Heraclius, aber dann...?

Münzen des alten Byzanz

Moderator: Wurzel

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Redditor Lucis
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Heraclius, aber dann...?

Beitrag von Redditor Lucis » Do 07.01.16 22:42

Liebe Byzanz-Freunde,

ich habe eine Münze gekauft, bei der ich euch um eure Einschätzung bitte.
Sie war angegeben als Fourrée-Solidus, aber ist sie das wirklich?

Vorbild war nach meinen Recherchen zweifellos ein Solidus vom Typ Sear 738/DOC 13d (geprägt 616-625), aber wie man deutlich sehen kann, ist besonders die VS.-Umschrift komplett barbarisiert. Der Portrait-Stil ist dabei jedoch überraschend gut. Gold-Reste sind nur noch ganz sporadisch vorhanden, und zwar so wenig wie ich es bislang kaum bei einem Fourrée-Solidus gesehen habe.
Gewicht 3,47g, Durchmesser 20,5/21 mm, Stempelstellung 06:00.
Avers: ΓbHHo∀IᴑVӀvo∀IVbӀCVdoIIҁⱴ Große Büste des Heraclius mit Bart und kleine Büste des Heraclius Constantin, beide Chlamys-drapiert mit Kreuzkrone und Diadem, oben Kreuz
Revers: VICTOАIA - AVҀЧƐ Kreuz auf drei Stufen, unten COHOB
Kann man die Münze stilmäßig vielleicht einem bestimmten Gebiet zuordnen, sie zeitlich einordnen und ist sie überhaupt eine antike Imitation?
Vielleicht hat jemand sogar ähnliche Stücke und kann mir Näheres dazu sagen.
Dankeschön im Voraus.
Heraclius barbarische Imitation Sear zu 738 A.JPG
Heraclius barbarische Imitation Sear zu 738 R.JPG
Viele Grüße

Stefan

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Re: Heraclius, aber dann...?

Beitrag von Tejas552 » Fr 08.01.16 08:34

Hallo Stefan,

ich vermute, dass es sich um den Bronzekern einer zeitgenössischen Fälschung handelt. Der Goldmantel fehlt offensichtlich vollständig, und das vermutlich schon seit der Antike. Vielleicht wurde er auch nie angebracht. Ich finde dies ist ein sehr schönes und interessantes Stück.

Gruss
Dirk

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Re: Heraclius, aber dann...?

Beitrag von Posa » Fr 08.01.16 10:56

Ich möchte mich da Dirk anschließen. Der Typ wurde ja relativ häufig imitiert, wie zeitgenössisch das dann immer war, das weiß ich nicht so recht. Imitationen waren ja z.B. auch in Zentralasien im Umlauf, denen dürfte wurschd gewesen sein, wer gerade in Byzanz regierte und welcher Typ gerade aktuell war.
Der Knackpunkt bei den Sachen ist natürlich immer, dass man sie kaum lokalisieren kann.

Jedenfalls ein tolles Stück!

Gruß Posa

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Re: Heraclius, aber dann...?

Beitrag von Tejas552 » Fr 08.01.16 15:18

Man sieht immer wieder Imitationen aus dem 7. Jh. die den Awaren zugeschrieben werden. Ich glaube aber, dass diese Zuschreibung keine überzeugende Grundlage hat, vor allem nicht wenn die immitierte Münze aus Bronze besteht. Was hätten Awaren mit einer Scheidemünze anfangen sollen? Nicheinmal bei den goldenen Imitationen aus dieser Zeit bin ich wirklich überzeugt, dass sie von Awaren produziert werden; aber es ist natürlich möglich. Eine islamische Prägung kommt wegen der vielen Kreuze vermutlich auch nicht in Frage. Die Sache ist auf jeden Fall wert, dass man ihr weiter nachgeht. Vielleicht könntest Du die Münze Wolfgang Hahn vorlegen? Ich habe das auch mal gemacht und eine Antwort erhalten.

Gruss
Dirk

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Re: Heraclius, aber dann...?

Beitrag von Redditor Lucis » Di 12.01.16 09:40

Danke Euch Beiden für den Input.
Professor Hahn zu kontaktieren ist in der Tat eine Überlegung wert.


Viele Grüße

Stefan

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Re: Heraclius, aber dann...?

Beitrag von Posa » Di 12.01.16 12:12

...aber nicht immer von Erfolg gekrönt.

Gruß Posa

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Re: Heraclius, aber dann...?

Beitrag von Redditor Lucis » Do 14.01.16 13:55

Posa hat geschrieben:...aber nicht immer von Erfolg gekrönt.

Gruß Posa
Manchmal aber schon, und dann offenbar auch richtig schnell...

Hier die Antwort von Herrn Professor Dr. Hahn:
"Von diesem Heracliustyp sind große Mengen an originalen Solidi in den
awarischen Großraum gelangt und sind dort, vor allem nach Ausbleiben der
byzantinischen Tribute nachgeahmt worden, vom Balkan bis ins östliche
Mitteleuropa. Eine grobe geographische Zuordnung kann man nur
vermutungsweise bei Vorliegen einer Fundprovenienz versuchen."


Ich werde versuchen, die Herkunft der Münze nachzuvollziehen (Verkäufer, Vorbesitzer, Fundort etc.), kann aber natürlich nicht sagen, inwieweit da Informationen überhaupt vorliegen und wenn ja sie sich nachverfolgen lassen.

Sollten meine Recherchen von Erfolg gekrönt sein, werde ich mich nochmal melden.


Viele Grüße

Stefan

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Re: Heraclius, aber dann...?

Beitrag von Tejas552 » Fr 15.01.16 08:17

Hallo Stefan,

na das ist doch schonmal etwas. Vielleicht ist es doch eine Imitation der Awaren. Wenn Du das untermauern kannst, wäre die Münze auch historisch von grossem Interesse. Ganz davon zu schweigen, dass sie nochmals deutlich an Marktwert gewinnt.

Gruss
Dirk

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