Hinkelsteine aus Kaunos

Griechische Münzen des Altertums

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Altamura2
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Hinkelsteine aus Kaunos

Beitrag von Altamura2 » Sa 20.12.25 14:48

In diesem Jahr hab' ich mir zwei Statere aus Kaunos in Karien zugelegt, einen älteren und einen jüngeren. Beim Sammeln von Informationen darüber bin ich auf eine spannende Kombination aus Numismatikgeschichte, Epigrafik, Sprachforschung und Archäologie gestoßen, über die ich hier berichten will.

Av: geflügelte Iris im Knielauf nach rechts, den Kopf nach links gewandt; Flügelschuhe an den Füßen und zwei Schnörkel am Kopf
Rv: Bätyl in Incusum
AR, 17 mm, 11,80 g, ca. 490-470 v. Chr., Referenzen sind BMC Lykaonien S. 95, 2 (Mallos); Traité II-1, 902 (Mallos); Konuk 1-15 (s.u.);

Av: geflügelte Iris im Knielauf nach links, den Kopf nach rechts gewandt; Kerykeion in der Rechten und Kranz in der Linken
Rv: dreieckiger Bätyl zwischen den karischen Buchstaben 𐊼 und Γ
AR, 20 mm, 11,64 g, ca. 410-390 v. Chr., Referenzen sind BMC Lykaonien S. 97, 9 (Mallos); Traité II-1, 912 var. (Mallos); Konuk 103 (s.u.);

Richtige Schönheiten sind es beide nicht :( (gibt es von diesem Typ auch eher selten und dann teuer :| ), aber interessant sind sie :D .
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Kaunos_Statere_klein.jpg
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Zu dieser Münzserie existieren verschiedene Varianten (mehr als die zwei hier), die sich vor allem durch die Ausgestaltung des Revers und der Beizeichen darauf unterscheiden, sie folgen dem äginetischen Gewichtsstandard. Vor allem die Aversstempel wurden wohl ausgiebig genutzt, viele Exemplare stammen von recht ausgelutschten Stempeln, die Revers sehen meist besser aus.

Diese Münzen sind in der Literatur seit langem bekannt, schon 1860 werden sie in W. H. Waddington, "Médailles de Marium en Cypre", Revue Numismatique II-05, 1860, S. 1-10, etwas ausführlicher beschrieben: https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bd6t54189227c/f9.item

Waddington verortet diese Münzen, zusammen mit solchen aus Mallos, in Marion auf Zypern. Argumentiert wird dabei über die Legende MAP auf den Münzen aus Mallos, die mit Marion assoziiert wird. Aufgrund der ähnlichen geflügelten Figur im Knielauf werden dann die Münzen aus Knidos gleich mit nach Marion gegeben. Bei der Figur auf dem Avers bringt Waddington Iris und Nike ins Spiel, entscheidet sich aber nicht. Grund dafür ist auch, dass die Münzen, die er kannte, nicht so gut erhalten sind, dass man das Kerykeion hätte klar erkennen können. Waddington zieht das zwar in Betracht, entscheidet sich aber für ein Szepter ("un objet qui ressemble à un caducée, mais qui n’en est pas un ; c’est un bâton ou sceptre surmonté d’une pomme ou d’un autre symbole").

Den Revers beschreibt Waddington als konisches Objekt. Die Buchstaben auf den späteren Varianten dieser Münzserie erwähnt er zwar, schlägt aber keinerlei Deutung vor.

Von an geht es in der Literatur dann recht uneinheitlich weiter :? , hier ein paar der vorgebrachten Interpretationen:

In Jan Pieter Six, "Zur Münzkunde Pisidiens und angrenzender Länder", Zeitschrift für Numismatik VI, 1879, S. 75-100, werden diese Münzen auf S. 83-85 Nagidos in Kilikien zugewiesen. Die Figur wird als "Iris ?" bezeichnet, der Revers als "Länglicher tiefer Einschlag": https://www.digitale-sammlungen.de/de/v ... page=94,95

Friedrich Imhoof-Blumer diskutiert die Varianten des Münztyps hier in "Mallos, Megarsos et Antioche du Pyramos. Étude géographique, historique et numismatique", Annuaire de la Société française de numismatique et d'archéologie VII, Paris 1883, S.89-127, und ordnet sie Mallos in Kilikien zu: https://digitale-sammlungen.de/en/view/ ... page=96,97
Die geflügelte Frau auf dem Avers hält in seinen Augen einen oben mit einem kleinen Globus besetzten Stab, nur bei einem Exemplar wird vermerkt, dass dies einem Kerykeion ähnelt. Die Identifikation mit Iris oder Nike durch Waddington wird erwähnt, aber nicht entschieden.
Auf dem Revers erkennt Imhoof-Blumer aber schon einen konischen Stein. Was das kopfstehende Delta betrifft, ist es für ihn ein Symbol für den Kult der Astarte (sogar "ce dont il n’y a guère lieu de douter", also "woran es kaum Grund zum Zweifel gibt").

Jan Pieter Six greift diese Serie 1894 in "Monnaies grecques, inédites et incertaines (suite)", NC 14, 1894, S. 297-338, wieder auf, geht nun aber davon aus, dass das kopfstehende Delta und das Gamma Buchstaben sind. Er interpretiert das 𐊼 jedoch als eine altertümliche Form des Alpha und verortet diese Münzen deshalb in Anchialos in Kilikien: https://archive.org/details/numismaticc ... 7/mode/2up

1914 greift Imhoof-Blumer die Zuordnung dieser Münzserie in "Antike griechische Münzen", SNR 19, 1914, S. 5-134, wieder auf: http://doi.org/10.5169/seals-172759 . Ab Seite 95 argumentiert er nun für Aphrodisias in Kilikien als Prägestätte. Die Flügelfigur wird als Nike angesprochen (trotz explizit erwähntem Kerykeion) und es taucht für den Revers der Begriff Baitylos auf, der einen heiligen Stein bezeichnet (https://de.wikipedia.org/wiki/Steinkult ... und_Antike).

Schließlich erkennt E. S. G. Robinson 1936 in "A find of Archaic Coins from South-West Asia Minor", NC 16, 64, 1936, S. 265-280, anhand eines Hortfundes von der karisch-lykischen Grenze, dass die Buchstaben auf den Bätylmünzen aus dem karischen Alphabet stammen: https://archive.org/details/in.ernet.dl ... 1/mode/2up . Er leitet daraus aber keine konkrete Herkunft ab, legt die Münzen aber nach Karien.
Die Figur auf dem Avers benennt Robinson als Nike mit einem Kerykeion und einem Kranz in den Händen.

Man sieht, dass hier trotz der recht häufigen Behandlung dieser Münzen große Unklarheit über die Herkunft und das Dargestellte herrschte 8O (auf die Datierung bin ich jetzt gar nicht erst eingegangen :wink: ).


1973 hat man im Letoon von Xanthos dann eine Trilingue gefunden, eine Stele mit einem Text auf Lykisch, Aramäisch und Griechisch (hier von links nach rechts), auf der von Kaunos die Rede ist.
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Trilingue_klein.jpg
(https://archives.saltresearch.org/handle/123456789/8008, https://archives.saltresearch.org/handle/123456789/8009, https://archives.saltresearch.org/handle/123456789/8668)

Unter anderem geht es darauf um die Einrichtung eines Kults für einen ΒΑΣΙΛΕΩΣ ΚΑΥΝΙΟΥ, also einen "Herrn von Kaunos". In der lykischen Textversion steht dafür "khantawata khbidenni" (ich benutze hier jetzt einfach die Schreibung in simplen lateinischen Buchstaben, das könnte man noch ausgefuchster machen 8) ). Das lykische khantawata kannte man bereits als Ehrentitel. Damit ergab sich die Schlussfolgerung, dass "khbidenni" wohl für "kaunisch" oder "von Kaunos" steht und der lykische Name für Kaunos "kbide" war (und analog der aramäische KBYDSY).
Siehe dazu Emmanuel Laroche, "La stèle trilingue récemment découverte au Létôon de Xanthos : le texte lycien", Comptes rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, 118ᵉ année, N. 1, 1974, S. 115-125: https://www.persee.fr/doc/crai_0065-053 ... 18_1_12971

1979 hat Hyla Troxell die Münzserie in "Winged Carians", in Otto Mørkholm und Nancy Waggoner (Hrsg.), "Greek Numismatics and Archaeology. Essays in Honor of Margaret Thompson", Wetteren 1979, S. 257-268 (gibt es leider nicht online :? ), erneut aufgegriffen. Bei ihr ist auf dem Avers eine weibliche Figur, auf den späteren Emissionen mit Kerykeion und Kranz in den Händen, die sie als Nike bezeichnet. Auf dem Revers sieht Troxell eine recht- oder dreieckige Form, dass dies ein Bätyl sei, lehnt sie ab ("... conical or pyramidal shape, known for so long erroneously as a “baetyl” ...").
Kaunos wird zwar als ein möglicher Kandidat von fünfen für die Prägestätte angesehen, Troxell kennt auch die Trilingue vom Letoon und weiß um kbide als lykische Bezeichnung für Kaunos, ließ die Frage der Prägestätte aber noch offen.

Ab den 1970er Jahren gelang es nach und nach, den karischen Buchstaben auch korrekte Lautwerte zuzuordnen. Nachlesen kann man das ganz gut in Diether Schürr, "Zur Bestimmung der Lautwerte des karischen Alphabets 1971–1991", Kadmos 31, 1992, S. 127-156: https://www.academia.edu/115709378/Zur_ ... _1971_1991

Anfang der 90er Jahre wusste man also, dass das kopfstehende Delta und das Gamma auf den Münzen für die Laute k und b stehen, konnte aber nicht sagen, welcher Ort dahinter steht und ob es überhaupt ein Ethnikon ist. 1995 äußert Ignacio Adiego dann die Vermutung, dass das "KBYDSY" aus dem aramäischen Teil der Trilingue von Xanthos als Herkunftsbezeichnung keine spezifisch aramäische Ortsbezeichnung ist, sondern nur eine Transkription des karischen Namens ins Aramäische ("Contribuciones al desciframiento del cario", Kadmos 34, 1995, S. 18-34: https://www.degruyterbrill.com/document ... .1.18/html ; Zugriff beispielsweise über manche Bibliotheken).

Schließlich hat man 1996 bei Ausgrabungen in Kaunos eine Bilingue mit karischem und griechischem Text entdeckt, die die bisherigen Zuweisungen von Lautwerten zu den karischen Buchstaben weitestgehend bestätigte.
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Bilingue_klein.jpg
(https://mnamon.sns.it/index.php?page=Im ... 66&lang=en)

Insbesondere sieht man hier, dass der karische Text oben gleich mit den zwei Buchstaben auf der Münzserie hier beginnt, der griechische an entsprechender Stelle (dort ist es das zweite Wort) KAYNIOIΣ enthält. Damit war bestätigt, dass kbid der karische Name der Stadt Kaunos war.
Siehe dazu Peter Frei und Christian Marek, "Die karisch-griechische Bilingue von Kaunos. Eine zweisprachige Staatsurkunde des 4. Jh. v.Chr.“, Kadmos 36, 1997, S. 1-89, sowie "Die karisch-griechische Bilingue von Kaunos. Ein neues Textfragment", Kadmos 37, 1998, S. 1-18: https://www.degruyterbrill.com/document ... 6.1.1/html (Zugriff beispielsweise über manche Bibliotheken).

Koray Konuk veröffentlichte schließlich 1998 einen Artikel "The Early Coinage of Kaunos", in R. Ashton und S. Hurter (Hrsg.), "Studies in Greek Numismatics in Memory of Martin Jessop Price", London 1998, S. 197-223, in dem er die Münzen der hier vorgestellten Serie aufgrund der nun eindeutig als karisch identifizierten, den karischen Namen der Stadt abkürzenden Buchstaben 𐊼 und 𐊩 Kaunos zuordnete: https://www.academia.edu/355252/The_Ear ... _of_Kaunos
Daraus stammen auch die Datierungen meiner zwei Exemplare oben.


Aus meiner Sicht das Sahnehäubchen auf dieser Forschungsgeschichte ist aber eine Entdeckung, die man 1991 in Kaunos gemacht hat, als man den sogenannten Terrassentempel weiter untersuchte.
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Terrassentempel_klein.jpg
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File ... u_meer.jpg)

In diesem Rundbau, der auf einer im ersten Jahrhundert v.Chr. künstlich aufgeschütteten Terrasse steht, ging man im Zentrum unter der hier sichtbaren Altarplatte (falls es denn eine war) in die Tiefe. In etwa drei Metern unter der Oberfläche fand man einen in zwei Teile zerbrochenen Monolithen von über 4 Meter Länge. Er stand auf dem Felsuntergrund, war im unteren Bereich zur Stabilisierung eingegraben und ragte etwa 2,50 Meter in die Höhe.
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Bätyl_klein.jpg
(https://www.academia.edu/3616430/Sanctu ... s_in_Caria)

Was man drumherum fand, weist klar auf eine religiöse Bedeutung hin, also einen Bätyl. Ob das nun genau derjenige auf den Münzen war, kann man natürlich nicht mit Sicherheit sagen, ist aber sehr wahrscheinlich. Zumindest jedoch kannte man in Kaunos Steinheiligtümer :D .

Erwähnt wird dieser archäologische Fund bereits im Artikel von Koray Konuk, in Adnan Diler, "Interpretation of Earlier Caunian Coins with Pyramid Depictions and their Relationship With Sacred. Stone (Baitylos) in Caunos", Obolos 8, Athen 2006, S. 65-78, findet man eine etwas eingehendere Beschreibung: https://www.academia.edu/42477667/INTER ... _IN_CAUNUS

Dann bleibt jetzt noch die Dame auf dem Avers. Wie oben beschrieben, schwankte man hier lange zwischen Nike und Iris. Es gibt wohl wenige frühe Darstellungen der Nike mit geflügelten Füßen, aber keine, auf denen Nike ein Kerykeion hält. Damit ist es dann wirklich Iris, die in der antiken Literatur durchaus vorkommt (https://en.wikipedia.org/wiki/Iris_(mythology) ) und auf Vasen abgebildet und in Skulpturen dargestellt wird.
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Iris_klein.jpg
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File ... is_841.jpg)

Iris, auf Deutsch Regenbogen, ist dessen Personifikation und wird in Zusammenhang mit Feuchtigkeit, Regen und Wind gesehen. Darüber hinaus ist sie eine Götterbotin, weshalb sie meist neben den Flügeln auch mit einem Kerykeion als Attribut dargestellt wird.

Eine sehr ausführliche Abhandlung zu Iris findet man in Wilhelm Heinrich Roscher, "Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie - Zweiter Band erste Abteilung", Leipzig 1890-94, auf den Spalten 320-357: https://archive.org/details/ausfhrliche ... 0/mode/2up
Eine ganze Menge zu Iris steht auch im LIMC (https://archive.org/details/limc_202105 ... IMC%20I-1/ ).

Hermes hat ihr aber irgendwann den Rang als Götterbote abgelaufen :| , und auch auf antiken Münzen kommt sie meines Wissens nur auf der hier vorgestellten Serie vor :D .


Das ist jetzt recht lang geworden :| , hätte aber noch viel ausführlicher werden können 8) , ich hab' schon allerlei Details weggelassen. Insgesamt ist das in meinen Augen aber eine spannende Geschichte, wie man da innerhalb von etwas mehr als hundert Jahren schrittchenweise von ziemlicher Ahnungslosigkeit zu großer Gewissheit gekommen ist :D .

Gruß

Altamura
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Re: Hinkelsteine aus Kaunos

Beitrag von Lampsakos » So 21.12.25 13:53

Bist Du denn bei Deinen Forschungen auch auf die Frage gestoßen, "wer" das denn eigentlich war, der da Münzen prägte?

Bei den griechischen Münzprägungen ist das ja immer die jeweilige Polis (gleich wie sie regiert wurde), das sog. Ethnikon bezeichnet ja nicht nur die Prägestätte, sondern eigentlich ein "Politikon" (daher im Gen. Pl., wenn ausgeschrieben), also die autonome Bürgergemeinde, die sich auf den Münzen (u.a. mit ihren Parasema -sic :wink: ) darstellt. In den Grenzgebieten zum griechischen Kulturbereich sind es dann oft nennbare Herrscher, Könige (bei den Makedonen) oder "Stammesfürsten" (in Thrakien).
Bei den Kariern ist mir das immer dunkel geblieben, wer da eigentlich Münzen prägt, wenn von Kaunos oder auch Mylasa (oder gar dem sonst völlig unbekannten Kasolaba oder Kindya) die Rede ist. Es gibt ja sehr ansprechende karische Prägungen aus dem 5. Jh., aber wie kommen sie dazu? Später im 4. Jh. mit Hekatomnos und Mausolos ist das dann klar, das sind eben hellenisierte "Dynasten" ....

Also, irgendwie tun die Karier so, als wären sie Griechen, obwohl sie es gar nicht sind :P . Das zeigt sich auch an diesen Stateren, wenn sie die griechische Göttin Iris in griechischer Ikonographie abbilden, auf der Rückseite aber ihren heiligen Stein mit karischen Buchstaben ... Hm?


PS
Altamura2 hat geschrieben:
Sa 20.12.25 14:48
Richtige Schönheiten sind es beide nicht :(
Ich finde die (bzw. ihre bessere Seite) gar nicht so schlecht, wenn man bedenkt, daß man für gute Exemplare in den deutlich vierstelligen Bereich gehen muß.

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Re: Hinkelsteine aus Kaunos

Beitrag von Altamura2 » So 21.12.25 19:48

Lampsakos hat geschrieben:
So 21.12.25 13:53
... Bist Du denn bei Deinen Forschungen auch auf die Frage gestoßen, "wer" das denn eigentlich war, der da Münzen prägte? ...
Auf die Frage schon, auf Antworten eher nicht :D .

Ein bisschen was steht in der Bachelorarbeit "Kaunos in Karien - Urbanistische Entwicklung im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr." von Stephan Dombrowsky, Universität Bern 2010: https://www.academia.edu/24155973/Kauno ... dert_v_Chr
Das ist aber mehr oder weniger dasselbe wenige wie in Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Kaunos#History , auch in Hansen und Nielsen, "An Inventory of Archaic and Classical Poleis", Oxford 2005, steht nicht viel mehr :? : https://www.ancientportsantiques.com/wp ... o,-250,639

Über die internen politischen Strukturen und deren Protagonisten weiß man eben so gut wie nichts :| .
Lampsakos hat geschrieben:
So 21.12.25 13:53
... auf der Rückseite aber ihren heiligen Stein mit karischen Buchstaben ...
Lokale Alphabete findet man aber auf einigen Münzprägungen aus Kleinasien, neben Karisch fallen mir da spontan auch Sidetisch, Pamphylisch und Lykisch ein.
Analoges gab es aber bis ins Römische Reich. Da findest Du Münzen mit vorne einem Kaiserkopf und hinten beispielsweise aramäischer Legende: https://rpc.ashmus.ox.ac.uk/coins/1/5419

Die Hellenisierung ging eben nicht so weit, dass die Vorgängerkultur gänzlich überlagert wurde, da blieben viele Reste erhalten :D .

Gruß

Altamura

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Re: Hinkelsteine aus Kaunos

Beitrag von Lampsakos » So 21.12.25 22:52

Altamura2 hat geschrieben:
So 21.12.25 19:48
Über die internen politischen Strukturen und deren Protagonisten weiß man eben so gut wie nichts :| .
Das dachte ich mir. Damit hängen aber auch die numismatischen Zuweisungen etwas in der Luft!

Altamura2 hat geschrieben:
Sa 20.12.25 14:48
Koray Konuk veröffentlichte schließlich 1998 einen Artikel "The Early Coinage of Kaunos", in R. Ashton und S. Hurter (Hrsg.), "Studies in Greek Numismatics in Memory of Martin Jessop Price", London 1998, S. 197-223, in dem er die Münzen der hier vorgestellten Serie aufgrund der nun eindeutig als karisch identifizierten, den karischen Namen der Stadt abkürzenden Buchstaben 𐊼 und 𐊩 Kaunos zuordnete:
Die Identifizierung ist ja wohl richtig, aber was, wenn es gar keine Polis Kaunos gab? Vielleicht verweisen die beiden Buchstaben ja nur auf den Ort, an dem der abgebildete Bätyl steht? Oder eben auf den Gott, dessen Heiligtum dies vermutlich ist und der als "Kaunischer Basileus" im Griechischen erscheint?

Konuk hat ja auch allein aufgrund einiger karischer Buchstaben eine ganze Serie von Hemiobolen (Jüngling/Widderkopf) Kasolaba zugewiesen, - eine Stadt, von der wir ansonst nur den Namen kennen, nicht mal wissen, wo sie liegt .... Die soll also plötzlich einen sehr verbreiteten Münztyp geprägt haben, und sonst nichts? Das finde ich sehr unplausibel. Vielleicht ist es ja ein Fehler, analog zur griechischen Praxis zu vermuten, karische Buchstaben würden stets die emittierende Polis bezeichnen. Die könnten auch etwas ganz anderes bedeuten. Da ist wohl noch viel Raum für Entdeckungen für künftige Karienforscher ... :P

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Re: Hinkelsteine aus Kaunos

Beitrag von Altamura2 » Mo 22.12.25 09:03

Lampsakos hat geschrieben:
So 21.12.25 22:52
... aber was, wenn es gar keine Polis Kaunos gab? ...
Genau, Bielefeld gibt es ja auch nicht :| .
Lampsakos hat geschrieben:
So 21.12.25 22:52
... Die soll also plötzlich einen sehr verbreiteten Münztyp geprägt haben, und sonst nichts? ...
Es waren schon ein paar mehr, sieht man auf HNO: http://hno.huma-num.fr/browse (man muss aber manuell zur Münzstätte Kasolaba navigieren :? ). Derartige Wenigpräger gibt es aber schon auch mehr.

Die Zuordnung zu Kasolaba ist übrigens wieder in Bewegung geraten, siehe Ignasi-Xavier Adiego, "A Kingdom for a Carian Letter": https://www.academia.edu/41944038/Adieg ... ian_Letter (hab' ich aber erst überflogen :? ).

Gruß

Altamura

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