Awaren Solidus
Moderator: Wurzel
Awaren Solidus
Diese Münze wird zurzeit auf Ebay angeboten. Es soll sich um eine Imitation der Awaren handeln. Das obere Bild zeigt die byzantinische Vorlage.
Kennt sich jemand hier mit solchen Münzen aus?
Gruss
Dirk
Hier ist die Beschreibung des Verkäufers:
Michael III. (842-867) gold solidus
Barbarian contemporary copy (most possibly Avars)
Extremely RARE! (for both reasons)
found in the north part of Roman Pannonia province, now Hungary, nearby Pápa town, between Arrabona (Győr now) and Savaria (Szombathely now)
obverse: Theodora
reverse: Michael and Tekla, figures that looks like letters... F (or E)V(or L)A W YMX (it looks, that the letters were mirrored from one side to the other...)
2.9 g, 17 mm
aEF, interesting, naive style, both sides well centered, nice condition coin, great addition to any ancient collection
Kennt sich jemand hier mit solchen Münzen aus?
Gruss
Dirk
Hier ist die Beschreibung des Verkäufers:
Michael III. (842-867) gold solidus
Barbarian contemporary copy (most possibly Avars)
Extremely RARE! (for both reasons)
found in the north part of Roman Pannonia province, now Hungary, nearby Pápa town, between Arrabona (Győr now) and Savaria (Szombathely now)
obverse: Theodora
reverse: Michael and Tekla, figures that looks like letters... F (or E)V(or L)A W YMX (it looks, that the letters were mirrored from one side to the other...)
2.9 g, 17 mm
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Re: Awaren Solidus
Lieber Dirk,
ich halte von dem Stück so ziemlich gar nichts. Zum ersten könnte man sich streiten, ob die Awaren jemals etwas geprägt haben, nach 820 war da aber so der Ofen aus, dass da niemand mehr Gold prägte und von sich behauptete, Aware zu sein. Das einzige für diesen Zeitraum infrage kommende Staatengebilde wäre das Moosburger Fürstentum ( https://de.wikipedia.org/wiki/Plattense ... BCrstentum ). Das stand zwar nachweislich in Kontakt zu Michael III., war handwerklich und alphabetisch aber durchaus in Lage mehr zu bieten als dieser Mist hier.
Gruß Posa
ich halte von dem Stück so ziemlich gar nichts. Zum ersten könnte man sich streiten, ob die Awaren jemals etwas geprägt haben, nach 820 war da aber so der Ofen aus, dass da niemand mehr Gold prägte und von sich behauptete, Aware zu sein. Das einzige für diesen Zeitraum infrage kommende Staatengebilde wäre das Moosburger Fürstentum ( https://de.wikipedia.org/wiki/Plattense ... BCrstentum ). Das stand zwar nachweislich in Kontakt zu Michael III., war handwerklich und alphabetisch aber durchaus in Lage mehr zu bieten als dieser Mist hier.
Gruß Posa
Re: Awaren Solidus
Hallo Marcus,
gelegentlich werden imitative Solidi den Awaren zugewiesen, vermutlich weil den Autoren sonst niemand eingefallen ist. Hier ist ein Beispiel:
https://www.acsearch.info/search.html?id=351622
Von diesem Moosburger Fürstentum hatte ich zuvor noch nie etwas gehört.
Du meinst also, dass es sich bei dem vorliegenden Stück um eine Fälschung handelt.
Gruss
Dirk
gelegentlich werden imitative Solidi den Awaren zugewiesen, vermutlich weil den Autoren sonst niemand eingefallen ist. Hier ist ein Beispiel:
https://www.acsearch.info/search.html?id=351622
Von diesem Moosburger Fürstentum hatte ich zuvor noch nie etwas gehört.
Du meinst also, dass es sich bei dem vorliegenden Stück um eine Fälschung handelt.
Gruss
Dirk
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Re: Awaren Solidus
Hallo Dirk,
ich bin bei den Awaren nicht mehr so 100%ig drin, wie ich schon war und meine Literatur zuhause ist ewas dünn. Im Grunde ist sich die Forschung aber uneins, ob es awarische Imitationen gibt oder nicht. Tatsache ist, dass in der frühawarischen Zeit unglaubliche Mengen an Solidi als Stillhaltegeld in die Awaria kamen. In dieser Phase hätten sie gar nicht prägen müssen. Aus dieser Phase kennt man auch nur byzantinische Münzen als Grabbeigaben. Man geht davon aus, dass die Münzen in der Awaria eh ihren Status als Zahlungsmittel verloren und eher eine Prestigegabe waren oder Teil eines nicht klar geregelten Tauschsystems. MIt dem Ausbleiben der byzantinischen Tribute unter Heraclius und militärischer Siege, kam das awarische Reich militärisch und wirtschaftlich wohl ziemlich rasch auf den Hund. Aus den Gräbern sind keine Münzen, die nach Constantin IV. geprägt wurden mehr bekannt, in spätawarischen Gräbern findet sich quasi nur noch Buntmetall, sodas wohl kaum mehr auszumachen ist, ob hier ein Angehöriger einer Oberschicht oder ein eher einfacher Aware bestattet war.
Wenn im Avaricum noch ein münzählicher Gegnstand hergestellt wurde, dann wohl eher nicht im Sinne einer Währung, sondern um eine münzähnliche Prestigegabe zu haben. Die Diskussion ist meines Wissens nach noch zu keinem abschließenden Konsens gekommen, was da wie zu verstehen ist.
Münzhäuser schlagen natürlich schräge Nummern gerne den Awaren zu, mich würde da immer die Provenienz interessieren.
Nach den Awaren geriet Pannonien in den Bannkreis slawischer, fränkischer und bulgarischer Machtansprüche. Da die Franken eindeutig die finanziell zivilisierteste Gruppe unter denen war, dürften sie ihr monetäres System einer Silberwährung auch auf Pannonien übertragen haben - und das ist, was es dann auch behielt. Zudem meine ich mich an Silberfunde aus dem Gebiet bei Zalavar zu erinnern.
In diesen historischen Kontext lässt sich diese Münze nur schwer einordnen, stilistisch ist sie daneben. So etwas tauch alle naselang auf: mal ist es eine "Seidenstraßenimitation", mal eine "awarische" oder "germanische" Prägung...
Für die frühmittelalterliche Geschichte Ungarns sind Zalavar und Keszthely-Fenékpuszta die absoluten hotspots und lohnen in jedem Fall einen Abstecher, wenn man schon am Plattensee ist... Zalavar ist für die Slawen Ungarns ein ganz wichtiger Platz, da hier Kyrill und Method weilten (ich war mal zeitgleich mit Mädchenchören in Trachten und dem bulgarischen Botschafter dort... ) es wird dort auch noch fleißig gegraben...
http://www.zalavarpark.hu/geschichte.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Binnenkas ... %A9kpuszta
Das Ganze ist auch mit sehr guter deutschsprachiger Forschungsliteratur aufgearbeitet: Fachfrau und vielleicht auch Ansprechpartnerin für solche Fragen ist: Dr. Orsolya Heinrich-Tamáska
http://research.uni-leipzig.de/gwzo/ind ... Itemid=983
Gruß Posa/Marcus
ich bin bei den Awaren nicht mehr so 100%ig drin, wie ich schon war und meine Literatur zuhause ist ewas dünn. Im Grunde ist sich die Forschung aber uneins, ob es awarische Imitationen gibt oder nicht. Tatsache ist, dass in der frühawarischen Zeit unglaubliche Mengen an Solidi als Stillhaltegeld in die Awaria kamen. In dieser Phase hätten sie gar nicht prägen müssen. Aus dieser Phase kennt man auch nur byzantinische Münzen als Grabbeigaben. Man geht davon aus, dass die Münzen in der Awaria eh ihren Status als Zahlungsmittel verloren und eher eine Prestigegabe waren oder Teil eines nicht klar geregelten Tauschsystems. MIt dem Ausbleiben der byzantinischen Tribute unter Heraclius und militärischer Siege, kam das awarische Reich militärisch und wirtschaftlich wohl ziemlich rasch auf den Hund. Aus den Gräbern sind keine Münzen, die nach Constantin IV. geprägt wurden mehr bekannt, in spätawarischen Gräbern findet sich quasi nur noch Buntmetall, sodas wohl kaum mehr auszumachen ist, ob hier ein Angehöriger einer Oberschicht oder ein eher einfacher Aware bestattet war.
Wenn im Avaricum noch ein münzählicher Gegnstand hergestellt wurde, dann wohl eher nicht im Sinne einer Währung, sondern um eine münzähnliche Prestigegabe zu haben. Die Diskussion ist meines Wissens nach noch zu keinem abschließenden Konsens gekommen, was da wie zu verstehen ist.
Münzhäuser schlagen natürlich schräge Nummern gerne den Awaren zu, mich würde da immer die Provenienz interessieren.
Nach den Awaren geriet Pannonien in den Bannkreis slawischer, fränkischer und bulgarischer Machtansprüche. Da die Franken eindeutig die finanziell zivilisierteste Gruppe unter denen war, dürften sie ihr monetäres System einer Silberwährung auch auf Pannonien übertragen haben - und das ist, was es dann auch behielt. Zudem meine ich mich an Silberfunde aus dem Gebiet bei Zalavar zu erinnern.
In diesen historischen Kontext lässt sich diese Münze nur schwer einordnen, stilistisch ist sie daneben. So etwas tauch alle naselang auf: mal ist es eine "Seidenstraßenimitation", mal eine "awarische" oder "germanische" Prägung...
Für die frühmittelalterliche Geschichte Ungarns sind Zalavar und Keszthely-Fenékpuszta die absoluten hotspots und lohnen in jedem Fall einen Abstecher, wenn man schon am Plattensee ist... Zalavar ist für die Slawen Ungarns ein ganz wichtiger Platz, da hier Kyrill und Method weilten (ich war mal zeitgleich mit Mädchenchören in Trachten und dem bulgarischen Botschafter dort... ) es wird dort auch noch fleißig gegraben...
http://www.zalavarpark.hu/geschichte.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Binnenkas ... %A9kpuszta
Das Ganze ist auch mit sehr guter deutschsprachiger Forschungsliteratur aufgearbeitet: Fachfrau und vielleicht auch Ansprechpartnerin für solche Fragen ist: Dr. Orsolya Heinrich-Tamáska
http://research.uni-leipzig.de/gwzo/ind ... Itemid=983
Gruß Posa/Marcus
Re: Awaren Solidus
Hallo Marcus,
danke für die Informationen und die Links. Ich mag barbarisierte Münzen sehr und wenn die Zuweisungen strittig sind, dann reizt mich das Rätsel umso mehr. Nach den Angaben des Verkäufers passt das Stück in das Umfeld des Moosburger Fürstentum und die Streitigkeiten um westlichen oder östlichen Einfluss - auch die Verbindung zu Kaiser Michael ist interessant. Die Münze wird leider viel zu teuer angeboten. Anderenfalls hätte ich zumindest mal über einen Kauf nachgedacht.
Gruss
Dirk
danke für die Informationen und die Links. Ich mag barbarisierte Münzen sehr und wenn die Zuweisungen strittig sind, dann reizt mich das Rätsel umso mehr. Nach den Angaben des Verkäufers passt das Stück in das Umfeld des Moosburger Fürstentum und die Streitigkeiten um westlichen oder östlichen Einfluss - auch die Verbindung zu Kaiser Michael ist interessant. Die Münze wird leider viel zu teuer angeboten. Anderenfalls hätte ich zumindest mal über einen Kauf nachgedacht.
Gruss
Dirk
Re: Awaren Solidus
Hallo,
wenn ich zwischenreden darf... Ihr sollt aber aufpassen, da die Regeln in Ungarn geändert wurden. Man darf nur mit einer Genehmigung sonden, die man zuerst von dem Eigentümer, dann von dem Denkmalschutz anfordern muss. Durchlaufzeit ca. 4 Wochen, aber bei Zalavár wirst du eine Genehmigung nie erhalten. Auf einige Felder habe ich auch leider keine bekommen, und es ist egal, ob da auch landwirtschaftliche Arbeiten durch ganzen Jahr im Prozess sind. Bei Zalavár sind sehr viele geschutze Felder. Ich wohne auch in der Nähe von Balaton, kenne ich mich gut aus, und mit dieser strengen Regel wurde dieses Hobby fast komplett zerstört...
wenn ich zwischenreden darf... Ihr sollt aber aufpassen, da die Regeln in Ungarn geändert wurden. Man darf nur mit einer Genehmigung sonden, die man zuerst von dem Eigentümer, dann von dem Denkmalschutz anfordern muss. Durchlaufzeit ca. 4 Wochen, aber bei Zalavár wirst du eine Genehmigung nie erhalten. Auf einige Felder habe ich auch leider keine bekommen, und es ist egal, ob da auch landwirtschaftliche Arbeiten durch ganzen Jahr im Prozess sind. Bei Zalavár sind sehr viele geschutze Felder. Ich wohne auch in der Nähe von Balaton, kenne ich mich gut aus, und mit dieser strengen Regel wurde dieses Hobby fast komplett zerstört...
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Re: Awaren Solidus
Jo napot kivanok! - Danke für den Hinweis, ich dachte aber nicht ans selbst sondeln. Ja, in Zalavar und Keszthely-F. wird legal nur von Archäologen gegraben - und da sollte man denen auch nicht ins Handwerk pfuschen: schönes Hobby hin oder her... war Pfingsten vor einem Jahr dort...
Szívélyes üdvözlet
Gruß Posa
Szívélyes üdvözlet
Gruß Posa
Re: Awaren Solidus
Szia!
genau, da wird legal nur von Archäologen gegraben. Dieser Woche wurde das frische Magyar Közlöny (Amtsblatt) ausgegeben, und die Regel sind noch strenger geworden... Früher wurde das Museum durch die Behörde informiert, dass ich eine Genehmigung bekommen habe, aber ab jetzt muss man zuerst mit dem Museum einen Zusammenarbeitsvertrag erstellen lassen, und erst dann mit diesem Vertrag zu Behörde gehen. Es wurde natürlich dem Museum freie Hand gelassen, macht, was will, wenn keine Zusammenarbert will, hast dann Pech... Aber es sind Gott sei dank viele Orte, wo man coole Dinge finden kann, und hätte aber früher keiner gedacht, dass man da irgendeine Bierkappe finden würde...
Und sorry für das OFF.
Viszlát!
Gruß,
Kabukabu
genau, da wird legal nur von Archäologen gegraben. Dieser Woche wurde das frische Magyar Közlöny (Amtsblatt) ausgegeben, und die Regel sind noch strenger geworden... Früher wurde das Museum durch die Behörde informiert, dass ich eine Genehmigung bekommen habe, aber ab jetzt muss man zuerst mit dem Museum einen Zusammenarbeitsvertrag erstellen lassen, und erst dann mit diesem Vertrag zu Behörde gehen. Es wurde natürlich dem Museum freie Hand gelassen, macht, was will, wenn keine Zusammenarbert will, hast dann Pech... Aber es sind Gott sei dank viele Orte, wo man coole Dinge finden kann, und hätte aber früher keiner gedacht, dass man da irgendeine Bierkappe finden würde...
Und sorry für das OFF.
Viszlát!
Gruß,
Kabukabu
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