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Silbermünze, Eber- oder Kalbskopf

Verfasst: Do 26.06.08 16:08
von gorostiza
Auch dieser Winzling widerstrebt allen Bestimmungsversuchen!!

AR-Tetartemorion 5 auf 6 mm, 0.21 gr.
AV: Kopf eines Ebers(?) nach rechts, am Hals abgeschlossen mit einer Perlenlinie
RV: Unregelmässiges Quadratum incusum

Ein sehr interessantes Münzlein. Man beachte die Kleinheit der Darstellung, der Kopf misst nur etwa 3 X 3 mm und die abschliessende Linie links besteht aus 8 Perlen, also jedes Kügelchen 1/10 mm im Quadrat!! Eine faszinierende Arbeit des antiken Stempelschneiders. Ist es wirklich ein Eberkopf oder könnte es etwas anderes sein? Ich selber kann mir nichts anderes vorstellen, ich habe die Münze gedreht und gewendet und komme immer wieder auf einen zwar kurz gestutzten Eber- oder Sauenkopf!! Allerdings wenn man das Bild um 180° kehrt könnte es auch einen Kalbskopf nach links darstellen. Ich habe die Rückseite versuchsweise gedreht.
Diese winzig kleinen Münzen sind sehr eindrücklich! Immer wieder stellt man sich die Frage, über welche technischen Hilfsmittel verfügten unsere Altvordern? Benutzten sie schon über eine Art Glaslupen? Und mit wie feinen Stichlingen schnitten sie die filigranen Zeichnungen aus den eisenharten Bronze- oder Eisenstempeln. Ich werde noch mehr der interessanten Silber- und Kleinbronzemünzen herzeigen.

Verfasst: Do 26.06.08 17:29
von Chippi
Ich vermute, dass sie über soetwas wie eine Lupe verfügten. Ich selber hätte bei deiner Münze jetzt einen Stierkopf n.l. gesehen.

Gruß Chippi

Verfasst: Do 26.06.08 17:37
von gorostiza
Wann wurde eigentlich Glas erfunden und von wem? Ich nehme an die Chinesen, die ja sehr vile Dinge des Täglichen Gebrauchs erfunden haben. Auf jeden Fall verfügten die Römer über Glas, das zwar anfänglich nicht sehr durchsichtig war. Interessant ist, dass man nirgens solche Lupen gefunden hat. Bei der Unmenge Münzen die die Griechen geschnitten und geschlagen hatten, müsste ja auch ein einziges Stück einer Linse gefunden worden sein - aber nichts da

Du hast recht, ich tippe jetzt auch eher auf einen Stier nach links. Sonst kann ich mir auch nicht anderes vorstellen.

Verfasst: Do 26.06.08 18:13
von Homer J. Simpson
Interessant und wirklich schwierig! Sieht man das evtl. mit der Münze in der Hand besser als auf den Bildern?
Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich kapierte, daß beide Vs.-Bilder dieselbe Münze zeigen. Auf dem unteren Bild würde ich sagen, ganz klar ein Wildschweinkopf n.re., mit der hochstehenden Mähne und einer ziemlich spitzen Schnauze. Auf dem oberen Bild könnte man einen Stierkopf n.li. sehen, aber ich neige trotzdem eher zu einem Keiler. Für einen Stier wäre mir die Schnauze zu stumpf und zu wenig markant.

Homer

PS: Apropos Technik: Das frage ich mich schon lange, nicht nur angesichts der Winzlinge, sondern auch der teils unglaublichen künstlerischen Leistungen! Entweder die hatten Vergrößerungsgläser, oder man konnte nur Stempelschneider werden, wenn man kurzsichtig war wie ein Maulwurf. Komische Vorstellung, daß Kimon, Euainetos und Co. im richtigen Leben womöglich gegen Türpfosten gelaufen sein könnten...!?

Verfasst: Do 26.06.08 18:50
von gorostiza
Siehst Du, ich pendle eigentlich immer wieder hin und her mit meiner Meinung was da auf der Münze dargestellt ist!! Mal neige ich zum Eber und wenn ich ein Tag später die Münze wieder umdrehe sehe ich wieder einen Stier. Da bringt mich das Original in der Hand auch nicht weiter!

Deine Betrachtungen über die Technik sind sehr interessant, vielleicht hatten die wirklich die besseren Augen als wir oder eben Türpfosten-Luger! :D

Verfasst: Do 26.06.08 19:32
von Dapsul
Hier wird auch gerade darüber diskutiert, ob es wohl so etwas wie Sehhilfen gegeben habe: http://www.forumancientcoins.com/board/ ... ic=46265.0

Verfasst: Do 26.06.08 19:40
von KarlAntonMartini
Ist nicht das Wort Brille von Beryll abgeleitet, welcher Stein im Altertum als Sehhilfe gebraucht wurde? Wikipedia sagt: "Laut Chrysippos soll bereits Archimedes († 212 v. Chr.) die Brechungsgesetze von Linsen untersucht und einen am Kopf befestigten Kristall zur Sehkorrektur getragen haben." Wenn die Graveure so etwas besaßen, war das sicher striktes Berufsgeheimnis. Das könnte eine Erklärung für die dünne Quellenlage sein. Grüße, KarlAntonMartini

Verfasst: Do 26.06.08 19:56
von gorostiza
Wirklich ein interessanter thread über die Sehhilfen in der Antike! Es ist ja kaum zu glauben, dass amn ohne diese Hilfe so einen feinen Stempel schneiden kann. Trorzdem ist es erstaunlich, dass kaum Instrumente gefunden wurden. Da wurden doch oft Münzmanufakturen durch kriegerische Ereignisse zerstört, ohne dass die Leute noch Zeit fanden ihre Arbeitsutensilien zu verstecken und nachher auch wieder zu finden. Man müsste doch bei Ausgrabungen solche Werkstätten gefunden haben. Grabräuber interessierten sich sicherlich nicht al solchen Dingen!

Verfasst: Do 26.06.08 20:08
von KarlAntonMartini
Na, so einen schön geschliffenen Beryll hätte doch kein antiker Plünderer oder moderner Schatzgräber liegengelassen. Die waren bestimmt damals selten und sehr teuer, nur was für die Spitzenkönner des Fachs. Grüße, KarlAntonMartini

Verfasst: Do 26.06.08 21:09
von helcaraxe
Den einen im Forum-Thread verlinken Artikel:

Unknown ancient Greek ophthalmological
instruments and equipment
JOHN LASCARATOS & SPYROS MARKETOS
Department of the History of Medicine, The Medical School, National Athens University, Athens, Greece
kann ich Interessierten als pdf-Datei zur Verfügung stellen. Das Bildmaterial ist leider nicht sonderlich gut. PN mit Email genügt.