Byzantinische Schüsselmünzen (4)

Münzen des alten Byzanz

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Byzantinische Schüsselmünzen (4)

Beitrag von Gast » Di 23.12.03 10:12

... und weiter geht's ...

(..... Fortsetzung)

Dem ungeübten Sammler fällt es oft schwer, die Schüsselprägungen richtig zuzuordnen bei denen auf der Rückseite nur eine Person, der Kaiser dargestellt ist. Da Prägungen mit lesbarer Legende eher selten sind, ist es unbedingt notwendig, sich einige typische Merkmale und die möglichen Kombinationen von Avers und Revers einzuprägen. Mit ein wenig Übung sollte das Ganze dann bald kein Problem mehr sein.

Vor der Besetzung von Konstantinopel durch die Kreuzfahrer des vierten Kreuzzuges im Jahr 1204 prägten die folgenden Kaiser Billonschüsselchen (auch Bi-Trachys oder Bi-Skyphaten genannt) mit nur einer Person im Revers:

ALEXIOS I COMNENOS (1081-1118)
JOHANNES II COMNENOS (1118-1143)
MANUEL I COMNENOS (1143-1180)
ISAAK COMNENOS (1184-1192) Gegenkaiser auf Cypern
ISAAK II ANGELOS (1185-1195)

Ein ISAAK COMNENUS wird dem durchschnittlichen Sammler eher sehr selten in die Hände fallen, deswegen beschränken wir uns hier nur auf die echten Byzantinischen Gepräge.

Grundsätzlich gibt es zwei verschieden Darstellungsformen die den Kaiser entweder stehend oder als frontale Büste zeigen. Im Detail unterscheiden sich die dargestellten Herrschaften zudem durch ihre Kleidung und die von ihnen zur Schau gestellten Accessoires.

Ausführliche Erklärungen hierzu enthält der folgende Beitrag:

http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?t=4916

Alle Münzen, die auf dem Avers einen sitzenden Christus und auf dem Revers eine Kaiserbüste zeigen stammen von ALEXIOS I. Alexios trägt dabei immer ein kurzes Zepter (das lange Labarum hätte ja auch bei der Büstendarstellung keinen Platz gefunden) und den Kreuzglobus.

[ externes Bild ]

Ähnliche Münzen gibt es von JOHANNES II. Das Avers zeigt im Gegensatz zu Alexios eine Christusbüste.

[ externes Bild ]

Unter JOHANNES II wurde aber auch noch ein anderer Typ begeben. Er zeigt für die Münzstätte Konstantinopel den stehenden Kaiser mit Labarum und Kreuzglobus, sowie auf der Vorderseite eine stehende Muttergottes. Die Prägungen aus Thessaloniki zeigen statt des Kreuzglobus die Akakia.

Weitere (seltene) Schüsselchen mit Labarum und Kreuzglobus gehören zu MANUEL I, aber n u r wenn auf der Vorderseite wie bei Alexios die Christusbüste dargestellt ist. Eine weitere Münze des MANUEL zeigt im Avers den sitzenden Christus sowie den Kaiser mit Labarum und Zepter als Rückseitenbild. Diese Münze ist ebenfalls selten.
Die normalen Prägungen des MANUEL I sind zunächst einmal an der sitzenden Muttergottes mit dem Jesuskind auf dem Schoß zu erkennen. Da Manuels Nachfolger ISAAK II ebenfalls diese Avers-Darstellung verwendet, ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal wichtig: Münzen von MANUEL I stellen den stehenden Kaiser mit Labarum und Globus dar, während ISAAK II die Akakia hält. Beide Kaiser werden stehend mit Chlamys bekleidet gezeigt.

[ externes Bild ] [ externes Bild ]

Ein weiteres eindeutiges Merkmal für die Münzen des ISAAK II ist „Manus Dei“, die segnende „Hand Gottes“, welche sich stilisiert rechts oberhalb des Herscherkopfes befindet (Achtet bitte auf das wellenförmige Etwas auf dem folgenden Foto – das ist „Manus Dei“!)

[ externes Bild ]

Eine Wissenschaft für sich bildet der Perlenbesatz der kaiserlichen Gewänder auf den Münzdarstellungen. Nach Jahrhunderten wurde am Anfang des Jahrtausends die alte Offizinstruktur (Münzwerkstätten) wieder eingeführt. Anders als in der Frühzeit des Imperiums wurden zur Kennzeichnung jedoch keine Buchstaben verwendet. Statt dessen zeigt die Anzahl der Perlen auf dem Kragen, auf dem Schaft des Labarums und andere diverse Beizeichen auf Avers und Revers jeweils zusammengenommen die Offizin an. Eine detaiilierte Darstellung würde jedoch an dieser Stelle zu weit führen.

Da seit 1195 erneut die Inflation um sich griff, verschlechterten sich die Münzen innerhalb der folgenden Jahre rapide. Aus diesem Grund gibt es viele der hier beschriebenen Stücke auf kleineren oder beschnittenen Schrötlingen. Viel Stücke wirken bereits wie reine Kupfermünzen. Ebenso wurden Imitationen durch das Bulgarische Reich und ab 1204 durch die „verräterische“ Kreuzfahrer-Besatzung von Byzanz ausgegeben.

Dazu jedoch mehr in der nächsten Folge.

Bis dahin - Allseits frohe Weihnachten !
petzlaff
Zuletzt geändert von Gast am So 08.02.04 07:34, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Gast » Sa 27.12.03 11:32

Wisst Ihr, wie meine bessere Hälfte gestern kopfschütteld meine Billon-Trachys genannt hat :?:

"zerbrochene Ü-Eier-Schalen" :twisted:

petz

Anastasius
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Beitrag von Anastasius » Sa 27.12.03 13:57

Na also,

da kommen wir ja einem der grössten Rätsel nicht nur der Byzantinischen Numismatik
auf die Spur: Warum wurden überhaupt Schüsselmünzen geprägt ?? !

Wenn wir also der weiblichen Intuition vertrauen, muss es etwas mit dem Ei zu tun haben.

Originelle Lösungsvorschläge erbeten !

Anastasius :angel:

Sir Oly
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Beitrag von Sir Oly » Sa 27.12.03 18:58

Die Sache hat sicher mit Ostern zu tun :) ! Daher auch die christlichen Darstellungen :wink: !! Also meine Theorie: Osterliche Sonderprägung ,die aus zwei Schüsselhälften zusammengesetzt ein Osterei ergaben (mit lecker Nougatfüllung :D )!!

Anastasius
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Beitrag von Anastasius » Sa 27.12.03 20:30

@ Sir Oly:

Ostern ist natürlich in jeder Hinsicht genial,
schon alleine weil Byzanz ja zwar nicht das Osterreich aber doch eindeutig das Ostreich war.
( Liebe Grüsse an D.F. )
Die Westhälfte des Eis bekamen dann die Goten zum Zerdeppern und aus der Osthälfte wurde
das leckere Nougatreich, auch bekannt unter dem Namen Byzanz.

8) Anastasius

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Beitrag von Sir Oly » So 28.12.03 11:09

Ostern = Oesterreich ääääh Ostreich ist echt genial Anastasius :lol: ,war mir gar nicht aufgefallen ! Das größte Problem an diesen Osterprägungen ist es die antike Füllung zu entfernen,ohne die Patina zu beschädigen 8) ! Am schlimmsten sind,neben dem Nougat (natürlich),Marzipan und Trüffelfüllungen :twisted: !! Wenn man viiiel Glück hat bekommt man welche mit Rotwein oder Weinbrand ,die außerdem eine schöne Patina entstehen lassen (unbedingt ausprobieren :wink: )!!

Anastasius
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Beitrag von Anastasius » So 28.12.03 11:27

wie ich eben anhand einer Auktionsbeschreibung feststellen konnte, ist die
Nougatfüllung doch keine rein byzantinische Erfindung, sondern wurde ( wie fast alles )
bereits im Antiken Griechenland angewendet:

GRIECHISCHE MüNZEN

SIZILIEN

No.: 486

Schätzpreis - Estimation EUR 250.-

HIMERA. Litra, 550-530. Henne in einem Fadenkreis n. l. stehend. Rv. Quadratum incusum mit vier Windmühlenflügeln und Zahnschnittrand. 0,91 g. Kraay, H. 93, 293. SNG Cop. 297. Selten. Schokoladenbraune Fundpatina. Av. Gutes sehr schön. Rv. Sehr schön

Anastasius :angel: :angel:

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Beitrag von Sir Oly » So 28.12.03 20:04

Echt cool :lol: :lol: !!

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