Byzantinische Schüsselmünzen (1)
Verfasst: Sa 15.11.03 12:10
Liebe treue Freunde unseres Byzanz-Forums,
Im Jahr 1972, als armer Mathematikstudent, der sich nebenbei mit alten Münzen beschäftigte, fand ich in einer Grabbelkiste eines Münchener Antiquitätenladens meinen ersten Byzantiner: ein grobes, kupferfarbenes Etwas in Schüsselform. Das Teil zeigte auf der konkaven Seite (heute weiß ich, dass es die Rückseite ist) einen prächtig herausgeputzten Potentaten, und auf der anderen, konvexen (heute weiß ich, dass es das Avers ist) eine undefinierbare Prägung, die wohl auch irgendeine Person darstellen sollte. Legenden waren bis auf wenige griechische Zeichen rechts neben dem Herrscherbildnis nicht erkennbar. Das Teil war beschnitten und korrodiert – eine Münze ??????
Ich nahm das Ding mit in die Stadtbücherei, blätterte sämtliche Münzkataloge durch und wurde schließlich im Sabatier, dem Standardwerk aus dem 19. Jh. Über byzantinische Münzen fündig: MANUEL I (1238-1263) Trachy aus „schlechten Silber“, also Billon, oder Nachprägung durch die „lateinischen Kaiser“ nach der Eroberung von Byzanz durch die Kreuzfahrer.
Sic !!!!
Seitdem haben mich die Byzantiner, insbesondere diese Trachys, auch Skyphaten genannt, nicht mehr losgelassen. Jeder, der sich mit byzantinischen Münzen befasst, kommt (meistens) früher oder später mit diesen Schüsselchen in Kontakt.
Bis heute ist ein ungelöstes Rätsel, was die Kaiser nach der Münzreform des ALEXIOS I COMNENOS (1081-1118) veranlasste, Gold- und Silbermünzen in Schüsselform zu begeben. Fest steht nur, dass die Herstellung dieser Stücke ungleich komplizierter war, als die herkömmlicher flacher Münzen. Die Stempel für Avers und Revers mussten exakt die gleiche Krümmung aufweisen, um saubere Abschläge zu garantieren. Das lag außerhalb der technologischen Möglichkeiten der byzantinischen Stempelschneider. Zu berücksichtigen ist, dass bei der erforderlichen Massenproduktion (das Zeitalter der COMNENEN war ein wirtschaftlich gutes) viele Hunderte Stempel erforderlich waren, die oben und unten nicht immer zueinander passten!
Was passiert, wenn ein konkaver und ein konvexer Stempel unterschiedlicher Krümmungen zum Prägen eines Skyphaten verwendet wurden? Logisch: wenn der Avers-Stempel (der immer ein religiöses Motiv hatte) geringer gekrümmt war als der Revers-Stempel mit dem Bildnis und der Legende des Kaisers, wurden Inschriften nicht ausgeprägt – vice versa.
Links oben - das ist besagter MANUEL I.
[ externes Bild ]
Offensichtlich fanden das die Münzmeister (vor allem in Thessaloniki) nicht besonders schön und prägten in zwei aufeinanderfolgenden Schlägen mit verkanteten Avers-Stempeln, was dazu führte, dass häufig versetzte Doppelprägungen vorzufinden sind. Allerdings wurden auch die Revers-Legenden besser lesbar (ganz besonders deutlich bei ISSAK II – 1185-1204). Andererseits bekam das dem Jesus oder der Muttergottes auf der Vorderseite nicht gut, denn die nahmen oft sehr skurrile Formen an.
Neben dem MANUEL haben wir da noch einen ISSAK II, einen ALEXIOS III und einen (seltenen) ANDRONICUS I (den mit der stehenden Muttergottes- letztere hat beim Scannen die liegende Position eingenomen).
[ externes Bild ]
In der Hoffnung, mit ein paar wenig ansehnlichen Münzen trotzdem Appetit auf mehr erregt zu haben: nächste Woche geht es ins Eingemachte (mit vielen schöneren Stücken - aber Nostalgie muss erlaubt bleiben !)
Petzlaff
PS: ganz herzlich einen besonderen Gruß an heripo !
Im Jahr 1972, als armer Mathematikstudent, der sich nebenbei mit alten Münzen beschäftigte, fand ich in einer Grabbelkiste eines Münchener Antiquitätenladens meinen ersten Byzantiner: ein grobes, kupferfarbenes Etwas in Schüsselform. Das Teil zeigte auf der konkaven Seite (heute weiß ich, dass es die Rückseite ist) einen prächtig herausgeputzten Potentaten, und auf der anderen, konvexen (heute weiß ich, dass es das Avers ist) eine undefinierbare Prägung, die wohl auch irgendeine Person darstellen sollte. Legenden waren bis auf wenige griechische Zeichen rechts neben dem Herrscherbildnis nicht erkennbar. Das Teil war beschnitten und korrodiert – eine Münze ??????
Ich nahm das Ding mit in die Stadtbücherei, blätterte sämtliche Münzkataloge durch und wurde schließlich im Sabatier, dem Standardwerk aus dem 19. Jh. Über byzantinische Münzen fündig: MANUEL I (1238-1263) Trachy aus „schlechten Silber“, also Billon, oder Nachprägung durch die „lateinischen Kaiser“ nach der Eroberung von Byzanz durch die Kreuzfahrer.
Sic !!!!
Seitdem haben mich die Byzantiner, insbesondere diese Trachys, auch Skyphaten genannt, nicht mehr losgelassen. Jeder, der sich mit byzantinischen Münzen befasst, kommt (meistens) früher oder später mit diesen Schüsselchen in Kontakt.
Bis heute ist ein ungelöstes Rätsel, was die Kaiser nach der Münzreform des ALEXIOS I COMNENOS (1081-1118) veranlasste, Gold- und Silbermünzen in Schüsselform zu begeben. Fest steht nur, dass die Herstellung dieser Stücke ungleich komplizierter war, als die herkömmlicher flacher Münzen. Die Stempel für Avers und Revers mussten exakt die gleiche Krümmung aufweisen, um saubere Abschläge zu garantieren. Das lag außerhalb der technologischen Möglichkeiten der byzantinischen Stempelschneider. Zu berücksichtigen ist, dass bei der erforderlichen Massenproduktion (das Zeitalter der COMNENEN war ein wirtschaftlich gutes) viele Hunderte Stempel erforderlich waren, die oben und unten nicht immer zueinander passten!
Was passiert, wenn ein konkaver und ein konvexer Stempel unterschiedlicher Krümmungen zum Prägen eines Skyphaten verwendet wurden? Logisch: wenn der Avers-Stempel (der immer ein religiöses Motiv hatte) geringer gekrümmt war als der Revers-Stempel mit dem Bildnis und der Legende des Kaisers, wurden Inschriften nicht ausgeprägt – vice versa.
Links oben - das ist besagter MANUEL I.
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Offensichtlich fanden das die Münzmeister (vor allem in Thessaloniki) nicht besonders schön und prägten in zwei aufeinanderfolgenden Schlägen mit verkanteten Avers-Stempeln, was dazu führte, dass häufig versetzte Doppelprägungen vorzufinden sind. Allerdings wurden auch die Revers-Legenden besser lesbar (ganz besonders deutlich bei ISSAK II – 1185-1204). Andererseits bekam das dem Jesus oder der Muttergottes auf der Vorderseite nicht gut, denn die nahmen oft sehr skurrile Formen an.
Neben dem MANUEL haben wir da noch einen ISSAK II, einen ALEXIOS III und einen (seltenen) ANDRONICUS I (den mit der stehenden Muttergottes- letztere hat beim Scannen die liegende Position eingenomen).
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In der Hoffnung, mit ein paar wenig ansehnlichen Münzen trotzdem Appetit auf mehr erregt zu haben: nächste Woche geht es ins Eingemachte (mit vielen schöneren Stücken - aber Nostalgie muss erlaubt bleiben !)
Petzlaff
PS: ganz herzlich einen besonderen Gruß an heripo !