"Parion" (Bizya oder Olbia ?) - Zuordnung unsicher

Griechische Münzen des Altertums

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Re: "Parion" (Bizya oder Olbia ?) - Zuordnung unsicher

Beitrag von Atalaya » Mo 15.04.24 18:32

Busso hat geschrieben:
Mo 15.04.24 10:46
Ich hatte dazu in meiner Löwen-Studie auf S. 106f. ein bisschen was geschrieben:
https://dergipark.org.tr/en/download/ar ... le/2956376
Ohne jetzt den Thread kapern zu wollen, aber die Deutung der Punkte auf der Stirn der Raubkatze als zwei Löwenköpfchen finde ich überhaupt nicht überzeugend. Wie sollen die denn angeordnet sein? Das im verlinkten Beitrag angeführte Vexier aus Lesbos passt auch strukturell nicht. In anderen archaischen Denkmälergattungen(*) bezeichnen derartige runde Kringel allerdings eindeutig die Maserung des Pantherfells(**), wodurch die Raubkatze hier auch eindeutig ikonographisch identifiziert wird. Bekanntlich haben Löwen ja ein relativ einheitlich gefärbtes Fell. Ob man die dargestellten Tiere nun als Panther, Leoparden oder Geparden bezeichnen möchte, hängt doch im Wesentlichen von der Konvention ab und ist mir persönlich egal, bei der abgebildeten Katze kann es sich jedoch definitiv nicht um eine Löwin handeln.

(*) zB in der Vasenmalerei.
(**) Vgl. V. von Graeve, Funde aus Milet 17. Fragmente von Bauskulptur aus dem archaischen Aphrodite-Heiligtum, AA 2005, 41-48 für Fragmente von Pantherskulpturen mit ebensolchem Fellmuster.
"...und noch heute ist es in Neapel höchst ergötzlich, die Münzen mit dem Kopfe Murats friedlich neben denen mit dem Kopfe Ferdinands im Gebrauch zu sehen."
Ferdinand Gregorovius, 1853

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Re: "Parion" (Bizya oder Olbia ?) - Zuordnung unsicher

Beitrag von Busso » Di 16.04.24 13:22

Auf S. 86 gehe ich auf die Unterschiede ziwschen LöwInnen und LeopardInnen ein und begründe, weshalb ich den archäologischen Kunstbegriff Panther für die numismatische Ansprache als unbrauchbar erachte. Ferner gebe ich S. 110f. Beispiele für LeopardInnen, die klar mit Ringeln als solche kenntlich gemacht sind.
Ich denke, andere Stempel des in Rede stehenden Typs belegen hinreichend, dass es sich um eine Löwin (keine Mähne!) handelt:
https://www.coinarchives.com/a/openlink ... a1810cb618
https://www.coinarchives.com/a/openlink ... 6085882870
Auf den verlinkten Stempeln sind Stirnwarzen gut erkennbar, die dem Löwen eigen sind und nichts mit Leoparden zu tun haben.
Zur Stirnwarze bei Löwen: S. 93 und 95 in besagtem Text.
Wir sollten aber nicht vergessen, dass es hier um das Gorgoneion geht bzw. die rätselhafte "Parion-Münzstätte".

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Re: "Parion" (Bizya oder Olbia ?) - Zuordnung unsicher

Beitrag von Atalaya » Di 16.04.24 15:11

Ihren verlinkten Beitrag habe ich natürlich gelesen, bevor ich postete. Wahrscheinlich stehe ich auch nur auf dem Schlauch. Seien Sie bitte so gut und helfen mir sehen: Wo sind da bitte genau zwei kleine Löwenköpfe auf der Stirn der Raubkatze zu erkennen?
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Re: "Parion" (Bizya oder Olbia ?) - Zuordnung unsicher

Beitrag von Busso » Mi 17.04.24 09:42

Screenshot 2024-04-15 103750.jpeg
Oben links und oben rechts (dieses ohne Nase, etwas misslungen). M. E. ist das eine spätere, spielerische Veränderung des Stempels. Ursprünglich waren dort regelmäßig, in zwei Reihen gesetzte Kugeln (2-6 Stück).

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Re: "Parion" (Bizya oder Olbia ?) - Zuordnung unsicher

Beitrag von Atalaya » Mi 17.04.24 11:44

Ihnen ist also eine Diskrepanz in der Ausführung der Kringel zur ansonsten sehr organisch und bewegt gestalteten Komposition des Stempels aufgefallen. Dazu hätte ich jetzt zwei Fragen: Die Kringel sind doch inkus, wie verändere ich bitte einen Stempel sekundär so, dass dann auf der Münze eingetiefte Strukturen entstehen? Wird da was aufgelötet?

Die andere Frage betrifft die hier rot dargestellten Kringel: Könnten Sie bitte ihre kompositorische Funktion und Bedeutung innerhalb des Gesamtmotives näher erläutern? Ich könnte mir vorstellen, dass der untere nach Ihrer Lesart eine Nase darstellen soll, aber was könnten die beiden Oberen bedeuten? Waren das Einohrlöwen oder sollten sie unterschiedlich große Ohren haben? Vielen Dank.
Kringel2.jpg
Im Übrigen kann ich auf dem Foto keine Reste irgendwelcher Kugeln entdecken. Ich erkenne überbetonte Überaugenbögen wie bei archaischen Darstellungen von gefährlichen Tieren üblich und eine durch mindestens drei Vertikalfurchen strukturierte Stirnpartie, auch das ein übliches gestalterisches Mittel in der Archaik um die Aggressivität und Gefährlichkeit des dargestellten Tieres zu betonen.


PS: Wenn das hier zu weit führen sollte, findet sich bestimmt ein Moderator, der das Thema herausoperieren und in einen eigenen Thread verlagern kann. Ich denke aber, das ist ein spannendes numismatisches und ikonographisches Thema, das der Mitforist durch die gepostete Abbildung und den Verweis auf seine Publikation selbst angestoßen hat und das mMn der Klärung bedarf.
Zuletzt geändert von Atalaya am Mi 17.04.24 14:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: "Parion" (Bizya oder Olbia ?) - Zuordnung unsicher

Beitrag von Numis-Student » Mi 17.04.24 14:00

ich finde, wir können das ruhig hier drinlassen, es stört ja glaube ich nicht und lenkt nicht ab, weil es ja noch immer über Stempelverbindungen verbundene Münztypen sind.
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Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
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Re: "Parion" (Bizya oder Olbia ?) - Zuordnung unsicher

Beitrag von Atalaya » Mi 24.04.24 17:02

Ja, schade. Ich hätte gern noch weiter über Panther- und Löwenköpfe auf griechischen Münzen diskutiert.

Aber es gibt jetzt schon noch irgendwo einen guten Beleg dafür, dass es sich bei dieser konkreten Münze nicht nur um ein sekundär manipuliertes Unikum handelt, an dem irgendjemand irgendwann mal sein Punziereisen ausprobiert hat?

In Bezug auf die Gorgo-Drachmen in diesem Thread ist das alles übrigens ohne Belang: Panther und Löwe stehen beide in einem motivischen Nahverhältnis zur Medusa. Man denke nur an den Westgiebel des Artemistempels auf Korfu.
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