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Athener Eule. Eine Fälschung? Rätselhaft ...

Verfasst: Do 27.05.04 20:56
von neguar
Hallo, 8O

ich habe eine merkwürdige „Eule“ (Athener Silbertetradrachme Klassischer Typus) erhalten, die ich für eine Fälschung halte, kann es aber nicht genau sagen, weiss beispielsweise nicht aus welcher Zeit: Neuzeitliche, ältere (Paduaner) oder antike Fälschung, oder spätantike Eule ?
Die Münze soll angeblich ein Fundstück aus „Baalbeck“, Fundort altes „Heliopolis“ nahe bei Damaskus in Syrien sein.

Gewicht: ca. 16,4 g, Durchmesser: ca. 24,5 mm
(siehe Attachment/Abb. 1)

Weitere Merkmale:
(1) An verschiedenen Stellen scheint rötlich Kupfer durchzuschimmern (so wie von antiken Subaeraten/Fälschungen/Kriegsgeld/bekannt); so befindet sich direkt unterhalb des Olivenzweigs sogar eine kleine kreisrunde Stelle an der Kupfer deutlich durchzuscheinen scheint. Ist die Münze Silber plattiert?
(2) Auffälligkeiten (siehe Attachment/Abbildung 2): der Zweig am Helm der Athene hat einen Seitenzweig zu viel, die Blätter sind sehr flach am Helm anliegend dargestellt. Der Eule fehlt der typische Punkt zwischen den Augen, das vorgestellte Eulenbein wird nicht wie üblich vom anderen verdeckt, der Bürzel steht an der Eule nicht stark genug im Vergleich zum Flügel vom Körper ab und der Oliven-Ast über der Eule trägt eine nur andeutungsweise erkennbare Olive.
(3) Es finden sich keine zusätzlichen Kennzeichnungen, Gegenstempel auf der Münze, die auf eine Imitation hinweisen könnten.
(4) Es ist meiner Meinung nach kein Haarstrich am Münzrand/-kante zu erkennen, so dass man nicht davon ausgehen kann, dass die Münze durch Gießen gefälscht wurde; es scheinen zudem Spuren auf dem zum Münzbild hin abgeschrägten Rand vorhanden zu sein, die von einem Stempelschlag herrühren müssen.

Siehe Attachments: Abb1 und Abb. 2

Verfasst: Do 27.05.04 21:38
von Zwerg
Das ist keine Eule, sondern ein "Pleitegeier" . und auch die Athena lächelt viel zu modern. Stilistisch stimmt überhaupt nichts - es ist eine Fälschung.

Verfasst: Do 27.05.04 22:29
von neguar
hahaha :D ... gerade an dem Lächeln hab ich nichts auszusetzen! Ist doch nett... und gerade das find ich an der Münze am überzeugendsten! Kann sich in die Reihe vieler lächelnder Athenae einreihen....Ja man muß sogar zugeben, die Münze hat Ästhetik ...

Ein "Pleitegeier" ist es auch nicht, eher ein "erschreckter" oder "verklemmter" Kuckuck der sich als Eule ausgibt, eine Eule nach Diät und Federkleidtrimming... :wink:

Das es irgendeine Fälschung ist, ist mir klar. Ich finde trotz der vielen Abweichungen die Qualität doch recht merkwürdig hoch ... vielleicht kennt jemand ja den Ursprung solcher Fälschungen ...

Gerade moderne Fälschungen sind oft recht leicht erkennbar, siehe untenstehende Abbildung einer modernen Gußfälschung einer "Eule". Und zudem soll es ja keine "Athener" sondern eine aus Damaskus sein, vielleicht eine ältere Fälschung?

Verfasst: Fr 28.05.04 12:36
von chinamul
@Zwerg
Ich finde es doch schon recht erstaunlich, aufgrund welcher Überlegungen Du zu Deinem ziemlich apodiktischen Urteil "Fälschung!" gelangst, wo Dir doch nur ein Foto vorliegt. Was mich allenfalls stutzig machen würde, wäre die von nequar beschriebene Metallfarbe. Alles andere scheint mir im Schwankungsbereich dessen zu liegen, was bei einer Münze vorkommen kann, von der es unzählige Varianten von vielen verschiedenen Stempelschneidern gibt. Mir jedenfalls ist das Lächeln der Athene vollauf archaisch genug, und auch an der Eule stört mich eigentlich nichts.
Und Dir, @nequar, möchte ich raten, was ich schon mal in einem früheren Posting in einem anderen Thread ausgeführt habe und was generell für alle Münzen gelten sollte: Man verhalte sich bei der Beurteilung wie ein ordentliches, faires Gericht nach dem Grundsatz "audiatur et altera pars!" ("Man höre auch die Gegenseite!") und sammle auch Indizien für die Echtheit eines Stückes. Dann macht man sich nicht andauernd verrückt mit seinen Zweifeln und schläft zudem noch sehr viel besser.
Gruß
chinamul

Verfasst: Fr 28.05.04 13:42
von neguar
Also Leute,

and chinamul: thanx,

für die so objektive Betrachtung, ich denke auch, dass man etwas differenzierter Betrachten muß, trotzdem komme ich selbst immer bei einer "Fälschung" an. Und es ist gerade die Zeichnung der Eule, die, wenn sie auch in antiker Zeit in tausenden von Variationen auftaucht, doch immer gleiche Grundmerkmale aufweisen kann:

der Bürzel steht ab, die Beine/Krallen verdecken sich leicht, ein Punkt zwischen den Augen ist vorhanden. Die Olive am kleinen Zweig ist in der Regel (immer ?) ein "fettes Teil"!

Der von mir vorgestellten "Eule" fehlt das alles! Vegleicht mal mit den untenstehenden Abbildungen!

Man könnte fast in Versuchung kommen anzunehmen, dass der Stempelschneider Schwierigkeiten mit kleinen punkt- oder kleinkugeligen Objekte (Stirnpunkt, Olive) beim Schneiden ahtte, aber es sind genug andere solcher Objekte an der Münze vorhanden...

Die Metall-Farbe macht nicht unbedingt stutzig, wenn man bedenkt, das diese Eulen damals nicht nur als echte Ausgaben von Athen kursierten, sondern schon sehr früh gefälscht wurde. Was heute der Dollar oder vor ein paar Jahhunderten auch einmal die Maria Theresien-Thaler waren, das war in der Antike die "Tetradrachmen aus Athen mit der Eule", eine internationale Handelswärung und Handelsgeldstücke! Und die wurden natürlich von vielen Städten (giechischen und anderen rund ums Mittelmeer der antiken Welt!) offiziell gefälscht, wohl eine Art Handelskrieg ...

http://www.coin-newbies.com/articles/athens.html

Man bedenke, dass eine weitreichende Koloniesierung des Mittelmeerraumes (auch Afrika: Karthago) durch Griechen schon 750 - 500 v. Chr. erfolgt, ein Zusammenstoß mit der phönikischen Kolonisation erfolgte sehr früh. Schon in der klassischen Zeit kursierten auch erste private Fälschungen. Alle diese Fälschungen waren in der Regel aus Kupfer mit Silberplattierung. Siehe Abbildung: aus der klassischen Zeit gibt es zahlreiche Eulen, die mit dem Meissel aufgeschlagen und so entwertet wurden (Prüfschlag), so dass das Kupfer heute sichtbar ist. Vergleiche Abbildungen.

Sogar die Stadt Athen selbst hat "Fälschungen" zur Kriegsfinanzierung (so beim Peleponnesischen Krieg) herausgegeben ("Suberatae") und wieder eingezogen (waren wohl am Gewicht erkennbar).

http://dougsmith.ancients.info/feac36owl.html

Bei allen Fälschungen sind die Stilelemente oftmals unsauber oder auch im Detail abweichend; aber immer hat man versucht die Hauptmerkmale aufrechtzuerhalten!

Es gibt seit mindestens über 2000 Jahren gefälschte "Eulen-Münzen"! Zudem wurden auch noch in der Renaissancezeit antike Münzen nachgeschlagen (vor allem Römische Münzen und Medaillen, sog. Paduaner), oft mit neue geschnittenen und dem Original nur sehr ähnlichen Stempeln, damals eine Sammelleidenschaft wie sie heute von Replikensammlern noch immer getätigt wird. Vielleicht gab es auch solche nachgemachten "Eulen-Münzen" ?

Dann gibt es die Masse an modernen Fälschungen von denen die meisten echt übel sind, insbesondere wenn gegossen.

Das vorgestellte Stück ist - wohl eine moderne neuzeitliche Fälschung - meiner Ansicht nach sehr gut gelungen und auch ästhetisch, trotz der merkwürdigen Abweichungen, man fragt sich nur, warum jmd bei so viel Aufwand so viele Fehler macht? Eine Art Fälscherhandschrift? Oder damit er sagen kann, das ist gar keine Fälschung wenn er geschnappt wird?

Nur wenige neuzeitliche Fälschungen können einen genialen Stempelschneider und Prägetechniker als Urheber aufweisen, und falls doch, dann ist gerade so ein Stück, insbesondere für einen Sammler von Fälschungen, - auch als eine gute neuzeitliche Fälschung - ohne weiteres von Interesse.

Die Masse der möglichen und denkbaren Eulen-Fälschungen, und dazu noch eingebettet in einem längeren Zeitraum von mehr als zwei Jahrtausenden, macht es mir etwas schwierig zu sagen, was Sache ist: ist die Fälschung neuzeitlich oder doch schon ein paar Jahrzehnte oder Jahrhunderte alt? Eine antike Fälschung schließe ich eher aus. Oder ist es eine Art "Paduaner"? Und ist sie geprägt oder gegossen worden?

Verfasst: Fr 28.05.04 20:51
von Zwerg
@chinamul
Ich glaube, daß ich schon genügend "Eulen" in der Hand gehabt habe, um in diesem Fall bereits vom Foto mein "vernichtendes" Urteil abgeben zu dürfen. Ich bleibe dabei - es ist eine offensichtliche moderne Fälschung.
Ein Vergleich mit den Fotos in den entprechenden Sammlungspublikationen deckt dies wirklich schonungslos auf - leider ist es im Rahmen dieses primär schriftlichen Forums nicht einfach zu erklären.

Verfasst: So 30.05.04 09:25
von neguar
hi zwerg, das klingt alles sehr fachmännisch von dir, du erkennst genau das gleiche wie ich. Auffällige stlistische Abweichungen! Zudem wenn man die Münze umdreht kommt die Eule auf der Seite zu liegen, also eine Stempeldrehung, sicherlich auch ein Merkmal der Fälschung. Siehe ABBILDUNG 4.
Was sagst Du denn noch zur Metall- Prägequalität, also unabhängig von Fragen zur Stilistik. Habe versucht unten ein wesentlich besseres Bild von der Rückseite mit der Eule einzustellen ... Siehe ABBILDUNG 3.
Gerne würde ich auch eine Aussage unabhängig von Stilelementen hören, siehe ABBILDUNG 3.
Ich frag ich warum eine Münze so aufwendig hergestellt wurde und das nicht ohne Ästhetik und Können! Für Touristen täts auch ein guter Abguss!Für Experten ists aber mit zu viel Abweichungen! Vielleicht könnte man das mal diskutieren!

Und: hat jmd etwas Vergleichbares schon gesehen oder kann mir einen Scan oder Pic solcher Fälschungen zeigen? Ich habe bisher nur plumpe Teile unter den modernen Fälschungen gesehen.

Verfasst: So 30.05.04 17:28
von klaupo
Ohne deinen Eulen zu nahe treten zu wollen: die Stempeldrehung ist ganz sicher kein Merkmal für eine Fälschung! Schließlich wurden diese Teile in Handarbeit hergestellt - jede sorgfältige Katalogisierung nennt auch die Stellung des Prägestocks im Uhrzeigersinn - die die position. Bei deinem Beispiel stünde die Eule auf 9 Uhr! :D

Gruß klaupo

Verfasst: So 30.05.04 18:00
von neguar
Warum eigtl. 9.00 Uhr, zeigt der Kopp von dem Viech nicht auf 4.00 Uhr?

:roll:

:cry: Obwohl ich stilistisch eindeutig eine Fälschung erkenne, kommen mir an einer "modernen" immer mehr Zweifel. Insbesondere wenn ich mit anderen modernen Fälschungen vergleiche, die mir zugekommen sind. Vielleicht doch eine phönikische Fälschung? Ich bin verwirrt.

Siehe untere Abbildung:

Verfasst: So 30.05.04 18:54
von klaupo
Warum eigtl. 9.00 Uhr, zeigt der Kopp von dem Viech nicht auf 4.00 Uhr?
Klar - jetzt, wo du's sagst ... und der Olivenzweig auf 2.00 Uhr ... und die Flügelspitze auf 10.00 Uhr ... ist schon recht verwirrend, gell? :D

Gruß klaupo

Verfasst: So 30.05.04 19:11
von neguar
D. h. die Krallen sind ausschlaggebend? :roll:

Aber was ich noch sagen will: die abgebildeten Münzen sind nicht alles "meine Eulen", nur die Schräge aus Syrien/Libanon :wink: , die ich hier vorstelle ... Aber passt zu mir, ich bin halt auch ein schräger Vogel, den niemand genau einschätzen kann :lol:

Verfasst: Mo 31.05.04 16:30
von antoninus1
Hallo neguar,

schau mal ins andere Forum, in dem Du Deine Frage auch gestellt hast.
Da hab ich dieses Foto auch eingestellt. Vor ca. 4 Jahren in Baalbek als Fälschung gekauft. Meine Rückseite scheint mit Deiner stempelgleich zu sein, die Vorderseite nicht. Also vermute ich, dass die Fälscher mit verschiedenen Stempeln arbeiten. Die Fälschungen sind also geprägt, nicht gegossen.

Verfasst: Mo 31.05.04 19:31
von neguar
Danke antonius,

erstmals eine überzeugende Ähnlichkeit und Übereinstimmung. Doch wenn man die beiden Münzen nebeneinanderstellt, fällt doch wieder ein gravierender Qualitätsunterschied auf. Die von dir Vorgestellte sieht fast aus wie eine Kopie der von mir Vorgestellten.
Siehe Abbildung

Verfasst: Mo 31.05.04 21:56
von neguar
Hier noch was @ zwerg!

DAS LÄCHELN DER ATHENA: die vorgestellte Münze im Vergleich mit zwei Originalen/echten Eulenmünzen:

Verfasst: Di 01.06.04 08:53
von antoninus1
Hallo neguar,

das täuscht ein bisschen. In Natura sieht sie besser aus (was das Metall betrifft, nicht das Portrait, das ja wirklich "daneben" ist). Ich habe das Problem, dass meine digitale Kamera irgendwie "harte" Bilder macht. Sie bildet rauhe Stellen intensiver ab und bringt den matten Glanz, den diese Prägung z.B. hat, nicht rüber.
Eine Kopie Deiner Kopie kann meine übrigens nicht sein, da ja beide Rückseiten mit demselben Stempel geprägt wurden.
Der Händler, bei dem ich das Stück kaufte, hatte übrigens noch einige andere Typen im Angebot. Tetradrachmen des Alexander des Großen (schlecht), des Lysimachos (spitze) und die sogenannten Sebastophori. Das sind Tetradrachmen aus ein paar kleinasiatischen Städten wie z.B. Smyrna, bei denen die Rückseite immer von einem Lorbeerkranz eingefasst ist. Die sind ziemlich gut gemacht. Viel besser als die Eulen.
Den Lysimachos haben mir ein renommierter Händler und ein Professor für Epigraphik als echt bezeichnet. Die haben ganz schön geschaut, als ich sagte, dass sie falsch sei.