Syrakus
Die griechische Münzprägung gewinnt für mich immer mehr an Faszination. Ich bin der Meinung, dass viele der schönsten Münzen der Welt aus diesem reichhaltigen, sich über viele Jahrhunderte erstreckenden Gepräge stammen.
Deshalb möchte auch ich zu diesem ausgezeichneten Thema beitragen, indem ich Euch zunächst eine wunderschöne Bronze aus Syrakus vorstelle, die ich für nur 27 Euro incl. Porto erwerben konnte. (Man beachte den Detailreichtum des Stiers, der sogar die eindeutige Unterscheidung von einem Ochsen ermöglicht..
).
Ich werde einige Anmerkungen zur Geschichte und zur Darstellung hinzufügen, die ich beim Recherchieren zu dieser Münze herausfand und hoffe, dass sie dadurch auch für Euch an Interesse gewinnt.
Die Münze:
Syrakus, Sizilien.
Agathokles, 317-289 v. Chr.
AE. II. Periode; 310-304 v. Chr.; 4,30 g; dm = 17 mm.
Av.: Kopf der Kore Persephone mit Ährenkranz n. li.
Rv.: Stoßender Stier n. li. Darüber Keule und der Buchstabe N. [Im Abschnitt IE].
SNG ANS 597; SNG München 1231; Sear -.
ss, kleiner Randausbruch bei sechs Uhr, leichte Rauigkeit im Feld.
Mythologischer Hintergrund:
Kore ist das griechische Wort für „Mädchen“ und bezeichnet im Besonderen die Zeustochter
Persephone („Die, welche beim Dreschen die Garben schlägt“). Sie ist eine Unterwelt- und Fruchtbarkeitsgöttin. Ihr Kult zusammen mit der ihrer Mutter Demeter war auf Sizilien weit verbreitet.
Ihr eigener Vater Zeus verliebte sich in Kore, in der Gestalt einer Schlange kroch er in sie und befruchtete seine Tochter, sie gebar Zagreus, der Zeus' Nachfolger werden sollte. Nachdem nun Zeus seinen Willen bekommen hatte, zeigte er kein Interesse mehr an Kore. Sein Bruder Hades, der Gott der Unterwelt, verliebte sich in sie. Hades bat Zeus um Kore. Wissend, dass Kore nicht freiwillig in die sonnenlose Unterwelt gehen würde, stimmte Zeus weder zu, noch lehnte er ab. Hades interpretierte dies als Zustimmung. Als Kore in der Nysa-Ebene Blumen pflückte, stieg Hades aus der Unterwelt empor und entführte Kore auf seiner Kutsche. Ihre Hilfeschreie wurden von Zeus ignoriert. Kore fügte sich, nun als Persephone bezeichnet, in ihr Schicksal.
Homer berichtet in der Hymne für Demeter, dass Persephones Mutter Demeter neun Tage nach ihrer Tochter suchte und schließlich von Hekate, die Persephones Schreie gehört hatte, in Kenntnis gesetzt wurde. Sie war ob des Raubes entsetzt. Bei Ovid (in den Metamorphosen) versucht die Nymphe Cyane, die in der Nähe ist, vergeblich die Entführung Proserpinas abzuwenden. In ihren Tränen löst sie sich schließlich auf, in der so entstandenen Quelle findet Demeter den Gürtel ihrer Tochter.
Demeter wollte mit den Göttern nichts mehr zu tun haben und verließ den Olymp. Sie befahl den Pflanzen, nicht mehr zu sprießen, und schon bald war alles Land verödet. Die verzweifelnden Götter wandten sich nun an Zeus, er solle doch etwas unternehmen. Zeus blieb nichts anderes übrig und - da Demeter nicht verhandeln, sondern nur ihre Tochter wieder haben wollte - willigte er unter der Bedingung ein, dass Kore zurückkehren könne, wenn sie in der Unterwelt noch nichts gegessen hätte. Demeter war einverstanden. Also ging man gemeinsam in die Unterwelt und fragte sie, ob sie etwas gegessen hätte. Kore antwortete nein. Auch Hades hatte sie nichts essen sehen, somit war alles klar.
Hades war jedoch schwerst verbittert, er liebte seine Persephone, doch gegen Zeus' Willen war er machtlos. Aber plötzlich meldete sich ein Denunziant namens Askalaphos, der gesehen haben wollte, dass Persephone vier Kerne eines Granatapfels gegessen hätte. Er schwor sogar den heiligen Eid beim Styx. Hades bestand nun darauf, dass Persephone bleiben müsse, aber Zeus meinte, dass man vier Kerne schwerlich als ein ordentliches Essen bezeichnen könne, jedoch gegessen hatte sie wirklich etwas. Ein Kompromiss musste her. Nach langen und zähen Verhandlungen einigte man sich auf Folgendes: Vier Monate musste Persephone in der Unterwelt mit Hades leben, die restlichen acht Monate durfte sie auf der Erde bei ihrer Mutter verbringen. Die vier Monate in der Unterwelt stellen die unfruchtbare Zeit auf der Erde dar, wenn ihre Mutter Demeter traurig über ihre Abwesenheit ist, und daher blüht keine Pflanze, aber wenn ihre Tochter bei ihr ist, fängt alles wieder an zu gedeihen und zu wachsen.
Historischer Hintergrund:
Agathokles (* 361 v. Chr. in Thermae Himeraeae [heute Termini Imerese auf Sizilien]; † 289 v. Chr.) war Tyrann von Syrakus. Unter seiner Herrschaft formierte sich das letzte griechische Großreich auf Sizilien.
Agathokles war der Sohn eines Töpfers, der nach Syrakus umgezogen war, lernte das Gewerbe seines Vater, trat dann aber der Armee bei. 333 v. Chr. heiratete er die Witwe des Damas, eines vornehmen und reichen Bürgers. Im Verlauf der Auseinandersetzungen nach dem Tod des Timoleon stellte er sich an die Spitze der Demokraten, die gegen die Oligarchen kämpften. Darüber hinaus führte er mehrere Feldzüge an, die in Unteritalien die Griechen gegen die einheimischen Bruttier unterstützten. Er wurde zwei Mal verbannt, weil er versucht hatte, das oligarchische System zu stürzen, kehrte aber 317 v. Chr. mit einer Söldnerarmee (den Mamertinern) zurück. Er verbannte oder ermordete etwa 10.000 Bürger, machte sich selbst zum Herrn von Syrakus, stellte eine starke Armee und Flotte auf und unterwarf den größten Teil Siziliens.
Es folgte ein Krieg mit Karthago. Geschlagen und in Syrakus belagert, fasste Agathokles 310 v. Chr. den verzweifelten Entschluss, die Blockade zu durchbrechen und mit Hilfe griechischer Söldner, die der Makedone Ophellas geworben hatte, den Feind in Africa anzugreifen, der darauf die Belagerung Siziliens abbrach. Nach mehreren Siegen wurde er 306 v. Chr. aber vollständig geschlagen und floh heimlich zurück nach Sizilien. Er schloss Frieden mit Karthago, machte sich 304 selbst zum König von Sizilien und stellte seine Herrschaft über die griechischen Städte der Insel härter als je zuvor wieder her. Kroton, die Liparischen Inseln und Korfu wurden in dieser Phase seinem Reich einverleibt. Auch auf dem italienischen Festland griff er wieder militärisch ein. Bis ins hohe Alter zeigte Agathokles eine rastlose Energie. Es wird sogar behauptet, dass er zum Zeitpunkt seines Todes einen neuen Angriff auf Karthago plante. Doch nach seinem Tod zerfiel das Großreich.
Noch Machiavelli stellte ihn in seinem Werk „Der Fürst“ als ein Beispiel für einen zwar gewissenlosen, dafür aber erfolgreichen Anführer und Staatenlenker dar.
Der
stoßende Stier findest sich auf vielen Münzen Griechenlands und auch noch auf römischen Münzen, z. B. des Augustus. Der Stier ist als ein Symbol der Stärke aufzufassen, wie es gut zu Agathokles Selbstauffassung gepasst haben dürfte.