Winzlinge aus Milet

Griechische Münzen des Altertums

Moderator: Numis-Student

Altamura2
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura2 » So 30.12.12 17:04

quinctilius hat geschrieben:... Ich frage mich, ob derartig feine Unterscheidungen nicht zu weit führen. ...
In der Tat, da muss man schon ganz genau hinschauen und zusätzlich das gleiche Empfinden haben wie Herr Becker. So richtig objektivierbar scheint mir das nicht unbedingt zu sein :? .
Ab wann ist eine Wange denn breit und wann noch nicht? :wink:

Die vier Serien kann man vielleicht noch auseinanderhalten (I und II aber schon nicht mehr so gut), mit der Münze in der Hand neben den Bildern geht das noch irgendwie. Bei den Untergruppen muss ich auch passen :| .
... Immerhin scheint der von Becker beschriebene Hort meine Vermutung zu bestätigen, dass das hohe Fundaufkommen dieser Stücke größtenteils aus Hortfunden resultiert. Anders kann ich mir die im Handel auftauchenden Fundmengen kaum erklären. Die Ereignisse in Ionien 499-494 v. Chr bieten den passenden Rahmen dafür. ...
Da bin ich mir nicht so sicher. Warum folgert aus der Tatsache, dass Becker einen Hort beschreibt, dass die meisten anderen Funde auch aus Horten stammen? Das erschließt sich mir irgendwie nicht :? .
Da wir meist keine Ahnung haben, woher die Münzen aus dem Handel stammen, bleibt das in meinen Augen reine Spekulation. Im Zeitalter preisgünstiger Metalldetektoren gäbe es da vielleicht auch andere Erklärungen :wink: .
... Man darf nicht vergessen, das Milet von den Persern damals geradezu ausradiert wurde. Nach Herodot wurden die Einwohner verschleppt und umgesiedelt. Handelt es sich bei den Funden möglicherweise um Hinterlassenschaften dieser Ereignisse ? ...
Das ist zwar eine interessante Vorstellung, aber vielleicht muss man hier auch aufpassen, dass da nicht die Romantik mit einem durchgeht :wink: . Die Gleichzeitigkeit von Ereignissen macht einen Zusammenhang zwar möglich, aber noch nicht zwingend :? .

(Und für meinen merkwürdigen 1/12 Stater mach' ich jetzt einen eigenen Thread auf, damit dieser hier nicht so ausfranst.)

Gruß

Altamura

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » So 30.12.12 21:02

...Deine Einwände sind berechtigt und fundiert, ich finde allerdings ein bischen Spekulation und Romantik belebt die Sache :-)

Dies Stück (oben) habe ich gerade bei Ebay ersteigert (ex Lanz), auf den ersten Blick ein unscheinbares dezentriertes Exemplar. Bei näherem Hinsehen hat es die Münze in sich, sie ist nämlich vermutlich unediert, zumindest, wenn man den Angaben bei CNG und Forum Ancient Coins trauen kann:

CNG:
ASIA MINOR, Uncertain mint. 5th century BC. AR Hemiobol (7mm, 0.35 g). Helmeted head of Athena right / Star of four rays; pellets between rays; all within beaded square border within incuse square. Near EF, lightly toned, surfaces a bit granular. Rare.
Types of this and the following lot are missing from the the major published collections but appear on the market from time to time. Changes in style indicate they must have been struck over a considerable time. This earlier issue appears less frequently than the later style coins (see following lot).


Forum Ancient Coins:
Lampsakos, Mysia, c. 5th - 4th Centuries B.C.
33283. Silver hemiobol, Rosen -, Klein -, SNG Keckman -, SNG Kayhan -, SNG Cop -, SNG von Aulock -, BMC Mysia -, VF, Lampsakos mint, .444g, 9.0mm, obverse head of Athena right in Corinthian helmet; reverse star of four rays and four pellets surrounding central pellet; apparently unpublished; $200.00

Oben ist mein Exemplar abgebildet, darunter die Stücke von CNG und Forum Ancient Coins

VG
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura2 » So 30.12.12 22:43

Ob die immer noch unediert sind, weiß ich nicht (ist ja auch verkaufsfördernd, eine solche Aussage :wink: ; ich will Dir aber jetzt Deine Münze nicht madig machen), in den letzten Jahren ist dieser Münztyp aber immer wieder aufgetaucht.
Interessant ist, dass diese Münzen eine gewisse stilistische Bandbreite besitzen, das Muster auf dem Revers gibt es in einer ganzen Reihe leicht unterschiedlicher Varianten.
Im amerikanischen Forum gab es vor ein paar Jahren mal einen Thread dazu (und ich hab' ihn tatsächlich wiedergefunden :D ): http://www.forumancientcoins.com/board/ ... ic=40846.0

Weitere Beispiele hier:
http://www.acsearch.info/record.html?id=598663
http://www.acsearch.info/record.html?id=614290
http://www.acsearch.info/record.html?id=429114
http://www.acsearch.info/record.html?id=237578
Und wenn man hier runterblättert, dann findet man auch noch welche: http://www.asiaminorcoins.com/gallery/t ... p?album=69

Die Zuweisungen sind dabei kunterbunt, nix Genaues weiß man da wohl nicht :( .

Gruß

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » So 30.12.12 22:49

...bei EUR 17,50 kann man nichts falsch machen :-D, Wie CNG schreibt, gibt es bei diesem Münztyp (chronologisch bedingt ?) mehrere stilistische Varianten.
Meine dürfte zu den älteren gehören.

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von ischbierra » Di 01.01.13 23:53

Milet hat aber nicht nur florale Incusi. Hier ist ein Tetartemorion aus der Zeit 510-494 v.Chr.; 0,28 gr, 5,4 mm.
AV: Löwenkopf n.li
RV: Vogel (Wachtel) n.li. zwischen zwei Punkten
Lit.: Klein 432
Diesen Typ gibt es auch mit Löwenkopf n.re, Vogel n.li; Löwenkopf n.re, Vogel n.re; Löwenkopf n.li, Vogel n.re und mit und ohne Punkte. Kann mir jemand für meine Variante die Nr. der Tübingensammlung sagen?
Gruß ischbierra
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510-494 Tetartemorion, Klein 431 (1).JPG
510-494 Tetartemorion, Klein 431 (2).JPG

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von antisto » Mi 02.01.13 14:50

Ausgesprochen hübsch, das Münzlein. Gefällt mir. :wink: Mein Kompliment!!!
AS
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura2 » Mi 02.01.13 19:09

Ja, sehr schön ausgeprägtes Exemplar. :D

Die Zuweisung zu Milet und die Datierung scheinen aber nicht einmütig akzeptiert zu sein. Man findet häufig sowas wie "unbekannte Münzstätte in Karien (Mylasa?)" und eine deutlich spätere Datierung. Das stammt wohl vor allem aus dem SNG Kayhan, wo eine Datierung auf 420-390 erfolgt: http://www.acsearch.info/record.html?id=511655 .
Koray Konuk hat dazu mehrfach einen demnächst (das hat er schon 2007 geschrieben :wink: ) im Numismatic Chronicle erscheinenden Artikel "The Early Coinage of Mylasa" angekündigt, der da näheren Aufschluss geben könnte, den ich aber leider nirgendwo finden kann :? .

Gruß

Altamura

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von ischbierra » Mi 02.01.13 20:51

Ich habe mir mal Gedanken zu der Wachtel gemacht. Ich vermute einen Zusammenhang mit der Mythologie um Artemis. Zeus hatte eine Liaison mit Leto, die wurde schwanger. Das fand Hera, die Frau des Zeus nicht lustig und beauftragte den Drachen Python, der Schwangeren jeden Geburtsplatz zu verweigern. Poseidon hatte Mitleid und ließ die Insel Delos heranschwimmen. Die hatte ihre Entstehung einem Konflikt zwischen Poseidon und Letos Schwester Asteria zu verdanken. Poseidon war einst in Liebe zu Asteria entbrannt, die wies ihn aber ab. Aus Wut verwandelte er Asteria in eine Wachtel,; die stürzte ins Meer und wurde zur schwimmenden Insel Ortygia (von Ortyx - Wachtel). Später hieß Ortygia dann Delos. Dort wurde dann von Leto Apollo und Artemis geboren. Die Zeugung der beiden Kinder fand aber in Didyma statt, nur wenige km von Milet entfernt. Delos galt als Insel der Wachtelgöttin Artemis. Es gibt also eine Verbindung mit Milet; für Mylasa habe ich keinen Zusammenhang mit der Wachtel gefunden.
Gruß ischbierra

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura2 » Mi 02.01.13 22:31

Wenn es denn eine Wachtel ist :wink: .

Man findet am häufigsten nur die Bezeichnung "Vogel" (was unzweifelhaft stimmt :wink: ): http://www.acsearch.info/record.html?id=511653
aber auch Taube: http://www.acsearch.info/record.html?id=389473
oder gar Adler ( 8O ): http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=166856
und eben auch Wachtel: http://www.acsearch.info/record.html?id=164835

Vom Aussehen her wird das schon am ehesten ein Hühnervogel sein, für Wachteln scheint mir der Schwanz der Vögel auf den Münzen aber fast schon zu lang:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Cotur ... uselang=de
http://ibc.lynxeds.com/photo/common-qua ... nix/ground

Rebhühner z.B. passen da besser:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Perdi ... uselang=de
http://ibc.lynxeds.com/photo/grey-partr ... ford-slobs

Ich hab' aber auch keine Ahnung, wo das mit der Wachtel auf den Münzen herkommt :? .

Gruß

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Mi 02.01.13 23:05

..manchmal hilft ja der direkte Vergleich. Ich würde mich sehr wundern, wenn der Löwe nicht von den Löwenprotomen der milesischen 12tel Stater zumindest inspiriert wurde.
Falls es eine Wachtel ist, vielleicht gibt es einen Gründungsmythos der dazu passt ??

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Mi 02.01.13 23:37

hier eine archaische Kore aus Milet mit Vogel - ein Opfertier ? Vielleicht ist das die Bedeutung des Vogels ???


http://www.perseus.tufts.edu/hopper/ima ... 92.05.0046

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von divus » Do 03.01.13 00:22

Hallo!

Zum Thema passend möchte ich dieses Exemplar vorstellen: Ein üblicher Milesier (1,11g, 10mm) - allerdings mit einem kleinen Gegenstempel.

Den Gegenstempel kann ich nicht weiter deuten, aber er erinnert an die häufigen Gegenstempelungen bei den frühen (lydischen) Elektron-Münzen. Vielleicht sind sogar Parallelen zu ermitteln.

Grüße!
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura2 » Do 03.01.13 10:27

Mit Gegenstempel hab' ich die noch nie gesehen 8O , interessant.

Persische Sigloi tragen ja auch häufig solche Gegenstempel, sind aber meist jünger als die milesischen 1/12 Statere (aber nicht soviel jünger, wie die lydischen Elektronmünzen älter sind :wink: ).
Gefunden hab' ich direkt diesen Gegenstempel aber nirgendwo :? .

Gruß

Altamura

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Do 03.01.13 10:50

...und es ist auch noch die nach Becker älteste Serie mit dem Zapfen im Rv. - wirklich hochinteressant !

VG
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von divus » Do 03.01.13 11:06

Altamura2 hat geschrieben:Persische Sigloi tragen ja auch häufig solche Gegenstempel, sind aber meist jünger als die milesischen 1/12 Statere (aber nicht soviel jünger, wie die lydischen Elektronmünzen älter sind :wink: ).
Stimmt! Die Perser haben auch oft Gegenstempel/Punzen, die hatte ich nicht auf dem Schirm... Und auch richtig, die lydischen Elektronmünzen sind freilich älter (was aber noch nichts über die Anbringungszeit der Kontermarken aussagt). Der Zusammenhang mit den Persern dürfte bei den Sigloi und bei diesem Milesier in der Frage der Zeitstellung und Urheberschaft wohl in die richtige Richtung weisen.

Interessant wäre nun die Frage, ob die Gegenstempel/Punzen bei den Lydern auch älter sind, oder ob die Kontermarken bei den frühen Hekten und bei den persischen Sigloi nicht die gleiche Zeitstellung haben. Hat sich schon mal jemand mit den Gegenstempeln dieser Epoche auseinandergesetzt? Ich wüsste dazu nichts...

Grüße!

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