Winzlinge aus Milet

Griechische Münzen des Altertums

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von divus » Do 03.01.13 11:09

quinctilius hat geschrieben:...und es ist auch noch die nach Becker älteste Serie mit dem Zapfen im Rv.
Den Artikel von Becker muss ich mir noch anschauen. Ich hätte die Ausgaben mit dem "Zapfen" eher nicht an den Anfang der Serien gestellt. Hast Du gerade parat wie Becker das begründet?

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura2 » Do 03.01.13 12:17

Im wesentlichen sind das stilistische Gründe. Becker sieht in seiner "Frühen Serie" eine unmittelbare Fortsetzung des Stils der milesischen Elektronmünzen, auf denen ebenfalls Löwen dargestellt sind.

Gruß

Altamura

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divus
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von divus » Do 03.01.13 23:38

Nun ja, die Becker'schen Thesen sind sicher nicht das Ende der Diskussionen, denke ich. Und sie scheinen sich auch nicht durchgesetzt zu haben.

Aber nochmals kurz zurück zu den frontalen Löwen(?)köpfen (oder doch eher Panther?): Ich beschäftige mich viel zu wenig mit meinen eigenen Münzen, sodass ich heute erst realisiert habe, dass ich offenbar den "Kursmünzensatz" komplett habe! :)

Von links nach rechts:

1/8 Stater, 9-10mm, 1,61g
1/16 Stater, 8mm, 0,74g
1/32 Stater, 6mm, 0,39g
1/64 Stater, 4mm, 0,16g

Grüße!
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Fr 04.01.13 09:11

Wow - alles schöne Stücke und offenbar wirklich komplett ! Glückwunsch ! Die Abb. verdeutlicht sehr schön, dass es sich in der Tat um eine SERIE handelt, die - das ist aber nur meine Vermutung - VOR den 12tel Statern mit Löwenkopf im Profil geprägt wurde (s.o.)

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von divus » Fr 04.01.13 10:43

Danke, Quinctilius!

Und ich stimme Dir zu, es gibt m.E. durchaus Hinweise, dass diese Serie für sich steht und zudem älter sein könnte/müsste als die Löwenkopf-Obole:

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist u.a. ein Argument von Pfeiler für die Gleichzeitigkeit gewesen, dass ein 1/12 Nominal fehlen würde bzw. sich in das System gut einbinden lassen würde. Dem ist aus meiner Sicht gänzlich zu widersprechen. Das Nominalsystem ist mit den vier Stückelungen lückenlos und in sich stimmig. Ein 1/12 Stück daneben gelegt und es nimmt sich aus wie ein Fremdkörper.

Das Quadrat aus Punkten, welches das Aversbild umrahmt, ist für meinen Eindruck ein klar archaisches Gestaltungselement. Die 1/12 mit dem Löwenkopf zeigen solche Elemente nicht und sind m.E. ein Reflex eines ganz anderen oder eines sich bereits gewandelten ästhetischen Empfindens. Auch die Tierköpfe haben nichts miteinander gemeinsam. Im direkten Vergleich erscheinen die Löwenobole deutlich "moderner", die Tierdarstellung viel naturalistischer.

Schließlich müsste man sich das Tier genauer anschauen, welches hier dargestellt ist. Gemeinhin wird auch hier die Darstellung als "Löwenkopf" angesprochen. Wenn dann aber doch eher "Löwin" ob der fehlenden Mähne - wobei ich viel mehr Ähnlichkeiten zu den Tierköpfen sehe, die sonst als "Panther" bezeichnet werden. Wenn das Tier nun kein Löwe wäre, fiele eine weitere "Verwandschaft" zu den 1/12 Stücken weg.
Was bliebe, wäre das Incusum mit dem Stern- oder Blumenmotiv (was auch noch zu diskutieren wäre). Hier liegt die Begründung für die Verbindung zu Milet als Prägeort, was auch nicht von der Hand zu weisen ist.

Im Vergleich zu Deinem früher gezeigten Stück fällt mir nun auf, dass mein 1/16 Stück sich etwas unterscheidet, besonders im Revers. Das müsste man sich genauer anschauen, ob es da auch Untergruppen gibt, unterscheidbar an der Gestaltung des Incusum. (Oder vielleicht gehört mein Stück doch nicht in diese Serie?) Überhaupt ist der Unterschied der Incusa der größeren Nominale (bei meinem 1/8 und Quinctilius' 1/16) mit dem doppelten gestrichelten Rahmen recht verschieden zu den kleineren Stücken. Oder gibt es diese auch noch mit dieser Reversvariante?

Möglicherweise - das müsste man nun nachprüfen und diskutieren - sind die Reversdarstellungen mit dem doppelten Rahmen und sehr kleinem "Stern" die frühesten. Dann bildet sich das klarere und prägnantere Muster mit einfachen Perlrahmen heraus, welches aber noch mit dem "alten Frontalkopf" kombiniert wird. Abgelöst wird die Serie dann von der Massenprägung der 1/12 Stücke mit Löwenprotome (und der Teilstücke mit den Vögeln) , die dann bereits das voll ausgebildete, typische Reversbild tragen, welches so erfolgreich und berühmt wurde, dass es noch ca. 100 Jahre später von den Hekatomniden übernommen wird.

Grüße!

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Iulia » Fr 04.01.13 11:39

Noch etwas zu der interessanten Vogelserie:
Ich glaube, dass es sich bei dem Vogel eher um eine Taube und nicht um eine Wachtel handelt (um einen Adler sowieso nicht), weil man diesen Vogel mit einer Orakeltätigkeit und mit Apollo in Verbindung bringen kann. Die Assoziation von Wachtel mit Delos ist wirklich hübsch, aber die Vogelserie passt leider nicht zu der Kitharaserie von Delos.
Das Bemerkenswerteste an der Vogelserie sind doch die Wertpunkte auf den Reversen. Das deutet schon auf eine ganz eigenständige Münzstätte, also meiner Meinung nach nicht Milet, hin.
Grüße von
Iulia
Zuletzt geändert von Iulia am Fr 04.01.13 12:25, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Fr 04.01.13 11:50

divus hat geschrieben:Möglicherweise - das müsste man nun nachprüfen und diskutieren - sind die Reversdarstellungen mit dem doppelten Rahmen und sehr kleinem "Stern" die frühesten. Dann bildet sich das klarere und prägnantere Muster mit einfachen Perlrahmen heraus, welches aber noch mit dem "alten Frontalkopf" kombiniert wird. Abgelöst wird die Serie dann von der Massenprägung der 1/12 Stücke mit Löwenprotome (und der Teilstücke mit den Vögeln) , die dann bereits das voll ausgebildete, typische Reversbild tragen, welches so erfolgreich und berühmt wurde, dass es noch ca. 100 Jahre später von den Hekatomniden übernommen wird.
Dem stimme ich zu - exakt so vermute ich es !

Eine weitere Vermutung von mir - natürlich auch nur eine Annahme aber ich denke nicht so ganz aus der Luft gegriffen:
Pfeiler vergleicht den Löwenkopf im Profil auf den 12tel Statern zu Recht mit denen auf den "Kroisos Statern". Diese Stücke werden heute überwiegend als posthume Prägungen gesehen, da sie dem persischen Gewichtsstandard entsprechen (Doppelsigloi). Eine gängige Datierung dieser Stücke lautet ca. 546 - 520, so z.B. hier bei Lanz:

http://www.acsearch.info/record.html?id=623687

Das ist etwa der Zeitraum in den Pfeiler und Becker die Entstehung der 12tel Stater setzen. Liegt die von Divus präsentierte seltene Serie VOR diesem Zeitraum ? Ich vermute das.
Die Massenprägung der 12tel Stater begann m.E. zeitgleich mit den "persischen" Kroisos Statern, wie ich vermute durch einen sprunghaft gestiegenen Kleingeldbedarf nach der Besetzung Ioniens durch die Perser (Aufrüstung, Anwerbung von Söldnern o.ä.) Das setzte sich dann bis zum Ende des Ionischen Aufstandes fort (494 v. Chr.)

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von ischbierra » Fr 04.01.13 14:08

Hallo Iulia,
es gibt die Vogelstücke auch ohne Punkte - damit gerät Deine Argumentation vielleicht ein bißchen ins wanken?
Gruß ischbierra

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura2 » Fr 04.01.13 20:02

ischbierra hat geschrieben:... es gibt die Vogelstücke auch ohne Punkte ...
In der Tat, da gibt es allerlei Varianten:
ohne Punkte: http://www.acsearch.info/record.html?id=601474
mit zwei Punkten: http://www.acsearch.info/record.html?id=511653
mit drei Punkten: http://www.acsearch.info/record.html?id=580015 (da sieht der Vogel aber eher wie eine Badeente aus :D ; Imitation?)
mit sechs Punkten: http://www.vcoins.com/en/stores/wayne_c ... fault.aspx (laut Isegrim ist das Keckman 925)

und am überraschendsten, hab' ich gerade erst das erste Mal gesehen, mit einem Buchstaben 8O :
http://www.vcoins.com/en/stores/wayne_c ... fault.aspx
http://www.vcoins.com/en/stores/wayne_c ... fault.aspx

Das könnte ein quergestelltes M sein, was aber sowohl für Milet als auch Mylasa passen würde :? . Wobei ein Buchstabe für "prä-494er-Münzen" aus Milet eher untypisch wäre.

Dann ist mir aber noch eingefallen, dass Koray Konuk mal einen Artikel über karische Schrift auf Münzen geschrieben hat: http://www.academia.edu/453505/Coin_Legends_in_Carian
Und siehe da: Seine Nummer M2 (Beschreibung auf Seite 473, Bild auf Seite 523) stellt eine frühe Form (sagt er zumindest) unserer Pseudo-Wachtel-Münzen dar und trägt neben dem Vogel ein karisches m (in Tabelle I gibt es bei Konuk das karische Alphabet), was Konuk als das Initial von Mylasa deutet.

Der Buchstabe auf meinen zwei Beispielen oben sieht aber eher wie ein karisches s aus (wenn man denn beim Karischen bleiben will). Da Konuks m aber sehr dicht am Schrötlingsrand liegt, könnte das ursprünglich auch ein s gewesen sein, was dann zu meinen Beispielen oben passen würde.

Es bleibt also spannend 8O .

Gruß

Altamura

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura2 » Fr 04.01.13 20:54

divus hat geschrieben:... dass ich offenbar den "Kursmünzensatz" komplett habe! :) ...
Und ich dachte immer, dass es sowohl Kursmünzensätze als auch den Komplettheitswahn nur bei Eurosammlern gäbe :D .
Da hast Du aber schon eine beeindruckende Reihe beisammen!
... Das Nominalsystem ist mit den vier Stückelungen lückenlos und in sich stimmig. Ein 1/12 Stück daneben gelegt und es nimmt sich aus wie ein Fremdkörper. ...
Ich meine mal gelesen zu haben (weiß aber nicht mehr, in welchem Zusammenhang :? ), dass solche Nominale, die scheinbar aus der Reihe tanzen, teilweise bewusst zur Herstellung der "Wechselfähigkeit" gegenüber anderen Standards geprägt wurden. "Sortenreinheit" war da nicht immer das Ziel (ist es beim Wein ja auch nicht :wink: ).
... Im direkten Vergleich erscheinen die Löwenobole deutlich "moderner", die Tierdarstellung viel naturalistischer. ...
Das ist sicher richtig. Aber die Löwenköpfe auf den Elektronmünzen liegen teilweise (Beispiel siehe Becker) denen auf den Obolen nach meinem Empfnden stilistisch näher als die frontalen Löwinnen-oder-Pantherköpfe es tun. Und letztere werden ja nicht früher als diese Elektronmünzen geprägt worden sein, oder?
... Schließlich müsste man sich das Tier genauer anschauen, welches hier dargestellt ist. ... Wenn das Tier nun kein Löwe wäre ...
Da ist mein Eindruck, dass generell die zoologischen Klassifizierungen teilweise von den Numismatikern des 19. Jahrhunderts stammen (siehe die Wachtel), also nicht von Fachpersonal :wink: .
Ich wüsste auch nicht, ob Panther in der griechischen Geisteswelt überhaupt eine Rolle gespielt haben (da hab' ich aber auch eher keine Ahnung davon :| ). Vielleicht sind die Panther ja alle gar keine.
... ob es da auch Untergruppen gibt, unterscheidbar an der Gestaltung des Incusum. ...
Auf den ersten Blick scheint es da Varianten zu geben.
Hier ein 1/64: http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=213443
und noch einer : http://www.acsearch.info/record.html?id=362629

Zur Rosette auf dem Revers der 1/12 Statere hier noch ein Zufallsfund: http://www.acsearch.info/record.html?id=598661 . Das sieht der milesischen sehr ähnlich, scheint aber vielleicht doch nicht zu den hier diskutierten Münzen zu gehören.

Und wenn man geneigt ist, zwei schon für eine Serie zu halten :wink: , dann gibt es zu den 1/12 auch eine:
http://www.acsearch.info/record.html?id=601472
http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=142524

Gruß

Altamura

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Altamura2 » Fr 04.01.13 21:52

Hatte ich ganz vergessen: Es gibt eine schöne Seite zu den Münzen von Milet, unsere hier diskutierten kommen zum Teil auch vor :D : http://rjohara.net/coins/

Gruß

Altamura

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von divus » Fr 04.01.13 22:23

Schönen Abend Altamura,
Altamura2 hat geschrieben:
... Das Nominalsystem ist mit den vier Stückelungen lückenlos und in sich stimmig. Ein 1/12 Stück daneben gelegt und es nimmt sich aus wie ein Fremdkörper. ...
Ich meine mal gelesen zu haben (weiß aber nicht mehr, in welchem Zusammenhang :? ), dass solche Nominale, die scheinbar aus der Reihe tanzen, teilweise bewusst zur Herstellung der "Wechselfähigkeit" gegenüber anderen Standards geprägt wurden. "Sortenreinheit" war da nicht immer das Ziel (ist es beim Wein ja auch nicht :wink: ).
Nun ja, das würde freilich zahlreiche Fragen aufwerfen. Wechselfähigkeit zu konkret welchem Standard? Warum solche Massenprägungen in einem "fremden" Standard? Würde eine solche Wechselfähigkeit nicht auch einen Geldfluss in diese Richtung hin bedeuten, insofern gibt es Fundhäufungen der Löwenobole in anderen Regionen? Sind solche "Handelsmünzen" (so verstehe ich dies) nicht eher in hohen Nominalen zu erwarten? Gibt es überhaupt Beispiele für solche Prägungen in der betreffenden Zeit bei anderen Städten?
Altamura2 hat geschrieben:
... Im direkten Vergleich erscheinen die Löwenobole deutlich "moderner", die Tierdarstellung viel naturalistischer. ...
Das ist sicher richtig. Aber die Löwenköpfe auf den Elektronmünzen liegen teilweise (Beispiel siehe Becker) denen auf den Obolen nach meinem Empfnden stilistisch näher als die frontalen Löwinnen-oder-Pantherköpfe es tun. Und letztere werden ja nicht früher als diese Elektronmünzen geprägt worden sein, oder?
Auch wenn es oft schwierig ist, von der Elektron-Prägung auf die Silber-Prägung abzuleiten, gibt es da sicher gewissen Ähnlichkeiten. Wobei das Argument nun wieder ganz von der Datierung der betreffenden Statere abhängt. Die Diskussion darüber (die es sicher gibt) kenne ich nicht, eine höhere Genauigkeit und Gewissheit als bei den Obolen würde mich aber überraschen. Darüber hinaus könnte man, wenn das Argument zutrifft, es auch ganz anders auffassen und die Frage der originären Prägestätte der frontalen Löwinnen-oder-Pantherköpfe an sich wieder neu zur Diskussion stellen.
Altamura2 hat geschrieben:
... Schließlich müsste man sich das Tier genauer anschauen, welches hier dargestellt ist. ... Wenn das Tier nun kein Löwe wäre ...
Da ist mein Eindruck, dass generell die zoologischen Klassifizierungen teilweise von den Numismatikern des 19. Jahrhunderts stammen (siehe die Wachtel), also nicht von Fachpersonal :wink: .
Ich wüsste auch nicht, ob Panther in der griechischen Geisteswelt überhaupt eine Rolle gespielt haben (da hab' ich aber auch eher keine Ahnung davon :| ). Vielleicht sind die Panther ja alle gar keine.
Das sehe ich auch so. Als ich den obigen post geschrieben habe, ist mir auch der Gedanke gekommen, was ein Panther eigentlich soll, insofern habe ich ganz bewusst von "Ähnlichkeiten zu den Tierköpfen sehe, die sonst als "Panther" bezeichnet werden" geschrieben. :)
Altamura2 hat geschrieben:
... ob es da auch Untergruppen gibt, unterscheidbar an der Gestaltung des Incusum. ...
Auf den ersten Blick scheint es da Varianten zu geben.
Hier ein 1/64: http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=213443
und noch einer : http://www.acsearch.info/record.html?id=362629
Das würde ja meine These stützen, dass es zwei Untergruppen dieser Serie gibt.
Altamura2 hat geschrieben:
Zur Rosette auf dem Revers der 1/12 Statere hier noch ein Zufallsfund: http://www.acsearch.info/record.html?id=598661 . Das sieht der milesischen sehr ähnlich, scheint aber vielleicht doch nicht zu den hier diskutierten Münzen zu gehören.
Das kann wiederum alles sein, von einer zeitgenössischen Imitation bis hin zu einem eigenen Typ und muss mit Milet nichts zu tun haben. Es kommen immer wieder aus dem karischen Bereich solche Mini-Skyphate vor, möglicherweise die Spezialität einer unbekannten Münzstätte.
Und wenn man geneigt ist, zwei schon für eine Serie zu halten :wink: , dann gibt es zu den 1/12 auch eine:
http://www.acsearch.info/record.html?id=601472
http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=142524
Die sind sicher hekatomnidisch, was man besonders bei der Darstellung der Mundpartie des Löwenkopfes sieht.

Vielleicht sollte man diese superinteressante Diskussion doch gelegentlich abtrennen von diesem allgemeinen Faden...

Grüße!

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von divus » Fr 04.01.13 22:49

Auch einen schönen Abend Quinctilius!
quinctilius hat geschrieben:Eine weitere Vermutung von mir - natürlich auch nur eine Annahme aber ich denke nicht so ganz aus der Luft gegriffen:
Pfeiler vergleicht den Löwenkopf im Profil auf den 12tel Statern zu Recht mit denen auf den "Kroisos Statern".
Schwierig, finde ich. Der Löwenkopf auf den Kroisos-Stateren ist meiner Auffassung nach sehr verschieden - aber natürlich haben sie auch Ähnlichkeiten, sind beides Löwen... ;) Also da eine stärkere Verbindung herzustellen erscheint mir fraglich. Nichtsdestotrotz könnte eine zeitliche Parallelität vorliegen.
quinctilius hat geschrieben:Diese Stücke werden heute überwiegend als posthume Prägungen gesehen, da sie dem persischen Gewichtsstandard entsprechen (Doppelsigloi). Eine gängige Datierung dieser Stücke lautet ca. 546 - 520, so z.B. hier bei Lanz:

http://www.acsearch.info/record.html?id=623687
Das ist etwas, was ich ehrlich gesagt noch nie wirklich verstanden habe, bzw. es konnte mir noch niemand schlüssig erklären, wie die lydischen und die persischen Kroisos-Typen auseinander gehalten werden sollen. Dass es zwei Gewichtsstandards gibt, ist bekannt, dass sie zu verschiedenen Datierungen führen, ist mir neu. Ich dachte, die Unterscheidung basiert auf stilistischen Argumenten/Differenzen (und danach sollte das Lanz-Stück eigentlich ein frühes, vor-persisches sein). Und selbst wenn es zuträfe, ist die Datierung wieder so ein Problem... ;)
quinctilius hat geschrieben:...da sie dem persischen Gewichtsstandard entsprechen (Doppelsigloi).
Welchen persischen Gewichtsstandard gab es vor den Kroisos-Emissionen? Die Sigloi folgen doch dem lydischen, so hatte ich es zumindest im Kopf. Es gilt doch als communis opinio, dass die persischen Sigloi in Sardeis geprägt wurden, insofern sind sie nach der Eroberung des Lyderreiches entstanden.
quinctilius hat geschrieben:Das ist etwa der Zeitraum in den Pfeiler und Becker die Entstehung der 12tel Stater setzen. Liegt die von Divus präsentierte seltene Serie VOR diesem Zeitraum ? Ich vermute das.
Die Massenprägung der 12tel Stater begann m.E. zeitgleich mit den "persischen" Kroisos Statern, wie ich vermute durch einen sprunghaft gestiegenen Kleingeldbedarf nach der Besetzung Ioniens durch die Perser (Aufrüstung, Anwerbung von Söldnern o.ä.) Das setzte sich dann bis zum Ende des Ionischen Aufstandes fort (494 v. Chr.)
Wie gesagt, ich würde die lydischen oder persischen Prägungen nicht zur Datierung heranziehen wollen, solange diese nicht sicher datiert sind und ein Zusammenhang mit unseren Serien deutlicher ist.

Im Allgemeinen beobachte ich in der Forschungsdiskussion den Trend, bei neuen Datierungsvorschlägen eher nach unten, als nach oben zu korrigieren.

Für mich stellt sich immer mehr die Frage, wie sich das mit der in der Literatur postulierten völligen Zerstörung Milets wirklich verhält. Aus dem Studium habe ich noch in Erinnerung, dass es "Vernichtungskriege" in der Antike eher selten gab. Und genauso wie man z.B. Angaben über die Stärke von Armeen mit Vorsicht genießen sollte, verhält es sich mit den Schilderungen der Katastrophe einer Niederlage.
Es wäre eine Prüfung der archäologischen Ergebnisse nötig um zu sehen, wann Milet wieder gesichert und nachweisbar prosperierte (es hat sich ja erholt). Das ist jetzt sehr hypothetisch - aber vielleicht sind Teile der Löwen-Obole gar nicht vor dem Ionischen Aufstand geprägt, sondern erst später im Laufe des 5. Jhdts. (die persische Besatzung muss nicht Zwangsläufig zu ganz neuen Münztypen führen) - was auch die Übernahme des Münztyps durch die Hekatomniden besser erklären könnte.

Fragen über Fragen... :)

Grüße!

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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von quinctilius » Sa 05.01.13 10:36

Hallo Divus,

das sind alles sehr komplexe Fragestellungen auf die es keine eindeutigen Antworten gibt, ich habe oben deshalb das Wort "Vermutung" auch ziemlich strapaziert :-)
Zu der Spätdatierung der "Kroisos Stater" empfehle ich den Aufsatz von B. Weisser: Herrscherbild und Münzporträt in Kleinasien:

"Im Jahr 546 v.Chr. siegte der persische Großkönig Kyros über Kroisos und eroberte das lydische Königreich. In Lydien fanden die Perser ein entwickeltes Münzsystem vor, dessen Wurzeln bis in das 7. Jh.v.Chr. zurückreich- ten. Alyattes (ca. 610–560 v.Chr.), der Vater des Kroisos, hatte als Erster eine bimetallische Währung aus Gold und Silber eingeführt. Das Münzbild dieser königlichen Währung zeigt die Vorderteile von Rind und Löwe, die einander zugewandt sind. Dieses Geld wurde auch über die Besetzung Lydiens durch die Perser hinaus, mit einem allerdings reduzierten Gewichtsstandard, weiter geprägt. Offenbar spielte es in dieser Zeit keine Rolle, dass die Münzbilder ursprünglich Hoheitszei- chen der lydischen Könige waren. "

Weisser bringt diesen (gewichtsreduzierten) Typ also direkt mit der persischen Besetzung in Verbindung - Eine wichtige Annahme wie ich finde.

Pfeiler zum Vergleich der 12tel Stater mit den Statern des Kroisos:

"Ein Vergleich der Löwendarstellungen der Alyattes zugeschriebenen Stücke mit unserem Typ A führt zu keinem Ergebnis. Dagegen zeigen die Löwendarstellungen auf den Gold- und Silberstateren des Kroisos überraschende Übereinstimmung mit einem großen Teil der von uns unter Typ A zusammengefaßten milesischen Darstellungen. "

Es wäre einen spannende Aufgabe - auch für diesen thread - diese Gemeinsamkeiten einmal visuell per Fotovergleich herauszuarbeiten.
Zum archäologischen Befund in Milet muss ich mal recherchieren, ich war vor 2 Jahren dort, ich hätte nach Brandspuren suchen sollen ;-)
Auf dem Foto kann man noch den Umriss der einstmaligen Halbinsel erahnen. (Blick nach Norden)

VG und schönes Wochenende
Quinctilius
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Re: geht es noch kleiner/filigraner ? Ja !

Beitrag von Iulia » Sa 05.01.13 15:40

ischbierra hat geschrieben:Hallo Iulia,
es gibt die Vogelstücke auch ohne Punkte - damit gerät Deine Argumentation vielleicht ein bißchen ins wanken?
Gruß ischbierra
Nur, wenn ich entweder keine Ahnung hätte und/oder mich nicht gründlich genug damit beschäftigt hätte :wink:.
Deshalb hier eine ausführlichere Begründung:
Die milesische Löwenkopf/Stern Serie wurde in mehreren Nominalien bis runter zu den Tetartemorioi geprägt, während der Löwenkopf/Vogeltyp ausschließlich in der kleinen Tetartemorioneinheit ausgegeben wurde. Milet sah offenbar keine Notwendigkeit, die Löwenkopf/Stern Serie mit Wertzeichen oder Buchstaben zu versehen. Der Löwenkopf/Vogeltyp würde völlig aus dem üblichen Prägemuster der Stadt fallen. Er wurde wohl eher von einem kleinen Prägeort herausgegeben, der eine ganze Serie des Typs mit größeren Nominalien nicht finanzieren konnte. Wahrscheinlich hat dieser Ort zuerst den Typ ohne Wertpunkte herausgegeben und dann aufgrund von irgendwelchen Akzeptanzproblemen im Umlauf die Stücke markiert, ja sogar bei gleichem Gewicht umgewertet. Das M könnte man tatsächlich ganz gut zu MY und Lambda für Mylasa auflösen wie es Konuk vorschlägt. Jedenfalls hat es Milet nicht nötig gehabt, seine Prägungen mit dem Anfangsbuchstaben der Stadt zu versehen. Als Erkennungsbilder reichten völlig der rückwärtssehende Löwenkopf und das astrale Symbol auf dem Revers aus, das wahrscheinlich den solaren Aspekt des Löwen darstellen soll. Deshalb halte ich übrigens die Bezeichnung "Blumenmuster" für die Reversdarstellung für etwas unglücklich und unpräzise. F. Becker geht darauf leider nur in seiner Anmerkung 13 ein. Dass es sich bei der Reversdarstellung des frühen Silbers und dem über dem Löwen schwebenden Stern auf den Reversen der klassischen und hellenistischen Münzen Milets um ein und dasselbe Symbol handelt, nur anfangs vier-, später achtstrahlig ausgeführt, ist ja leicht zu erkennen:
http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=158564

Noch eine kleine Anmerkung:
quinctilius hat geschrieben: Zu der Spätdatierung der "Kroisos Stater" empfehle ich den Aufsatz von B. Weisser: Herrscherbild und Münzporträt in Kleinasien:

"Im Jahr 546 v.Chr. siegte der persische Großkönig Kyros über Kroisos und eroberte das lydische Königreich. In Lydien fanden die Perser ein entwickeltes Münzsystem vor, dessen Wurzeln bis in das 7. Jh.v.Chr. zurückreich- ten. Alyattes (ca. 610–560 v.Chr.), der Vater des Kroisos, hatte als Erster eine bimetallische Währung aus Gold und Silber eingeführt. Das Münzbild dieser königlichen Währung zeigt die Vorderteile von Rind und Löwe, die einander zugewandt sind. Dieses Geld wurde auch über die Besetzung Lydiens durch die Perser hinaus, mit einem allerdings reduzierten Gewichtsstandard, weiter geprägt. Offenbar spielte es in dieser Zeit keine Rolle, dass die Münzbilder ursprünglich Hoheitszei- chen der lydischen Könige waren. "

Weisser bringt diesen (gewichtsreduzierten) Typ also direkt mit der persischen Besetzung in Verbindung - Eine wichtige Annahme wie ich finde.
Das ist aber keine originäre Annahme von B. Weisser, sondern steht so auch in jedem Sammlerkatalog (z.B. Seaby) :wink: .
Grüße von
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