Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadokien?

Griechische Münzen des Altertums

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Altamura2
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Altamura2 » Sa 23.11.13 12:51

Hallo zusammen,

da ist ja inzwischen einiges zusammengekommen 8O . Bei mir war die Woche etwas heftiger und ich abends nicht mehr ganz frisch (zumindest nicht mehr frisch genug für solch ein Thema :? ), so dass ich den Faden jetzt erst wieder aufgreifen kann. (Das mach' ich nie wieder, dass ich ein derartiges Thema am Sonntagabend aufsetze. :wink: )

Inzwischen scheint die Diskussion hier auf Tigranes II und den Halleyschen Kometen zu konvergieren, was ich aber, zumindest teilweise, so nicht glauben mag.

Komet oder besternter Palmwedel

Ich glaube immer noch nicht, dass es sich auf den Sternmünzen (diesen Begriff übernehm' ich jetzt :wink: ) um die Darstellung eines Kometen mit Schweif handelt.
Der Unterschied im Motiv zwischen den Sternmünzen und den Pferdekopfmünzen besteht doch im wesentlichen nur darin, dass bei ersteren auf jeder Seite ein Stern dazugeklebt wurde. Dass dabei der Palmwedel zu einem Kometen mutiert sein soll, halte ich für unplausibel, zumal das Band ja beibehalten wurde. Und an einen Kometen mit bändergeschmücktem Schweif glaube ich nicht.

Allgemein liest man, dass Kometen in der Antike als Unheilsverkünder angesehen wurden, da sie die gleichmäßige Ordnung des Firmaments temporär störten (z.B. hier: http://wiki.astro.com/astrowiki/de/Kome ... ittelalter ), in dem oben zitierten Artikel von Ramsey werden einige Beispiele zitiert. Ramsey schreibt, dass es aus der Antike nur weniger als ein halbes Dutzend positiv interpretierte Kometennennungen gibt, und gesteht zu, dass die meisten davon wohl aus speziellen Interessen in diese Richtung hininterpretiert wurden.
Um dieses Problem zu lösen, schlägt er dann aber ein paar Volten: In der iranischen Denkwelt sei der Komet kein böses Omen (Mithradates stammt zu einem Teil ja aus dieser Welt), also verwendbar gewesen. Mithradates (dem schreibt Ramsey die Sternmünzen zu) wäre aber trotzdem so vorsichtig gewesen, den Kometen nur auf einer kleinen Münze ohne direkt sichtbaren Bezug zu seiner Person abzubilden, ein offenes Kometenbekenntnis hätte damals ein Risiko dargestellt.
Ramsey geht dann noch weiter und leitet aus diesem Kometen im Sternbild Hippos ab, dass Mithradates dies später in einen Pegasos verwandelt habe (der auf seinen Münzen häufig zu finden ist), weil dieser in der griechischen Welt besser vermittelbar gewesen wäre. Mir geht diese Argumentation (die man auch bei einer Zuweisung nach Armenien analog führen müsste) einfach um zu viele Ecken 8O .

Ungelöst ist aus meiner Sicht auch die Frage, warum der Komet nur auf einer derart kleinen Münze dargestellt sein soll, noch dazu ohne Legende.

Die Kometen auf den Tigranes-Münzen sind aus meiner Sicht sehr unscheinbar, die haben aber wenigstens kein Band am Schweif :wink: . Schaut man sich diese Kometen an, so ist der Schweif, wenn er nach rechts schaut, immer nach oben gebogen. Auf den Sternmünzen zeigt der vermeintliche Kometenschweif bei gleicher Ausrichtung nach unten. Wenn es sich hier um die Darstellung ein und desselben Kometen handeln sollte, dann wäre mir nicht einsehbar, warum er mal so und mal so dargestellt wurde, die Zeitgenossen sollten ihn ja sicher wiedererkennen.
Da die meisten Darstellungen von Tigranes II aber nur einen einfachen Stern auf der Mütze zeigen, und der Komet nur auf den Prägungen vermutlich einer einzigen Prägestätte auftaucht, kann er auch keine staatstragende Bedeutung gehabt haben.
Interessant wäre noch, ob es bei Tigranes zwischen den Sternmützen und den Kometenmützen eine klare chronologische Abfolge gibt. Da hab' ich aber leider nichts gefunden, auch der Gurzadyan-und-Vardanyan-Artikel lässt sich dazu nicht aus :? .

Was den Kometentyp Hippeus bei Plinius betrifft, so ist mein Eindruck nach ein bisschen Googeln (Latein kann ich nicht :| ) eher der, dass dieser Typ nicht deshalb so heißt, weil diese Kometen wie ein Pferd aussehen, sondern weil sich der Kometenschweif so schnell wie ein Reiter bewegt: "Der Fackelstein sieht brennenden Fackeln ähnlich; der Rossstern Pferdemähnen, die sich in schnellster Bewegung im Kreise um ihn drehen." ( https://archive.org/stream/dienatugesch ... 1/mode/2up rechts unten).
"Hippeus" steht auch wohl eher für einen Reiter denn ein Pferd: http://de.academic.ru/dic.nsf/pierer/181720/Hippeus

Herkunft

Die Zweifel an Pontos von divus teile ich.

Die Münzen sind auf eBay als kappadokische verkauft worden, meist zusammen mit anderen, zweifelsfrei kappadokischen (aber zugegebenermaßen auch ganz anderen). Die müssen ja nicht alle aus ein und demselben Fund stammen (da Iulia dies aufgrund der unterschiedlichen Patina angezweifelt hat), dieselbe Region würde genügen. Und was divus "so gehört" hat, sollten wir auch nicht gänzlich außer Acht lassen.

Den bebänderten Palmwedel finden wir auf Münzen aus Eusebeia, aber auch auf solchen aus Armenien. Nicht nur von Tigranes II (hat Iulia schon gezeigt),
http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=57684
sondern auch bei Tigranes IV (hier aber klar ohne Band):
http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=49222
http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=22132

Pferde haben wir bislang sowohl aus Kappadokien als auch aus Armenien gefunden, aber immer vollständige, keine Protomen :? .

Im übrigen stand Kappadokien im ersten Jahrhundert v.Chr. zeitweise sowohl mal unter Einfluss von Pontos als auch von Armenien, da könnten Impulse für unsere Münzen also von beiden Seiten gekommen sein.

Gegenstempel

Ich sehe diese Gegenstempel auch als frontalen Kopf, aber warum das ein Vorläufer des Sterns sein soll, erschließt sich mir nicht :? . Was hätte an diesen kleinen Münzen so wichtig gewesen sein sollen, dass man Gegenstempel anfertigt, um sie nur auf diesen Münzen anzubringen (und nicht auch auf anderen, zumindest haben wir da nichts in der Hand)?

Fazit

Ich glaube nicht an einen Kometen mit Schweif, Kappadokien (unter welcher Herrschaft auch immer) erscheint mir als Herkunftsort noch am wahrscheinlichsten.
Ist insgesamt aber immer noch ein bisschen mager :| .


Da hab' ich jetzt auch eine etwas längliche Textwüste fabriziert, aber es ist ja noch Wochenende :D .

Gruß

Altamura

Iulia
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Iulia » Sa 23.11.13 17:49

Hallo Altamura,

Deine Einwände haben mir schon richtig gefehlt :wink: .
Sie zwingen einen, noch klarer zu formulieren. Allerdings wird mit zu vielen Einwänden, die man ja überall anbringen kann, möglicherweise der rote Faden verloren. Ich versuche deshalb, möglichst nicht Zeit und Platz darauf zu verwenden, die Argumente anderer auseinanderzunehmen, sondern gute Hinweise und Ideen aufzunehmen und, wenn möglich weiterzuführen.
Zum Beispiel hättest Du Dir Den Absatz über den unheilsverkündenen Aspekt von Kometen sparen können, denn sowohl bei Mithradates, als auch Tigranes als auch Augustus wurden die Kometenerscheinungen positiv gedeutet.
Ebenso ist die These der pontische Herkunft doch schon längst vom Tisch, nicht wahr?

Also nochmal: Bei den beiden kleinen Bronzemünztypen handelt es sich um

1. Eine Münze, die auf der Vorderseite einen Stern zeigt, aus dem ein Pferdekopf erwächst. Auf der Rückseite ist ebenfalls ein Stern zu sehen, von dem ein leicht gebogenes federartiges längliches Ding abgeht. Die Reversdarstellung hätte doch jeder als Kometen angesehen, der in seinem Leben mal einen gesehen hat! Die Interpretation des Bandes darum haben vielleicht nicht mehr alle geschafft, aber die Stempelschneider gingen davon aus, dass es die Mehrheit schaffen würde, sonst hätten sie es nicht dazu graviert. Das Argument gilt auch für die Vorderseite, bei der wir nur vage Vorstellungen von der Bedeutung haben, aber immerhin einen Hinweis von Plinius auf einen Kometentyp namens Hippeus.
Also haben wir zwei Hinweise auf der Münze, dass es sich bei den Sternen sehr wahrscheinlich um Kometen handelt. Die einzige Frage, die sich mir dabei stellt, ist allenfalls, ob es sich um ein und dieselbe Himmelserscheinung handelt, die auf den beiden Münzseiten verschiedenartig dargestellt ist, beziehungsweise Vorder- und Hinteransicht des Kometen sein sollen, wie es Molnar im Celator sieht. Oder beziehen sich die Münzseiten auf zwei verschiedene Kometenerscheinungen?

2. Eine Münze, die auf der Vorderseite einen Pferdekopf mit Zügeln zeigt (keine Protome- wir wollen genau sein!) und auf dem Revers eindeutig einen Palmzweig, um den ein (Diadem)band gewickelt ist.

Wenn beide Münztypen wirklich aus demselben Fundzusammenhang stammen, gilt für die Herkunftsfrage folgende logische Kette:

Auf armenischen Münzen gibt es für 3 Bildelemente Paralleldarstellungen: Komet, Diademband um Palmwedel, Pferdedarstellung im allgemeinen.
Auf kappadokischen Münzen gibt es nur für 2 Bildelemente Paralleldarstellungen: Diademband um Palmwedel und Pferdedarstellung.
Auf pontischen Münzen gibt es ebenfalls nur für 2 Bildelemente Paralleldarstellungen: Diademband um Palmwedel und Pferdedarstellung.

Fazit: Die Münzen sind irgendwo im armenischen Großreich von Tigranes II geprägt worden.
Schließlich ist ja auch der Katalogbearbeiter von Gorny irgendwie auf Armenien gekommen sein. Wie eigentlich?
http://www.acsearch.info/record.html?id=608522

Zu welchem Anlass die Münzen nach Kappadokien gekommen sind, ist für mich ziemlich klar. Aber ich lass jetzt noch was Altamura zur Recherche übrig :wink: .

Gruß
Iulia

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Altamura2 » Sa 23.11.13 19:38

Hallo Iulia,
Iulia hat geschrieben:... Deine Einwände haben mir schon richtig gefehlt :wink: . ...
Na, dann weiß ich ja jetzt, welches Bild ich hier abgebe :wink: .
... Zum Beispiel hättest Du Dir Den Absatz über den unheilsverkündenen Aspekt von Kometen sparen können ...
Mag sein, aus meiner Sicht zeigt er aber, dass ein Komet damals eher negativ belegt war und wir gute Gründe brauchen, um die Darstellung auf Münzen erklären zu können. Es scheint ja auch aus der Antike fast keine Kometendarstellungen zu geben. Wenn man danach sucht, dann findet man was aus dem alten China und landet danach gleich im Mittelalter. Die paar Münzen, die es dazu gibt (oder geben soll, da sind wir uns ja nicht einig :wink: ) sind da die ganz große Ausnahme.
... Ebenso ist die These der pontische Herkunft doch schon längst vom Tisch, nicht wahr? ...
Auf die hab' ich auch nur einen Satz verwendet, der sollte noch erträglich gewesen sein :wink: .
... 1. Eine Münze, die auf der Vorderseite einen Stern zeigt, aus dem ein Pferdekopf erwächst. Auf der Rückseite ist ebenfalls ein Stern zu sehen, von dem ein leicht gebogenes federartiges längliches Ding abgeht. ...
Da geh' ich jetzt uneingeschränkt mit :D .
... Die Reversdarstellung hätte doch jeder als Kometen angesehen, der in seinem Leben mal einen gesehen hat! ...
Das geht uns heute jetzt so, da sich inzwischen die symbolische Darstellung eines Kometen mehr oder weniger standardisiert hat (kann man demnächst wieder an jeder Weihnachtskrippe sehen :D ). Wie die Augustus-Münzen schön zeigen, war das in der Antike aber nicht so.
Und reale Kometen sehen teilweise ganz anders aus: https://www.google.de/search?q=kometen& ... 80&bih=915
... aber immerhin einen Hinweis von Plinius auf einen Kometentyp namens Hippeus. ...
Wie oben gesagt, halte ich diesen Hinweis nicht für völlig gerichtsfest :| .
... beziehungsweise Vorder- und Hinteransicht des Kometen sein sollen ...
Wo ist bei einem Kometen bitte vorne und hinten 8O ? Von der Erde aus gesehen (und einen anderen Betrachtungspunkt gab es damals nicht) bietet ein Komet doch nur eine Ansicht.
... Oder beziehen sich die Münzseiten auf zwei verschiedene Kometenerscheinungen? ...
Ich wäre schon froh, wenn wir eine Kometenerscheinung zweifelsfrei nachweisen könnten :wink: .
... Auf armenischen Münzen gibt es für 3 Bildelemente Paralleldarstellungen: Komet, Diademband um Palmwedel, Pferdedarstellung im allgemeinen. ...
Dieses Verfahren des simplen Durchzählens von derart wenigen Elementen erscheint mir jetzt etwas zu einfach und ebenfalls nicht gerichtsfest. Wenn ich mal etwas Zeit hab', dann such' ich ein Gegenbeispiel (ich bin da guter Hoffnung, dass ich eines finden werde :D ).
... Die Münzen sind irgendwo im armenischen Großreich von Tigranes II geprägt worden. ...
Damit könnte ich mich vielleicht anfreunden, sein Reich war ja groß genug :wink: .
... Schließlich ist ja auch der Katalogbearbeiter von Gorny irgendwie auf Armenien gekommen sein. Wie eigentlich? ...
Indem er sie mit derjenigen Münze in Beziehung gesetzt hat, die Du oben als "eindeutig eine Fehlbestimmung" bezeichnet hast :wink: .
... Aber ich lass jetzt noch was Altamura zur Recherche übrig :wink: . ...
Danke Frau Lehrerin, dann könnte ich mir ja wieder ein Sternchen (sic! :wink: ) verdienen.

Insgesamt hab' ich aber immer noch allerlei offene Fragen:
  • Warum das ganze auf derart mickrigen Münzlein und nur in derart kleiner Auflage?
  • Wie erklärt sich der Übergang von der unastronomischen Pferdekopf- zur kometenhaften Sternmünze?
  • Warum auf einer anepigraphen Münze? Auf denen von Tigranes II scheint immer was draufzustehen (hab' ich jetzt aber nicht besonders systematisch geprüft :? ).
  • Wissen wir irgend etwas Handfestes über Kometen im Zusammenhang mit Tigranes II (abgesehen von den gelegentlich auf seiner Mütze auftretenden)? Im Gurzadyan-und-Vardanyan-Artikel wird nichtmal fest behauptet, dass es sich um einen Kometen handelt, sondern immer nur à la "wenn es ein Komet ist, dann ..." argumentiert.
Für mich ist das damit (wie man wohl deutlich erkennen kann :wink: ) noch nicht erledigt.

Gruß

Altamura

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Iulia » Sa 23.11.13 20:05

Beantworte Dir Deine Fragen selbst, indem Du eigenständig nachdenkst (was anderes mache ich auch nicht) und hier nicht mit dem Wissen anderer oder Deiner Rhetorikkunst jonglierst!
Und meine Thesen sollten für Dich "gerichtsfest" sein? Meine Güte! Komm mal wieder runter!
Zuletzt geändert von Iulia am So 24.11.13 11:21, insgesamt 1-mal geändert.

kalleari
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von kalleari » Sa 23.11.13 20:42

Vorn ist bei Kometen immer in Flugrichtung. Genauso wie beim Autofahren. Mehr kann ich nicht beitragen.

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Zwerg » Sa 23.11.13 20:52

Beantworte Dir Deine Fragen selbst, indem Du eigenständig nachdenkst (was anderes mache ich auch nicht) und hier nicht mit dem Wissen anderer oder Deiner Rhetorikkunst jonglierst!
Und meine Thesen sollen für Dich "gerichtsfest" sein? Meine Güte! Komm mal wieder runter!
Im Us-Forum würde jetzt ganz böse stehen
"Be nice"

Eigentlich sollten wir da mit gutem Vorbild vorangehen. (Für beide Seiten)

Zwerg
ΒIOΣ ΑΝЄΟΡΤAΣΤΟΣ ΜΑΚΡΗ ΟΔΟΣ ΑΠΑNΔΟKEYTOΣ
Ein Leben ohne Feste ist ein langer Weg ohne Gasthäuser (Demokrit)

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von kalleari » So 24.11.13 09:45

Darstellung ist Komet ?

Lokal begrenzt: So könnte es sich auch um eine größere Sternschnuppe (kleiner Meteorit) handeln.

mfg
Kalle

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Altamura2 » So 24.11.13 22:06

Zwerg hat geschrieben:... Eigentlich sollten wir da mit gutem Vorbild vorangehen. (Für beide Seiten) ...
Da hast Du recht, vielleicht hab' ich etwas zu scharf zurückgeschossen.


Inzwischen hab' ich mal so ziemlich alles durchsucht, was ich zu armenischen Münzen finden konnte und zur Verfügung hatte. Mein Eindruck dazu ist folgender:
  • Die "Königsmünzen" tragen auf dem Avers fast alle ein Herrscherportrait mit Tiara (die aber unterschiedlich ausgeformt sein kann).
    Einzige Ausnahme ist diese: http://www.acsearch.info/record.html?id=194477 . Hier haben wir wenigstens eine Tiara auf dem Avers, wenn auch ohne Kopf darunter. Insgesamt ist die Zuweisung dieses Münztyps nach Armenien (auch aufgrund der rätselhaften Legende) aber unsicher.
  • So etwas wie Stadtprägungen gab es in Armenien wohl nur von Artaxata: http://www.zeno.ru/showgallery.php?cat=5152 (auf zeno.ru gibt es ein "special project armenian numismatics", unter dem sehr viele armenische Münzen zu finden sind). Es gibt noch einen Artikel von Michel Amandry (“Du monnayage d’Artaxisata et des soi-disant monnaies d’Aegospotami”, Bulletin de la Société Française de Numismatique 57, 2002, 173-177) zu den Stadtprägungen von Artaxata, einen Teil davon sieht man auch hier: http://ceipac.gh.ub.es/biblio/Data/A/0638.pdf . Es gibt zwei Typen, auf denen nur Monogramme erscheinen (einer davon ist der mit dem Palmwedel, den ich ganz oben verlinkt hatte), die anderen tragen eine Legende.
Die gängige Standardliteratur (verschiedene Bücher und Artikel vor allem von Bedoukian, Nercessian und Depeyrot) hab' ich leider nicht zur Verfügung :( .

Da scheinen mir unsere Pferdekopf- und Sternmünzen einfach nicht dazupassen zu wollen, egal ob Komet oder nicht :| .

Bei Licht betrachtet sieht es aber in Kappadokien nicht viel besser aus, der Unterschied ist nur ein gradueller :? .
  • Auch hier tragen die meisten Münzen ein Herrscherbildbnis auf dem Avers.
  • Es gibt königliche Bronzen mit anderen Motiven, die haben dann aber eine Legende.
  • Stadtprägungen gibt es von Eusebeia und Tyana. Auf diesen finden sich aber immer Legenden. (Wenn nicht, dann hätte man sie vermutlich diesen Städten auch nicht zugeschrieben, da beißt sich die Katze natürlich etwas in den Schwanz :wink: .)
Hier hab' ich keinen Zugang zum Sydenham (The Coinage of Caesarea in Cappadocia. London. 1933), vielleicht gäbe es daraus etwas mehr Erkenntnis.
Es gibt noch einen Artikel von Hans Herrli ("Die autonomen Bronzemünzen von Eusebeia und Kaisareia in Kappadokien", NNB 3/1985, S. 60-71), in dem ich aber auch nichts gefunden hab', was mir hier weiterhelfen würde.

Mir ist jetzt auch schon durch den Kopf gegangen, ob das überhaupt reguläre Zahlungsmittel waren, oder ob wir hier einen ähnlichen Fall haben wie bei den Asklepiosmünzen aus Antiochia: http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 30#p366175
Darin äußert sich aber vielleicht auch nur eine gewisse Ratlosigkeit :| .
(Es gab aber wohl in Komana in Kappadokien einen Tempel der Göttin Ma, der so eine Art Kirchenstaat bildete. Passt sonst aber eher nicht.)

Gruß

Altamura

shanxi
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von shanxi » So 24.11.13 22:40

Altamura2 hat geschrieben: Hier hab' ich keinen Zugang zum Sydenham (The Coinage of Caesarea in Cappadocia. London. 1933), vielleicht gäbe es daraus etwas mehr Erkenntnis.
Ich habe gerade mal einen Blick in den Sydenham geworfen. In der autonomen Zeit keine Pferde, später dann auch mal eine Quadriga mit Pferden, aber kein Pferdekopf.

Sydenham schreibt auch, das die ersten Münzen erst unter Archelaus geprägt wurde, also nach 36BC. Dazu gehört auch die von dir gezeigte Münze mit Palmwedel noch unter dem Namen Eusebeia.

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Numis-Student » Mo 25.11.13 11:01

Die Numismatik kennt ja verschiedene Mittelchen, um eine Prägung zu lokalisieren. Neben dem Vergleich mit bisher bekanntem und zugewiesenem Material ist auch das Vorkommen in Funden bzw. die Fundvergesellschaftung ganz interessant.

Mir ist klar, dass meine jetzigen Ausführungen wissenschaftlich nicht so belastbar sind, wie eine offizielle archäologische Ausgrabung es wäre, aber interessant dürften meine Beobachtungen dennoch sein:

Auf einem Flohmarkt in Wien steht seit längerer Zeit ein Händler, der neben Besteck, Geschirr und anderem auch ein Kästchen antiker Münzen hat. In dieser Kiste liegen neben einigen Spätrömern in erster Linie Münzen aus Caesarea in Kappadokien (übrigens stammen auch diese Münzen aus der genannten Wühlkiste: http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 43&start=0 ). Ich kann es natürlich nur annehmen, aber aufgrund gleicher/ähnlicher Patinierung und Erhaltung der Stücke gehe ich von Oberflächen-/Metalldetektorfunden einer relativ kleinen, zusammenhängenden Fläche aus... Am vergangenen Samstag habe ich aus dieser Kiste "extra für diesen Beitrag" folgende Münzen gekauft. Aufgrund besserer Übersichtlichkeit werde ich alle drei Münzen einzeln zeigen.

Schöne Grüße,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Numis-Student » Mo 25.11.13 11:02

Münze 1: "Komet" / Pferdkopf über Stern

1,24 g und 13 mm Durchmesser.
Dateianhänge
stern1a.jpg
stern1b.jpg
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Numis-Student » Mo 25.11.13 11:04

Münze 2: "Komet" / Pferdekopf (ob darunter noch ein Stern war, ist nicht zu erkennen)

1,51g und 10 mm Durchmesser.
Dateianhänge
stern2a.jpg
stern2b.jpg
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Numis-Student » Mo 25.11.13 11:07

Münze 3: "Komet" mit Band / Stern, der Rest des Münzbildes ist schwer zu erkennen, ich werde mal den Restaurator befragen)

1,62 g und 12 mm Durchmesser.
Dateianhänge
stern3a.jpg
stern3b.jpg
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von shanxi » Mo 25.11.13 11:13

Also noch drei. Interessant vor allem zeitlich.

Wenn der Fundzusammenhang "Wühlkiste" überhaupt eine Bedeutung hat, dann sind die Münzen ja deutlich später, der Hadrian mit dem Gegenstempel von AD 150, d.h. alle gezeigten Vergleichsbeispiele kann man vergessen. Aber wie gesagt, wenn !

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Numis-Student » Mo 25.11.13 11:21

Hallo,
ich gehe NICHT von einer zeitlichen, sondern nur von einer RÄUMLICHEN Zusammengehörigkeit aus (Streufunde einer Region/eines Dorfes). Von der zeitlichen Streuung beginnt es wohl mit unseren "Sternmünzen", geht dann über Provinzler des 2. und 3. Jahrhunderts bis hin zu Spätrömern des 4. Jahrhunderts. An Byzantiner kann ich mich nicht erinnern....

MR
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