Hilfe bei Bestimmung einer Schüsselmünze

Münzen des alten Byzanz

Moderator: Wurzel

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leodux
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Hilfe bei Bestimmung einer Schüsselmünze

Beitrag von leodux » Mi 03.03.04 23:03

Hallo,

ich habe eine byzantinische Schüsselmünze, bei deren Bestimmung ich eure Hilfe brauche.

- Welcher Kaiser ist hier abgebildet?
- Wer ist auf der anderen Seite zu sehen? Jesus oder Maria?
- Was bedeuten die Schriftzeichen (?) rechts neben dem Kaiser?
- Wann wurde diese Münze ungefähr geprägt und wo?
- Welche Katalognummer hat diese Münze? (z.B. nach Sears oder einem anderen Zitierwerk)

Ich habe noch ein zweites Stück, das von Manuel I. (1143-1180) ist und diesem hier ziemlich ähnlich sieht, jedoch etwas dicker ist. Ich vermute deshalb, daß diese Münze ungefähr aus der gleichen Zeit (12. Jahrhundert) stammt.

Grüße

leodux
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Gast
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Beitrag von Gast » Do 04.03.04 07:31

@leodux -

bei Deiner Münze handelt es sich um Sear 2003 / DOC 3 (bei DOC ist wegen des grünen Belages an den wichtigen Stellen leider nicht die Unterkategorie zu erkennen):

ISAAK II ANGELUS (1185-1195)
AV: Throhnende Muttergottes; Legende MP - OV (das "O" ist ein griechisches "Theta")
RV: Stehender Kaiser in Loros-Gewand mit Zepter und Akakia, rechts oben MANUS DEI (cie segnende Hand Gottes), Legende ICAAKIOC AECPTC (oder ähnlich) - das "A" in "AEC" erscheint auf der Münze als Griechisches "Delta", "P" als "Pi" (aber nicht auf meiner Tastatur)- steht für Despotis. Bei Deiner Münze ist deutlich das ...PTC zu erkennen. Oft sind bei diesen Schüsselmünzen die Legenden sehr verwildert oder gar nicht zu erkennen (herstellungsbedingt). Deswegen kann man nicht viel auf die Katalogbeschreibung geben. Der DOC-Katalog führt 'zig unterschiedliche Varianten auf und es gibt bestimmt noch viel mehr.
Prägeort Constantinopel

Bei MANUEL I trägt der Kaiser Labarum und Kreuzglobus, ausserdem ist hier die Kleidung nicht die Loros, sondern die Chlamys. - und es fehlt die Manus Dei

Auf die Gewichte darf man nicht viel geben - die schwanken sogar innerhalb derselben Emission teilweise extrem. Selbst Unterschiede von 200% oder mehr sind nicht ungewöhnlich. Zudem wurden die Münzen oft beschnitten. Alles Zeichen der unvorstellbaren Inflation, die zu dieser Zeit im Byzantinischen Reich herrschte.

petzlaff

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Beitrag von leodux » Fr 05.03.04 00:06

Hallo petzlaff,
vielen Dank für die Bestimmung meiner byzantinischen Schüssel und die Informationen dazu! :-)
Ein Isaak II. Angelos also, ist ja interessant. Ich lese gerade Runcimans "Geschichte der Kreuzzüge" und da paßt der Isaak ja auch ganz gut zum Thema. Isaak II. Angelos war ja nicht nur 1185-1195 Kaiser, sondern nach seiner Absetzung und Blendung auch noch ein zweites mal 1203/04, kurz bevor die Keuzfahrer Konstantinopel eroberten. Die Eroberung und Plünderung Konstantinopels duchr die Kreuzfahrer mußte er aber nicht mehr miterleben.
Und auch zu den Staufern gibt es Verbindungen, denn Philipp von Schwaben heiratete eine Tochter Isaaks, die spätere deutsche Königin Irene (Maria). Wenn man den Chronisten glauben darf, soll es sogar eine Liebesheirat gewesen sein - was damals ja durchaus nicht die Regel war.
Irene überlebte Ihren Gatten jedenfalls nur kurze Zeit und starb zwei Monate nach dessen Ermordung "aus Gram und Schmerz über den Tod ihres geliebten Mannes" bei einer Frühgeburt mit erst 28 Jahren.
Walther von der Vogelweide nannte sie in einem Lied "rose ane dorn".
Ich weiß, ist alles etwas weit weg vom Thema Byzanz, aber es ist doch immer wieder interessant, zu welchen Überlegungen so eine kleine Metallscheibe führen kann und daß sich immer wieder Verbindungen zu anderen interessanten Themen finden lassen.

Herzliche Grüße

leodux

Gast
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Beitrag von Gast » Fr 05.03.04 07:34

@leodux

vielen Dank für den historischen Exkurs: Das wusste ich nicht !

.. aber soche Gechichten machen das Münzsammeln eigentlich erst richtig zum Zeitvertreib.

Im Übrigen: exakt auf die Jahre 1203/1204 datierbare Münzen des ISAAK gibt es nicht - das ist dann schon die Zeit der extrem beschnittenen Münzen der Komnenen und Angeloi sowie der bulgarischen Imitationen.

Gruß - petzlaff

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Beitrag von leodux » Sa 06.03.04 00:10

Hallo,
daß es von Isaak II. aus den Jahren 1203/04 keine datierbaren Münzen gibt, ist eigentlich nicht verwunderlich und dürfte an den chaotischen Verhältnissen dieser Zeit liegen.
Sein Kaisertitel war in dieser Zeit wohl eher von theoretischer Natur.
Das Kreuzfahrerheer zog 1203 nach Konstantinopel, obwohl eigentlich zunächst Ägypten das ursprüngliche Angriffsziel war. Intrigen und Bestechungen der Venezianer (die gerade ein einträgliches Handelsabkommen mit Ägypten abgeschlossen hatten) und die Aussicht auf eine größere Kriegsbeute dürften die eigentlichen Gründe für die Änderung der Angriffspläne gewesen sein. Als offizieller Grund wurde jedoch genannt, Isaaks Sohn Alexios (dem späteren Alexios IV.) helfen zu wollen, den ihm rechtmäßig zustehenden byzantinischen Kaiserthron zu besteigen.
Als der Kampf gegen das Kreuzfahrerheer und die venezianischen Flotte immer aussichtsloser wurde, floh Kaiser Alexios III.
Einige Regierungsbeamte holten daraufhin den alten und blinden Isaak aus dem Gefängnis und erklärten ihn zum Kaiser. Sie hofften, dadurch die Kämpfe beenden zu können. Da nun Alexios' (IV.) Vater auf dem Thron saß, hatte sich der offizielle Grund für den Angriff eigentlich erledigt. Die Kreuzfahrer erklärten sich aber nur mit der Einstellung der Kämpfe einverstanden, wenn Alexios neben seinem Vater als Mitregent eingesetzt würde.
So wurde Alexios IV. am 1. August zum Mitherrscher seines Vaters gekrönt.
Wer von diesem Zeitpunkt an wirklich die Macht in Byzanz hatte, Isaak II. (wohl kaum), sein Sohn Alexios IV., die Kreuzfahrerbarone oder doch eher die korrupten Regierungsbeamten, läßt sich wohl nicht mehr so ganz nachvollziehen. Jedenfalls trug dieses Durcheinander der Jahre 1203/04 nicht gerade zur Konsolidierung des ohnehin geschwächten Kaiserreiches bei und erklärt auch das Fehlen einer "ordentlichen" Münzprägung.
Bei einem Aufstand im Februar 1204 wurde Alexios IV. von seinem Nachfolger Murtzuphlos (alias Alexios V.) gefangengesetzt und getötet.
Der alte Isaak II. starb nur wenige Tage nach seinem Sohn "an Kummer und wohlüberlegter Mißhandlung".
Daraufhin griff das Kreuzfahrerheer, das immer noch in der Nähe der Stadt lagerte, Konstantinopel erneut an und eroberte die Stadt Anfang April.
Die darauf folgenden Plünderungen und Zerstörungen gehören sicher zu den dunkelsten Kapiteln der Kreuzzüge.

Noch etwas, das besser zur Numismatik paßt:
Im Forum wurde letztens über den Grund der schüselförmigen Prägungen diskutiert.
Philip Grierson schreibt dazu in einer Schrift über byzantinishce Münzen, daß zur Entstehungszeit der ersten konkaven Prägungen die Hystamenon nach einigen Abwertungen besonders dünn und zerbrechlich geworden waren und durch die schüsselförmige Form stabiler und weniger leicht zu verbiegen sein sollten.
Aber, ob das der alleinige Grund war? Mir sind diese Schüsseln jedenfalls immer noch ein Rätsel.

Schöne Grüße

leodux

Gast
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Beitrag von Gast » So 07.03.04 16:07

@leodux

Du hast recht, es gibt unendlich viel Theorien über die Hintergründe, warum die Romaion Schüsselmünzen prägten.

Wir hatten hier schon reichlich Abhandlungen darüber.

Für mich ist die plausibelste Erklärung folgende:

Unter NIKEPHOROS II wurde der alte Solidus aufgegeben. Um den Handel mit den Persern und Arabern an der östlichen Reichsgrenze zu intensivieren prägte NIKEPHOROS eine neueGoldmünze, das Tetarteron mit 22 Karat. Das entsprach exakt dem Standard der östlichen Goldmünzen.

Der Solidus zu 24 Karat mutierte zur Schüsselmünze - wohl einfach, um ihn von dem leichtgewichtigen "Solidus/Tetarteron" unterscheiden zu können. Bald stand die "Schüssel" als Synonym für gutes altes hochwertiges Geld und wurde dann mit der Münzreform des ALEXIOS I auch auf die Silber/Billon-Münzen übertragen. Das Tetarteron war inzwischen zur Bronze-Kleinmünze geworden.

Für diese Theorie spricht auch nach der nicht ganz unmaßgeblichen Meinung von Hendy, daß die Bulgaren und kurz danach die Lateiner in Konstantinopel ihre Münzen schüsselförmig prägten, um in finanziell chaotischen Zeiten den Eindruck von "guten altem Geld" zu erwecken.

Gruß - petzi

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Beitrag von leodux » So 07.03.04 17:22

@payler:
Deine Erklärung scheint mir auch recht plausibel.
Zumindest dürfte das der Grund gewesen sein, warum man die umständliche Schüsselprägung beibehalten hat.

Grüße

leodux

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Beitrag von leodux » Mi 31.03.04 20:33

Hallo,
wie bekommt man eigentlich den grünen Belag weg, ohne die Patina gleich mit zu entfernen. Ganz muß er ja nicht verschwinden, aber so stört er mich schon ganz schön.
Gibt es hierfür eine einfache und sichere Methode?

Grüße

leodux

Gast
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Beitrag von Gast » Do 01.04.04 15:14

@leodux

der Belag sieht so aus, als ob er nicht mehr weiterwächst.

Es gibt zwar Möglichkeiten, mit einem Skalpell den Belag zu entfernen - aber immer mit dem Risiko, dass man 1.) abrutscht und die Münze zerstört oder 2.) daß sich in der offenen Wunde neuer, schnell wachsender Grünspan ansammelt

Also - lieber so lassen, wie es ist - und Ausschau nach einem gleichen Stück ohne Belag halten.

Gruß petzi

(Letzterer hilft auch gern beim Finden)

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Beitrag von leodux » Do 01.04.04 23:39

Hallo petzlaf,

ich weiß nicht, ob die Skalpellmethode hier funktioniert, da der Belag ziemlich hart ist und fest anhaftet. Die Patina könnte mit abplatzen. Ich werde es mal gaaanz vorsichtig versuchen.

Vielen Dank für Dein Angebot, mir beim Finden zu helfen. Bei mir kommt es aber leider nicht nur auf das Finden an, sondern mehr noch auf den Preis. Dieses Stück habe ich relativ billig bekommen, vermutlich wegen des grünen Belags.
Was würde denn so ein ISAAK II. ungefähr kosten, wenn man die Prägung gut erkennen kann und sich der Kaiser nicht mit so einem grünen Umhang schmückt?

Güße

leodux

Gast
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Beitrag von Gast » Fr 02.04.04 09:47

@leodux

da kann ich nur salomonisch antworten: zwischen 5 und 35 EUR.

Spaß beiseite: Diese Trachy des ISAAK II gibt es in unendlich vielen Varianten, die häufig oder selten sind. Die durchschnittlich angebotene Erhaltung zeigt das Kaiser-Revers meist recht sauber geprägt und das Avers sehr schlecht auf meist unrunden oder beschnittenen Schrötlingen geprägt.

Wenn die Revers-Legende nicht erkennbar ist, dann sind 5 bis 8 EUR ok. Ist die Legende in grossen Teilen sauber lesbar (meist ist das ISAAK links besser lesbar als das DESPOT rechts) sind 10 bis 15 EUR akzeptabel.

Ist zusätzlich das Muttergottesrevers sauber ausgeprägt, dann sind 20 EUR i.O.

Wenn es sich dann noch um eine seltene Type handelt (erkennbar an Beizeichen, aussergewöhnliche Anzahl der Perlen auf dem kaiserlichen Gewand u.ä.) oder eine späte Prägung auf rundem unbeschnittenen Schrötling sind noch höhere Preise gerechtfertigt.

Dein Exemplar (mal abgesehen von dem Belag) wäre von der Ausprägung her im Mittelfeld anzusiedeln.

Gruß - petzlaff

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Beitrag von leodux » Di 06.04.04 21:11

Hallo Petzlaf,
ich habe Dir mal eine PN geschickt.

Grüße

leodux

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