Definition von "Geld"

Griechische Münzen des Altertums

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Imperator-von-Isengard
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Beitrag von Imperator-von-Isengard » Sa 12.04.03 17:23

Dann müssten Goldmünzen mit Channel Nr. 5 eingesprüht werden und Kupfermünzen mit Eau de Cologne um die Wertigkeit des Metalls blindengerecht zu markieren :roll:
Viele Grüße aus Isengard


Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden, ins dunkle zu treiben und ewig zu binden,
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Locnar
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Beitrag von Locnar » So 13.04.03 09:33

Der schlug nun folgende drei Kennzeichen vor: Tauschobjekt, Mittel zur Anhäufung und zum Aufbewahren von Werten und - last but am wichtigsten Maßstab
Hallo berenike

Die klassischen "Vormünzlichen" Zahlungsmittel ( Kauri-Tamelung-Tok Münzen- Manillen usw. ) erfüllen aber genau die Kriterien.
Lässt sich sogar Archeologisch beweisen.

Sogar die nicht gewöhlichen Zahlungsmittel wie Salz und Sklaven, wobei letzteres nicht sehr haltbar war ( Sorry)

Ich denke Mal das wir den Begriff " Geld - Münze" einfach zu eng sehen
Gruß
Locnar

berenike
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Beitrag von berenike » So 13.04.03 14:44

Puh, was da alles in drei Tagen läuft, wenn man mal nicht zum Computer kommt.
Ich denke auch, daß wir Geld nicht mit Münze gleichsetzen sollten. Was mich nur fasziniert ist die zeitliche Komponente. Sind die Leute, die Kauris als Kleinmünzen benutzt haben, von alleine drauf gekommen oder haben sie irgendwelche Vorbilder gehabt?
Ja, dann zum guten Friedländer. Ich habe vor noch nicht mal einer Woche mit einem Münchner Münzhändler gesprochen, der mir erzählt hat, daß er immer, wenn er nicht begründen kann (oder will), warum was falsch sein soll, sagt: Das rieche ich doch! Vielleicht gings dem Herrn Friedländer auch so, daß er die Schnauze voll hatte, zu erklären, daß er einfach sein ganzes Leben lang Münzen angesehen hat und deshalb eine Fälschung eher erkennt als ein Laie.
Ach ja, und dann das mit dem Ämterkauf und Sueton. Nicht alles, was bei Sueton steht, stimmt. Im Gegenteil, man muß äußerst vorsichtig sein, wenn man ihn benutzt. Und nur weil Sueton Vespasian Ämterverkauf unterstellt, heißt das noch lange nicht, das das stimmen muß. Was ein sehr verkürzter Beitrag zur kritischen Quellenkunde ist.
Ach, und da fällt mir noch was ein. Es gibt tatsächlich eine Gruppe von Fälschungen, die man am Geruch erkennen kann. Man hat Ende des 19. Jahrhunderts gute Imitationen von römischem Aes Grave gemacht. Die Dinger sind wirklich gut, haben aber ein deutliches Kriterium, wenn man sie feucht macht, strömen sie einen ganz intensiven Metallgeruch aus, was ein echtes Aes Grave nie tun würde.
Damit ist mein heutiger Rundumschlag beendet.
Liebe Grüße
:D
Berenike

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Beitrag von corrado26 » So 13.04.03 18:01

@berenike:
der nachfolgende Link dürfte Dich sicherlich interessieren, wenn nicht, vergiss ihn
Gruß
corrado26
http://www.geldgeschichte.de/do/de/fram ... hichte.asp
Scio me nescire sed tamen censeo cogitare necesse esse

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Beitrag von D.F. » So 13.04.03 22:41

Liebe Berenike,

nur grad eins: Deine Vespasian-Anekdötchen stammen doch auch aus Sueton...
Aber mit Definition des Geldes hat es ja nicht viel zu tun.

MfG
D.F.

berenike
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Beitrag von berenike » So 13.04.03 23:28

Stimmt, wir sind weit von der Definition von Geld abgekommen.
Und bei Anekdötchen, einer der Vorteile der Textkritik sind, daß man die Anekdoten, die einem ins Bild passen, ernst nehmen kann, die die man nicht mag, wegdiskutieren. Aber das war jetzt ein böser Seitenhieb auf die kritische Textanalyse.
Aber geben wir es doch ruhig zu, jede Zeit schreibt ihre eigene Geschichte und erklärt die Charaktere aus ihrer Zeit. Da war Sueton nicht besser dran als ich, nur daß ich heute die Methoden besser erklären kann und mir meiner Angriffsflächen mehr bewußt bin.

Nein, im Ernst, bei Anekdoten handelt es sich ja nie um Aussagen über eine Tatsache, sondern nur um eine Aussage, was man zu einer bestimmten Zeit für möglich gehalten hat. Und da muß man mit dem Weltbild des Autors rechnen. Und in das Weltbild des Sueton paßte ein sparsam kalkulierender Kaiser nicht hinein. Wir dürfen nicht vergessen, das erste Staatsbudget wurde erst unter Kaiser Diocletian eingeführt. Bis dahin hatte jeder Kaiser bis zur Selbstzerstörung verschwenderisch zu sein und es über Eroberungskriege wieder reinzuholen. DAs war das Ideal. Nur durch kluge Planung und eine geregelte Gebührenordnung Geld einzunehmen, das paßte einfach nicht ins Weltbild und mußte deshalb von Sueton negativ bewertet werden.
Liebe Grüße
:D
Berenike

PS. Merkst Du's, ich finde Vespasian inzwischen viel spannender wie die Definition von Geld, wenngleich ich immer noch suche nach anderen Wirtschaftsmodellen bei Völkern, die Geldähnliche Objekte benutzten.

PPS. Ich habe übrigens mal gehört, daß die Wikinger die erbeuteten Münzen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken verwendet hätten, sondern als reines Statussymbol. Weiß darüber irgendjemand was Spannendes zu berichten?

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Beitrag von corrado26 » Mo 14.04.03 08:16

@berenike:

der nachfolgende Link dürfte Dich sicherlich interessieren, wenn nicht, vergiss ihn
Gruß
corrado26

http://www.geldgeschichte.de/do/de/fram ... hichte.asp
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Beitrag von berenike » Mo 14.04.03 17:37

Was heißt hier, interessieren. Ich kenne den Herrn Lautz, der für das Fenster in Köln zuständig ist, seit langem, nicht nur von diversen Börsen, sondern weil wir beide Mitglied sind bei der Eucoprimo, einer Vereinigung von Freunden von vormünzlichen Geldformen.
Ich habe sein neuestes Heft bereits bei mir zu hause liegen, bin aber noch nicht zum Lesen gekommen.
Ach Du gesegnete Hektik.
Auf jeden Fall danke für den Tip. Jetzt habe ich das Link endlich in meinem Computer eingespeichert.
Grüße
:D
Berenike

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Beitrag von D.F. » Di 15.04.03 09:10

Hallo Leute!

Wo waren wir denn hier nicht schon überall?
Angefangen hat´s mit einem philosophischen Definitionsversuch.
Dann hat das Geld gestunken und Vespasian ist ins Spiel gekommen. Da hat man erfahren, daß man Sueton extensiv ausschlachten darf, aber nur glauben muß, was einem gefällt. Das heißt dann Textkritik („Quellenkritik“?).
Dann haben wir den Bestand ewig gültiger Erkenntnisse vermehrt: die Einsicht, daß Yap-Steine nicht für den Wurstsemmelkauf geeignet sind, dürfte sich allgemein durchsetzen.
Dann hat das Geld schon wieder gestunken. Dazu haben wir interessante Vorschläge zur Rettung einer etwa notleidenden Parfüm-Industrie entwickelt und wieder manches gelernt, unter anderem, daß ein Münchner Münzhändler mundfaul sein kann.
Weiter haben wir gesehen, daß der spätestens seit Herodots Kritik an Hekataios zu den festen Regeln des Historiker-Gewerbes gehörende Glaube, den Älteren methodisch überlegen zu sein, noch nicht ausgestorben ist.

Ja, und zum Thema?
Ein interessanter Link und als DAS Wort zur Sache: „Die klassischen ´Vormünzlichen´ Zahlungsmittel ( Kauri-Tamelung-Tok Münzen- Manillen usw. ) erfüllen aber genau die Kriterien... Sogar die nicht gewöhlichen Zahlungsmittel wie Salz und Sklaven, wobei letzteres nicht sehr haltbar war (Sorry)“ (© Locnar)
Wie wär´s denn, wenn wir gelegentlich über das Thema weiterreden würden?

Ein Vorschlag: Was die Münzen (nicht vom Prinzip, aber vom geschichtlichen Ablauf her) von den vormünzlichen Zahlungsmitteln unterscheidet, ist, daß sich hier gleich oder jedenfalls sehr schnell eine primär außer-ökonomische Einrichtung, d.h. der Staat im weitesten Sinne, einschaltet, zunächst wohl als nur als "produzierende" und wertgarantierende Instanz, sehr schnell aber auch als strafende und zwingende (wie üblich!).
Strafend, indem er ein mit harten Sanktionen aufrechterhaltenes Monopol an sich reißt, zwingend, indem er alle nicht von ihm kontrollierten „geld“-ähnlichen Tauschgrundlagen verdrängt und das staatliche Geld - d.h. für Jahrhunderte: staatl. Münzen – als einziges vollgültiges Zahlungsmittel durchsetzt.

Freundlichst
D.F.

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Beitrag von berenike » Mi 16.04.03 07:29

Spannend, der staatliche Aspekt wird bei Gelddefinitionen und bei der Entstehung des Geldes wirklich immer unterschlagen. Vielleicht weil sich manche Historiker schwer tun vor der Zeit des Absolutismus von Staat zu sprechen.
Außerdem ist nur die Überwachung und Marktzulassung ein Monopol des Staates, nicht die Herstellung. Ich erinnere mich, daß in Zürich im 16. Jahrhundert auf Anforderung eines Kaufmanns, der mit katholischen Gebieten handelte, Goldmünzen geprägt wurden, die die Stadtheiligen zeigten, obwohl die vom restlichen Geld in Zürich schon völlig verschwunden waren. Der Mann hatte das Gold in die (staatliche) Münze gebracht, dort den Schlagschatz an die Behörden gezahlt und dann seine geprägten Münzen, von denen er sicher war, daß seine Kunden sie lieber akzeptieren würden, wieder mitgenommen.
Also fügen wir unserer Definition zum Geld hinzu: von einer politischen Autorität (ich würde die griechische Polis vielleicht auch besser nicht als Staat bezeichnen) überwacht. Wie es mit der ausschließlichen Zahlung in einer "Währung" ist, darüber sind wir in der Frühzeit auch nicht informiert. Später natürlich, so ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. (im Fall des Athenischen Münzdekrets sogar schon viel früher, 5. Jh.) wird dann auch die Präsenz der Münzen auf dem Markt überwacht.
Viele Grüße
:D
Berenike

PS. Die Sonderwege über Parfüm und Vespasian, Quellenkritik und weiß Gott was, finde ich eigentlich eher spannend. Schließlich sind wir hier kein wissenschaftlicher Verein, wo jeder Schwenk argwöhnisch beäugelt wird, sondern ein paar Menschen, die einfach gerne über Münzen reden, egal wohin das führt.

D.F.
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Beitrag von D.F. » Mi 16.04.03 14:15

Liebe Berenike,

der Zürcher Fall war mir bisher unbekannt. Daher bitte noch einige Erklärungen (oder Literaturhinweise?).
Wenn ich es recht verstanden habe, hat sich der gute Mann ein bestimmtes Quantum Münzen mit bestimmtem Bild bestellt.
Dadurch würde ich die staatl. Produktion ja noch nicht unbedingt beeinträchtigt sehen. Vielleicht nicht für Geld sondern mittels Lobbying kann sich oder hat sich jedenfalls in Vor-Euro-Zeiten jede bessere Gartenbauausstellung oder jede Stadt, die zufällig 1000 Jahre alt geworden ist, auch ein Rv-Bild auf vollgültigen staatlichen Münzen erwirken können. Aber der Hinweis, die eigentliche Herstellung im materiellen Sinn aus der Definition zu nehmen, ist sicher richtig: Weil Orell Füssli Banknoten druckt, sind das schließlich auch nicht Gutscheine dieses Unternehmens, sondern staatl. Banknoten der Schweiz oder anderer Staaten.

Natürlich können wir nicht alles, was man in einer voll entwickelten und zur Gänze staatlich kontrollierten Geldwirtschaft gewohnt ist, für die Anfänge erwarten. Man wird immer in so etwas wie das berühmte Tier-Mensch-Übergangsfeld kommen, wo jede präzise Definition und scharfe Grenzziehung sehr problematisch wird. Dafür wird es da spannend!
Daß vor allem der "Staat" nicht gleich voll präsent ist, ist in dieser Entwicklungsphase nicht verwunderlich.

Jedenfalls scheinen wir uns einig darüber zu sein, daß die relativ schnelle und konsequente "Machtübernahme" des "Staates", die - zumindest so weit ich sehe - bei den vormünzlichen Formen nie so stattgefunden hat, die Entwicklung der Münze aufs Stärkste beeinflußt.

)A propos Definition: Wenn ich von klassischen Ansätzen wie "Land, Leute und Herrschaft (welcher Art immer) über beides" - eventuell noch angereichert um Regeln für das Zusammenleben - ausgehe, habe ich eigentlich keine Schwierigkeiten mit vorabsolutistischen Staaten. Aber "Gemeinwesen" o.dgl. ist sicher neutraler.)

MfG
D.F.

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