Zeichen für Wochentag

Deutschland vor 1871
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petzlaff
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Beitrag von petzlaff » Mo 10.09.07 19:01

Lieber KAM,

ich würde auch die damaligen Religionen nicht im negativen Sinn als heidnisch bezeichnen. Das ist ja immer eine Frage der subjektiven Betrachtungsweise. Wir sollten zumindest die klassischen monotheistischen Religionen (Christentum, Judentum, Islam) immer gemeinsam betrachten, da sie doch alle denselben Ursprung haben und im Grunde genommen nur unterschiedliche Ausprägungen ein und derselben mythologischen Wurzel darstellen.

Ich finde, wie Wolfgang bereits angemerkt hat, diese Diskussion ungemein aufregend (im positiven Sinn) da sie uns eine Brücke zwischen der kunsthistorischen (z.B. Numismatik), der wissenschaftlichen (mein alter Mathematikerkollege Gauss) und der kulturhistorischen Betrachtungsweise (Religion / Weltanschauung) schlägt.

Leider kranken derartige Diskussionen nur allzu oft am dogmatischen Festhalten an Annahmen, die heute nicht mehr bewiesen werden können, und deren scheinbare älteren Beweisindizien sich als Fakes herausgestellt haben - siehe z.B. das Leichentuch von Turin, diverse Reliquien wie die der sog. Heiligen 3 Könige, usw. usw.

Leider hat uns auch das Mittelalter, angefangen mit dem byzantinischen Kaiser HERAKLIUS, der angeblich das originale Kreuz Jesu in Jerusalem sichergestellt hat mehr Glaubensansätze als Beweismittel geliefert. Das ist aber immer so, wenn Religion zum Kriegsmittel wird - LEIDER. Selbst KONSTANTIN I (der Heilige Konstatin) war alles andere als heilig, sondern ein Kriegstreiber, dem nichts anderes im Sinn stand, als das alte Rom militärisch und mit beamtenstaatlicher Unterdrückung am Leben zu erhalten. Immerhin hat er sich entgegen anderslautender Legenden erst auf dem Totenbett zum christlichen Glauben bekannt, da war dann eh aus seiner Sicht alles egal. Alles was vorher war ("In diesem Zeichen werde ich siegen") geschah wohl eher aus reinem Zweckopportunismus.

Es war mir ein persönliches Bedürfnis, hiermit @vMadai zu erklären, dass ich beim besten Willen kein atheistisches Gedankengut verbreiten will, sondern es als meine Pflicht als Christ betrachte, Dinge ggfs. auch entgegen der Schulbuchlehre kritisch zu hinterfragen.

LG
Stefan
Liebe Grüsse

petzlaff

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wpmergel
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Beitrag von wpmergel » Mo 10.09.07 22:15

Hallo und guten Abend,

Ich möchte abschließend noch den Umstand vorstellen, der meine anfängliche Frage initiierte.

Die waldeckischen X-Kreuzer-Stücke des Jahres 1763 werden in der Literatur Friedrich Karl August - Fürst zu Waldeck-Pyrmont unter Vormundschaft (1763-1766) zugeordnet. In einem Tagebuch des damaligen Münzmeisters Philipp Christian Bunsen finden sich aber Belege, daß diese Zuordnung falsch ist. Vielmehr wurde dieser Münztyp schon zu Lebzeiten seine Vaters Karl August Friedrich - Fürst zu Waldeck-Pyrmont (1728-1763) ausgeprägt.

Die anfänglich angefragten Zeichen für die Wochentage finden sich durchgängig in dem Tagebuch. Ich habe die zwei Varianten der X Kreuzer zur Regentschaft Karls verschoben und wer auf den zugehörigen Karteikarten auf "geänderte Regentschaft" klickt erhält die entsprechenden Auszüge mit Übersetzung. Am Ende des kurzen Artikels steht auch noch ein Link zu den Zeichen der Wochentage.

Vielen Dank nochmals für Eure Hilfe und die anregenden Beiträge.
Herzliche Grüße aus Waldeck
Wolfgang M.

www.Waldecker-Münzen.de
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vMadai
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Beitrag von vMadai » Di 11.09.07 14:44

Lieber Petzi,

dass Ks.Konstantin sich erst auf dem Totenbett taufen ließ, weiß doch hoffentlich jeder (der sich dafür interessiert)? Widerspricht das einer landläufigen Legende? Dass das In Hoc Signo Vinces im massiven Verdacht steht, nachträglich ausgebaut worden zu sein, gebe ich gerne zu.

Übrigens: Dass das Turiner Grabtuch als Fake enttarnt ist, sehe ich nicht ganz so. Die C14-Methode datiert das Tuch zwar auf das 12.Jahrhundert, aber unerklärbar bleibt, wie die Zeichnung hineinkam (keine Farbe, anachronistische Techniken). Eine Theorie, die ich nicht einfach verwerfen möchte: bei der Auferstehung Christi (wie "funktioniert" soetwas?) entstand soviel neue Radioaktivität, dass das Tuch hinsichtlich seines C14-Gehalts jünger erscheint, als es ist.

Indem man die eine Frage beantwortet, entstehen gleichzeitig neue (Aporien in beiden Richtungen). Das Turiner Grabtuch halte ich für echt, die Knochen der Heiligen Drei Könige nicht. Beweisen kann ich beides nicht.
Konstantin war ein Verbrecher (das kann man beweisen). Viele Ereignisse aus der Kirchengeschichte auch.

Die Existenz des Menschen Jesu zu bestreiten, erscheint mir genauso unseriös, wie wenn man die Existenz Mohammeds leugnen wollte. Über den weiß man auch nur aus dem Koran, von einigen nicht zeitgenössischen islamischen Schriftstellern und aus seiner Wirkungsgeschichte. Schlechter sieht das bei Jesus auch nicht aus.
Die Gottessohnschaft Jesu dagegen ist genauso der wissenschaftlichen Nachprüfbarkeit entzogen, wie die "Offenbarungen" Gabriels an Mohammed. Hier kann man allenfalls mit Plausibilität argumentieren. Und da trifft jeder seine eigenen Bewertungen.

Nun muss ich leider schlussmachen, und kann auf Deine/Eure Antworten bis Mittwoch in 8 Tagen auch nicht mehr reagieren, weil ich nachher aufbreche nach Rumänien mit einem Hilfstransport unserer Kirchengemeinde.

Liebe Grüße,
vMadai

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Beitrag von vMadai » Di 11.09.07 14:46

Ach ja, Petzi, Atheismus wollte ich dir auch gar nicht unterstellen. Und Schulbuchmeinungen kritisch hinterfragen - das tue ich sogar noch lieber als Münzensammeln!

Also dann bis in einer Woche...

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helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Di 11.09.07 14:58

Übrigens noch mal zum Turiner Tuch: Im Laufe seiner Geschichte ist es einmal bei einem Hausbrand nur knapp der Vernichtung entronnen. Durch Einlagerung von Rauch- und Russpartikeln (das verbrannte Holz stammte aus dem 14. Jahrhundert) könnte ebenfalls ein jüngeres Datum vorgetäuscht werden.

Notabene: Ich sage nicht, dass dort wirklich das Gesicht Jesu zu sehen sein muss, allerdings hilft es nicht, das Tuch einfach pauschal als Fake abzutun.
Viele Grüße
helcaraxe
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Beitrag von petzlaff » Mi 12.09.07 19:06

Liebe Freunde -

- ich wollte niemandem von euch weltanschaulich oder (un)religiös auf die Füsse treten. Seid das bitte versichert. Ich wollte auch keine Wertung von unterschiedlichen Religionen manifestieren, sondern einfach nur darauf hinweisen, wie sich kulturelle Netzwerke hinsichtlich der Interpretation und der Bewertung unterschiedlicher ideologischer Auffassungen gegenseitig beeinflussen.

Aufgrund der Reaktionen habe ich sehr wohl verstenaden, dass ich ausnahmsweise einmal nicht in ein Fettnäpfchen getreten bin. Letzteres täte mir aufrichtig leid und wäre auch total unbeabsichtigt - wie ich bereits mehrfach versichert habe.

Ich denke, wir sollten es nunmehr dabei bewenden lassen. Diskussionsstoff ist genug entstanden, aber der sollte nicht hier, sondern anderswo (aus?????)diskutiert werden.

LG
Stefan
Liebe Grüsse

petzlaff

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Beitrag von Zwerg » Mi 12.09.07 20:51

Weil ich diese Diskussionen so liebe und sich Altdeutschland nun in Byzanz befindet:

Als (fast) bekennender Nichtbyzantiner habe ich mich beruflich letztens ein wenig mit Christusdarstellungen beschäftigt. Die erste Christusdarstellung auf Münzen gibt es bei Justinian II., den bärtigen Christus, den wir heute so kennen und der auch auf dem Turiner Grabtuch erscheint. Meines Wissens wurde Christus vorher in der Kunst jugendlich und bartlos gezeigt.
Der Wikipedia-Artikel über das Turiner Grabtuch ist übrigens nicht schlecht, und irgendwie sehe ich mit dieser Münzdarstellung eine Verbindung zum Abgar-Bild.
Aber das ist reine Spekulation

Grüße
Zwerg
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Beitrag von KarlAntonMartini » Mi 12.09.07 21:42

In diese Spekulation gehört natürlich auch das Schweißtuch aus Manoppello. Für den Glauben an sich ist die Frage der "Echtheit" dieser Reliquien sekundär, hätte Gott es so gewollt, wäre Christus erst nach Erfindung der Fotografie in die Welt gekommen. Aber die Geschichte dieser seit hunderten von Jahren verehrten Gegenstände ist gleichwohl faszinierend. Dies gilt auch für den Trierer Hl. Rock, die diversen Hl. Nägel, Dornenkronen, Kreuzpartikel. Grüße, KarlAntonMartini
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