So, zwei Tage Literatur neugeordnet, und 99% der Bücher sind wieder aufgetaucht. Auch mein Suchier ist wiedergefunden
Nun da wir ein Numismatikforum sind will ich mal bewusst etwas weiter ausholen, interessiert bestimmt auch andere die keine Fachliteratur für Hanau haben.
Als erstes, will ich mal auf die beiden Linien eingehen, denn ihre Namensgebung zeigt, wie bedeutend man in damaligen Zeiten das königliche Regal des Münzrechtes einstufte :
Die Herren von Hanau erbten 1255 mit der Herrschaft Münzenberg die alte Münzstätte im Ort Babenhausen. Ulrich III. Herr von Hanau und Landvogt der Wetterau bekam 1368 vom Kaiser das Münzrecht in Babenhausen. Die Herren nützten dieses aber in den folgenden Jahrhunderten nicht, da der Ort Babenhausen ( nahe der Burg Münzenberg in der Herrschaft Münzenberg ) ziemlich abgelegen lag. Sie versuchten zu erreichen das es auf den Ort Hanau verlegt wird, dort könnte man das Geld in den Umlauf der nahen Messestadt Frankfurt bringen, und am Schlagschatz verdienen. Jedoch gelingt das ihnen nicht ( die Reichsfürsten hatten auch wenig Interesse solche Münzstätten in kleinen Herrschaften zuzulassen, welche ihre Münzen dann in die umliegenden Territorien verbrachten und deren Schlagschatzgewinn schmälerten ).
1429 wurden die Herren in den Reichsgrafenstand erhoben, wenig später 1458 teilte sich die eh kleine Grafschaft in zwei Linien. Die ältere bekam alles außer der Herrschaft Münzenberg, ihr Hauptort war Hanau, und sie bekam das Münzrecht zu Münzenberg. Die Jüngere Linie bekam nur die abgelegenen Herrschaft Münzenberg ohne das Münzrecht zu Münzenberg. Da das Münzrecht der edelste Besitz war, nannte sich die zu Hanau residierende ältere Linie : Hanau-Münzenberg. Die in Münzenberg residierende jüngere Linie müsste sich deshalb einen anderen Namen geben, und nannte sich nach der Gattin des Grafens : Hanau-Lichtenberg. 1480 erbte man dann auch noch die Hälfte der Herrschaft Lichtenberg im Elsaß.
Hanau-Münzenberg versuchte weiterhin das Münzrecht aus Münzenberg also Hanau-Lichtenberg in ihr Territorium also der Grafschaft Hanau-Münzenberg ( faktisch also in den Ort Hanau ) zu bekommen. Scheiterte aber immer wieder mit ihren Anträgen und Bitten.
Interessant wird das Ganze ab 1580. Denn 1570 erbt die Linie Hanau-Lichtenberg die Herrschaft Ochsenstein. Während Phillip IV. als Oberhaupt der Linie Hanau-Lichtenberg weiterhin in Münzenberg residiert, darf dessen Sohn Philipp V. schon mal in der Herrschaft Ochsenstein selbständig regieren. Im gleichen Jahr versucht Hanau-Münzenberg erneut vergeblich ihr Münzrecht von Münzenberg nach Hanau-Münzenberg verlegen zu lassen. Dann ab 1580 regiert die Grafschaft Hanau-Münzenberg der 4 jährige Philipp Ludwig II. unter Vormundschaft. Diese Zeit der Schwäche nutzen die beidem Hanau-Lichtenberger Grafen. 1585 überließ Philipp IV. seinem Sohn alle Regierungsgeschäfte, der trat 1587 in seinem und seines Vaters Namen an den Kreis mit einer alten Urkunde, das Hanau in Babenhausen Münzrecht hatte. Der Kreis bemerkte wohl nicht, das Babenhausen zwar der Sitz von Lichtenberg war, aber das dortige Münzrecht an Münzenberg gegangen war. Die Vormünder des Hanau-Münzenberger Grafens Philipp Ludwig II. meldeten sich nicht zu Wort, denn es waren die Hanau-Lichtenberger. Der Kreis entschied da Hanau ein Münzrecht zu Münzenberg habe, dürfe es dort prägen. Die Lichtenberger achteten allerdings in so weit das Recht der Münzenberger, als dass sie nicht in ihrer Residenz in Münzenberg sondern in Wörth an der Sauer in der Elsässer Herrschaft Ochsenstein, prägten. Dem Teil Hanau-Lichtenbergs welcher schon von Philipp V. allein regiert wurde. Dem Kreis gegenüber taten die Lichtenberger aber so, als nützten die Hanauer nur ihr altes Münzrecht in Münzenberg aus. 1603, vielleicht durch die rechtlich illegale Lichtenberger Aktion begünstigt, gelingt es dem nun Volljährigen Philipp Ludwig II. endlich die Erlaubnis zu erlangen, die Hanau-Münzenberger Münzstätte von Münzenberg ( Grafschaft Hanau-Lichtenberg ) nach Hanau ( Grafschschaft Hanau-Münzenberg ) verlegen zu dürfen. Nun beginnt auch Hanau-Münzenberg mit der Münzprägung, in ihrem Hauptort Hanau. Wenig später eröffnet Hanau Lichtenberg in ihrem Stammland Münzenberg eine zweite Münzstätte und Wörth an der Sauer wird öffentlich als Münzstätte genannt. Der Dreißigjährige Krieg beendet zunächst erst mal die stark anschwellenden Prägungen beider Linien, und 1642 stirbt das Haus Hanau-Münzenberg aus, so das die Linie Hanau-Lichtenberg ganz Hanau vereint.
Ab 1603 könnte man die Linie Hanau-Münzenberg, welche ja seit der Teilung in zwei Linien noch nie Herrschaft oder Burg Münzenberg hatte, und nun auch nicht mehr die Münze zu Münzenberg hatte, besser 'Hanau-nicht-Münzenberg' nennen
Oder man kann sich merken : Hanau-Münzenberg hat nie in Münzenberg geprägt. Hanau-Lichtenberg hat nie in Lichtenberg geprägt.
Das ganze erinnert mich an die Herrschaften um Aachen, wo es aus münzrechtlichen Gründen noch komplizierter zuging als in Hanau, wo ja nur die Namen etwas verwirrend sind
caracas hat geschrieben:die Prägestätte ist wohl aus dem Stern über dem Wappen auf der anderen Seite ersichtlich?
Nein, zu dieser Zeit war Wörth die einzige Münzstätte Hanaus, das geht aus den Akten hervor.
friedberg hat geschrieben:Wenn man mal nach den Angaben bei Suchier geht und die Halbbatzen 8 lötig ausgebracht wurden komme ich so auf 1170 kg. Feinsilber.
Ich habe mal nachgeschaut, auch die anderen Münzstände gaben die Halbbatzen zu dieser Zeit 8 lötig aus ( mal abgesehen von zeitgenössischen Fälschungen).
friedberg hat geschrieben:Es müssen also große Mengen dieser Stücke wieder eingeschmolzen worden sein um sie neu auszubringen. Suchier erwähnt dies für den Jahrgang 1587 ausdrücklich.
Wo steht das Halbbatzen des Jahrgangs 1587 eingeschmolzen wurden, die Stelle konnte ich nicht finden.
friedberg hat geschrieben:Jahrgang 1591 / 467 Mark a 180 Stück / 84060 Stück
Jahrgang 1594 / 477 Mark a 176 Stück / 83952 Stück
Suchier hebt den Jahrgang 1594 Nr. 237 hervor. Ihm lag kein Stück vor außer die bloßen Angaben in den Probationsakten. Der Jahrgang 1594 sollte also als der seltenste gelten.
Saurma erschien 1892 Suchier erschien 1897. Alles nicht gerade top aktuell. Suchier sollte aber meines Wissens nach noch Stand der Technik für Hanau sein.
Zweifellos wurden 1591 108 Münzen mehr geprägt als 1594, also 0,13% mehr. Hab das auch schon in meiner Sammlungsbeschreibung geändert. Aber aus der Tatsache das vor 109 Jahren, Suchier zwei Stücke des Jahrgangs 1591 bekannt waren, kann man nicht auf die heutige Häufigkeit schließen. Ein Münzfund kann das total drehen, zumal durch die Detektoren die Münzfunde in den letzten Jahrzehnten zunahmen.
Ich halte mich da lieber an die Prägezahlen. Einschmelzen macht nur Sinn wenn sich der Feingehalt ändert oder zu viel geschlagen wurden. Da 1592 und 1595 jeweils zu gleichem Gehalte nachgeprägt wurde, gehe ich davon aus, das alle Münzen zunächst ausgegeben wurden. Der Rücklauf in die Schmelztiegel nach Jahren des Umlaufs lässt sich schwer einschätzen, aber wenn nicht durch einen Zufall extrem viele Stücke eines Jahrgangs vergraben wurden, sollte er etwa gleichmäßig gewesen sein.
Also komme ich zum Schluss :
Da beide Stücke etwa in gleicher Menge geprägt wurden, sollten sie auch heute etwa in gleicher Anzahl auf uns gekommen sein.
So wollte das mal hier beschreiben, da ich es beim lesen sehr interessant fand, und das nach zweit Tagen ordnen, auch eine schönere Beschäftigung mit der Numismatik war
