
Ich habe jetzt dank Eurer Hinweise das Thema "Pseudostempel" für mich noch mal etwas "sortiert". Natürlich hatte ich den von Zwerg zitierten Absatz gelesen - ist es doch der Absatz, der sich auf die einzige Münze bezieht, die meiner Münze gleicht. Auch ich konnte aus diesem Absatz aber nur die Tatsache herauslesen, DASS es solche Pseudostempel gegeben haben soll - was vielleicht aber auch meinen nicht eben perfekten Englischkenntnissen zu verdanken ist (wenn ich alleine daran denke, wie lange ich gebraucht habe, um herauszubekommen dass ein "starry sturgeon" kein "sternförmiger Stör" sondern ein Sternhausen bzw. Scherg ist!). Fast genauso quäle ich mich mit dem Begriff "linked punches", den ich mit "Prägezange" übersetzen würde (aber falls es da eine andere plausible Übersetzung gibt würde ich die schon noch lesen wollen).
Wenn ich richtig liege, würde das bedeuten, dass der Autor behauptet, dass es neben den fortgesetzten "normalen" Prägungen, die mit Prägezangen gegengestempelt wurden, eben auch "neue" Stempel gab, in denen dieses Markierungen (Stern und Gorytos) bereits im Stempel eingearbeitet waren. Wenn solche (wie auch immer) gegengestempelte Münzen die aus dem Verkehr verschwundenen Silber- und Goldmünzen ersetzen sollten, scheint es mir nur logisch, dass mit dieser Gegenstempelung die Bronze "aufgewertet" werden sollte (so nach dem Motto: "Du bist jetzt eine Silbermünze!"). Und ebenso logisch scheint mir, dass diese Gegenstempelungen damit nur zeitlich befristet waren: es wäre schließlich einfacher, hier ein komplett neues Münzmotiv zu wählen, als das alte Motiv immer wieder mit zusätzlich in die Stempel einzugravierende Pseudo-Gegenstempel aufzuwerten. Die Zahl der Pseudo-Gegenstempel sollte damit eigentlich "endlich" gewesen sein.
Abgelöst wurden diese Prägungen womöglich deshalb von den Münzen, die auf dem Avers einen bärtigen Satyr und auf dem Revers einen Bogen und Pfeil zeigen - wobei hierbei wegen eines Mangels an Metall nicht nur auf neuen Schrötlingen, sondern auch auf den vorhandenen gegengestempelten Münzen geprägt wurde. Diese "neuen" Münzen wurden aufgrund einer relativ schnellen Verschlechterung sowohl im Gewicht als auch in der Metallqualität dann ebenfalls mit Gegenstempeln "aufgewertet" (wobei ich mich nach dieser Aussage sehr über die häufigen Angebote vermeintlich perfekter Münzen dieses Typs wundere).
@Altamura:
• das mit den zwei Prägungen hatte ich eigentlich für mich aus dem von Dir genannten Grund auch schon ausgeschlossen und
• das von Dir genannte Standardwerk Владилен Опанасович Анохін, "Монетное дело Боспора" hätte ich eigentlich ganz gerne (natürlich nur auszugsweise) gelesen. Das habe ich aber nicht gefunden. Wobei: Anochin hat lt. der russischen Seite wohl ursprünglich mal vorgeschlagen, dass die Gegenprägungen den Nennwert der Münzen um das vierfache reduzierte (häähh? Beim Wegfall der Silber- und Goldprägungen war es ja vermutlich sehr sinnvoll, auch den Wert der Bronzen zu reduzieren) - um später vorzuschlagen, dass die Gegenstempel auf den Absender bzw. Herausgeber der Münzen hindeuteten. und
• in acsearch findet man natürlich auch einen Haufen entsprechender Münzen, in deren Beschreibung eben kein "pseudo-" auftaucht. Das hilft also auch nur sehr bedingt weiter.
Ich bedanke mich für alle Beiträge zu meiner Frage und wähle für mich zum Schluss noch ein etwas versöhnendes Zitat aus der russischen Seite, die die mannigfaltigen Deutungsversuche für mich ganz gut zusammenfasst:
"So bleiben der Zweck der Prägung der fraglichen Münzen und ihr Nennwert umstritten." Und entsprechendes gilt wohl auch für die Frage der ("Pseudo-")-Gegenstempel. Immerhin habe ich hier gelernt, dass es so etwas überhaupt gibt!
Ich bedanke mich nochmal … und werde Euch gelegentlich mit meinen Fragen zu meinen Parthern erneut belästigen …
Liebe Grüße aus Frankfurt
hjk