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Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Mi 17.04.13 17:50
von Marcus Aurelius
Hallo Griechen-Kenner, ich frage mich schon geraume Zeit wie man Attika-Tetradrachmen vor und nach 450 v. Chr. Unterscheidet. Anhand der Eule vielleicht ?
Grüsse
Marcus Aurelius
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Mi 17.04.13 18:32
von der_Komtur
Hallo,
die Unterscheidung ist ganz einfach: Vor 550 gab es keine
Soweit mir bekannt ist, wurden die Attika-Tetradrachmen erst ab 520 geprägt. Die frühen Typen bis 480 zeigen den behelmten Athenakopf ohne Lorbeerzweig und auf der Rückseite lediglich den herabhängenden Lorbeerzweig neben der frontal stehenden Eule.
Spätestens ab 450 tauchen zwei "neue" Attribute auf: Der Lorbeerzweig am Helm steht im Bezug auf den Sieg der Griechen über die Perser 490 in der Schlacht von Marathon, die auf der Rückseite später erscheinende Mondsichel (links hinter dem Kopf der Eule) soll, wie vermutet wird, auf die siegreiche Schlacht von Salamis 480 anspielen.
Eine markante Unterscheidung wäre aus oben genannten Gründen deshalb wohl etwa ab 450 möglich.
Mehr kann ich dir leider nicht dazu sagen.
Ich hoffe, ich habe in diesem Posting keinen Faupax begangen
MfG
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Mi 17.04.13 19:55
von Marcus Aurelius
Vielen Dank für die Infos. Natürlich meinte ich vor und nach 450 vor Chr. und nicht 550 vor Chr.
Gruß
Marcus Aurelius
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Mi 17.04.13 21:27
von Zwerg
Das ist eigentlich relativ einfach - der stilistische Bruch zwischen archaisch und klassisch ist evident.
Ich sag das jetzt so ganz einfach, aber wenn Du es genau wissen willst - Bücher kaufen und ganz viel Bilder gucken, da hilft so ein Forum nur bedingt.
Aber bitte nicht nur Münzbilder. In der Plastik geht die Entwicklung natürlich konform!
Ich mag archaische kouroi - die haben sowas ganz spezielles.
Anbei zwei Tetradrachmen jeweils in exquisiter Qualität, bei denen man aber den Bruch deutlich sehen kann.
Da ich kein Kunsthistoriker bin, kann ich das nicht in Worte fassen.
Eine Besonderheit der attischen Münzprägung ist das "offene Auge". Dies gibt es eigentlich nur im archaischen Stil, aber in der Münzprägung haben das die Athener auch im klassichen Stil weiter benutzt und erst im Hellenismus aufgegeben.
Grüße
Zwerg
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Mi 17.04.13 21:37
von Altamura2
So richtig im Griff hab' ich dieses Thema auch nicht

.
Im Kroll (The Greek Coins, The Athenian Agora, vol. XXVI, Princeton 1993; findet sich irgendwo im Netz) wird, wenn ich das recht verstehe, vor allem stilistisch argumentiert (ab Seite 5).
Ab etwa 450 habe eine Massenprägung mit entsprechend vergröbertem Stil eingesetzt ("with generally hard, mechanical Athena heads; heavy, spread helmet ornaments; large lettering; and owls' tails simplified into a single prong.").
In jüngerer Zeit hat Christophe Flament eine Übersicht über die athenische Münzprägung veröffentlicht (C. Flament. Le monnayage en argent d’Athènes. De l’époque archaïque à l’époque hellénistique (c. 550-c. 40 av. J.-C.). Lovain-la-Neuve. 2007). Ich kenne das Buch nicht, aber da steht bestimmt auch was dazu drin

.
Gruß
Altamura
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Mi 17.04.13 21:45
von Altamura2
Zwerg hat geschrieben:... Anbei zwei Tetradrachmen jeweils in exquisiter Qualität, bei denen man aber den Bruch deutlich sehen kann. ...
Das sind jetzt aber zeitliche Extreme.
Das mittlere Exemplar mit Lorbeerkranz, Olivenzweig und Mondsichel stellt das Problem von Marcus Aurelius dar. Ist die nun von vor oder nach 450?
Laut Kroll gab es den Lorbeerkranz ab 480, könnte also beides sein.
Gruß
Altamura
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Mi 17.04.13 22:01
von Zwerg
So extrem ist das nicht.
Die mittlere ist nach normaler Datierung "454-405" v.Chr.
Die archaische laut CNG
ATTICA, Athens. Circa 500/490-485/0 BC. AR Tetradrachm (23mm, 17.22 g, 5h). Head of Athena right, wearing crested Attic helmet decorated with small spiral on the bowl / Owl standing right, head facing; olive sprig to left, AΘE to right; all within incuse square. Seltman Group M (unlisted dies); Asyut Group IV; SNG Copenhagen 20; SNG München 36-7; Kraay & Hirmer 356; ACGC 181; Dewing 1582. EF, attractive even gray toning. Among the finest archaic Athens tetradrachms.
Aber ich stehe auch nicht mehr so richtig in der Diskussion und habe den Flament noch nicht gelesen
Grüße
Zwerg
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Mi 17.04.13 22:41
von Marcus Aurelius
Vielen Dank allen, für die hilfreichen Infos und Hinweise. Ich liebäugle nämlich schon geraume Zeit mit dem Erwerb einer Tetradrachme und hätte da gerne etwas Wissen zur Hand um den Prägezeitraum bestimmen zu können. Wie es scheint ist das aber gar nicht so einfach diesen genau festzulegen. Anhand der gezeigten Fotos sieht man jedoch schon gewisse Unterschiede. Die obere Münze wirkt archaischer, jedoch auch insgesamt harmonischer wie ich finde. Die mittlere ist anhand der Mondsichel wenn ich richtig verstanden habe, in etwa nach 450 v. Chr. zu datieren und die untere Münze, moderneren Stils ist im Moment nicht auf meiner Wunschliste.
Grüsse
Marcus Aurelius
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Mi 17.04.13 22:58
von Chippi
Archaik, da denke ich jetzt an saitisches Lächeln und auf Münzen an frontalen Auge. Die Perspektive war noch nicht so weit, daher stellte man Augen in der 2-Dimensionalen immer als frontales Auge dar.
Gruß Chippi
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Do 18.04.13 08:11
von quinctilius
...auch eine chronologische Unterteilung INNERHALB der klassischen Periode ist mögl. (Vgl. Abb.)
Das hat dann aber im Einzelfall viel mit Stilgefühl zu tun und ist nicht immer einfach.
VG
Quinctilius
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Do 18.04.13 12:47
von antisto
Wo wir gerade bei diesem interessanten Thema sind. Kann mir jemand die Unterscheidung nennen zwischen Flament Gruppe II und III? Diese Unterscheidung war für mich noch nie nachvollziehaber (oder geht es da auch lediglich um "Stilfragen"?).
Konkret: Warum ist diese hier von mir abgebildete Münze Flament Gruppe III und nicht II?
Danke!
AS
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Do 18.04.13 12:50
von ischbierra
Zu Deiner Frage kann ich leider nichts beitragen, aber schön ist sie, Deine Tetradrachme
Gruß ischbierra
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Do 18.04.13 14:22
von Zwerg
Konkret: Warum ist diese hier von mir abgebildete Münze Flament Gruppe III und nicht II?
Rein stilistische Gründe, die auch nochvollziehbar sind.
Gruppe II sieht eher so aus, wie die erste von quinctilius eingestellte Münze.
(Ich habe gerade einen Schnelldurchgang durch einige Tafeln gemacht)
Der Flament ist übrigens immer noch käuflich zu erwerben
Grüße
Zwerg
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Do 18.04.13 20:56
von Zwerg
Kurzreferat zu Flament
Altamura2 hat geschrieben:
In jüngerer Zeit hat Christophe Flament eine Übersicht über die athenische Münzprägung veröffentlicht (C. Flament. Le monnayage en argent d’Athènes. De l’époque archaïque à l’époque hellénistique (c. 550-c. 40 av. J.-C.). Lovain-la-Neuve. 2007). Ich kenne das Buch nicht, aber da steht bestimmt auch was dazu drin

.
In einer halben Stunde durchgeblättert und angelesen (wobei das bei meinen miesen Französischkenntnissen schwierig ist)
Ich kann das Buch nur empfehlen, es bietet einen wissenschaftlichen Überblick von den Wappenmünzen bis zum Ende des Neuen Stils.
Da es ausgezeichnet bebildert ist erschließt es sich auch einem Sammler mit rudimentären Kenntnissen des Französischen.
Es gelingt Flament auch, stilistisch die Unterschiede der Gruppen darzustellen, indem er mit Zeichnungen die wichtigen Details erläutert.
Ich kauf mir das Buch jetzt auch persönlich, es wird kaum eine weitere Auflage geben.
Irgendwann werden sich dann die Griechensammler ärgern!
Grüße
Zwerg
Re: Unterscheidung Attika Tetradrachmen
Verfasst: Fr 19.04.13 00:03
von antisto
Danke für die Hinweise (und für die nette Würdigung meiner "Eule", Ischbierra). Mich wundert nur, wenn es rein stilistische Gründe sind, dass eine deutliche Unterscheidung in Gruppen möglich ist. Müsste es nicht ein fließender Übergang von Flament II nach III sein? Anders gesagt: wann und wo hört II auf und fängt III an?
AS