Winzlinge aus Milet

Griechische Münzen des Altertums

Moderator: Numis-Student

Iulia
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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Iulia » So 20.01.13 21:07

Divus: Noch mal ganz konkret: Hast Du eine Erklärung für die Tempelprägung von Astyra in Bronze für Tissaphernes? Bitte antworte nicht mithilfe von Gegenfragen!
Liebe Grüße von Iulia

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divus
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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von divus » Mo 21.01.13 20:09

Sei gegrüßt, Iulia!

Erstaunlich, wie weit weg wir uns schon von den kleinen Silbermünzen aus Milet bewegt haben, und sich immer noch neue Fragen und Problemfelder auftun! :)
Ich hoffe ja nur, Du und alle anderen - ihr seid nicht langsam genervt von dieser Diskussion, die mir jedenfalls immer noch viel Freude und Erkenntnisgewinn bringt. ;)

Nun, natürlich kann ich das Phänomen aus dem Stehgreif auch nicht hundertprozentig erklären - dazu fehlen einfach die literarischen Quellen, weiterführende archäologische Ergebnisse und andere eindeutige Hinweise, das ist ja schon offenbar geworden.
Was man bei dieser Faktenlage tun kann, ist den Befund genau analysieren, Indizien sammeln, und diese dann interpretieren. So wie es Konuk ja auch gemacht hat. Nur bei Interpretationen ist auch immer Raum für Schwächen der Argumentation, Fehler und Irrwege, oder eben schlicht die berechtigte Möglichkeit, alles auch ganz anders sehen zu können.
Warum ich Konuks These ablehne, der ohne Frage ein hervorragender Wissenschaftler ist, habe ich ja durch meine vielen Fragen schon angedeutet, und ich kann das auch noch weiter ausführen (an anderer Stelle). Aber natürlich stelle ich mich der Herausforderung und versuche, eine andere mögliche Sichtweise der Dinge darzulegen.

Der Befund
Wir beobachten das erste Auftreten von Bronzeprägung in Kleinasien um 410/390 (siehe v.a. Tissaphernes und Kamiros, auch den Phygela Hoard). Wir haben Bronzen in den Gewichtsstufen um 0,5, um 1,0 und um 1,5g, die offenbar auch bis in die hellenistische Zeit die bestimmenden Nominale bleiben.

Ursache und Anlass der Bronzeprägung
Dazu haben wir keine konkreten und eindeutigen Informationen. Die literarischen Quellen, die Konuk anführt, um seine Notgeldthese zu stützen, lassen sich leicht gegen ihn verwenden. (Klazomenai wagte es nicht, die Söldner in Bronze zu bezahlen. Und als Timotheos seine Soldaten tatsächlich mit Bronzemünzen vertrösten musste, gab es Proteste der Betroffenen. Zudem war das Ereignis so ungewöhnlich und unerhört, dass es Eingang in die literarische Überlieferung gefunden hat. Wäre diese Praxis in Kleinasien - bei zahlreichen Städten und selbst beim persischen Karanos - bereits normal gewesen, hätte das Wagnis des Timotheos sicherlich nicht einen solchen Widerhall erzeugt.)
Dass ein wie auch immer gearteter Zusammenhang mit den militärischen Auseinandersetzungen um 400 vorliegen könnte, habe ich nie ausgeschlossen. Die Anwesenheit oder der Durchzug von Armeen hat immer zu wirtschaftlichen Auswirkungen für die lokale Bevölkerung geführt, positiven wie negativen. Wir wissen nicht, wie sich Preise und Werte in dieser Zeit entwickelt haben. Dass der lokale Handel in dieser Situation einen wachsenden Bedarf an kleinem Wechselgeld entwickelt hat, dürfte aber nicht überraschen.

Astyra
Auch hier haben wir keine Informationen, nicht einmal Indizien, warum dieser kleine „Tempelstaat“ es auf einmal für notwendig gehalten hat Bronzemünzen zu prägen, und dieses auch noch mit dem Portrait des persischen Machthabers.
Dass Astyra diese Bronzen (so wie es Konuk für die Ionischen Städte verstehen will) ausgeprägt hat, um eigene Kontingente an Söldnern zu stellen, halte ich für unglaubhaft. Der anzunehmende Reichtum des Tempels der Artemis Astyrene spricht m. E. eindeutig dagegen. Kein Söldnerheer hätte solches Bronzegeld akzeptiert, wenn gleichzeitig die Schatzkammern des Auftraggebers voller Edelmetall waren, Garantien hin oder her.
Die Quellen berichten zwar nichts darüber, aber es könnte irgendeine, vielleicht sogar persönliche Verbindung des Tissaphernes zum Kult der Artemis von Astyra gegeben haben. Oder vielleicht eine „Wohltat“ des Karanos gegenüber dem Tempel, von der wir leider nichts wissen. Es wird aber doch sicherlich ein besonderes Privileg gewesen sein, verliehen durch den Satrapen, welches zur Münzprägung mit seinem Portrait geführt hat. Dass die Prägung in Bronze vorgenommen wurde, mag von einem Rest an Respekt des Satrapen gegenüber dem Großkönig zeugen. Es mag jedenfalls kein Zufall gewesen sein, dass der Kopf des Tissaphernes zusammen mit der Artemis Astyrene auf einer Münze erscheint, das ist schon eine Aussage für sich.
Zudem, wenn der Tempel wirklich reich war, dann kann man auch erwarten, dass er ebenfalls wirtschaftlich erfolgreich war (im Sinne von bewirtschaftetem Tempelland und folglich auch Handel). Nicht auszuschließen, dass Handelsbeziehungen zu anderen münzprägenden Städten oder gar zum Satrapensitz in Sardeis bestanden. Auf jeden Fall spricht die Kompatibilität der Münzen von Astyra zu den anderen Geprägen jener Zeit dafür, dass sie genau das waren – Münzen.

Funktion der Bronzeprägungen
Wie oben gesagt, haben wir offenbar ein dreigeteiltes Nominalsystem vorliegen. Diese Nominale finden sich bei den verschiedenen „freien“ griechischen Städten und auch bei den Städten unter persischer Herrschaft (selbst der Phygela Hoard enthält „persische“ Münzen!). Die Münzen aus dem persisch beherrschten Teil sind also kompatibel zu den Ausgaben der freien Städte und umgekehrt, ebenso wie die Ausgaben der freien Städte untereinander kompatibel sind. Ein Token oder Notgeld, wie es Konuk postuliert, hätte eine solche Einheitlichkeit nicht nötig, schon gar nicht über die Grenzen der verschiedenen Herrschaftsgebiete hinweg. Zudem wurden diese Nominale nach der Phase der kriegerischen Auseinandersetzungen mit Sparta nicht abgeschafft, sondern noch lange weitergeführt.
Das System in seiner Komplexität spricht für eine Reaktion auf wirtschaftliche Bedürfnisse, die auch auf monetärer Ebene bereits weit fortgeschritten waren. Gerade der Phygela Hoard in seiner Durchmischung der Ausgaben von 15 verschiedenen Städten - von Halikarnassos bis Assos - zeigt die weitreichende Zirkulation der Münzen jener Zeit.
Meines Erachtens haben wir mit den drei Bronzenominalen ein wirkungsvolles, erfolgreiches, und vor allem überregionales Nominalsystem der kleinasiatischen Städte der Ägäisküste vorliegen.

Puh.. Wieder so ein Sermon... :oops:

Aber keine Gegenfrage... ;)

Grüße!

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von ischbierra » Mo 21.01.13 22:50

Ich finde Eure Diskussion überaus interessant, aber ich würde sie gern wieder zurücklenken auf die Tetartemorioi mit der "Wachtel". Zur Erinnerung: die Bronzemünzendebatte hatte ihren Ursprung bei den kleinen Silberstücken und ihrer zeitlichen und örtlichen Einordnung. Die Bronzemünzen dienten dabei als Hilfe, weil sie "Wachtel " zeigten mit dem Schriftzug MILA, was den Blick weg von Milet, hin zu Mylasa lenkte und zugleich eine zeitliche Einordnung von ca. 480 v. Chr. hin zu ca. 400 v. Chr. ermöglichten. Offen blieb die Frage, warum diese Silberstücke in den unterschiedlichsten Varianten auftauchen (bezüglich der Blickrichtung von Löwe und "Wachtel" und der sie umgebenden Punkte). An Wertpunkte glaube ich nicht; warum sollte man akzeptieren, daß gleichschwere Stücke plötzlich einen anderen Wert haben sollten? Als Kennzeichnung von Münzmeistern dienten sie wohl auch nicht. Meine Anfrage, ob sie im Zusammenhang von Münzverrufungen, wie wir sie aus dem Mittelalter kennen, zu verstehen sind, fand auch keine Zustimmung, wenngleich auch in der Antike eine solche Verrufung den gleichen Sinn hätte haben können, nämlich den Gewinn des Münzherren zu erhöhen. Ich weiß nur nicht, ob es Anzeichen für solche Verrufungen in der Antike gegeben hat. Fazit: Die unterschiedliche Ausbringung dieser Tetartemorioi ist noch nicht geklärt.
Gruß ischbierra

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Zwerg
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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Zwerg » Mo 21.01.13 23:13

Wie oben gesagt, haben wir offenbar ein dreigeteiltes Nominalsystem vorliegen
Das sollte sich aber nicht nur durch das Gewicht sondern auch durch das Bild manifestieren.
Ich werde sicherlich nicht meine Bronzemünze abwiegen ehe ich ein Brot kaufe - und der Bäcker möchte ganz schnell anhand des Münzbildes feststellen, eb er ein 2- oder 3- Pfund Brot verkaufen kann.

Gibt es das Untersuchungen?

Grüße
Zwerg
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divus
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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von divus » Di 22.01.13 11:55

Hallo Zwerg,

im Falle des Tissaphernes wäre dies das größere Nominal mit +/- 1,5g (eher plus):
http://www.acsearch.info/record.html?id=359079

Diese Münzen wären die mittlere Größe mit etwa 1,0g:
http://www.acsearch.info/record.html?id=24917

Die kleineren Einheiten um die 0,5g wären beispielsweise die Münztypen aus dem Phygela Hoard.

Ob es dazu Untersuchungen speziell für unser Gebiet gibt, weiss ich leider nicht sicher (denke nicht). Ob Price in seinen Untersuchungen zur frühen Bronzeprägung (1979, 1968) etwas dazu sagt, kann ich auch noch nicht sagen (noch nicht gelesen), siehe aber die Literaturhinweise bei Konuk, S. 161.

Grüße!

Iulia
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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Iulia » Di 22.01.13 12:55

Grüß Dich, divus!
Dein langer Beitrag von gestern Abend (ohne Fragen) war prima! Wenn Du so weiter machst, kannst Du aus unseren Gedanken noch einen hübschen kleinen Aufsatz machen so ungefähr mit dem Titel "Überlegungen zu der War-token These von Konuk".

Zu den Wachtelmünzen:
Ich glaube, da kommen wir erst mal nicht weiter vor neuen Materialuntersuchungen.

Zu Nominalsystem der Bronzen:
Der Einwand zu Deinem vermuteten dreigeteilten Nominalsystem der frühen Bronzen von Zwerg ist berechtigt. Die um jeweils 0,5 g gewichtsmäßig unterschiedlichen Minibronzen sind, soweit ich im schnellen Überblick sehe (bitte korrigiert mich, falls ich falsch liege), nicht von ein und derselben Stadt herausgegeben worden, sondern verteilen sich auf verschiedene Prägestätten. Wenn ich mir Phygela ansehe, hat die Stadt offenbar nur zwei unterschiedliche Gewichtsklassen in Bronze herausgegeben und die unterscheiden sich, wie Zwerg schon vermutete durch ihre Bilder:

Die kleinste Einheit liegt zwischen rund 0,5 und 0.9 g mit dem Artemiskopf v.v. und dem Stier nach rechts:
http://www.acsearch.info/record.html?id=614379
http://www.acsearch.info/record.html?id=601504
http://www.acsearch.info/record.html?id=363146
http://www.acsearch.info/record.html?id=614378

Die größere Einheit liegt um die 2,5 g und zeigt den Artemiskopf mit Stephane und dem Stier nach links. Sie wurde offenbar nur unter einem einzigen Beamten geprägt:
http://www.acsearch.info/record.html?id=394186
Sie scheint vom Typ her das Äquivalent zu diesem Hemiobol zu sein:
http://www.acsearch.info/record.html?id=601503

Das kleinere Bronzenominal schwankt also um fast das Doppelte seines Gewichts. Das zeigt doch gut, dass bei der Bronzeprägung im Unterschied zur Silberprägung eine genaue Gewichtseinhaltung nicht nötig war, weil sie eben nicht nach dem inneren Wert bemessen wurde, sondern auf einen Wert, der festgelegt worden war (und den wir zumindest in der Frühzeit nicht kennen).
Die Bronzenominale würde ich also nicht penibel nach Gewicht, sondern innerhalb einer Prägestadt nach Bildtyp unterteilen.

Gruß
Iulia

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Iulia » Di 22.01.13 13:07

Ergänzung:
Ich glaube übrigens nicht, dass der kleinere Tissaphernes Typ, der halb so schwer wie der größere ist, ebenfalls in Astyra geprägt wurde. Weder der Athenakopf noch der fehlende Stadtname sprechen dafür. Ist nur eine Verlegenheitsbestimmung.

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von divus » Mi 23.01.13 10:33

Iulia hat geschrieben:Wenn Du so weiter machst, kannst Du aus unseren Gedanken noch einen hübschen kleinen Aufsatz machen so ungefähr mit dem Titel "Überlegungen zu der War-token These von Konuk".
Schönen Tag, Iulia!

Freut mich sehr, dass Du das so siehst! :) Ja, vielleicht sollte ich (oder wir) das tun, mal sehen... ;)

Das mit dem Nominalsystem muss ich mir nochmal genauer ansehen. Ich denke, der grobe Befund von drei verschiedenen Einheiten dürfte schon in die richtige Richtung gehen, wobei freilich nicht alle Städte alle Nominale ausgeprägt haben. Aber vermutlich hast Du recht, und ich muss mich langsam an den Gedanken des Kreditgeldes bei den Bronzen gewöhnen (die vielleicht auch gar nicht in direkter Relation zum Silber stehen müssen).

Ich stimme Dir auch zu, dass die Reiterbronze des Tissaphernes nicht in Astyra geprägt zu sein scheint. Es ist vielleicht einTeilstück zu diesem Typus:
http://www.acsearch.info/record.html?id=515333
Ich würde hier auch ersteinmal Sardeis als Prägeort vermuten.

Grüße!

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » Fr 25.01.13 18:45

Hallo,
ich habe Eure Diskussion mit Freude verfolgt, hatte aber das Gefühl, nichts substanzielles beitragen zu können.
Ich will mal einen weiteren Typ vorstellen - die Münze habe ich gerade auf Ebay.de ersteigert. Ähnlich wie bei den "Wachtelmünzen" findet man Zuweisungen nach Karien aber auch nach Milet. Die folgenden Zuweisungen stammen von acsearch und widersprechen sich:


Zuweisung nach Karien:
Lot 42. CARIA. Mylasa. Circa 450-400 BC. AR Obol (7mm - 0.59 g). Forepart of a facing lion / Scorpion, tail to right. SNG von Aulock 7803; SNG Kayhan 934ff; Rosen 403. VF, toned, lightly porous.

Zuweisung nach Milet:
IONIA - MILETOS Vingt-quatrième de statère ou hémiobole c. 510-494 AC. Milet ? R2 silver (7mm, 0,53g, 6h)
Obverse : Anépigraphe Dépouille de lion vu de face
Reverse : Anépigraphe Scorpion vu de dessus, la queue à gauche ; le tout dans un carré creux
Ref : Demeester117 Tübingen2998
Grade : VF

Was meint Ihr ?

VG
Euer
Quinctilius
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$(KGrHqRHJEsFDzEyteVWBQ-YVRFD6g~~60_12.JPG
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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Numis-Student » Fr 25.01.13 19:57

Hallo,
was hatte denn der Verkäufer (MW ;)) angegeben ?

Vom Bauchgefühl würde ich anhand der Literaturstellen der Zuweisung nach Karien mehr Vertrauen schenken.

MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » Fr 25.01.13 20:17

Numis-Student hat geschrieben:was hatte denn der Verkäufer (MW ;)) angegeben ?

..der war sehr diplomatisch: :-)

Milet(Ionia) oder Mylasa(Caria)
Hemiobol, 6mm, 0,62g
Löwenprotome / Skorpion
Klein 429
s.sch./vzgl.


Die Zuweisung nach Karien erfolgt wohl nach Kayhan 934ff - die Frage ist, mit welcher Begründung ?


VG
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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Fr 25.01.13 21:10

SNG Kayhan ist ein Sammlungskatalog, da stehen keine langen Erörterungen drin :? .

Zu diesem Münztyp vermerkt Konuk (der hat den SNG Kayhan geschrieben):
"934 to 948 are probably from Mylasa; this will be developed in a forthcoming article."
Diesen kenne ich nicht, vielleicht ist aber Konuk auch hier nur ein Meister der nicht erfüllten Ankündigungen :wink: (mit sowas kann man sich ein Thema ja mal schnell reservieren, bevor ein Anderer etwas darüber schreibt :| ).

Hier findet man ein paar Zitate zu Konuks Argumentation aus einem Buch über die Sammlung Kayhan: http://rjohara.net/coins/lion-scorpion/ (so etwa in der Seitenmitte).

Und hier ein Beispiel für den angeführten Typ mit Buchstabe: http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=84574
Und dieses könnte wieder ein M oder ein karisches S sein, womit wir eine schöne Parallele zu den Wachtelmünzen hätten :D .

Bei den Auktionen von CNG laufen diese Münzen übrigens auch unter Mylasa. Und da die ihr Material eigentlich immer recht sorgfältig bestimmen, ist das für mich auch ein Zeichen, dass Mylasa vielleicht doch der aktuelle Stand der Forschung ist.

Gruß

Altamura

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » Fr 25.01.13 21:30

Hallo Altamura

wie immer vielen Dank für Deine hilfreichen Tipps :-)
Bei http://rjohara.net/coins/lion-scorpion/ wird die Milet vs. Mylasa Frage ja ziemlich ausführlich diskutiert.
Interessant finde ich den Hinweis, dass es auch Elektron 1/48 Stater dieses Typs gibt.
Ich habe sogar 2 (frühe ?) Exemplare mit Löwenkopf im Profil gefunden, Vgl. Abb.

http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=84574

Hmmm ist das ein KARISCHES Zeichen ? Könnte das nicht auch einfach ein griechisches M sein ?? Wäre dann nicht Milet naheliegender ? Wenn
die Münzstätte Mylasa wäre, müsste doch ein karisches M dort stehen ???


VG
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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von Altamura2 » Fr 25.01.13 21:58

quinctilius hat geschrieben:... Könnte das nicht auch einfach ein griechisches M sein ?? ...
Klar könnte das erstmal beides sein. Als karischer Buchstabe wäre es ein S, was erklärungsbedürftig wäre, ein M taugt sowohl für Milet als auch für Mylasa.
Und wann in Mylasa griechische Buchstaben verwendet wurden, bliebe zu klären, das weiß ich nicht :| .

Interessant ist ja, dass Konuk von "accompanied with the first two letters of the ethnic of Mylasa in Karian" spricht (zitiert auf der rjohara-Seite). Das sollte dann wie NE aussehen, also deutlich anders als auf der von mir oben verlinkten Münze.

Gruß

Altamura

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Re: Winzlinge aus Milet

Beitrag von quinctilius » Fr 25.01.13 23:18

und um die Verwirrung komplett zu machen, wird für dieses Stück neben Karien auch noch Samos in Betracht gezogen :-)


Sale: CNG 63, Lot: 521. Estimate $300.
Closing Date: Wednesday, 21 May 2003.
Sold For $360. This amount does not include the buyer’s fee.

ISLANDS off IONIA, Samos. Circa 6th Century BC. EL 1/48th Stater (0.28 gm). Facing lion's scalp / Scorpion. SNG von Aulock 1804; SNG Kayhan 925 (uncertain Caria). Good VF. ($300)
From the Charles E. Weber Collection.


VG
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