Pontische Ägis am Berg Argaios

Griechische Münzen des Altertums

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Altamura2
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Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Altamura2 » Mo 05.01.15 22:53

Aufgrund der Reaktionen bei den 2014er-Münzen im Römerforum auf meine Ägis-Argaios-Münze aus Eusebeia in Kappadokien (http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 59#p436703 ,vor allem die Bemerkung von Iulia zur Datierung) hab' ich noch ein wenig herumgestöbert und zusammengetragen, was ich dazu gefunden hab'.
Eusebeia.jpg
An Literatur dazu gibt es diese:
  • F. Imhoof-Blumer, Zur griechischen Münzkunde [Fortsetzung], SNR 8, 1898 (http://retro.seals.ch/digbib/view?pid=s ... 898:8::443)
  • Hans Herrli, Die "autonomen" Bronzemünzen von Eusebeia und Kaisareia in Kappadokien, NNB 34, 1985 (gibt es nicht online)
  • Alberto M. Simonetta, The coinage of the Cappadocian kings: a revision and a catalogue of the Simonetta collection, Parthica 9, 2007 (gab es mal online, finde ich aber nicht mehr :| )
  • Frank Kovacs, Eusebeia —Caesarea: The Civic Bronze Coinage Reconsidered, in P.G. van Alfen und R.B. Witschonke, Essays in Honour of Roberto Russo, Zürich London 2013 (https://www.academia.edu/6977125/Eusebe ... considered)
  • Edward A. Sydenham, The Coinage of Caesarea in Cappadocia, London 1933, hab' ich leider nicht im Zugriff :? .

Bei Imhoof-Blumer ist es auf Seite 2 die Nummer 6, zu sehen auf Tafel I (http://retro.seals.ch/digbib/view;jsess ... 898:8::431).
Er schreibt dazu "Der Aigistypus ist ohne Zweifel den massenhaft geprägten und verbreiteten Kupfermünzen der pontischen und paphlagonischen Städte entlehnt.". Generell hält er die Jahreszahlen auf den Stadtmünzen (so vorhanden) für das Regierungsjahr des Archelaos.

Herrli datiert diesen Münztyp aufgrund des "mithradatischen" Motivs mit "Geprägt unter Ariarathes IX. zwischen 90 und 87 v.Chr." (dieser war ja der Sohn von Mithradates VI) .
Wenn ich in Wikipedia aber unter Ariarathes IX nachschaue (https://de.wikipedia.org/wiki/Ariarathes_IX.), dann steht da "... war von 101 bis 95 v. Chr. König von Kappadokien ...", was nicht ganz passen würde 8O .
In der englischen Version (https://en.wikipedia.org/wiki/Ariarathe ... Cappadocia) findet man allerdings eine etwas genauere Darstellung, nach der beim damaligen Hin und Her bei der Herrschaft über Kappadokien Ariarathes auch zwischen 95 und seinem Tod 87 gelegentlich noch kurzzeitig die Macht über Eusebeia hatte.
Im französischen Wikipedia (https://fr.wikipedia.org/wiki/Ariarathe_IX) steht dann ganz genau "... ayant régné de 98 à 93, puis de 91 à 90, et de 89 à 88 av. J.-C. ...".
(Ich hab' mich sogar überwunden und auch die unsägliche Mithradates-Phantasiographie von Adrienne Mayor nochmals in die Hand genommen :wink: , da steht das irgendwie auch so drin.)
Das würde also mit der Herrli-Datierung zusammenpassen, wenn dieser Typ in einer dieser Ariarathes IX-Zwischenphasen geprägt wurde.

A. M. Simonetta hängt ebenfalls der Theorie an, dass die Stadtprägungen erst unter Archelaos begannen und sich die datierten Münzen auf seine Regierungszeit beziehen. Der Ägis-Argaios-Typ hat bei Simonetta die Nummer 22, es wird aber nicht näher darauf eingegangen.

Bei Kovacs kommt die Ägis-Argaios-Münze nun gar nicht vor 8O .
Die Hauptaussagen seines Artikels sind, dass
  • die Stadtprägung in Eusebeia im Jahre 66 BC nach der Wiedergründung der Stadt durch Pompeius begann (Eusebeia war wohl 77 BC durch Tigranes III aufgelöst und die Bewohner nach Tigranokerta umgesiedelt worden) und
  • sich die Jahreszahlen auf den Stadtmünzen aus Eusebeia (und nach der Umbenennung in Caesarea) auf eine pompeianische Ära beziehen, die 64/3 BC beginnt.
Damit wird von allen, mit Ausnahme von Herrli, dieser Münztyp mit dem eher "romfeindlichen" Motiv in eine Zeit datiert, in der "romfreundliche" Herrscher in Kappadokien an der Macht waren.

Herrli argumentiert bei seiner Zuweisung vor allem mit dem Motiv, aber auch mit dem T, das sowohl auf dem Revers der Ägis-Argaios-Münzen, als auch auf kappadokischen Drachem zu finden ist, aber kaum noch nach Ariarathes IX. Es gibt vereinzelte Ausnahmen bei Ariobarzanes I, aber mit dem hat sich Ariarathes IX ja in der "Übergangszeit" beim Herrschen quasi abgewechselt :wink: .

Was daran irritiert ist aber, dass es von den Ägis-Argaios-Münzen angeblich auch Exemplare ohne Buchstaben auf dem Revers oder mit anderen gibt. Wenn man dem nachgeht, ergibt sich folgendes: Fazit: Auf allen Münzen, die ich momentan sehen kann, steht an der Stelle, wo ein Buchstabe stehen könnte, ein T. Das "OK?" von Simonetta scheint mir ein Phantom zu sein, eine Münze, auf der ganz klar anstelle des T nichts steht, hab' ich auch keine gesehen.
Als Jahreszahl wäre ein T etwas merkwürdig, da es für 300 steht. Das scheidet also wohl aus :wink: .

Vor dem Hintergrund der Literatur zur Datierung der anderen Stadtmünzen aus Eusebeia (gleichgültig, ob man zur Fraktion des Archelaos oder des Pompeius gehört) bleibt dann eigentlich nur noch, dass es sich bei den Ägis-Argaios-Münzen um eine singuläre Erscheinung aus einer der Herrschaftsperioden von Ariarathes IX handelt, insbesondere aber um die allererste Stadtmünze aus Eusebeia.

Oder etwa nicht? :wink:

Gruß

Altamura

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Re: Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Iulia » Di 06.01.15 14:36

Heute Nacht hatte ich dieselbe Idee wie Du, Altamura: Man sollte über dieses interessante Thema einen separaten thread im Griechenforum aufmachen, um die Römer nicht weiter zu nerven :wink: .
Du hast ja schon glatt die Vorarbeit für einen Aufsatz geleistet. (Vielleicht kannst Du das mal im NNB veröffentlichen.)
Leider habe ich den Herrli nicht zu Hause. Muss ihn mal bei nächster Gelegenheit kopieren und lesen. Seine Schlussfolgerungen scheinen mir kompetent und durchdacht zu sein, was ich in Kovacs Werk nicht unbedingt erkenne. Zu behaupten, es hätte keine anonyme Bronzeprägung in Eusebeia vor der Deportierung der Bevölkerung durch Tigranes, also vor 77 v. Chr. gegeben, weil man keine Überprägungen durch Tigranes auf dieser gefunden hätte, ist ja wohl kein positiver Beweis bei der Seltenheit von identifizierbaren Überprägungsspuren überhaupt. Dann bei der Aufzählung der Bronzetypen von Eusebeia den Ägistyp einfach nicht aufzunehmen, ja nicht einmal in einer Anmerkung darauf einzugehen: Ist das noch wissenschaftlich?
Nun meine Überlegungen dazu auf die Schnelle:
Callatay legt den Ägis/Niketyp von Mithradates Eupator in den 1. Mithradatischen Krieg, ca. 90-85 v. Chr.
Mithradates hatte seinen Sohn circa 100 v. Chr. noch als Kind als Ariarathes IX. auf den Kappadokischen Thron in Eusebeia gesetzt, von wo er immer wieder durch die kappadokische Römerfraktion zwischenzeitlich vertrieben wurde. Anhand der Datierungen auf den kappadokischen Drachmen kann man ausrechnen, wann jeweils Ariarathes IX. oder der Römerfreund Ariobarzanes I. in Eusebeia residierte. Ca. 87 v. Chr. ist der Sohn des Mithradates offenbar im Krieg gefallen.
Da erst ab ca. 90 v. Chr. der Ägistyp unter Mithradates geprägt wurde, ist Herrlis Schlussfolgerung in meinen Augen richtig, dass der Ägistyp in Eusebeia nur zwischen 90 und 87 v. Chr geprägt worden sein kann, was seine Seltenheit erklärt.
Unterstütz wird diese Datierung durch das T, welches, wie Herrli zurecht bemerkte, ein häufiges Beamtenkürzel auf den kappadokischen Drachmen des frühen 1. Jh. ist.
Interessant ist noch, dass das Gewicht dieses Typs in Eusebeia mit um die 5 g leichter ausfällt als für den im pontischen Gebiet umlaufenden zeitgleichen Ägistyp, der laut Callatay ein Durchschnittsgewicht von 7,32 g aufweist.
Das wichtigste Fazit, das man aus diesen Überlegungen ziehen kann, ist, dass die Prägestätte Eusebeia in Kappadokien offenbar nicht nur Drachmen für Ariarathes IX., sondern auch anonyme Bronzeprägungen im mithradatischen Krieg herausgegeben hat.
Was könnte wohl da noch alles geprägt worden sein :idea: !

Gruß
Iulia

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Re: Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Altamura2 » Di 06.01.15 22:45

Iulia hat geschrieben:... Du hast ja schon glatt die Vorarbeit für einen Aufsatz geleistet. (Vielleicht kannst Du das mal im NNB veröffentlichen.) ...
Danke für die Blumen :D , aber so richtig Neues hab' ich ja noch nicht zu Tage gefördert :wink: .
... was ich in Kovacs Werk nicht unbedingt erkenne. ...
Beim Lesen hatte ich auch so ein leicht unwohles Gefühl, mir kam seine Argumentation ein wenig zu gewollt vor (auch wenn ich den Argumenten jetzt nicht in allen Details nachgegangen bin).
... Dann bei der Aufzählung der Bronzetypen von Eusebeia den Ägistyp einfach nicht aufzunehmen, ...
Tja, der passt halt nicht ins Konzept, dann lässt man das schnell mal weg, weil nicht sein kann, was nicht sein darf :wink: .
... Anhand der Datierungen auf den kappadokischen Drachmen kann man ausrechnen, wann jeweils Ariarathes IX. oder der Römerfreund Ariobarzanes I. in Eusebeia residierte. ...
Dazu gibt es sowohl bei B. Simonetta (Seite 49) als auch bei A. Simonetta (Seite 86) eine kleine Tabelle, in der man das schön sehen kann.
... Interessant ist noch, dass das Gewicht dieses Typs in Eusebeia mit um die 5 g leichter ausfällt als für den im pontischen Gebiet umlaufenden zeitgleichen Ägistyp, ...
Das war mir noch gar nicht aufgefallen 8O . Aber was schließen wir daraus?
Vielleicht hat das besser zu den in Kappadokien bereits umlaufenden Bronzemünzen gepasst. Wenn man die königlichen Bronzen in acsearch grob überfliegt, dann gibt es da viele, die auch so um die 5 Gramm wiegen (vor allem die von Ariarathes VI). Die liegen zwar zeitlich ein Stück früher, aber über den ganz groben Daumen passt das dazu. Das müsste man vielleicht mal vertiefen.
... Was könnte wohl da noch alles geprägt worden sein :idea: ! ...
Hast Du denn einen Vorschlag? :wink:

Gruß

Altamura

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Re: Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Iulia » Mi 07.01.15 20:19

Altamura2 hat geschrieben:
... Was könnte wohl da noch alles geprägt worden sein :idea: ! ...
Hast Du denn einen Vorschlag? :wink:
Ich habe schon vor ungefähr einem Jahr die Möglichkeit erwogen, dass unsere Pferdekopfmünzen, die ja offenbar zahlreich in Kappadokien gefunden wurden, z. B. in Eusebeia geprägt wurden (hab's aber damals lieber nicht geschrieben :wink: ), und zwar zu einer Zeit, als Tigranes Kappadokien erobert hatte, weil die Pferdekopfmünzen eine typologische Ähnlichkeit zu seinen Prägungen aufweisen(im folgenden Link auf S. 1 unten):
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... ilit=Komet
Zwei Zeiträume kämen dafür in Frage:
93/92 v. Chr., als Tigranes im Auftrag des Mithradates, dessen Schwiegersohn und Verbündeter er war, Kappadokien eroberte und Ariobarzanes I. vertrieb, um Mithradates' Sohn Ariarathes IX. wieder auf den Thron zu verhelfen.
77 v. Chr., als Tigranes wiederum Ariobarzanes vertrieb und als Beute rund 300 000 Kappadokier als neue Siedler nach Armenien verschleppte. Beide Male waren das nur relativ kurze Intermezzi und die Pferdekopfmünzen (ohne Ethnikon) könnten den armenischen Truppen als Lagergeld/Kleingeld gedient haben.
Falls man den seltenen Tetradrachmentyp von Tigranes, bei dem der Stern auf der Tiara einen Kometenschweif aufweist, genauer datieren könnte, hätte man vielleicht einen weiteren Hinweis auf den Zeitraum:
http://www.acsearch.info/search.html?id=145485
Der Halleysche Komet scheint es mir aber nicht zu sein, denn der passt mit 87 v. Chr. nicht recht in den möglichen Zeiträume für die Prägung.

Gruß
Iulia

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Re: Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Laterarius » Fr 09.01.15 10:16

Vielleicht erwähnenswert, sollte Altamura2 über seine Aegis-Argaios-Münze etwas zu Papier bringen wollen:Ich stöberte gestern ein wenig in meiner Bibliothek und stieß auf weitere Literatur zu der Münze, die in der hier diskutierten Frage allerdings nur den Forschungsstand von Herrli präsentiert:
P. Weiß, Argaios /Erciyas Dagi - Heiliger Berg Kappadokiens. Monumente und Ikonographie, JNG 35, 1985, 21-48; diese Münze 31, Nr. 16b (Datierung nach Herrli). Sehr wichtiger Beitrag zum Kultberg.
N. Baydur, Anadolu'Daki Kutsal Daglar. Dag - Tanrilar, Istanbul 1994, 11, Nr. 24 (unter Aufführung diverser Belegexemplare).
In der Feindatierung kann ich euch sehr gut folgen.

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Re: Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Altamura2 » Sa 10.01.15 22:45

Iulia hat geschrieben:... hab's aber damals lieber nicht geschrieben :wink: ...
Na ja, da Du einen geografischen Zusammenhang der Pferdekopf- und Sternmünzen zumindest nicht bestritten und die Sternmünzen (zu guter Letzt zumindest :D ) nach Kappadokien gegeben hast, hast Du das zumindest mittelbar schon hingeschrieben :wink: .

An einen Kometen auf diesem Münztyp mag ich immer noch nicht glauben (daher weiterhin "Sternmünzen" :wink: ), aber das hatten wir ja ausgiebig in dem anderen Thread diskutiert.
Beim Lesen der alten Beiträge dort ist mir aber noch ein anderen Gedanke gekommen. Divus hatte erwähnt, dass der Stern eventuell auch für die Sonne stehen könnte. Dann würden die Helios-Gegenstempel auf den Pferdekopfmünzen als "Vorläufer" der Sterne (die dann Sonnen wären) auf den Sternmünzen vielleicht wieder einen Sinn ergeben (und wir müssten die Sternmünzen nochmal umbenennen :wink: ). Ich wüsste nur noch nicht, welchen genau :| .

Was aber insgesamt plausibel erscheint, ist eine Datierung der Pferdekopf- und Sternmünzen in diese Zeit des "Machtflackerns" in Kappadokien, und zwar in eine der pontisch oder armenisch dominierten Phasen. Vielleicht sogar verteilt auf zwei Phasen (was aber jetzt ganz wilde Spekulation ist :wink: ).
Laterarius hat geschrieben:... Ich stöberte gestern ein wenig in meiner Bibliothek und stieß auf weitere Literatur zu der Münze, ...
Besten Dank für den Hinweis!
Den Artikel von Weiß kannte ich, da geht es ja vor allem um die Kulturgeschichte des Argaios, wenn man das so sagen will. Diesen Artikel findet man übrigens auch online: http://www.bngev.de/wp-content/uploads/ ... d-XXXV.pdf
Das Buch von Baydur kenn' ich noch nicht, die Bibliothek meines Vertrauens führt das aber :D . Da kann ich mal reinschauen, auch wenn ich des Türkischen leider nicht mächtig bin :? .

Gruß

Altamura

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Re: Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Iulia » Sa 10.01.15 23:29

Altamura2 hat geschrieben: Divus hatte erwähnt, dass der Stern eventuell auch für die Sonne stehen könnte.
Ein Palmzweig als Siegeszeichen, der an die Sonne angeklebt wäre, hätte keinen besonderen Aussagewert mehr, da die Sonne jeden Tag aufgeht. Die Verbindung eines militärischen Sieges ist nur mit einem datierbaren Himmelszeichen, also einem zu bestimmten Zeiten auftretenden Planeten oder einem Kometen als Propaganda auf Münzen zu gebrauchen.
An die mögliche Verteilung der beiden Pferdekopftypen auf die zwei von mir genannten armenischen Einfälle nach Kappadokien habe ich auch schon gedacht.
Ich bräuchte allerdings noch weitere Hinweise auf einen armenischen Bezug, z.B. Pferdekopfmünzen, die definitiv auch in Armenien gefunden worden sind, wohin sie die Soldaten auf ihrer Heimkehr mitgenommen haben müssten.

Gruß
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Re: Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Iulia » So 11.01.15 00:39

Was den Gegenstempel auf den Pferdekopfmünzen (ohne Sterndarstellung) betrifft, den Ihr alle offenbar für einen Helioskopf haltet, kann ich nur sagen, dass ich weit und breit in der betreffenden Gegend und Zeit keinen Helioskopf auf der Münzprägung entdecken kann.
Gegenstempel werden aus währungspolitischen oder politischen Gründen auf umlaufende Münzen gesetzt, nicht aus kunsthistorischen. Die veränderten Bedingungen, die sie zum Ausdruck bringen, müssen von den Zeitgenossen auch erkannt werden.
Der frontale Kopf auf dem Gegenstempel kann in meinen Augen nichts anderes als der Medusenkopf sein, der im Zentrum der Ägis sitzt.
Und damit schließt sich der Kreis zu der von Altamura hier vorgestellten Ägisprägung aus Eusebeia: Die Gegenstempel auf den Pferdekopfmünzen wurden wahrscheinlich unter Ariarathes IX. angebracht als währungspolitische Bestätigung der Umlauffähigkeit des armenischen Lagergeldes im pontischen Reich.

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Re: Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Altamura2 » Sa 24.01.15 09:56

Iulia hat geschrieben:... Ein Palmzweig als Siegeszeichen, der an die Sonne angeklebt wäre, hätte keinen besonderen Aussagewert mehr, da die Sonne jeden Tag aufgeht. ...
Na ja, wenn wir die angenommene Abfolge der Pferdekopf- und der Sternmünzen betrachten, dann ist nicht der Palmzweig an die "Sonne" angeklebt worden, sondern umgekehrt. Da hätte ein Sieg stattfinden müssen, auf den in der ersten Emission Bezug genommen wurde, und irgendwann später hat man das durch die Anbringung des Himmelskörpers in irgendeiner Weise wieder aufgegriffen.
Ich bin auch nicht überzeugt davon, dass hier ein reales astronomisches Ereignis stattgefunden haben muss. Kann der Stern nicht auch nur einen symbolischen Bezug haben?
Iulia hat geschrieben:... An die mögliche Verteilung der beiden Pferdekopftypen auf die zwei von mir genannten armenischen Einfälle nach Kappadokien habe ich auch schon gedacht. ...
Das ist verlockend, ...
Iulia hat geschrieben:... Ich bräuchte allerdings noch weitere Hinweise auf einen armenischen Bezug, ...
... aber genau die fehlen uns leider :| .
Iulia hat geschrieben:... Gegenstempel werden aus währungspolitischen oder politischen Gründen auf umlaufende Münzen gesetzt, ...
Da hab' ich mal irgendwo gelesen (ich weiß leider nicht mehr, wo genau :? ), dass die Motive von Gegenstempeln häufig diejenigen einer neuen Herrschaft sind oder Darstellungen einer neuen Münzemission aufgreifen. Und da wäre man über Helios schön auf die Sonne gekommen. Muss aber ja nicht sein :wink: .
Iulia hat geschrieben:... Der frontale Kopf auf dem Gegenstempel kann in meinen Augen nichts anderes als der Medusenkopf sein, der im Zentrum der Ägis sitzt. ...
Das wäre natürlich eine plausible Erklärung. Wir haben jetzt leider nicht allzuviele dieser Gegenstempel vorliegen, so dass man das Motiv eindeutig erkennen könnte. Die meisten sehen der Medusa auf den pontischen Stadtmünzen schon sehr ähnlich, im Kometenmünzen-Thread hat divus aber ein Exemplar gezeigt, das eine eher heliosmäßige Punkerfrisur trägt: http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 55#p410625 . Da scheint es Varianten gegeben zu haben.
Iulia hat geschrieben:... Die Gegenstempel auf den Pferdekopfmünzen wurden wahrscheinlich unter Ariarathes IX. angebracht als währungspolitische Bestätigung der Umlauffähigkeit des armenischen Lagergeldes im pontischen Reich. ...
Das müsste dann aber heißen, dass die Sternmünzen unter Ariarathes IX geprägt wurden. Auf diesen finden sich ja keine Gegenstempel.
Dann wären wir wieder beim Stern als dem pontischen Hoheitszeichen, oder? Damit würde dann die armenische Eroberung von Kappadokien durch Pontos quasi erneuert und übernommen, ausgedrückt durch die Ergänzung des Sterns auf den alten armenischen Siegesmünzen.

Was mir aber immer noch merkwürdig erscheint, ist die Tatsache, dass sich dies ausschließlich am unteren Rand des Kleingeldsegments abgespielt hat :| .

Gruß

Altamura

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Re: Pontische Ägis am Berg Argaios

Beitrag von Iulia » Di 27.01.15 18:16

Altamura2 hat geschrieben: Was mir aber immer noch merkwürdig erscheint, ist die Tatsache, dass sich dies ausschließlich am unteren Rand des Kleingeldsegments abgespielt hat :| .
Gegenstempel auf griechischen Silbermünzen finden sich nur, wenn der Silberstandard mal nicht eingehalten worden ist (z.B. nach der Athener Notprägung im Peloponnesischen Krieg). Ansonsten waren griechische Silbermünzen Kurantgeld von stabilem inneren Wert und konnten nach einem bestimmten Wechselkurs überall umlaufen. Dagegen war Bronzegeld Kreditgeld und musste eventuell gegengestempelt werden, um den Nennwert zu bestätigen.
Man kann davon ausgehen, dass die in Kappadokien einfallenden Truppen, egal ob armenische oder pontische, entweder mit der Silberwährung der Herkunftsländer, also den Tetradrachmen des Mithradates oder Tigranes ausgezahlt wurden, oder ihnen zum Lohn die Plünderung des eroberten Landes gestattet wurde. Sie wurden aber allein aus Propagandagründen sicher nicht in kappadokischer Landeswährung bezahlt.
Die kappadokische Bronzeprägung des 1. Jh. v. Chr. ist übrigens so dürftig, dass ich vermute, dass die einfache Bevölkerung bei kleinen Anschaffungen noch weitestgehend Tauschhandel betrieb.
Die von uns diskutierte ziemlich umfangreiche Kleinbronzenprägung mit Siegessymbolik steht hier recht isoliert da. Deshalb liegt die Idee nahe, dass es sich um Lagergeld für in Kappadokien stationierte auswärtige Truppen handeln könnte, möglicherweise um gemischte Truppen von unterschiedlicher Herkunft, was die Gegenstempel erklären könnte. Phasenweise waren entweder armenische oder pontische Truppen im Land stationiert, im Jahr 93/92 v. Chr. und 91/90 v. Chr. sogar zeitlich fast unmittelbar hintereinander.
Bei den Gegenstempeln erkenne ich übrigens mindestens zwei verschiedene, wobei der von divus gezeigte möglicherweise über dem Medusenhaupt das zottelige Fell der Ägis andeutet. Der Großteil der Gegenstempel zeigt einen runden Kopf ohne Auswüchse.
Der Pferdekopf/Palmtyp macht einen abgegriffeneren Eindruck als der Sterntyp und ist somit wahrscheinlich tatsächlich früher geprägt worden.
Wie jetzt die Münzanalyse mit den wie üblich kärglichen historischen Überlieferungen in Einklang zu bringen ist, müsste man in einer gründlicheren Studie versuchen herauszufinden.

Gruß
Iulia

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