Altamura hat geschrieben:Chandragupta hat geschrieben:... Natürlich wurde auch außerhalb Athens per Hieb geprüft. Dann auch gern mal im Avers. Ein antiker Athener hätte das rein zu Testzwecken allerdings NIEMALS gemacht, denn damit hätte er ja das heilige Bild der Stadtgöttin zerstört - aus Sicht der Griechen ein extrem schlimmer religiöser Frevel! ...
Mein Eindruck ist da eher, dass beim Geld die Pietät schnell endet, quer über die Zeiten und Kulturen hinweg

.
... Mit einer FÄLSCHUNG konnte/sollte man das aber machen. ...
Wieso? Eine Fälschung ist auch ein Bild der Stadtgöttin

. Aber vielleicht kann ich mich da auch nur nicht tief genug in die Gedankenwelt der Alten Griechen einleben
Vielleicht hierzu noch einmal kurz zur Klarstellung (und ja: ich
weiß natürlich, was ein Blinzel-Smilie ist ...

):
Bedenke z.B., daß im Alten Rom (okay, das ist zwar eine andere, aber auch antike Kultur...) Münzfälschung nicht als Wirtschaftsverbrechen (z.B. im Sinne von Betrug, oder wie auch immer) verfolgt und bestraft wurde, sondern als
Majestätsbeleidigung (crimen laesae maiestatis): Nach gängiger Denke hat der Münzfälscher also durch seine Tat den Kaiser beleidigt, denn
nur der hatte das Recht, mit seinem Bild die Guthaltigkeit/Echtheit der Münzen zu "zertifizieren".
Und ich gehe davon aus, daß man das im antiken Griechenland genauso gesehen hat. In Klassischer Zeit (also vor dem Aufkommen von Herrscherbildern auf griech. Münzen) "besiegelte" die jeweilige Polis mit ihrem gängigen Wappen die Echtheit der Münzen. Das war oft das Bild einer lokal wichtigen Gottheit und/oder ihr Wappentier/heilige Pflanze. Nicht ohne Grund waren die Münzstätten häufig auch in bzw. nahe bei
Tempeln untergebracht (in Rom war das der der Juno Moneta). "Falschbeurkundung" - also die Verwendung eines täuschend ähnlichen Bildes auf unechtem Material - wird deshalb juristisch wohl schon recht vordergründig als Religionsfrevel gesehen worden sein: "Entweihung des
heiligen Siegels der Gottheit durch Unberechtigte." Das hatte dann zum einen keine "Heiligkeit" mehr an sich - zum anderen konnte man sich damit bei der Begründung für eine Bestrafung einfach auf Höhere Autoritäten[tm] berufen, statt lediglich schnöde Wirtschaftsinteressen geltend machen zu müssen...
Okay, der Artikel von Stroud hat mich überzeugt, daß die guthaltigen "auswärtigen Nachbauten" wohl als echt in Athen zirkulieren durften. Warum auch nicht? Silber ist Silber ist Silber - und wenn das Gewicht stimmt... Passend dazu war deren heiliger Athenakopf dann durch die Prüfung eben auch NICHT "zerhackt" worden; allenfalls das Wappentier (das galt vielleicht als nicht ganz so heilig...

). Wo auf guthaltigen Stücken der Prüfhieb dennoch auf dem Avers ist, gehe ich davon aus, daß DIESE Manipulation dann außerhalb Athens erfolgt ist. Dito die zahlreichen Gegenstempelungen...
Und mal noch etwas weiter spekuliert:
Mir war von vornherein klar, daß das Münzgesetz
lange nach dem Ende des Peloponnesischen Krieges erlassen worden ist (konkret etwa ein Menschenalter später...) und sich schon deshalb nicht unmittelbar auf die subaeraten Münzen jener Zeit beziehen kann, die ja "eigentlich" zum Zeitpunkt ihrer Prägung als staatliches Notgeld im o.g. Sinne noch korrekt "heilig" waren. Aber auch (die Priester von) Gottheiten ändern hin und wieder mal ihre Meinung (sonst sind sie machtpolitisch weg vom Fenster).

Und so wird man schon in den 390er Jahren und spätestens 375/374 v.u.Z. "sicherheitshalber" erneut diese ehemals durchaus als echt geltenden subaeraten Stücke verrufen und eingezogen haben. So ähnlich wie es in der weiland DDR ja nach dem XX. Parteitag der KPdSU Anno 1956 hieß: "
Es hat sich herausgestellt, daß Stalin doch kein Klassiker war." (Woraufhin sich "plötzlich" über Nacht Orts- und Straßennamen etc. änderten, Standbilder "verschwanden", und es Stalins Gesammelte Werke nicht mehr im Buchhandel gab...

) Damals in Athen bzw. Piräus eben i.S. von: "Heute sind (die ggf. weiterhin auftauchenden Restbestände von) derlei Münzen nunmehr als 'gotteslästerlich' (d.h. unecht) einzuziehen."
PS: Weil diese Metadiskussion sich jetzt in diesem Thread "Eulengehacktes" abspielte, muß ich noch mal auf die oben von Numis-Student gezeigten Münzen eingehen:
a) BEIDE sind sie auf dem
Avers gegengestempelt bzw. mit Prüfhieb versehen; und die Gegenstempel sind aramäische Buchstaben bzw. Symbole: Damit ist natürlich klar, daß die an
diesen konkreten Stücken vorgenommenen Prüfungen/Gegenstempelungen
nichts mit dem o.g. Athener Münzgesetz zu tun haben. Nur, daß da keine Unklarheiten entstehen.
b) Diese Münzen sind m.E. auch stilistisch recht sicher östlich (ich vermute mal: achämenidische Nachbauten). Die werden also Athen ggf. nicht mal von Ferne gesehen haben...
Die meisten Stücke, die Ihr hier findet:
http://www.acsearch.info/search.html?se ... c=&a=&l=#0
sind jedoch nur auf dem Revers mit Prüfhieb versehen: Sie passen damit also deutlich besser als Illustrationen zum Athener Münzgesetz, als die beiden Stücke oben.