geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Griechische Münzen des Altertums

Moderator: Numis-Student

indiacoins
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Beitrag von indiacoins » Fr 27.03.09 01:02

Viereckige Münzen wurden von der Stange geschnitten. Die ersten runden Münzen asiens befanden sich an einer Art Geldbaum wie die Teile beim Modellbaukasten. Und dann wurde einfach immer das abgebrochen,was man gerade brauchte. Aber bei diesen ganz kleinen kann ich mir nicht vorstellen, daß da noch ein Steg dazwischengepasst hatte.

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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Fr 27.03.09 10:33

Timesitheus hat geschrieben:Ich denke gerade das unvermeidliche Verlorengehen hat später dazu geführt, daß Kupfermünzen in "vernünftiger" Größe die Kleinstsilbermünzen als Wechselgeld ersetzt haben.
Das ist zwar grundsätzlich korrekt, greift insgesamt aber ein wenig zu kurz. Die ausgemachte Seltenheit von Silber in der Antike führte zu einer verglichen mit heute sehr hohen Kaufkraft (wobei aber in der aktuellen Au:Ag-Ratio von ca. 1:70 das Silber letztlich massiv UNTERbewertet ist - in der Antike war das Verhältnis aber fast immer irgendwo zwischen 1:12 und 1:15).

Bekanntlich lassen sich ja antike Preise absolut nicht sinnvoll in moderne umrechnen (auch nicht mit unterstellten "Warenkörben") - aber die allgemeine "Pi-mal-Daumen"-Regel besagt, daß größenordnungsmäßig eine attische Tetradrachme etwa unserem 500-Euro-Schein entsprach. Macht für eine Tetradrachme im Indobaktrischen Münzfuß (knapp 10 g) immer noch rund 300,- € - und 0,1 g Silber waren demnach immer noch ca. 3,- € (wie gesagt: grobst größenordnungsmäßig geschätzt, nur um eine allgemeine Vorstellung zu geben!)

Da das Wertverhältnis von Silber zu Kupfer aber auch schon damals sehr hoch war, waren Kupfermünzen wohl immer Scheidemünzen (das in Italien übliche Schwergeld lassen wir jetzt mal außen vor - auch Du sprachst ja bewußt von "handlichen" Münzen). Scheidemünzen aber sind an ihr originäres Emissionsgebiet gebunden - woanders konnte man sie nicht sinnvoll/verlustfrei wieder in Edelmetall umtauschen.

Deshalb sagt es sehr viel über eine Kultur der Antike aus, wieweit hinunter geteilt "Kleinstnominale" aus Edelmetallen ausgemünzt wurden. War das der Fall, war dieses Volk wohl "kleinhändlerisch" sehr aktiv. Es "kam also in der Welt herum" und wollte "überall" auch Klein(st)beträge direkt mit "Echtgeld" (also in Edelmetallen) bezahlen, z.B. mal ein Essen in einem Rasthaus an der Handelsroute durch ein fremdes Land oder so. Es stand also die Geldfunktion als flexibles Zahlungsmittel im Mittelpunkt.

Das Gegenbeispiel sind jetzt so Geldwirtschaften wie die des klassischen Athens, wo unheimlich viele Tetradrachmen ausgegeben wurden - zwar auch ganz winzige Teilstücke (Obolenbruchteile), aber diese waren wirklich nur für den Geldverkehr innerhalb Athens bestimmt und sind heute sehr rar. Die Masse des Silbers wurde für Großzahlungen (z.B. die Armee, Bauprojekte, etc.) ausgegeben und dazu brauchte man große, einzeln sehr werthaltige Münzen als Wertaufbewahrungsmittel bzw. Weltgeld.

Letzteres ist noch extremer bei den Goldgeldwirtschaften wie den Kushana oder dem Indien der Guptas zu beobachten.

Alles in allem ein faszinierender Themenkreis! Das ist übrigens das Gebiet, was mich bei der antiken Numismatik am meisten interessiert: die Geld- und Wirtschaftsgeschichte und was uns die Münzen genau darüber so alles verraten.

Lesetips hierzu: Mitchiner und Howgego.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

heripo
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Beitrag von heripo » Mo 30.03.09 17:46

harald hat geschrieben:Faszinierend detailreiche Bienendarstellung auf kleinstem Raum.
Ich frage mich immer wieder mit welchen Lupenähnlichen Hilfsmitteln die Stempelschneider diese winzigen Bilder geschnitten haben.
hallo Harald,
erst jetzt hab ich Deine Frage bemerkt - daher die verspätete Antwort:
Ich las mal (leider finde ich's nicht mehr - ich suche schon ewig ), daß bevorzugt alte, sehr kurzsichtige Männer, von den Münzmeistern beschäftigt wurden - denn - sie konnten ihr Auge ganz nahe an die Stempeloferfläche bewegen: - und nun zur Lupe: man fette die zu bearbeitende Fläche des Stempels leicht ein und mache mit Wachs einen
Rand - mit sehr hartem Wasser kann man dann einen recht großen Wassertropfen auf den Stempel bringen, der ob der Wasserhaut sich zu einer wunderbaren Linse aufbäumt. Der spitz zugeschliffene Stichel wird ebenfalls eingefettet, so dass man die Haut der Wasserlinse durchdringen
und als im Inneren der Linse kratzen und schaben konnte. Und bei nur ca. 5 cm Augenabstand waren da offenbar deutliche "Durchblicke" möglich.
Man mußte nur relativ oft den Linsen-Wasser-Körper erneuern, da er ja durch den Metallstaub, der durch die Gravur entstand, immer trüber wurde - aber - damals hatte man ja Zeit im Überfluss! Viele unglaubliche Leistungen in der Antike erklären sich allein durch die unermeßliche Geduld, die die Menschen damals aufbrachten, um ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen .... die Ameisen müssen da wohl als Vorbilder hoch im Kurs gestanden haben! Gruß heripo
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Meiner Fähigkeiten bin ich mir durchaus bewußt - leider überwiegen aber immer noch die Unfähigkeiten !

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Beitrag von helcaraxe » Mo 30.03.09 18:02

Es wird auch diskutiert, ob die Griechen bereits Vergrößerungslinsen besaßen, bzw. ob Linsen, die in einem medizinischen Kontext gefunden wurden, als Vergrößerungslinsen benutzt wurden. War das der Fall, warum sollte diese Technik nicht auch bei der Stempelherstellung Verwendung finden?

Literatur:
"Unknown ancient Greek ophthalmological
instruments and equipment" von JOHN LASCARATOS & SPYROS MARKETOS
Documenta Ophthalmologica 94: 151-159, 1997.

Auf Wunsch sende ich den Artikel gerne per pdf zu. Die Abbildungen sind leider nicht von guter Qualität (alter Scan).
Viele Grüße
helcaraxe
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Mi 01.02.12 18:49

als diese Münze heute in der Post war, fühlte ich mich spontan an diesen alten thread erinnert.
Das Stück ist lediglich 9 mm im Durchmesser breit. Trotz guter Makro Funktion meiner Kamera habe ich einige Anläufe benötigt, um brauchbare Fotos hinzukriegen. Fast unglaublich wie man in diesem Maßstab noch so präzise einen Stempel schneiden konnte.

IONIA
Smyrna
(D) Bronze (1,20g), Magistrat (...)atta, ca. 170-145 v.Chr. Av.: Kopf des Apollon mit Lorbeerkranz n.r. Rv.: Lyra. -- Kleine grüne Auflage im Av. SNG Cop 1174-1182var (Magistrat), BMC 244.71-76var (dito), SNG von Aulock 7973var (dito). f.vzgl.

Ihr findet die Münze auch hier:

http://www.acsearch.info/search.html?se ... c=&a=&l=#0

und hier:

http://www.coinarchives.com/a/results.p ... esults=100

Gruß
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von antisto » Do 16.02.12 13:45

Um das nette Thema noch einmal aufleben lassen:
Hier ein Winzling aus Kyme von meiner Sammlung (0,33 g), der mich nicht nur optisch überzeugt, sondern auch extrem selten ist.
AS
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Hemiobol-Pferd.JPG
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Do 16.02.12 14:05

...oder diese beiden archaischen Hemiobole aus Kolophon.
Das obere Stück stammt aus meiner Sammlung, m.E. beide vom gleichen Stempelschneider.

Gruß
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von antisto » Do 16.02.12 14:17

Jetzt weiß ich, wo die Erfinder der Comics ihre Vorlagen her haben. :lol:
Super!
AS
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von ischbierra » Do 16.02.12 16:58

und hier mal ein Hemiobol aus Halikarnassos, Carien, 0,35 gr, vor 377 v., Keckm.897
009.JPG
003.JPG
Gruß ischbierra

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von antisto » Do 16.02.12 20:55

Nett, besonders der fast menschlich anmutende Widder(???)-Kopf.
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura » Do 16.02.12 21:15

Es gibt da inzwischen einen interessanten Artikel von Koray Konuk, der diese Münzen nicht Halikarnassos, sondern Kasolaba zuschreibt: http://cnrs.academia.edu/KorayKonuk/Pap ... t_in_Karia
Ausgangspunkt dafür sind die Zeichen links und rechts des Jünglingskopfs, die als karisch gelesen werden.

Gruß

Altamura

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Fr 17.02.12 08:55

Diesen Winzling habe ich mir gerade gegönnt. Rv. leider korrodiert und dezentriert, na ja dafür hat er nur EUR 10,- gekostet:

Kebren, Troas
Fourth century B C
Head of Apollo r.
Head of ram r.
1.02 gram
9.7 mm
BMC 45, 23

Beachtet mal den Apollokopf, bei < 1 cm eine echte Kunst

Gruß
Quinctilius
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Dapsul » Fr 17.02.12 09:41

Schöne Vorderseite! Gerade auf Bronzen verwundert diese Feinheit immer sehr.
Aber dies ist Silber: Ein klassischer Obol der Perrhaibier, SNG Ashmolean 3904, 0,8 g. Die Rückseite mit der Athena ist - vor allem auf besser erhaltenen Exemplaren, von denen ich aber keines besitze - von ganz außerordentlicher Filigranität.

Frank
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Perrhaibia Obol SNG Ashmolean 3904 0,8g.jpg

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Fr 17.02.12 11:12

man müsste mal den Durchmesser der Lanze nachmessen :-) Wie konnte man sowas in dem Maßstab gravieren ???

Gruß
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Antonian » Di 21.02.12 17:42

Hallo Münzfreunde
möchte heute auch hier mal eine kleine Münze vorstellen, hab ich soeben aus dem Briefkasten geholt.
Teos Ionien Silber Tetartemorion VS Greifenkopf RS viergeteiltes quadratisches Incusum Balcer 123-131 478-449 v.Chr.
max Durchmesser 6mm
Mich verwundert immer wie genau man die Prägezeit festsetzen kann.
Ich glaube die hatten damals schon sowas wie Vergroesserungsglaesser- kannten den Kristall Beryllium - das ist so viel ich weiß nachgewiesen - aus dem Wort für das Mineral wurde später das Wort für Brille.
Gruß
Antonian
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