Winzlinge aus Milet

Griechische Münzen des Altertums

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » So 24.09.17 16:05

Altamura2 hat geschrieben:Es gibt Münzen des Hekatomnos, die eindeutig die Motive aus Milet abkupfern, bei denen aber auch niemand auf die Idee kommt, sie Milet zuzuschreiben
ja diese Stücke könnten dafür sprechen, das beides stimmt, eine Serie aus Milet und eine (imitative) aus Mylasa.
In diesem Hort bei Pfeiler, mit ihren frühen 12tel Statern (525 - 500 v. Chr.) kommen übrigens auch schon Wachtelmünzen
ohne Wertpunkte vor.

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » Fr 29.09.17 21:37

Derzeit kommen massenhaft 12tel Stater auf den Markt, insbesondere ex Lanz und Savoca.
Wir hatten oben mal das Thema "Verwilderung"
Schaut Euch mal diese drei Stücke an, alle ex Savoca.
Ich konnte alle drei erwerben.
Mit 2 x 1,15 und 1 x 1,13 gr. liegen sie genau im Gewichtsspektrum.
Pfeiler (1966) listet keine Verwilderungen auf beobachtet aber eine zum Ende der Prägezeit (ca. 500 - 494 v. Chr)
simplere stilistische Ausführung des Löwenkopfes. Der Artikel ist aber mittlerweile über 50 Jahre alt
und ich weiss nicht, wie groß bzw. klein die Materialgrundlage damals war.

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Iulia » Fr 29.09.17 21:58

Noch einmal zu den Wachtelmünzen: Bleiben wir lieber aufgrund der karischen Buchstaben bei Mylasa als Prägestätte!
Ich habe vor kurzem in einem schönen Buch von Sybille Haynes (Zwischen Mäander und Taurus. Archäologische Reise in Kleinasien, 1977) auf S. 20 eine Beschreibung einer archaischen Terrakottaplatte des Tempels in Euromos gefunden, auf der die Autorin Pferdegespanne und "Rebhühner" beschrieb. Euromos liegt nur circa 20 km von Mylasa entfernt. Ich könnte wetten, dass diese Rebhühner unseren Wachteln bzw. eigentlich Steinhühnern ähneln!
Die Kore mit Steinhuhn aus Milet (schöne Entdeckung von quinctilius!)ist kein Gegenbeweis gegen Mylasa als Prägestätte für die "Wachtelmünzen", die wir vielleicht jetzt endlich "Steinhuhnmünzen" nennen sollten, aber sie ist ein interessanter Hinweis darauf, dass das Steinhuhn in dieser Gegend ein heiliges Opfertier war!

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Sa 30.09.17 10:34

Iulia hat geschrieben:... die wir vielleicht jetzt endlich "Steinhuhnmünzen" nennen sollten ...
Da bin ich jetzt noch nicht überzeugt :? .

Dass dieses Federvieh auf den Wachtelmünzen ( :D ) zur Familie der Fasanenartigen und deren Unterfamilie der Feldhühner gehört, scheint mir plausibel. Aber wie wir anhand der eher bescheidenen Abbildungen auf den Münzen zwischen Wachtel, Rebhuhn, Steinhuhn und was es da sonst noch alles gibt unterscheiden sollen, erschließt sich mir nicht :| .

(Erschwerend kommt noch hinzu, dass "Steinhuhn" sowohl der Name der Gattung als auch einer Art daraus ist, ein Fehler, den man bei einer Klassifikation nie machen sollte :| .)

Es gibt in Berlin übrigens noch eine "Kore mit Steinhuhn": http://arachne.uni-koeln.de/item/objekt/91845
(wobei auch hier nicht beschrieben ist, warum das ein Steinhuhn sein muss).

Gruß

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Sa 30.09.17 11:17

Iulia hat geschrieben:... eine Beschreibung einer archaischen Terrakottaplatte des Tempels in Euromos gefunden, auf der die Autorin Pferdegespanne und "Rebhühner" beschrieb. ...
Ähnlich dürften die Terrakottaplatten aus Mylasa sein, die hier beschrieben werden (Text auf Seite 304, Abbildung eine Seite weiter): https://www.academia.edu/796008/A._Bara ... ecatomnids

Derartige Hühnervögel scheint es um Mylasa also gegeben zu haben :D .

Gruß

Altamura

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Iulia » Sa 30.09.17 14:00

Altamura2 hat geschrieben:
Aber wie wir anhand der eher bescheidenen Abbildungen auf den Münzen zwischen Wachtel, Rebhuhn, Steinhuhn und was es da sonst noch alles gibt unterscheiden sollen, erschließt sich mir nicht :| .
Altamura
...einfach weil das Chukarhuhn, das zu der Gattung der Steinhühner gehört, heutzutage immer noch in der Gegend lebt, s. mein Beitrag unten auf S. 8 dieses Threads:
..." Als ich dann "Wachtel Türkei" googelte, kam ich auf diese entzückende Seite der begeisterten Wachtelfreunde und, wenn Ihr etwas nach unten (5. Beitrag)scrollt, kommt Ihr zu der Nachricht von Malik aus der Türkei. Und siehe da, er fand dort einen Vogel, der der Wachtel optisch sehr ähnelt und Chukarhuhn, das verwandt mit dem Steinhuhn ist, heißt:
http://www.wachtel-forum.de/t559f72-Han ... hteln.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Chukarhuhn
Verbreitungsgebiet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Chukarhuh ... tensen.svg

Also sollten wir es noch konkreter Chukarhuhn (Art: alectoris chukar, Gattung: Alectoris) nennen. Habe die Gattungsbezeichnung Steinhuhn nur wegen der offenbar üblichen archäologischen Bezeichnung gewählt.
Dein Fund der Terrakottaplatten aus Mylasa ist mal wieder Spitze (Habe darauf gehofft!)

Gruß
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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Sa 30.09.17 19:17

Stimmt, das Chukarhuhn war ja schonmal im Spiel, ist halt schon eine Weile her :D .
Iulia hat geschrieben:... einfach weil das Chukarhuhn, das zu der Gattung der Steinhühner gehört, heutzutage immer noch in der Gegend lebt ...
Das mag ja sein, aber es geht darum, was damals dort gelebt hat. Und ob Wachteln und Rebhühner da heute nicht auch noch leben, wissen wir nicht.
(Rebhühner sind vielleicht raus, da diese, zumindest wenn man dem deutschen Wikipedia glauben will, zwar in der Türkei vorkommen, aber eher in höheren Lagen: https://de.wikipedia.org/wiki/Rebhuhn_(Art) )

Ich hab' auch versucht herauszubekommen, warum man bei der Kore der Meinung ist, dass es sich hier um ein Steinhuhn handele. So ein bisschen hab' ich nämlich den Verdacht, dass das einer vom anderen abschreibt :? . Da hab' ich aber leider nichts gefunden :| .

Gruß

Altamura

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » Di 03.10.17 14:09

Hier ist ein weiterer "verwilderter" 12tel Stater. (1.04 gr.)

https://www.vcoins.com/en/stores/numisc ... fault.aspx

Das Blütenornament imitiert den "offenen" Typ I nach Pfeiler (1966)
Nach Becker ist es die Serie III, die er in die Zeit des ionischen Aufstands 500 - 494 v. Chr datiert.
Ich frage mich, ob wir es bei diesen Verwilderungen mit kriegsbedingten Einflüssen zu tun haben.

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » Di 03.10.17 16:45

...und nachdem ich mich jahrelang mit Beckers Feineinteilung seiner 75 milesischen Obole herumgeschlagen habe:

https://www.e-periodica.ch/digbib/view? ... 5&id3=3#10

habe ich wohl ein stempelgleiches Exemplar in meiner Sammlung entdeckt, sowohl im Avers als auch im Revers (42).
Es sind die Stücke 42 und 43 seiner Serie II, die er in 7 (!) Gruppen einteilt und die er zwischen 530 - 500 v. Chr. datiert.

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Mi 04.10.17 20:53

quinctilius hat geschrieben:... habe ich wohl ein stempelgleiches Exemplar in meiner Sammlung entdeckt, sowohl im Avers als auch im Revers (42) ...
Das kann ich, ehrlich gesagt, nicht so ganz nachvollziehen :| .
Beispielsweise ist die Nase des Becker-Löwen ziemlich spitz, auf Deinem eher abgerundet.
Der "Protomenrand" rechts ist bei Deinem Löwen leicht geschwungen und läuft nach unten in eine Art Zipfel aus. Bei Becker sieht das ganz anders aus (wobei da hinzukommt, dass die Becker-Münze nicht so toll erhalten und schlecht abgebildet ist :? ).

Du scheinst Dir da ja jetzt ein ganzes Löwengehege zusammengekauft zu haben :D .

Gruß

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von divus » Mi 04.10.17 21:26

quinctilius hat geschrieben:Hier ist ein weiterer "verwilderter" 12tel Stater. (1.04 gr.)

https://www.vcoins.com/en/stores/numisc ... fault.aspx

Das Blütenornament imitiert den "offenen" Typ I nach Pfeiler (1966)
Nach Becker ist es die Serie III, die er in die Zeit des ionischen Aufstands 500 - 494 v. Chr datiert.
Ich frage mich, ob wir es bei diesen Verwilderungen mit kriegsbedingten Einflüssen zu tun haben.

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Hallo zusammen,

dieser Pudelkopf ist eine bekannte Fälschung!

Grüße!

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Mi 04.10.17 21:33

Iulia hat geschrieben:... Also sollten wir es noch konkreter Chukarhuhn (Art: alectoris chukar, Gattung: Alectoris) nennen. ...
Gerade hab' ich einen Zufallsfund gemacht, der einen weiteren Hühnervogel ins Spiel bringt :D .

In Friedrich Imhoof-Blumer und Otto Keller, "Tier- und Pflanzenbilder auf Münzen und Gemmen des klassischen Altertums", Leipzig 1889, findet sich auf Seite 35 ganz unten die Anmerkung "In Kleinasien, besonders in lonien, war das Frankolin häufig und sehr geschätzt.":
https://archive.org/stream/tierundpflan ... 8/mode/2up

Und eine Seite weiter verweist er auf eine auf Tafel V abgebildete Münze, die was ist? Genau, unsere Wachtelmünze :D : "Frankolin oder Wachtel auf einer kleinen anepigraphischen Silbermünze mit Löwenprotome l. auf der Hauptseite.": https://books.google.de/books?id=mt8WAA ... &q&f=false (ganz unten zu sehen)

Was ein Frankolinhuhn ist, sieht man hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Frankoline

Gruß

Altamura

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » Mi 04.10.17 21:45

divus hat geschrieben: dieser Pudelkopf ist eine bekannte Fälschung!
oh :(

gibts noch mehr davon ?

Die anderen von dem scheinen jedenfalls ok zu sein, wenn auch unverschämt teuer:

https://www.vcoins.com/en/stores/numisc ... fault.aspx

https://www.vcoins.com/en/stores/numisc ... fault.aspx

https://www.vcoins.com/en/stores/numisc ... fault.aspx

https://www.vcoins.com/en/stores/numisc ... fault.aspx

https://www.vcoins.com/en/stores/numisc ... fault.aspx

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » Mo 25.03.19 13:20

Hallo,

also bei diesem 1/8tel Stater aus Milet (10 mm, 1,67gr., ex VCoins Tom Vossen für EUR 85,-)
musste ich reflexartig zuschlagen :-) Der Löwenkopf ist sehr schön erhalten.
Wir hatten ja oben die Zeitstellung diskutiert. Ich finde man sieht hier auch am Schrötling,
der in seiner kreisrunden Form an die Elektron Münzen aus Milet erinnert, dass
diese Reihe relativ früh im 6. Jhd. v. Chr. anzusetzen ist, also vor den 12tel Statern liegt.

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Mo 25.03.19 20:48

Schönes Teil, in der Tat :D .

Interessant finde ich auch, dass man da eine ganze Reihe auf dem Revers stempelgleicher Exemplare findet:
https://www.acsearch.info/search.html?id=5295540
https://www.acsearch.info/search.html?id=3827874
https://www.acsearch.info/search.html?id=1872743
https://www.acsearch.info/search.html?id=1165475
(da findet man bestimmt noch mehr).
quinctilius hat geschrieben:... man sieht hier auch am Schrötling, der in seiner kreisrunden Form an die Elektron Münzen aus Milet erinnert ...
Das tun in diesem Sinne die 12-tel Stater doch auch 8O . Rund sind die irgendwie alle :D .
... dass diese Reihe relativ früh im 6. Jhd. v. Chr. anzusetzen ist, also vor den 12tel Statern liegt. ...
Die Frage ist jetzt, was Du unter "relativ früh" verstehst. Üblicherweise werden die in etwa mit 550 bis 500 v. Chr. angesetzt.
Im SNG Kayhan steht "Late sixth - early fifth centuries BC", in der Sammlung Klein "ca. 550-525 v. Chr.", im oben sicher irgendwo zitierten Pfeiler-Artikel wird ebenfalls auf 550 - 525 v. Chr. datiert, nur bei Rosen steht "Sixth century B.C.". Das trifft Deine Erwartungen vermutlich nicht ganz :? .

Gruß

Altamura

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