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Lauenburg 2/3 Taler 1678
Verfasst: Fr 09.10.09 10:20
von *EPI*
Dorfmann 113var, Davenport 604
Diese 2/3 Taler sind relativ leicht und vermutlich aus nicht so gutem Silber.
Dieser wiegt nur 12,84g. Durchmesser 38/39mm
In dieser Zeit gab es auch eine starke Münzverschlechterung.
Kann mir jemand mehr dazu sagen. Was meint Dorfmann?
Vielen Dank!!!
Verfasst: So 18.10.09 12:47
von *EPI*
Keine Meinungen?
Hat wer den Dorfmann?
Danke!
Verfasst: So 18.10.09 16:48
von bingoHH
Hallo,
ich will mal kurz zusammenfassen:
Auf den ersten Blick scheint mir die Münze eine Doppelmark (Gulden) der 6. Art zu sein, Dorfmann 115. Die von ihm für den Typ angegebenen Gewichte reichen von 14,53g - 13.17g, Durchschnitt 14,12g aus 32, bei 14 Stück unter 14g.
Die Zeit wird auch die Zweite Kipperzeit genannt, und Lauenburg war stark dran beteiligt. Die ersten Prägungen der Gulden mit der Jahreszahl 1678 (1. Art) waren schon zu leicht (geprägt wirklich in 1678, aus 868er Silber, ~13,8g fein), aber danach ging es rapide bergab. Die hier vorliegende Münze der 6. Art ist wohl nur noch mit 707er Silber ausgebracht worden, was bei einem Durchschnittsgewicht von 14,12g auf ~10g Silber pro Münze schliessen läßt. Geprägt wurde diese 1688/89. Schon 1678 ist der Münzmeister Lorenz Wagner bei Versuch des Absatzes der Münzen in Leipzig verhaftet worden, kam dann aber gegen eine Strafe frei.
Die vorliegende Münze war dann wohl auch die letzten Prägung in dieser Münzperiode, 1689 wurde die Münzstätte Lauenburg auf Druck des niedersächsischen Kreises erstmal geschlossen.
Hilft's??
Verfasst: Mo 19.10.09 10:47
von *EPI*
Ja, es hilft sehr, BingoHH! Vielen Dank!
Dann scheint dieses Stück ein absolutes Leichtgewicht mit ca. 9g fein zu sein.
Hätten regulär gewichtige Gulden ca. 14,8g fein haben müssen (Zinnaischer Fuß)?
Verfasst: Mo 19.10.09 11:06
von bingoHH
Hmm, mal sehen:
Die Mark fein zu 233,385g, Zinna war 10,5 Taler Fuß
=>
Die Taler wären 22,27g fein, wenn sie ausgeprägt worden wären.
=>
Ein Zweidritteltaler wäre 14,85g fein.
Stimmt !!!
Wenn die Münze wirklich aus 707er Silber ist (das ist nicht wirklich gesichert, aber wahrscheinlich), da hast Du mit dem Feingehalt recht. Das sind ca. 40% zu wenig Silber. Selbst wenn die Münze aus reinstem Silber wäre, würde sie immer noch 14% zu leicht sein. Ganz schön dreist, man hätte ja wenigstens das Raugewicht anpassen können.
Spannende Münze !!
Verfasst: Mo 19.10.09 11:17
von *EPI*
bingoHH hat geschrieben:
Wenn die Münze wirklich aus 707er Silber ist (das ist nicht wirklich gesichert, aber wahrscheinlich), da hast Du mit dem Feingehalt recht. Das sind ca. 40% zu wenig Silber. Selbst wenn die Münze aus reinstem Silber wäre, würde sie immer noch 14% zu leicht sein. Ganz schön dreist, man hätte ja wenigstens das Raugewicht anpassen können.
Spannende Münze !!
Der Herzog hat gut verdient!
Reines Gefühl: Der Feingehalt dieses Stückes könnte sogar schlechter als 707/1000 sein.
Verfasst: Mo 19.10.09 11:28
von bingoHH
Bestimmt, da war für ihn noch genug drin, selbst wenn er seine Münzen nicht besonders günstig absetzen konnte und von Zeit zu Zeit seinen Münzmeister freikaufen mußte

Verfasst: Mo 19.10.09 13:23
von *EPI*
bingoHH hat geschrieben:
Die vorliegende Münze war dann wohl auch die letzten Prägung in dieser Münzperiode, 1689 wurde die Münzstätte Lauenburg auf Druck des niedersächsischen Kreises erstmal geschlossen.
Am 30.9.1689 ist der Herzog Julius Franz gestorben. Hat ihn die Schließung unter die Erde gebracht oder konnte die Münzstätte nur wegen seines Todes geschlossen werden?!

Verfasst: Mi 21.10.09 10:27
von *EPI*
Doch noch eine Frage:
Ist es normal, dass diese Münzen französisch geprägt wurden (Wendeprägung) oder war es nur ein Schlendrian (so wie man vergessen hat, genügend Silber zu verwenden...)?
Danke für Eure Hilfe!
Verfasst: Mi 21.10.09 18:10
von Gerhard Schön
*EPI* hat geschrieben:Ist es normal, dass diese Münzen französisch geprägt wurden (Wendeprägung) oder war es nur ein Schlendrian (so wie man vergessen hat, genügend Silber zu verwenden...)?
Hinter dem fehlenden Silber steckt natürlich Absicht ...
Stempelstellung (und auch die Ausrichtung der Gravuren, längs oder quer zur Prägerichtung) bei Maschinenprägungen beruhen grundsätzlich auf den Traditionen der Prägeanstalt (und der beteiligten Handwerker). Ausnahmen von der Regel (insbesondere bei auffälliger Unterwertigkeit) können auf zeitgenössische Fälschungen hindeuten.
Gruß,
gs
Verfasst: Mi 21.10.09 19:47
von bingoHH
Ohne mich viel mit Lauenburg geschäftig zu haben, scheint mit die Bildseite der Münze ziemlich stempelgleich mit der bei Dorfmann abgebildeten Stück zu sein. So man das bei der schlechten Erhaltung und Abbildung bei Dorfmann erkennen kann. Zumindest deutet stillistisch nichts auf eine Fälschung hin.
Ich denke einfach, das das Gewicht eher ein Fehler in der Produktion war (gewollt oder ungewollt). Wenn jemand diesen Typ fälschen gewollt hätte, hätte er sich dann wohl eher an den Bildern der besserhaltigen orientiert (Typ 1-4). Auch war diese Münze nicht ganz unproblematisch, da sie bei verschiedenen Gelegenheiten verrufen und wieder zugelassen wurde.
Das die Geringhaltigkeit bekannt war, begründet Dorfmann mit der aus der fehlenden Gegenstempelung des 6. Types. Beim 4. Typ sind von den 108 Dorfmann bekannten Stücken 67 in Köln oder Nürnberg gegengestempelt worden. Bei denen des 6. Typs von 32 Exemplaren keiner mehr.
Verfasst: Mi 21.10.09 20:08
von *EPI*
Vielen Dank für Eure Antworten!
Auf mich wirkt sie authentisch. (Mir sind sehr leichte zeitgenössische Talerfälschungen bekannt.) Die Argumentation von bingoHH ist aber sehr schlüssig.
Könnt Ihr etwas zu der Prägeart sagen: Französische Prägung?
Verfasst: Mi 21.10.09 20:43
von bingoHH
Geht so, im Prinzip wären die Münzen bei der Gegenstemplung ja auch durch das geringe Raugewicht durchgefallen. Da muß nicht unbedingt der Typ als minderwertig bekannt sein.
Französische Prägung, warum nicht? Wenn die Gerätschaften so eingestellt waren, dann war das eben so. Müßte man mal bei anderen Stücken schauen, wie das bei denen ist.
Verfasst: Do 22.10.09 14:36
von *EPI*
Ein zweiter Dorfmann 115 (ich habe nachgefragt) ist ebenfalls französisch geprägt.
bingoHH hat geschrieben:Geht so, im Prinzip wären die Münzen bei der Gegenstemplung ja auch durch das geringe Raugewicht durchgefallen.
Es gibt ja viele Gegenstempelungen dieses Typs vom fränkischen Kreis und aus Köln. Möglicherweise hatte man in Lauenburg gute Beziehungen und es gehörte mit zum Vertriebsweg dieser untergewichtigen Münzen.