte mich wundern wenn schon alles raus wäre ...
A.

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
  • Stater - echt oder falsch ?
    von AthensOwl » » in Griechen
    3 Antworten
    137 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Homer J. Simpson
  • 20 cash 1906 - echt oder falsch ?
    von Comthur » » in Asien / Ozeanien
    14 Antworten
    924 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Comthur
  • Sasaniden / Tabaristan - echt oder falsch ?
    von Amentia » » in Sonstige Antike Münzen
    18 Antworten
    246 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Amentia
  • Traian Sesterz - echt, barbarisch oder falsch ?
    von Numis-Student » » in Römer
    3 Antworten
    304 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Homer J. Simpson
  • Domitian Denar / Aureus (echt oder falsch ?)
    von Amentia » » in Römer
    12 Antworten
    1306 Zugriffe
    Letzter Beitrag von friedberg

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste